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Planlosigkeit und immer diese Unzufriedenheit

Ich kann nicht schlafen. Ich bin total aufgeregt. Morgen ist mein Geburtstag. Mein Dreißigster. Normalerweise finde ich Geburtstage nicht so spannend, dieses Mal ist alles anders. Meine Schwester hatte Andeutungen zu meinem Geschenk gemacht. Es gibt immer mehr Indizien, dass mein guter Freund Joshua kommt. Ich glaube, sie lässt ihn zu meinem Geburtstag als Überraschung aus den USA einfliegen. Joshua und ich kennen uns seit fast zwei Jahren. Ich hatte ihn auf einer Geburtstagsparty eines Freundes in Florida kennengelernt. Ein Jahr später besuchte ich ihn in den USA und verliebte mich in ihn. Letztendlich sprechen aber zu viele Faktoren gegen eine Beziehung und ich fliege wieder nach Hause. Immer noch Single.

Ist es jetzt vielleicht so weit? Sehe ich ihn heute Abend nach sechs Monaten endlich wieder? Diese Aussicht finde ich total schön, gleichzeitig kann ich mir keine eigenartigere Situation ausmalen. Wie wäre das, ihn wieder zu treffen? Wie soll ich mich verhalten, wenn wir uns sehen? Ihn umarmen, ihn küssen oder abwarten, wie er reagiert?

Mein Herz klopft wie verrückt. Schon ziemlich früh fahre ich mit meiner Mama gemeinsam auf die Berghütte. Wir wollen die Party vorbereiten, bevor meine Freunde zum Feiern eintrudeln. Die Hütte liegt versteckt auf dem Berg knapp an der Grenze zu Österreich. Sie ist total urig und gemütlich. Strom gibt’s keinen, dafür Gaslampen, Holzofen und Plumpsklo. Keine Leute, die wir stören können. Keine nächtliche Ruhezeit, die wir einzuhalten haben.

Judy und Andi sind die ersten Gäste, die eintreffen. Eigentlich könnte sich meine Mama jetzt auf den Weg nach unten machen. Schließlich habe ich jetzt Gesellschaft. Es wird immer dunkler, aber gehen will sie trotzdem nicht. Erst als sich meine Schwester ankündigt, lässt sie sich von mir überzeugen, ihr entgegenzulaufen. Mit dabei hat meine Schwester meine ehemalige Mitbewohnerin und meine ehemalige Kollegin.

Wir laufen den matschigen Weg nach unten. Und der Trupp, der uns da entgegenkommt, hat tatsächlich noch eine Person zusätzlich im Schlepptau – Joshua. Mein Herz macht einen Hüpfer vor Freude. Gleichzeitig weiß ich immer noch nicht wie ich mich verhalten soll. Er ist klitschnass vom Berg gehen und umarmen fühlt sich irgendwie falsch an. Küssen aber auch. Also wird’s doch ein halbherziger Drücker.

Ich hoffe, das merkwürdige Gefühl legt sich schnell und die alte Vertrautheit kommt wieder zwischen uns auf. Und tatsächlich gewöhnen wir uns im Laufe des Abends schnell aneinander. Wir freuen uns, einander wiederzuhaben. Wenn ich daran zurückdenke, bekomme ich immer noch Gänsehaut. Ich bin meiner Schwester unendlich dankbar dafür. Ich allein wäre viel zu feige gewesen, ihn zu fragen, ob er nicht herkommen will.

Joshua bleibt eine knappe Woche. In der Woche haben wir unsere Höhen und Tiefen. Trotzdem kommen wir zu dem Schluss, eine Beziehung versuchen zu wollen. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Also beschließen wir, dass er gar nicht mehr in die USA zurückfliegt. Er soll direkt in München bleiben und sich dort einen Job suchen. Als meine Mama davon erfährt, rastet sie komplett aus. Der kann doch ohne Geld, Job und Visum nicht einfach hierbleiben. Der liegt dir nur auf der Tasche und lässt sich von dir aushalten. Ja, kann vielleicht passieren. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?

Letztendlich fahre ich ihn doch zum Flughafen. Es wäre ihm total unangenehm, von Anfang an so ein kompliziertes Verhältnis zu meinen Eltern zu haben. Die Fahrt zum Flughafen und der Abschied am Security Check sind die schlimmsten Momente meines Lebens. Ich kann es nicht fassen, dass jemand anderes eine der bedeutendsten Entscheidungen in meinem Leben aus meinen Händen nimmt. Und das mit 30. Ich breche in Tränen aus, als Joshua mich ein letztes Mal zum Abschied in den Arm nimmt. Ich will das nicht. Das ist alles nicht fair. Auf der Fahrt nach Hause rollen die Tränen meine Wangen runter und auch zu Hause kann ich mich nicht beruhigen.

Am nächsten Tag wollen wir das Geburtstagsgeschenk für meine Mama einlösen. Ein Mädelstag in Dachau mit Stadttour, Kaffee trinken und Shopping. Mir ist überhaupt nicht danach zumute.

Meine Schwester kann es nicht mit anschauen, wie ich im Auto leide. Die Situation zwischen ihr und meiner Mama eskaliert. Eigentlich will keiner mehr auf die Stadttour, aber sie ist schon bezahlt und so gehen wir doch. Untertags schreibt meine Schwester Joshua eine Nachricht. Sie will ihm den Flug erneut zahlen, weil sie nicht mit ansehen kann, wie ich mich quäle.

Irgendwann geht auch dieser furchtbare Tag zu Ende und endlich meldet sich Joshua, in Seattle angekommen zu sein. Ich hatte ihn den Flug über mit Nachrichten bombardiert. Ich will mir diesen Entschluss nicht so einfach aus der Hand nehmen lassen. Und ich fände es richtig scheiße, wenn das, was zwischen uns ist, jetzt so endet. Weil jemand anderes über unser Leben entscheidet.

Joshua fragt mich, ob wir das Angebot meiner Schwester annehmen sollen, damit er zurückkommen kann. Ich möchte das nicht. Das ist eine Sache zwischen uns beiden, da müssen wir meine Schwester nicht mehr beteiligen. Wir wollen sie fragen, ob es für sie ok ist, wenn Joshua erstmal mit in der WG wohnt. Nur solange bis wir eine Wohnung finden.

Am selben Abend checken wir die Oneway-Flüge von Seattle nach München. Für knapp 200€ kann Joshua Ende Oktober nach München fliegen.

Wir beschließen, das durchzuziehen. Drei Wochen später kann ich Joshua am Flughafen in München wieder in die Arme schließen. Irgendwie ist die Situation sehr seltsam. So endgültig: Miriam, du hast jetzt einen Freund und der wohnt bei dir.

Trotzdem könnte ich nicht glücklicher sein, auch wenn ich mich schwer damit tue, ihm das zu zeigen. Wir verbringen ungefähr acht Monate zusammen. Acht Monate in denen wir wieder Höhen und Tiefen einer Beziehung durchleben. Acht Monate, in denen ich ihn regelmäßig an die Wand klatschen und zurück in die USA schicken möchte. Und acht Monate, in denen ich ihn schon vermisse, sobald ich die Wohnungstür hinter mir zu ziehe.

Joshua löst in mir Gefühle aus, die ich bisher nicht kenne. Unbändige Freude, Schmetterlinge im Bauch, tiefe Liebe. Dieses Gefühl erfüllt wirklich jedes Zipfelchen in meinem Körper.

Doch gleichzeitig wächst mit jedem Tag, der vorbeigeht auch die Ungewissheit. Wie soll es weitergehen, wenn er nach drei Monaten noch keinen Job hat? Wie kann er dann hierbleiben?

Eine Heirat steht außer Frage. Ich vertraue Joshua bedingungslos. Aber zu heiraten, nur damit er hier in Deutschland bleiben kann, kommt nicht in die Tüte. Wenn ich jemals heirate, will ich eine romantische Hochzeit. Mein Traum war immer eine richtige Sissi-Hochzeit zu feiern. Obwohl ich mir damit jetzt nicht mehr so sicher bin. Trotzdem will ich aus Liebe heiraten und nicht aus einer Notwendigkeit heraus. Es muss doch auch noch andere Wege geben?

Leider stellt sich München als konservativer heraus als erwartet. Es hagelt Absagen. Joshua ist schwarz. Ob das ein Grund für die Absagen ist, weiß ich nicht. Aber gehen wir einfach mal davon aus, Joshuas Hautfarbe ist kein Grund dafür. Sondern einzig und allein seine nicht vorhandenen Deutschkenntnisse. Selbst internationale Firmen schreiben in ihren Stellenanzeigen vor, dass der Bewerber Deutsch auf B1 Niveau sprechen muss. Ganz egal, ob in der Firma eigentlich nur auf Englisch kommuniziert wird.

Joshua findet also keinen Job. Nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch laden sie ihn ein. In dieser Zeit mache ich gerade Weiterbildungen übers Arbeitsamt. Ich bin die „Alleinverdienerin“ in der Beziehung, wenn ich das bei Arbeitslosengeldbezug überhaupt von mir behaupten kann. Normalerweise arbeite ich in der Filmbranche und verdiene sehr gut. Nur über den Winter gibt es wenige Projekte, weswegen eine Arbeitslosenmeldung in den Wintermonaten für viele Filmschaffende an der Tagesordnung steht.

Obwohl mein Arbeitslosengeld überdurchschnittlich hoch ist, bin ich nicht darauf eingestellt, langfristig eine zweite Person mitzufinanzieren. Ich bekomme Panik, pro Monat viel zu viel Geld auszugeben. Ich habe Angst, irgendwann mit einem Berg von Schulden dazustehen.

Eigentlich sind diese Sorgen vollkommen unbegründet, aber ich kann sie trotzdem nicht ablegen. Immer öfter mache ich mir Gedanken, was ich eigentlich aus meinem Leben machen will. Will ich weiterhin beim Film bleiben und dort im Szenenbild arbeiten? Gibt es noch irgendwelche Karrierechancen für mich? Habe ich überhaupt noch irgendwelche Ziele im Leben? Sollte ich mich nicht vielleicht neu orientieren, mir einen neuen Job suchen und ganz von vorn anfangen?

Und was will ich, wenn es um meine Beziehung mit Joshua geht? Will ich mit ihm zusammenbleiben? Es ist meine erste längere Beziehung und es gibt einiges, das mich stört. Kann ich mir überhaupt vorstellen, irgendwann zu heiraten? Oder gar eine Familie zu gründen?

Eigentlich sollte ich mir mit Anfang Dreißig langsam darüber im Klaren sein, was ich genau will. Wer ich sein will, was ich in meinem Leben will und was ich von einer Beziehung will.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Mit Anfang 30 fühle ich mich komplett lost. Ich weiß einfach gar nichts mehr. Auf welcher Grundlage will ich denn da eine Beziehung führen?

Ich bin mit Joshua zusammen, weiß aber nicht warum. Ich habe auch keine Ahnung, wohin die Reise für uns beide zusammen geht. Macht ja nix, Schicksal und so. Irgendwann wird sich schon rausstellen, wofür das alles gut ist. Das denke ich mir immer.

Aber nein, dieser Gedanke macht mich nicht mehr glücklich. Ich will mich nicht mehr damit abfinden, dass schon irgendwie alles gut wird. Und auch alles gut ist, so wie es ist. Dass ich zum Beispiel keine Ahnung von meiner Zukunft habe.

Dabei passiert das ja nicht das erste Mal. Eigentlich habe ich nie wirklich einen Plan, wo ich mich in der Zukunft sehe. Ich will einfach nur glücklich und zufrieden sein, mit dem was ich mache und mit dem, wer ich bin. Dass sich das jemals ändern würde, damit rechne ich nicht.

Ich hatte auch nie vorhergesehen, wie schwierig es ist, eine Beziehung zu führen. Zumindest nicht, wie schwierig es ist, wenn ich selbst keine Ziele habe. Ich denke immer, es kommt nur darauf an, sich gemeinsam Ziele zu stecken. Ich verstehe jetzt, dass es darum zwar auch geht, aber eben nur in zweiter Linie.

In erster Linie muss ich mir darüber klar werden, was ich möchte in meinem Leben. Erst dann können wir gemeinsam an Plänen feilen, die unserer beider Leben verbinden. Ansonsten finde ich mich irgendwann vielleicht verheiratet und mit Kindern in den USA wieder. Am Ende stelle ich dann fest, überhaupt nicht das Leben zu führen, das ich mir vorstelle.

Joshua braucht für sein seelisches Wohlbefinden und für eine für ihn funktionierende Beziehung intensive Kommunikation. Ich versuche, so gut es geht, mich ihm zu öffnen. Mit ihm über alles zu reden, was mich beschäftigt, was mich wütend macht oder was mich freut.

Trotzdem schaffe ich es nicht, ihm das Maß an Kommunikation zuteil werden zu lassen, das er braucht. Ich kann ihn so nicht glücklich machen. Ich mache mir Vorwürfe und versuche intensiver an mir zu arbeiten. Ich fange an, Tagebuch zu schreiben, um dort meine Emotionen zu ordnen und besser ausdrücken zu können. Doch ich merke schnell, dass es einfach nicht funktioniert. Ich kann nicht mit ihm über Dinge reden, von denen ich selbst keine Ahnung habe. Und dabei meine ich keine Themen wie Quantenphysik oder sowas. Ich rede davon, was ich will. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, wer ich eigentlich wirklich bin.

Und wenn du das einmal feststellst, dann ist die Kacke am Dampfen. Nicht zu wissen, wer du wirklich bist. Nicht zu wissen, wer du sein willst.

Ich bin unglücklich mit der Situation, Joshua bald abreisen zu sehen. Aber auch damit, nichts über mich zu wissen. Ich kann in keiner Kommunikation mit ihm auf den Punkt bringen, was mich ausmacht und wofür ich stehe.

So können wir keine Beziehung führen.

Wir fahren übers verlängerte Wochenende nach Siegsdorf. In unendlich langen Gesprächen beschließen wir, dass es für uns beide besser ist, die Beziehung erstmal zu pausieren. Damit bekomme ich eine Chance, mich und meine innere Stimme zu finden. Es ist die härteste Entscheidung meines bisherigen Lebens. Auf der einen Seite stehe ich dieser Findungsphase in freudiger Erwartung gegenüber. Auf der anderen Seite bin ich nicht bereit, meine Beziehung aufzugeben. Ich habe mich einfach noch nie so wohl, geborgen und sicher in einer Partnerschaft gefühlt. Ich könnte mir wirklich vorstellen, mit Joshua in Zukunft den nächsten Schritt zu gehen.

Trotz allem bin ich weiterhin der Meinung, in einer Beziehung sollte der eine den anderen gerade in solchen Dingen unterstützen. Wir gehen doch irgendwie auch deswegen eine Beziehung ein, damit wir uns gegenseitig Halt und Hilfestellung geben.

Aber Joshua lässt nicht locker. Ich will ihn hassen und kann es nicht. Tief in mir drin, weiß ich, diese Entscheidung ist die Richtige. Trotzdem ist sie unglaublich hart. Meine Brust fühlt sich an als würde ein Felsbrocken mich am Atmen hindern. Ich steigere mich in meine Verlustängste hinein und kann überhaupt nichts Positives mehr an der Situation sehen. Außerdem finde ich diese Entscheidung einfach absolut beschissen - drei Wochen bevor er in die USA fliegt. Hätten wir damit nicht bis zum Abflug warten können? Wie soll denn unsere Nicht-Beziehung oder Beziehungspause in den nächsten drei Wochen aussehen, wenn wir jede Nacht das Bett teilen?

Ich heule eine ganze Woche durch. Meine Kollegen wundern sich, was mit mir los ist. Natürlich weine ich in der Arbeit nicht, aber mir ist permanent danach zumute. Keiner kennt mich so. Launisch und auch ein bisschen aggressiv. Ich selbst kenne mich nicht mehr. Ich weiß, ich will so nicht sein.

Ich weiß dennoch nicht, wie ich mich und meine Gedanken wieder in einen positiven Zustand bewegen soll.

Ich kann über nichts mehr anderes nachdenken als die bevorstehende Trennung. Wieder allein zu sein und niemanden zu haben, der mich in dieser Sache unterstützt.

Ich treibe Joshua in den Wahnsinn. Ich kann nicht mehr vernünftig mit ihm sprechen. Jedes Mal ziehe ich mich komplett in mich zurück. Oder ich breche in Tränen aus, wenn wir das Thema anschneiden.

„Wir haben das doch geklärt. Du stimmst dem doch zu. Warum musst du denn da die ganze Zeit heulen?“, fragt er mich, während ich mein Gesicht tränenüberströmt im Kopfkissen vergrabe.

„Ich weiß, dass ich ja gesagt habe. Ich weiß, es ist für uns beide das Beste. Aber mein Herz fühlt einfach nicht das, was mein Verstand als das Beste erachtet. Ich hab's in dem Punkt noch nicht geschafft, da eine Übereinstimmung herzustellen.“

In meinem Tagebuch halte ich täglich meine Gedanken zu dem Thema fest. Ich bringe meine Gefühle zu Papier und seziere sie dann. Jeden Tag kann ich beobachten wie sich meine Perspektive ein bisschen verändert. Kurz bevor er fliegt, bin ich mit ihm total d'accord. Ich weiß und fühle, diese Entscheidung ist die Richtige. Nichtsdestotrotz bin ich unglaublich traurig, als ich Joshua am Flughafen verabschieden muss. Die Person, die ich über alles liebe. Aber wegen Corona kann ich mich noch nicht mal ordentlich von ihm verabschieden. Und ich weiß auch nicht, wann wir uns denn wiedersehen.

Ich bleibe vor dem Security Check stehen. Traurig, dass dieser Abschnitt jetzt erstmal vorbei ist. Gleichzeitig unendlich glücklich, mich selbst entdecken zu dürfen. Ich bleibe mit der anderen Person zurück, die ich über alles lieben sollte – mit mir selbst.

*

Kennst du den Moment, wenn du in der U-Bahn sitzt und das Pärchen dir gegenüber neidisch anstarrst? Weil sie Händchen halten und richtig glücklich aussehen? Herzlichen Glückwunsch, du bist nicht allein. Ich glaube, jede von uns kennt das. Jede von uns war schon eifersüchtig auf jemand anderen, weil derjenige das hatte, was sie wollte.

Ich verstehe lange nicht, dass ich mit der jetzigen Situation unglücklich bin. Ich verstehe nicht, dass es mich nicht mehr befriedigt, kein Ziel zu haben, auf das ich mein Leben ausrichte. Trotzdem bin ich auf andere Menschen, die einen Plan haben, eifersüchtig.

Ist es dir auch schon mal so gegangen, dass du eine Person beneidet hast? Eine Person, die im Leben ihre Vorhaben durchzieht? Pläne, die sie sich irgendwann mal ausgedacht hat und die sie jetzt verfolgt – vielleicht sogar ohne Rücksicht auf Verluste?

Warum macht dich das eifersüchtig? Weil du überhaupt keine Ahnung davon hast, was du mit deinem Leben anstellen willst. Wo es für dich hingehen soll und wo du in zehn Jahren sein willst.

Wie oft fragt mich jemand: „Wo siehst du dich in Zukunft, so in zehn, zwanzig Jahren?“ „Keine Ahnung!“, zucke ich jedes Mal mit den Schultern, „Ich weiß nur, dass ich in Zukunft glücklich sein will. Egal wo das ist und mit wem das ist. Ich will irgendwann auf mein Leben zurückblicken können und sagen, ich bereue nichts.“

Und dieser Gedankengang, diese Planlosigkeit, funktioniert ziemlich lange, ziemlich gut für mich. Als ich mir immer unsicherer werde, ob ich längerfristig beim Film bleiben will, habe ich eine Erkenntnis: Ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben machen will. Gleichzeitig denke ich mir, mein Ziel glücklich zu werden, wird sich schon wieder einstellen. Dafür brauche ich keinen Plan. Ich probiere einfach weiter Sachen aus und wenn's die nicht sind, dann kommt eben etwas Neues.

In diesem Fall funktioniert das aber leider gar nicht mehr.

Ich schaue neidisch auf das Leben meiner besten Freundin Anna. Ich denke mir, wie schön es doch wäre, auch einen Plan im Leben zu haben. Einen Plan, ob ich Kinder haben möchte. Einen Plan, ob ich heiraten will. Und einen Plan, welchen Platz ich zukünftig in der Gesellschaft haben möchte.

Mir kommt es plötzlich überhaupt nicht mehr erstrebenswert vor, null Peil von meinem Leben zu haben. Vor allem auch weil ich merke, dass mit dieser Planlosigkeit eine gewisse Trägheit einhergeht. Es fehlt der Antrieb, Dinge anzufangen und zu Ende zu bringen, weil das Ziel fehlt. Wofür mach ich das Ganze denn?

Beim Film bin ich schon Außenrequisiteurin, ich könnte „nur“ noch zur Szenenbildnerin aufsteigen. Aber diesen Sprung kann ich eigentlich nur machen, wenn ich Architektur oder etwas Ähnliches studieren würde. Eine Sache von der ich überhaupt keine Ahnung habe. Außerdem auch keine Ambitionen, mich in der Richtung weiterzubilden.

Es ist jedoch de Facto so, dass Menschen einen Antrieb brauchen. Wenn du planst, eine Weltreise zu machen, musst du vorher auch einen Plan erstellen. So eine Weltreise schüttelst du ja nicht einfach so aus dem Ärmel. Du musst wissen, in welche Länder du überhaupt reisen willst. Wie lange willst du reisen? Wieviel Geld willst du dafür ausgeben? Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in den einzelnen Ländern? Willst du mit dem Flugzeug reisen und vor Ort Bus fahren? Oder kaufst du dir ein Auto und baust das nach deinen Vorstellungen um? Was kostet das alles? Wie lange musst du darauf sparen?

Alles Fragen, die du im Laufe der Zeit beantworten musst. Sobald du eine Antwort darauf findest, kannst du dich an die Umsetzung machen. An die genaue Ausgestaltung der Reiseroute. Vielleicht beginnst du auch einen Blog zu schreiben. Du kannst schon mal von den Vorbereitungen der Reise berichten. In der Hoffnung, mit dem Blog auf Reisen noch ein wenig Geld für die Reisekasse zu verdienen.

Das Ziel steht also jederzeit direkt vor deinen Augen. Es ist glasklar, was der nächste Schritt ist, wenn du die Sache wirklich umsetzen willst.

Jetzt stell dir mal dein Leben ohne Ziele vor. Wie langweilig das ist. Wie unbefriedigend das ist. Stell dir vor, du kommst in die Arbeit, aber du hast keine Vorgabe, was du an diesem Tag erreichen musst. Du musst einfach nur anwesend sein und deine Zeit dort absitzen. Würdest du dort einen Tag länger als nötig verbringen?

Ich glaube nicht.

Wir Menschen sind nicht dafür geschaffen, nichts zu tun. Allein evolutionsbedingt liegt uns das nicht. Wenn du in freier Wildbahn überleben willst, kannst du dich auch nicht auf die faule Haut legen und nichts tun. Wenn das passiert, siehst du die ewigen Jagdgründe schneller als dir lieb ist.

Natürlich gibt uns die moderne Zeit die Gelegenheit zur Prokrastination. Das ganze Wochenende Serien auf Netflix anschauen und die wichtigen Dinge immer weiter aufschieben. Aber selbst Binge-Watching hat ein Ziel. Das Ziel, die Serie fertig zu sehen, weil du unbedingt wissen willst, wie's weitergeht.

Und du willst doch sicher auch wissen, wie's in deinem Leben weitergeht?

Überraschungen sind super und Überraschungen begleiten dich dein Leben lang. Aber eine Ahnung vom groben Plot deines Lebens zu haben, ist einfach was ganz Tolles und entspannt total. Wenn du über dein Leben nachdenkst und nicht weißt, was du willst. Wenn du dich vor lauter Möglichkeiten nicht traust, eine Entscheidung zu treffen, dann läuft was falsch.

Das Leben geht weiter. Das Leben wartet nicht darauf, dass du eine Entscheidung triffst. Wenn du dir nicht im Klaren darüber bist, wohin du willst, werden Dinge passieren, die du nicht möchtest. Aber das weißt du dann leider erst im Nachhinein, weil du vorher immer denkst: Vielleicht ist das ja das Richtige. Eventuell bringt mich das an den Punkt, an dem ich endlich weiß, wie es für mich weitergeht.

Ich lebe jahrelang so. Wir Bayern saugen das Motto schon mit der Muttermilch auf: „Schau ma moi, dann seng mas scho.“

Aber ich stelle irgendwann für mich fest, dass das nur in begrenztem Maße hilfreich ist.

Irgendwann ist es an der Zeit, eine Entscheidung für die Zukunft zu treffen. Eine Entscheidung, welche Richtung du einschlagen willst. Das heißt nicht, dass du diese Entscheidungen nicht auch wieder revidieren oder abändern kannst. Wenn du merkst, so funktioniert's nicht, darfst du sie berichtigen. Sie geben einfach eine gute Handlungsanleitung, wie du in Zukunft dein Leben führen kannst und möchtest.

Ich komme also an einen Punkt, an dem ich auf den Plan von meiner Freundin Anna richtig neidisch bin. Obwohl ich Anna schon seit der fünften Klasse Gymnasium kenne, erstaunt sie mich immer wieder. Manchmal habe ich den Eindruck, bei ihr verläuft das Leben wie auf Schienen. So geordnet und strukturiert. Sie nimmt sich was vor und zieht das durch.

Abitur und dann ein Studium zur Grundschullehrerin. Unser damaliger Deutschlehrer wirft ihr vor, ihre gute Note wegzuwerfen. Schließlich hat sie einen Abi Durchschnitt von 1,5. Doch diese Unterstellung ändert nichts an ihren Zielen. Das Studium verläuft nach Plan und sie schließt es in Regelstudienzeit, natürlich als eine der Besten ihres Jahrgangs, ab. Wenn's ums Thema Männer und heiraten geht, hat sie ebenfalls einen Plan. Im Idealfall ist sie einige Jahre mit ihrem Zukünftigen zusammen. Dann heiratet sie ihn mit 28 und danach stehen Kinder auf dem Plan.

Trotzdem passiert auch ihr das Leben manchmal einfach. Der Plan gerät ins Wanken, als sie einen Autounfall hat. Nichts wahnsinnig Dramatisches, aber das Auto hat einen Totalschaden. Eigentlich wollen ihr Freund Flo und sie im nächsten Jahr heiraten. Jetzt geht das gesparte Geld erstmal für ein neues Auto drauf.

Ihr Plan geht nicht auf, aber dem Leben ist das ganz egal. Das geht trotzdem einfach weiter.

Egal, welche ungeahnten Schicksalsschläge dich ereilen oder welche Überraschungen das Leben für dich bereithält. Im Endeffekt kannst du nichts davon planen. Sobald du aber einen Plan hast, kann der dir Halt geben. Dann werfen solche Situationen dein Leben nicht komplett aus der Bahn.

Anna und Flo entschließen sich daraufhin, das Kinderthema vorzuziehen und das erstmal zu probieren. Sie wollen sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Hochzeit Zeit geben. Wenn es bis dahin nicht klappt, verhütet Anna wieder, damit das Kind nicht direkt an der Hochzeit kommt.

Und wie das bei Anna meistens so ist, klappt's. Kaum setzt sie die Pille ab, ist sie schwanger. Und ein dreiviertel Jahr nach Luises Geburt steht die Hochzeit ins Haus.

Der Plan ist zwischendurch gefährdet. Anna muss ihre Ziele neu arrangieren. Trotzdem funktioniert es für sie hervorragend, daran festzuhalten.

Denn der generelle Plan ändert sich nicht. Nur die Voraussetzungen sind anders, also passt sie sich an. Aber sie gibt ihre Ziele nicht auf.

Ich finde das bewundernswert, denn genauso solltest du es immer machen.

Nur wenn du gar keinen Plan hast, hast du nichts an dem du dich festhalten kannst. Du hast keinen Fixpunkt im Leben, der dich immer wieder aufstehen und weitermachen lässt.

Eine Sache, die erfolgreiche Menschen gemeinsam haben, ist, jederzeit einen Plan zu haben. Vielleicht kennst du das Bild, in dem eine Person eine Treppe hochläuft. Ihrem Ziel entgegen. Die Treppe besteht aus allen Fehl- und Rückschlägen, die sie auf dem Weg zu ihrem Ziel hinnehmen muss. Doch sie verliert nie ihre Vision aus den Augen. Dadurch schafft sie es, oben anzukommen und erfolgreich zu sein.

Der Weg dorthin mag vielleicht hart sein. Der Weg dorthin mag nicht gerade sein – aber du wirst ankommen, wenn du es nur willst.

Und genau darum musst du nicht zuletzt flexibel im Leben sein. Der beste Plan bringt dir nichts, wenn du strikt daran festhältst und feststellen musst, dass er nicht funktioniert.

*

Eigentlich ist ja mein Plan mal, mich nach meinem Masterstudium bei Medienunternehmen zu bewerben und als Journalistin zu arbeiten. Am liebsten wäre mir Reisejournalismus gewesen. In ferne Länder reisen, exotische Orte erkunden und neue Kulturen kennenlernen. Mein absoluter Traum. Doch ich habe immer das Gefühl, es wäre total utopisch, eine solche Stelle zu bekommen. Mein Traum ist das jedoch immer noch. Zumindest Reisen und nicht an einen Ort gebunden arbeiten.

Jedenfalls ruft mich nach meiner Rückkehr aus Argentinien mein ehemaliger Chef, der Szenenbildner der Rosenheim Cops, an. Er fragt mich, ob ich nicht als Ausstattungsassistenz bei den Rosenheim Cops arbeiten will. Seine Assistentin hatte sich das Becken gebrochen. Nach meinem Auslandsstudium und der anschließenden Reise quer durch Südamerika herrscht Ebbe auf meinem Konto. Ich sage also zu. Wohl wissend, beim Film ganz gut zu verdienen, auch wenn die Arbeitsbedingungen und -zeiten oftmals eher bescheiden sind.

Ich plane, während der Arbeit weiter Bewerbungen zu schreiben. Ich möchte mir einen Job als Journalistin suchen oder zumindest ein Volontariat finden.

Gesagt, getan. Ich beginne bei den Rosenheim Cops zu arbeiten und habe ein tolles Team um mich rum. Gleichzeitig schreibe ich Bewerbungen. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich vielleicht noch viel mehr Bewerbungen schreiben können. Ich schicke meine Bewerbung an alle Unternehmen, die mir auch nur ansatzweise interessant vorkommen. Leider traue ich mich nicht, meine Bewerbung auch dorthin zu schicken, wo mein Lebenslauf nicht Hundertprozent auf die Stellenbeschreibung passt. Anscheinend ein typisches Frauenproblem. Warum stellen wir unser Licht eigentlich immer unter den Scheffel?

Jedenfalls bekomme ich auf meine Bewerbungen nur Absagen. Ich bin frustriert und habe irgendwann einfach keine Lust mehr, noch weiter Bewerbungen zu verschicken.

Das i-Tüpfelchen ist die Absage vom Bayerischen Rundfunk auf eine Bewerbung als Redaktions-Volontärin. Sie laden mich nichtmal zum Bewerbungsgespräch ein. Sie halten es auch nicht für nötig, mir zumindest vom Personalchef oder der Personalchefin die Absage zukommen zu lassen. Auch kein regulärer Mitarbeiter, keine reguläre Mitarbeiterin schickt mir die Absage. Nein. Es ist eine Auszubildende zur Bürokauffrau.

Nachdem meine Bewerbungen so unerfreulich enden und ich wirklich keine einzige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekomme, reicht es mir wirklich.

Ich beschließe, die Suche erstmal einzustellen und mir ein bisschen Zeit zu nehmen. Schließlich habe ich gerade einen Job bei den Rosenheim Cops. Eine Stelle, die mir viel Spaß macht, jeden Tag Abwechslung bietet und nicht der typische Bürojob ist. Das ist etwas, wovor ich am meisten Angst habe: Den ganzen Tag in einem Büro versauern zu müssen. Ich bin viel lieber aktiv. Mal drin, mal draußen. Mal im Wald, mal am See, mal auf dem Berg. Ich geh dahin, wo es spannend ist und wo es Action gibt. Ohne was Neues jeden Tag läuft bei mir nichts.

Auch deswegen ist der Job in der Ausstattung so spannend. Mit jedem Projekt muss ich mich in neue Bereiche reinfuchsen. Was macht ein Bestatter? Wie arbeitet ein Thanatologe? Wie sehen offizielle Durchsuchungsbeschlüsse aus? Und wie läuft das Leben in einem Altersheim ab? Jeden Tag gibt es etwas Neues zu lernen, zumindest wenn ich offen und bereit dafür bin.

Ich bin allerdings nicht bereit dazu, das für einen Bürojob aufzugeben, in dem ich jeden Tag das Gleiche machen muss.

Obwohl mein Plan ursprünglich ganz anders aussieht, passe ich ihn an. Erst einmal nur vorübergehend. Ich habe keine Lust mehr, immer wieder Absagen zu kassieren, die ganz schön auf die Psyche schlagen. Schließlich vermitteln sie mir, es nicht mal wert zu sein, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Und das, obwohl ich zwei Hochschulabschlüsse habe, wenn auch in komplett unterschiedlichen Fachbereichen.

Irgendwie denke ich mir, Personaler wären heutzutage offener für ungewöhnliche Lebensläufe. Außerdem spreche ich vier Sprachen fließend und habe dazu noch Grundkenntnisse in zwei anderen Sprachen.

Latein schließe ich als tote Sprache jetzt mal kategorisch aus. Vielleicht hätte ich das aber nicht machen sollen. Vielleicht hätte mir die Erwähnung in meinem Lebenslauf Pluspunkte und die Einladung zum Vorstellungsgespräch gebracht?!?

Wer weiß das schon so genau. Leider habe ich keine Kristallkugel, in die ich bei Bedarf reinschauen kann. Die mir zeigt, wann denn die Jobsuche endlich von Erfolg gekrönt ist.

Ich bin auf jeden Fall ganz schön ausgelaugt davon und damit kommt der Perspektivwechsel. Solange das eine nicht funktioniert, mache ich eben das andere. Und aus dem Standpunkt: „Ich mache das solange bis ich einen anderen Job gefunden habe.“, wird: „Ich mache das solange, bis ich keinen Spaß mehr daran habe.“

Ich kann dir sagen, ich zweifle oft an dieser Entscheidung. Andererseits hilft mir der Job, im Winter mein Leben so zu leben, wie ich mir das immer vorgestellt hatte. Auf Reisen. Irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs. Mal allein, mal mit Freunden. Aber immer mit viel Spaß.

Jedes Mal wenn ich ins Flugzeug steige, schlägt mein Herz höher und ich weiß, jetzt beginnt das Abenteuer. Es geht los und ich kann meinen Erfahrungsschatz mit einigen tollen Erlebnissen und verrückten Stories bereichern.

Es ist also nichts Schlimmes, seine Pläne anzupassen an die momentane Lebenssituation. Solange du das große Ganze nicht aus den Augen verlierst. Und dieses große Ganze hilft dir, die Tiefen in deinem Leben zu überwinden.

Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, wohin mich die Reise führen wird. Welcher Plan sich am Ende präsentiert. Aber ich bin auf dem Weg, genau das herauszufinden und das ist momentan mein Ziel.

Wenn ich mich mit Joshua über meine Sinnsuche unterhalte, denke ich immer, diese Phase dauert nur ein, maximal zwei Monate. Die Erkenntnis wird schon schnell kommen, wenn ich mich intensiv darauf fokussiere. Aber so funktionieren unser Hirn und unser Herz leider nicht. Die lassen sich keine Befehle erteilen. Die kommen mit ihren Einsichten, wenn sie vielleicht gerade vollkommen unpassend sind. Aber du kannst dir sicher sein, irgendwann kommt die Erleuchtung, wenn du wirklich daran arbeitest.

*

Obwohl ich noch nicht am Ziel bin, bin ich auf einem guten Weg. Ich bin nicht mehr in dem gleichen Loch wie zu der Zeit, als Joshua in die USA zurückfliegt. Zu der Zeit bin ich gefangen in Perspektivlosigkeit. Eine Hoffnungslosigkeit ergreift von mir Besitz, dass ich denke, ich könnte mich davon gar nicht mehr befreien. Ich habe Angst, überhaupt nicht herauszufinden, was ich vom Leben und wer ich in meinem eigenen Leben sein will. Aber da liege ich falsch.

Als ich es zu meinem Ziel mache, eben dies herauszufinden, habe ich auch wieder einen Plan in meinem Leben. Das Gefühl der Sinnlosigkeit gibt es nicht mehr. Ich freue mich vielmehr auf eine spannende Reise, auf der ich den Zweck meines Lebens herausfinden kann.

Ich schaffe es einfach nur durch diese Zielsetzung, aus dem Loch wieder hervorzukriechen und mit Freude weiterzumachen. Hätte ich Joshua und unsere gemeinsame Entscheidung nicht gehabt, wäre ich jetzt immer noch genauso orientierungslos. Und vermutlich weiterhin in dieser fast schon depressiven Phase.

Ich hatte damals einfach keine Freude mehr daran, das Leben ohne Strategie zu meistern. Diese Ziellosigkeit ist der Tiefpunkt in meinem Leben. Ich bin nicht depressiv veranlagt, aber da merke ich, wie sich Leute mit Depressionen vermutlich fühlen. Antriebslos und hoffnungslos. Das Leben macht so einfach keinen Sinn.

Aber ich kann ja nicht einfach aufgeben. Die Beziehung zur Liebe meines Lebens steht auf dem Spiel und ich will Joshua auf keinen Fall verlieren. Auch wenn das bedeutet, dass ich die härteste Entscheidung meines Lebens treffen muss. Nur um für mich und hoffentlich auch für uns das Happy End herauszuholen.

Auch auf meinem Weg aus dem Loch heraus ist der Weg bisher nicht stringent und gerade. Immer wieder tauchen Hürden auf, immer wieder habe ich mit meinen Gefühlen für Joshua zu kämpfen. Ich will einfach nicht, dass diese Beziehung vorbei ist. Ich vermisse ihn so sehr. Ich sitze oft im Auto, auf dem Weg in die Arbeit und kann vor lauter Vermissen nicht mehr atmen. Meine Brust schnürt sich zu und ich könnte jeden Augenblick zu Heulen anfangen.

Genau das ist es auch, was mich stark macht. Stark genug, weiterzukämpfen. Ich habe das Ziel vor Augen, die beste Version meiner Selbst zu sein. Ich will endlich herauszufinden, was das für mich bedeutet.

Wenn du dich auch gerade in dieser Phase befindest, in der du nicht weißt, wer du genau bist. Oder wohin du in deinem Leben willst. Fang an dir kleine Ziele zu stecken. Jedes Ziel, das du erreichst, bringt dich einen kleinen Schritt näher an dein großes Ziel. Selbst wenn das momentan noch gar nicht feststeht. Solange du deine Ziele fest im Blick hast, können dich auch kleine Hürden und Rückschläge nicht aus dem Tritt bringen. Vielleicht musst du kurz innehalten, kurz verschnaufen. Nochmal abchecken, ob du deinen Plan nachjustieren solltest. Aber dann kann es wieder weitergehen und du kannst dein Ziel viel schneller erreichen als gedacht.

Aber lass dir gesagt sein, dass das Ganze auch durchaus mit Arbeit verbunden ist. Trotzdem lohnt sich diese Arbeit, weil du sie nicht für jemand anderen machst, sondern nur für dich. Du bist das Ziel.

Mein Mutausbruch

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