Читать книгу Der Kopf ist das Rätsel um glücklich zu sein - Monika Rothacher-Handschin - Страница 5

Tagebuch November 2017

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9. November 2017

Es ist der Tag der Anreise in die Klinik in Littenheid. Mein Koffer ist gepackt und alles was dazu gehört auch. Also fuhren wir Richtung Klinik. Ich werde hier keine Namen nennen, nur die, die ich privat kenne. Während der Hinfahrt ging mir vieles durch den Kopf. Wird das alles gut gehen? Können sie mir helfen? Wenn nicht, was, wo, wie geht es weiter mit mir. Aber ich musste aufhören nachzudenken. Ich muss da jetzt durch. Das ist meine letzte Chance und die will ich nützen. Als wir angekommen sind, musste ich als erstes meine Medikamente abgeben. Das heisst vorher durfte ich zuerst in das Zimmer. Danach hatte ich ein kurzes Gespräch mit einem netten Pfleger, der mir alles abnahm. Als wir fertig waren, ging ich ins Restaurant rüber zu meinem Mann. Wir redeten noch ein wenig und danach musste er schon wieder zurückfahren. Ich begleitete ihn noch zum Auto. Als ich auf die Wiese schaute, sah ich eine schöne Margerite. Ich pflückte sie und schenkte sie ihm zum Abschied. Eigentlich wollte ich nicht weinen, aber es ging doch nicht ohne. So fuhr er weg und ich blieb alleine hier zurück. Ich bin zurück in mein Zimmer gegangen und hatte so eine Leere in mir. Später kam die Gotte dazu, die mir zugeteilt wurde für die ersten Tage. So ging ich mit ihr Mittag essen und Nacht essen. Und wenn ich etwas wissen wollte, konnte ich sie fragen.

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10. November 2017

Ich wachte am Morgen völlig kaputt auf. Ich hatte so schlecht geschlafen und wälzte mich die ganze Nacht nur im Bett rum. Ich fühlte mich so schwer und allein gelassen, obwohl ich ja wusste, dass ich Betreuerinnen und Betreuer um mich hatte.

An diesem Tag war nicht viel los. Es war mehr ein Kennenlernen und kurze Gespräche. Also nichts Spannendes. Ich nutzte diesen Tag aus und ging ein paar Mal spazieren.

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11. November 2017

Es ist Samstag und ich habe auch letzte Nacht wieder fast nicht geschlafen. Als ich zum Frühstücken ging, bemerkte ich sofort, dass nicht mehr so viele Patienten da waren. Man sagte mir, dass alle nach Hause gegangen sind und die, die noch bei mir sassen auch noch gehen werden. Als ich fertig war, machte ich mich wieder auf den Weg ins Zimmer. Ich habe mich warm angezogen und bin mit meinen Stöcken laufen gegangen. Länger als 15 Minuten schaffte ich es aber doch nicht. Ich war schon wieder sehr müde. Als ich zurückgekommen war, sagte mir die Bezugsperson, dass ich hier jetzt ganz alleine bin. Beim Mittagessen war es schon komisch so alleine hier zu sitzen, aber ich merkte schnell, dass mir das gefiel. Diese Ruhe zu spüren tat mir sehr gut. Später kam meine Bezugsperson und wir hatten ein tolles Gespräch. Abends das Gleiche, aber dieses Mal mit einem Pflegefachmann. Auch mit ihm hatte ich ein tolles Gespräch. Später verkroch ich mich wieder in mein Zimmer und schaute TV und strickte nebenbei. Ich muss ehrlich sagen, die Nacht alleine in der Klinik zu verbringen, war schon etwas unheimlich. Ich war doch froh, als der Morgen wiederkam. Den 12. November nehme ich hier dazu, weil am Sonntag ja nichts los war. Also wartete ich wieder auf den Montag

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12. November 2017

Siehe 11. November 2017

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13. November 2017

Am Montag findet immer im Gruppenraum der Wochenstart statt. Ich mag das gar nicht. Da geht es immer darum zu erzählen, aber nur kurz, wie das Wochenende war und welches Ziel wir erreichen möchten in der neuen Woche. Das geht ca. eine Stunde. Denke jedes Mal Augen zu und durch. Viel war an diesem Tag nicht los bei mir. Am Anfang hat man noch nicht so viele Therapien. Also ging ich an diesem Tag an die frische Luft. Bevor es aber zum Mittagessen ging, hatte ich noch eine Voruntersuchung bei der Ärztin. Als ich bei ihr angekommen war und sie mich untersuchte, sagte ich zu ihr, ich wüsste gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so eine Untersuchung hatte. Sie klopfte mit dem Hämmerli auf die verschiedenen Reflexe. War noch lustig. Was aber nicht lustig war, war mein erhöhter Blutdruck. In meinem Kopf fing es schon wieder an zu rattern. Muss ich jetzt schon wieder eine Tablette mehr nehmen? Ich mag das einfach nicht mehr. Ich habe so viel geschluckt in den letzten Monaten, dass es mir langsam abstellt und ich keine mehr sehen kann. Sie meinte aber, dass wir jetzt für 2 Wochen den Blutdruck messen werden und danach besprechen wir es nochmals. Mein Hauptproblem war immer noch die Sache mit den roten Blutkörperchen, weil immer noch niemand weiss, woher die kommen. Sie sagte zu mir: wir werden Ihnen eh noch Blut abnehmen und sehen uns das an. Es steht alles noch in den Sternen. Nach dem Mittagessen ging ich zum Wäscheraum rüber. Aber nicht zum Wäschewaschen. Dort bei diesem Gebäude gab es mehrere Therapien, sowie Fitness, Maltherapien und sonst noch verschiedenes. Malen ist ja auch nicht gerade mein Gebiet. Aber ich hörte es mir an und entschloss mich, es auszuprobieren. Da wir früh fertig waren und ich erst um 14.00 wieder einen Termin hatte, spazierte ich noch etwas hin und her. Jetzt wurde es spannend für mich. Mein erstes Treffen mit meiner Psychologin stand mir bevor. Ich hoffe, sie ist mir sympathisch, wenn nicht, habe ich ein grosses Problem. Wow, das Glück stand mal auf meiner Seiter. Der erste Händedruck und ihr Gesicht hat mir grad das Gefühl gegeben, das kommt gut mit uns zwei. Und es war auch so. Ich weiss, es ist erst der Anfang, aber ich freute mich schon auf das nächste Gespräch mit ihr. Und jetzt ab zum EKG, danach habe ich es geschafft für heute.

Jetzt hatte ich wieder genug Zeit für mich. Bin nochmals spazieren gegangen und danach auf mein Zimmer. So, das war mein Tag heute, aber doch einiges erledigt.

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14. November 2017

Letzte Nacht habe ich wieder schlecht geschlafen. Ich kam kaum aus dem Bett. Also raufte ich mich zusammen und liess das Duschwasser in Ruhe über mich fliessen. Ich zog mich an und holte meine Medikamente ab. So, und jetzt frühstücken, danach Arztvisite. Als ich im Raum ankam, habe ich mich hingesetzt. Sie fragten mich, wie es mir gehen würde. Ich sagte, dass ich immer noch nicht ganz angekommen bin. Meine offenen Fragen wurden mir noch nicht beantwortet. Und es sind sehr viele. Ich weiss, es braucht Zeit, aber ich habe halt den Glauben an die Ärzte verloren. Jeder sagt etwas anderes und da soll ich noch vertrauen haben? Und sie erklärten mir auch, dass alles seine Zeit braucht. Am Schluss der Visite bekam ich eine Überweisung zu einer Ernährungsberaterin. Na ja, ist auch was Schönes. Das stand zwar nicht in meinem Kopf, aber man kann es ja versuchen. Wer weiss, vielleicht hilft mir das ja auch, dass sich der Blutdruck wieder senkt. So jetzt muss ich mir eine kleine Pause gönnen, mein Handgelenk tut schon weh vom Schreiben. Eigentlich wollte ich spazieren gehen. Die Sonne scheint so schön in mein Zimmer. Ich werde es am Nachmittag versuchen. Ich habe eh nur einen Einführungskurs über Malen, Holz, Steine, usw. So jetzt werde ich einen Kaffee trinken gehen und melde mich später wieder.

Ausgeruht aber mit einem schweren Körper ging ich zur Ergo. Als ich reingekommen bin, sah ich vom Weiten schon eine kleine Gruppe. Ich habe auf die Uhr geschaut und dachte, ich bin doch nicht zu spät? Und schon kam der nette Herr und holte mich zur Gruppe dazu. Er sagte, dass er erst grad angefangen hat und die Materialen und was alles dazu gehört, gezeigt hatte. Ich sah mich auch ein wenig um, was es so alles gab und was man da machen konnte. Auf jeden Fall hat er so viel erzählt, dass ich Mühe hatte ruhig zu stehen. Ich habe mir immer ein Plätzchen ausgesucht, wo ich mich anlehnen konnte. Das stresste meinen Körper so, dass er sich bemerkbar machte. Ich wurde langsam unruhig. Ich war so froh darüber, dass wir zum Schluss gekommen sind. Ich habe mir zwei Sachen ausgesucht und werde es euch erzählen, wenn es soweit ist. Ich habe noch nie so etwas gemacht, aber ich werde es versuchen.

Endlich konnte ich raus an die frische Luft gehen. Ich musste mich jetzt entscheiden, zurück ins Zimmer oder spazieren. In diesem Moment weiss ich nie, was richtig und was falsch ist. Beanspruche ich jetzt meinen Körper wieder, weil er sich so schwer anfühlt oder soll ich mich lieber hinlegen und bin vielleicht ausgeruht? Das raus zu finden ist für mich immer sehr schwierig. Immer das überlegen, soll ich, soll ich nicht, ist einfach mühsam. Ich hoffe, dass ich hier lerne, was richtig und was falsch ist. Ich habe mich entschlossen spazieren zu gehen. Und ich habe es nicht bereut. Im Gegenteil, es ging mir besser. Ich hatte aber am Nachmittag auch noch ein schönes Erlebnis. Es ist ja nicht immer alles schlecht. Ich hatte ein sehr schönes Gespräch mit meiner Bezugsperson. Sie ist eine sehr liebe Person. Ich konnte so schön reden ohne zu weinen. Das hat mir so gutgetan, dass mir eine Person zu hörte und ich einfach reden konnte und das ohne Unterbrechung. Mir ging es in dieser Stunde so gut, dass ich gleich nochmals einen Spaziergang machte. Als ich zurück war vom Spazieren, setzte ich mich noch in die Lounge zu den anderen. Vorher holte ich mir aber noch eine heisse Schokolade. Ich hörte ihnen zu, was sie erzählten. Ich merkte aber schnell, dass es mir zu viel wurde. Ich ging wieder ins Zimmer und genoss die Ruhe. Habe den Fernseher angelassen und weiter an meiner Babydecke gestrickt. Später zum Nachtessen und wieder ab ins Zimmer. Bei den Gesellschaftsspielen fragten sie mich, ob ich auch mitmachen möchte. Ich lehnte aber ab. Ich bin einfach noch nicht soweit. Ich brauche meine Ruhe.

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15. November 2017

Ich habe sehr schlecht geschlafen. Ich wachte schon mit Kopfschmerzen auf. Mir fiel es schwer, unter die Dusche zu gehen. Mich stresste schon wieder der Kopf, der sagte um 7.30 Uhr Blutabnahme, wann soll ich Morgenessen gehen, um 8.00 musste ich schon wieder in der Physiotherapie sein usw. War schon wieder genervt von allem. Und wenn das bei mir so ist, kommt der Tag nicht gut. Also wartete ich auf die Blutabnahme. Arm parat gelegt und als es ums Stechen ging, hörte ich schon ein „Oh je, da spürt man aber nicht sehr viel“. Und schon wurde ich etwas unruhig. Sie versuchte, mit Vorsicht zu stechen, es kam aber nichts raus. Sie traute sich nicht mehr und holte eine andere Pflegefachfrau. Kein Problem, sagte ich. Sie versuchte es 2 Mal und es kam auch nichts, aber gar nichts. Ich sass da und fragte sie: Und was jetzt? Wir probieren es morgen nochmals. Na toll super, und wenn es wieder nicht geht? Sie meinte, dass es schon klappen wird. Sie sagte noch: morgen früh wird mir ein Mann das Blut abnehmen. Und ich zurück: weiss er, dass ihr es nicht geschafft habt? Sie: nein. Und ich wieder: er wird die Stiche in meinem Arm schon sehen. Hahaha. Hahaha, obwohl es mir nicht ums Lachen war, aber das musste ich sagen.

Also ging ich schnell runter zur Küche um mein Morgenessen zu retten. Ich habe gesagt; dass ich gleich weiter gehen muss und ich später es essen werde. Hab noch ein Stück Brot mitgenommen, damit ich etwas im Magen hatte. Ich war noch keine Minute angekommen, da holte mich der Psychotherapeut schon ab. Ich erzählte ihm ein wenig was ich habe und schon ging es los. Obwohl ich ja noch aufgebracht war wegen der Blutabnahme, konnte ich mich doch noch entspannen und sogar die Augen schliessen. Alles was mir gut tut, geht immer so schnell vorbei. Macht man was nicht gerne, geht es ewig.

Auf jeden Fall hatte ich nachher fast keine Kopfschmerzen mehr. Und trotz Müdigkeit ging es mir etwas besser. Nun konnte ich endlich mein Frühstück geniessen. Das heisst eigentlich wollte ich, aber plötzlich kam so eine Leere in mir. Ich merkte auch, dass ich schnell esse anstatt langsam. Ich ging zur Station, um mich abzumelden für die chinesische Medizin. Ich wollte mir keine Nadel in die Ohren stechen lassen. Bei meinem Glück wäre da sicher wieder was schiefgelaufen. So habe ich mich in mein Zimmer zurückgezogen, mir eine Bettflasche warm gemacht und mich hingelegt.

Um 14.00 packte ich mich warm ein und machte einen Spaziergang. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, eine Stunde zu laufen, schaffte es aber doch nicht ganz. Ich muss lernen die Schritte einzuteilen. Ich laufe am Anfang immer zu schnell und am Schluss komme ich fast nicht mehr vorwärts. Man fühlt sich wie ein Betonsack. Ich freue mich jetzt auf den Feierabend und Morgen wird es wieder ein anderer Tag werden.

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16. November 2017

Mein Tag fing schon um 6.45 an. Eigentlich ist das nicht so meine Zeit. Da ich aber die Blutabnahme wiederholen musste, weil es ja am vorigen Tag nicht geklappt hatte, haben sie mir gesagt, ich solle vorher noch etwas trinken. Also schnell unter die Dusche, anziehen und einen halben Liter runter stürzen, in der Hoffnung, dass es mir hilft. Ich betete so, dass es heute klappt. Ich machte mich also auf den Weg zur Blutabnahme. Da ich aber noch niemanden gesehen hatte, setzte ich mich auf einen der bequemen Sessel, die dort standen. Ich wusste schon wieder im Voraus, dass ich nicht lange dort sitzen werde. Kaum gedacht, kam ein junger Mann auf mich zu, der mich abholte. Er sagte zu mir: Heute wird Ihnen ja Blut abgenommen. Und ich sagte: ja, das versuchten sie gestern schon und es ist nichts gekommen. Er schaute mich an und ich konnte in seinem Gesicht sehen, dass er etwas komisch geschaut hat. Ok, so probieren wir es doch heute nochmals, meinte er. Mein Herz pumpte schon wieder bis zum Hals und Kopf hinauf. Ich probierte ruhig zu bleiben. Nach langem Tasten sagte ich zu ihm, dass ich gestern beim Gottesdienst war und gebetet habe, dass es Morgen klappen wird. Ich werde es versuchen, meinte er. Die Spritze war drin, ja, es kam etwas Blut, aber einfach nur langsam. Aber die Freude hielt nicht lange an. Ich hörte so ein ppppfffffff und schon ist das Blut raus gespritzt. Ich schaute ihn an und sagte: werde ich jetzt verbluten? Ich war so erschrocken, dass ich nichts anderes sagen konnte. Er: nein, das ist nur das angestaute Blut was raus gespritzt ist. Mich hat das so mitgenommen, dass es mir wieder schlecht ging. Ich wollte gar nicht mehr wissen, wann ich das nächste Mal wieder hingehen muss. Aber langsam traue ich mich nicht mehr, den Arm hinzuhalten. Ich hätte mich jetzt am liebsten im Zimmer verkrochen und wäre bis abends drinnen geblieben. Das Morgenessen konnte ich auch nicht geniessen. Das Einzige, was bei mir noch funktioniert hat, war das Weinen. Ich hatte nach dem Morgenessen gleich auch noch einen Termin bei meiner Psychologin. Es ging nicht lange, flossen mir schon wieder die Tränen runter. Sie fragte mich, wieso ich jetzt weine. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich frage, ob ich vielleicht schuld daran wäre, dass sie das Blut nicht abnehmen konnten, weil ich etwas aufgeregt war und es dadurch vielleicht ausgelöst wurde. Ich hatte so grosse Hoffnung, dass ich mir es heute gewünscht hätte, in meinem Kopf etwas abzuhaken. Ich weiss, meine Geduld ist nicht gerade meine Stärke. Das heisst aber bei mir, es kommt immer darauf an, was es ist. Auf jeden Fall beruhigte mich das Gespräch mit meiner Psychologin wieder. Als wir fertig waren, ging ich noch etwas spazieren. Mir ging so viel durch den Kopf, dass ich schon wieder weinen musste. Als ich wieder zurück in meinem Zimmer war, nahm ich meine schmutzige Wäsche und ging zum Wäscheraum. Danach strickte ich noch bis zum Mittagessen. Für mich ist stricken das einzige, was mir im Moment hilft.

Am Nachmittag machte ich mich auf den Weg zur Maltherapie. Das ist ja auch nicht grad mein Ding. Aber ich wollte es ausprobieren. Als ich angekommen bin, zeigte mir die Therapeutin, was sie so alles an Farben und zum Gestalten hatte. Plötzlich entdeckte ich ein schönes Mandala Bild. Ich fragte sie, ob ich das haben durfte. Sie hat gesagt: ja sicher, ich solle mal damit anfangen. Bei der Maltherapie geht es ja eh darum, so zu malen, was grad in einem vorgeht. Aber da ich das ja noch nicht konnte, habe ich mir dieses Bild ausgesucht. Ich konzentrierte mich auf die Farben, die ich mir ausgesucht hatte. Ich dachte, das Bild schaffe ich heute noch fertig. Denkste, nach eineinhalb Stunden war ich so erschöpft, wie wenn ich einen ganzen Tag gearbeitet hätte. Hätte nicht gedacht, dass so ein kleines Bild auszumalen so anspruchsvoll ist. Ich hatte Mühe mit aufräumen. Ich wollte mich so gerne hinlegen. Aber damit musste ich warten, weil es mal wieder eine kleine Runde gab um sich austauschen zu können, was man so erlebt hat, was man gemacht hatte.

Ich konnte kaum meine Beine bewegen bis zum Zimmer. Aber ich blieb hart und legte mich nicht hin. Sonst habe ich wieder Probleme mit einschlafen. Jetzt lasse ich den Abend ausklingen und bin gespannt, was mich Morgen erwartet.

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17. November 2017

Nicht ganz ausgeschlafen, machte ich mich auf den Weg zur Dusche. Ich war wieder etwas unruhig und nervös. Und ich stellte mir immer wieder die gleiche Frage: wieso eigentlich und warum ich? Aber ich finde es nicht heraus und das ist das Schlimmste für mich. Ich bin hier ja gut aufgehoben und werde 24 Stunden betreut. Aber irgendetwas geht in mir vor, was das immer wieder auslöst.

So, jetzt wird nicht mehr gejammert, ab zum Frühstücken. Muss mich etwas beeilen, da ich um 8.30 schon wieder parat sein musste zum Spazieren. Das stand auf meinem Plan. Beim Bereitmachen kam grad mein Zimmernachbar von nebenan. Ich fragte ihn, ob er auch mitkommen möchte. Nach seinem Gesicht sah es nicht gerade danach aus. Also packte ich meine Sachen und wartete auf die Begleitperson. Als sie kam, sagte ich: sind wir nur zu zweit? Es sieht so aus. Als wir noch ein paar Minuten warteten, kam doch tatsächlich der Zimmernachbar auch mit. Also machten wir uns zu dritt auf den Weg. Ich merkte schnell, dass die beiden mir immer einen Schritt voraus waren. Mein Herz pumpte und ich schnaufte wie ein Bär. Aber ich liess mir nichts anmerken. Ich ziehe es durch bis zum Schluss. Ich war zwar nachher kaputt, aber stolz auf mich.

Eine halbe Stunde später hatte ich noch ein kurzes Gespräch mit meiner Bezugsperson. Danach Pause bis zum Mittagessen. Freitagnachmittag haben wir immer fast eine Stunde Hausversammlung, was ich gar nicht gerne mochte. Da sitzt man im Kreis und jeder erzählt, was er für Highlights gehabt hatte in dieser Woche. Ich war froh, als es vorbei war. Nachher gibt es immer ein Dessert und einen Kaffee. Das heisst; in der Runde wo wir immer zusammensitzen, kann sich jemand melden, der gerne etwas backen möchte. Ich liebe es ja zu backen, aber dafür reichen meine Kräfte noch nicht. Also geniesse ich den Kaffee und Kuchen. So, jetzt wollte ich noch raus an die frische Luft bevor es zum Singen geht. Eine Kollegin fragte mich, ob ich mitkommen möchte. Ich sagte aber, dass ich nicht singen kann. Sie antwortete: das macht nichts, es geht darum, Freude zu haben, also sagte ich zu. Da ich ja alleine unterwegs war und mich niemand hören konnte, dachte ich mir, ich übe mal ein wenig. Na ja, gut ist anders, aber wenn man ja nicht singen können muss, wie man mir sagte, klappt das schon. Schnell ins Zimmer und ab zum Singen. Oh je, mit mir waren es nur 4 Leute, das kommt nicht gut, dachte ich mir. Ein kleiner Chor wäre mir jetzt lieber gewesen, so wäre meine Stimme nicht so aufgefallen. Also fingen wir an mit einem einfachen Lied. Mein Wunsch nach einem kleinen Chor hat sich doch noch erfüllt. Während dem Singen sind sieben dazu gekommen. Jetzt war ich erleichtert und habe es genossen mit den anderen zusammen zu singen. Es waren meistens nur Vier- und Zweizeiler. Das wurde ein paar Mal wiederholt. Auf Deutsch ging es ja noch, aber als Englisch, Französisch und Spanisch dazu kamen, wurde es schon schwer mitzuhalten. Ich brummte einfach vor mich hin. Mir hat es so gut gefallen, dass ich wieder gehen werde. In diesem Moment vergass ich all meine Sorgen in meinem Kopf.

So, jetzt noch Nachtessen und danach mit einer Kollegin einen Film schauen und stricken. Und schon ist wieder ein Tag vorbei. Morgen besucht mich mein Mann Severin, ich freue mich schon drauf.

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18. November 2017

Die letzte Nacht habe ich wieder etwas unruhig geschlafen. Ich bin aufgewacht und hatte einen leichten Druck im Kopf, der mich schon wieder nervös gemacht hat. Ich weiss meistens was es bedeutet, wenn das kommt. Ich merkte schon die ganze Zeit, dass es mir nicht so gut ging. Dabei sollte ich mich ja freuen, da mein Mann mich gleich abholen kommt und wir einen schönen Tag zusammen verbringen werden. Aber der Druck im Kopf verhinderte, dass ich mich freuen konnte, da sich meine Gedanken immer daran festhielten. Ich fragte mich, warum das jetzt ausgerechnet kommen musste mit dem Druck. Hatte ich Angst, die Klinik zu verlassen? Ich habe ja keine Betreuung von der Klinik, falls es mir nicht gut gehen würde, usw. Anstatt an das Schöne zu denken, drehte sich alles wieder nur um das eine, was mit mir nicht stimmt. Als ich mich fertig angezogen und mich parat gemacht habe, fing ich schon langsam an zu zittern. Mir ging es gar nicht gut. Ich probierte umzudenken. Ich redete mit mir selbst, und sagte: Du bist nicht alleine, Monika, wenn was ist, ist dein Mann dabei, was mir aber auch nicht wirklich helfen konnte. Hat aber nichts mit meinem Mann zu tun, das bin ich selber. Ich hatte Angst und hatte keinen Grund dazu und doch ist sie da, in mir drin. Als mich mein Mann abgeholt hatte, erzählte ich ihm, dass es mir nicht so gut geht. Er sagte zu mir, ich hätte doch keinen Grund dazu. Ich sagte: ja, ich weiss es, aber ich kann nichts machen. Also stieg ich ins Auto und wir fuhren los. Mein Herz hörte ich bis zu den Ohren hinauf schlagen. Ich versuchte mich etwas abzulenken, mit Reden und an etwas Schönes zu denken. In Wil machten wir einen kleinen Spaziergang. Mit der Zeit merkte ich, dass ich ruhiger wurde. Da ich gerne in einer Zigarrenlounge sitze, fragte ich meinen Mann, ob wir nach Gossau fahren wollen. Also setzten wir uns ins Auto und fuhren los. Bevor es aber in die Lounge ging, wollte ich mir Wolle kaufen um für mich einen Pullover zu stricken. Das habe ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr gemacht. Und als ich in dem Laden war, vergass ich alles wieder, was am Morgen war. Nach langem Suchen habe ich etwas Schönes gefunden, was auch zu mir passt. Danach wollte ich mir noch ein schönes Gesteck für das Zimmer kaufen. Da wurde ich auch fündig. Wir brachten alles ins Auto zurück, bevor es in die Lounge ging. Wir gingen bei einem Schmuckladen mit schönen Sachen vorbei. Ich suchte schon lange ein Armband mit Engelsflügeln. Dachte mir, kann ja mal reingehen und fragen. Aber das, was ich suchte, hatten sie nicht. Mein Mann kam später dazu. Nach langem hin und her sagte das Fräulein, wir können so etwas auch anfertigen, wenn ich das wolle. Meine Augen fingen an zu leuchten. Denn das, was ich wollte, fand man schon, aber es war kitschig. Also liessen wir es zusammenstellen und sagten, dass ich es mir nochmals überlegen und wir nochmals vorbeikommen würden. Wir gingen zur Lounge und hatten es gut. Langsam aber spürte ich wieder, dass es bald vorbei ist mit dem schönen Tag. Mein Körper fing wieder an unruhig zu werden. Aber eigentlich kommt es ja aus dem Kopf und das schlägt auf den Körper. Bevor wir uns auf den Rückweg machten, gingen wir nochmals in den Schmuckladen und bestellten mein Weihnachtsgeschenk. Wir machten noch eine kleine Ausfahrt und kamen pünktlich wieder in die Klinik. Ich ass noch das Nachtessen mit meinem Mann im Restaurant und danach kam er noch mit ins Zimmer. Da mein PC neu gestartet werden musste und ich keine Ahnung davon hatte, blieb er solange bis wieder alles funktionierte. Ich habe mich verabschiedet von meinem Mann und hatte schon wieder Tränen in den Augen, aber so, dass er es nicht sah. Ich ging ins Zimmer zurück und fühlte mich wieder leer. Beim Hinlegen kam mir plötzlich in den Sinn, dass ich ganz vergessen habe, meinem Mann Danke zu sagen für den schönen Tag, den ich mit ihm verbringen durfte. Mir ist aufgefallen, sobald es ruhig um mich wird, spüre ich alles wieder, was so in meinem Körper vorgeht. Wenn ich abgelenkt bin, vergesse ich meistens alles. Gut, es gibt auch Tage, an denen ich spüre, wenn ich etwas am Machen bin. In so einem Fall mache ich meistens eine Pause. Irgendwie merkte ich, dass der Druck im Kopf wieder stärker wurde. Plötzlich kam etwas wie ein Blitz von den Beinen aus nach oben bis zum Kopf. Mein Herz fing an zu rasen und meine Angst hat mich wieder gepackt. Ich hatte grosse Mühe einzuschlafen. Aber irgendwann hat es mich doch noch genommen.

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19. November 2017

Die Nacht habe ich einigermassen sehr gut überstanden. Aber trotzdem war es mir irgendwie wieder ums weinen, was ich auch machte. Ich liess es einfach zu. Nach dem Frühstück ging ich wieder auf mein Zimmer. Ich machte mir die Bettflasche heiss, mit wenig Wasser. Ich wollte damit meinen Nacken etwas wärmen. Nach ein paar Minuten habe ich sie weggenommen und mich eingekuschelt in der Decke. Ging nicht lange, spürte ich etwas Nasses an meinem Hinterkopf. Ich drehte mich zum Kissen und sah, dass alles nass war. Nein, das darf jetzt nicht wahr sein. Ich nahm die Bettflasche zu mir und schaute mir den Verschluss an. Na toll Monika, das hast du ja wieder super toll gemacht. Nicht recht zugedreht und schon hatte ich ein kleines Schwimmbecken auf meinem Kissen. Ich habe den Bezug abgenommen und liess alles trocknen, war also nichts mehr mit einem Schläfchen. Also setzte ich mich an den PC und fing an meine Geschichten zu schreiben, die ich vorher schon von Hand aufgeschrieben habe. Am Nachmittag nach dem Essen machte ich einen kleinen Spaziergang. Ich musste ja um 14.00 wieder hier sein, weil ich Besuch bekam. Es kommen die Schwiegereltern meiner älteren Tochter Sabrina. Wir verbrachten 2 Stunden zusammen im Restaurant und plauderten. Es war ein schöner Nachmittag mit Josy und Renato. Wir verstehen uns auch sehr gut. Und wie immer vergeht die Zeit viel zu schnell. Als sie weg waren, ging ich wieder ins Zimmer und schrieb weiter. Am Sonntag ist es halt hier immer sehr ruhig, weil die meisten ja nicht da waren. Für mich war es doch noch ein schöner Tag geworden, trotz Tränen. Jetzt trinke ich noch eine heisse Schokolade und ab ins Bett. Ich hoffe einfach, dass die Nacht besser wird.

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20. November 2017

Seit langem war dies das erste Mal, dass ich über 5 Stunden durchgeschlafen habe. Normalerweise sollte man ja fit aufstehen, aber nicht bei mir. Ich war dermassen müde, dass ich kaum unter die Dusche gekommen bin. Mit Müh und Not schaffte ich es, mich anzuziehen. Auf zum Blutdruckmessen. Wie immer war er wieder zu hoch. Das hat mich schon wieder gestresst. Sie sagten, ich soll nach dem Wochenstart, den wir ja jeden Montag haben, nochmals zum Messen vorbeikommen. Jetzt war er ein bisschen runtergegangen. Man sagte mir noch, dass die Genusstherapie ausfallen wird wegen Krankheit. Also hatte ich am Morgen nur das Gespräch mit der Ernährungsberaterin. Es war noch sehr interessant, was sie mir da alles erzählt hat. Ich werde auf jeden Fall versuchen etwas umzusetzen. Sie hat mir auch nichts verboten ausser der heissen Schokolade, die ich immer abends getrunken habe. Ich solle lieber einen Tee trinken. Also machen wir das halt so. Und was natürlich wichtig ist, das Trinken und Sport. Da werde ich auch noch was finden. Bin ja schon stolz auf mich, dass ich jeden Tag laufen gehe.

So ging es nachher auch gleich los. Ich packte die Stöcke und ging los. Nach über einer halben Stunde hatte ich plötzlich wieder so ein komisches Gefühl in mir. Ich nahm mein Natel und rief meine Schwägerin Christina an. Eigentlich wollte ich gar nicht anfangen zu telefonieren, ausser mit meinem Mann. Aber ich wollte es jetzt einfach. Ich hörte ihre Stimme und es ging nicht lange, fing ich wieder an zu weinen. Ich erzählte ein wenig, was in mir vorging. Sie hat mir gut zugeredet und ich wurde wieder ruhiger. Zwischendurch brauche ich das halt, wieso weiss ich auch nicht, aber es tut gut. Ausser dass ich immer noch sehr müde war, fühlte ich mich doch etwas besser. Ich holte noch ein Päckchen ab, das mir jemand geschickt hatte. Jööö, war das süss. So ein kleines Paket hatte ich noch nie von der Post erhalten. Es war ein Adventstee drin, für jeden Tag ein Beutel. Den hat mir Hans und Daniel geschickt. Freue mich jetzt schon darauf, wenn ich den ersten Tee trinken kann.

Am Nachmittag hatte ich noch ein Eintrittsgespräch, wo sie mich Sachen fragten, was denn mein Ziel wäre, wenn ich da wieder austrete und sonstige Sachen halt. Für mich ist alles noch so weit entfernt. Bis jetzt merke ich noch nichts, was mir geholfen hätte. Ausser dass ich mehr nach draussen gehe und Sachen ausprobiere, die ich noch nie gemacht habe. Eigentlich ist das ja auch schon etwas, oder?

Nach dem Gespräch wieder ab ins Zimmer und schreiben. Ich war so vertieft, dass ich beinahe das Nachtessen vergessen habe. Ich telefonierte später noch mit meinem Mann und musste nochmals den Blutdruck messen. Jetzt hoffe ich, dass ich heute gut schlafen kann, denn morgen wird der 5. Versuch gemacht, mir das Blut abzunehmen Ich wünsche euch eine gute Nacht.

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21. November 2017

Am Morgen stelle ich wie immer den Wecker vom Natel ab. Da sah ich, dass mir Daniel Koster geschrieben hat. Er fragte mich, ob ich heute Zeit hätte. Er würde schnell zu Besuch kommen. Ich sah auf meinen Plan und habe gesehen, dass ich nur Arztvisite hatte. Also sagte ich ihm zu. Ich habe Daniel in Susch kennengelernt. Er ist Fahrlehrer. Bei ihm hätte ich sehr gerne Autofahren gelernt, aber von Pratteln nach St. Gallen war mir etwas zu weit.

Also nicht ganz ausgeruht, aber einigermassen gut auf den Beinen, machte ich mich mal wieder auf den Weg zur Blutabnahme. Mich hat es gewundert, dass ich so ruhig geblieben bin. So etwas kannte ich in solchen Situationen nicht. Normalerweise schlug mein Herz wie verrückt. Aber dieses Mal war es anders. Musste auch nicht lange warten. Sie lachte mich an und sagte: so, nehmen wir Ihnen jetzt nochmals Blut ab. Darauf ich: ja, Sie machen jetzt den 5. Versuch und alle haben gestern gesagt, dass es heute klappen wird. Sie setzte die Spritze an und ich habe gar nichts gemerkt. Sie sagte: es fliesst wunderbar. Und ich gerade aus: darf ich Sie umarmen? Ja, dürfen Sie, wenn ich fertig bin mit der Abnahme. Das liess ich mir keine 2 Mal sagen und umarmte sie herzlich und bedankte mich. Mein erster Erfolg seit ich hier bin. Jetzt kann ich etwas auf meiner Liste streichen. Glücklich und frei ging ich Frühstücken.

So, jetzt noch auf die Visite warten und danach ab Kaffee trinken. Auch heute musste ich nicht lange warten. Nach ein paar Minuten war ich auch schon wieder draussen. War auch nichts Grosses zu besprechen. Also ging ich rüber zum Café, da wartete Daniel schon. Ich habe mich riesig gefreut über den spontanen Besuch. Wir haben viel geredet. Da er etwa das Gleiche hatte wie ich, fällt einem das Reden schon einfacher und vor allem versteht man sich gegenseitig besser. Er hat mir Tipps gegeben, dass ich schon wieder schmunzeln musste. Ich sagte zu ihm: du kannst gut reden, ich bin aber noch lange nicht so weit wie du. Wie immer ging die Zeit viel zu schnell vorbei. Wer weiss, vielleicht gibt es ja wieder einen spontanen Besuch.

So, jetzt gibt es schon wieder Mittagessen. Nach einem vollen Bauch, obwohl ich nur die Hälfte gegessen habe, ging’s ab zur Körperwahrnehmung. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen. War gespannt, was da kommen wird. Angekommen, sah ich nur eine Person in der Garderobe und 2 Frauen im Raum. Als ich hinein ging, haben sie sich vorgestellt. Die eine war die Therapeutin und die andere Praktikantin. Ich war schon wieder etwas unruhig und dachte mir: sind wir jetzt nur zu viert? Gefällt mir nicht so, denn ich bin immer eine, die sich gerne nach hinten verzieht. Aber leider war nichts damit, da musste ich halt jetzt durch. Die Therapeutin lachte, als ich ihr erzählte, warum ich nicht so gerne im Vordergrund stehe. Aber auch diese Stunde ging vorbei und es hat mir am Schluss so gut gefallen, dass ich mich schon auf das nächste Mal freue. Ich bin froh darüber, dass ich es ausprobiert hatte. Ich muss mir halt manchmal auch einen Ruck geben. Kommt meinem Mann sicher bekannt vor. Also ging ich wieder ins Zimmer und strickte an meiner Babydecke weiter. Ich wollte sie heute unbedingt fertig machen, was ich auch geschafft habe. Aber jetzt kommt das Aber! Ich war nicht zufrieden wie sie am Schluss ausgesehen hat, also machte ich alles wieder auf und fing von vorne an. Machte aber nicht mehr lange, weil ich noch nach draussen gehen wollte. Die Sonne hat so schön gestrahlt, da musste man ja raus gehen. Nach 50 Minuten bin ich wieder zurück gewesen. Machte noch ein wenig dies und das und schon war wieder Nachtessen. Sass noch keine 5 Minuten am Tisch, kam die Pflegefachfrau zu mir. Sie gab mir schon zum 3. Mal einen neuen Plan. Und immer fällt etwas aus bei mir. Das erinnert mich an etwas ganz Schlimmes. Einmal so, einmal so. Ich hätte heute Nachmittag Maltherapie gehabt, aber da es nicht auf meinem anderen Plan stand, ging ich nicht hin. Ich wollte das gleich regeln nach dem Essen. Nicht, dass sie noch meinen, ich mache meine Therapien nicht mit. Meine Bezugsperson sagte, dass im Moment ein Puff mit den Plänen sei. Und wenn ich unsicher wäre, lieber 2 Mal fragen als gar nicht. Ist ja nicht mein Problem, dachte ich mir. So, das war heute einigermassen ein schöner Tag. Ich bin zwar jetzt sehr müde, möchte aber noch ein wenig stricken. Aber dieses Mal etwas für mich.

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22. November 2017

Als mich heute der Klingelton geweckt hatte, konnte ich gar nicht glauben, dass es schon wieder Morgen ist. Ich habe ja nicht mal richtig angefangen zu schlafen. Es blieb mir nichts anderes übrig als aufzustehen. Ich hatte nicht so viel Zeit zum Trödeln, da ich um 8.00 schon Achtsamkeitsgruppe hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, was das sein könnte. Aber wir werden es bald erfahren. Nach dem Morgenessen ging ich los zur Therapie. Es war also sehr interessant, so seinen Körper wahrzunehmen. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das helfen würde, aber es war tatsächlich so. Nur mit dem Atmen habe ich so meine Probleme. Und wenn ich noch meinen Herzschlag spüre, wird das Atmen bei mir noch schneller. Aber ich hoffe, dass ich das auch noch lernen werde. Es gab 3 Übungen, die wir machen mussten und danach immer kurz erzählen, ob man was gespürt hat oder sich etwas verändert hat. Ich muss sagen, es war spannend. Als wir fertig waren, ging ich wieder zurück in die Lounge. Dort strickte ich noch ein wenig. Und da ich um 11.00 noch Physiotherapie hatte, ging ich vorher noch raus an die Sonne, spazieren. Da ich genug Zeit hatte, ging ich wie meistens meine Strecke, wo ich bei einem Bauernhof vorbei komme mit vielen Kühe und Schweinen. Und jedes Mal, wenn ich vorbeilaufe, schauen mir die Kühe hinterher. Ich finde das immer so herzig. Sie drehen richtig den Kopf rum und schauen mir nach. Heute war es auch wieder so lustig. Ich hätte gerne gewusst, was die denken, wenn sie so schauen. Die Gesichter der Kühe, einfach köstlich. So, ich musste mich beeilen, sonst komme ich noch zu spät. Bevor es los ging mit der Therapie, erzählte ich ihm kurz, wie es mir das letzte Mal ergangen ist. Auch wegen meiner Rückenschmerzen. Er schaute mich an und ich weiss ja, ich bin ein besonderer Fall. Er zurück: nein, Sie sind nicht ein besonderer Fall, sie sind Frau Rothacher. Ich war im Moment still und dachte mir, eigentlich hat er Recht mit dem was er sagte. Warum sage ich immer: ich bin das, ich bin dies usw. Nein, ab jetzt bin ich die Frau Rothacher. Und wenn ich etwas habe und ich es nicht selber in den Griff bekomme, gehe ich zum Arzt ohne zu denken, dass ich Schuld oder kompliziert bin. Ich bin Frau Rothacher. Oh je, diese Handgriffe mochte ich gar nicht. Er drückte mir auf der Seite in die Rückenmuskeln hinein. Mein Gott, hat mir das wehgetan. Ich habe mir gedacht, das kommt nicht mehr so gut raus wie beim letzten Mal. Ich blieb tapfer und liess es über mich ergehen. Am Schluss gab’s noch eine kleine Massage, die mir zwar auf der rechten Seite auch sehr wehtat, aber sie war trotzdem schön. Als ich fertig war, war ich dermassen kaputt, dass ich kaum laufen konnte. Das war auch so eine meiner Schwächen, die ich daheim hatte. Ich hatte auch sehr Mühe mit dem Mittagessen. Da ich erst später noch ein Gespräch hatte, ging ich wieder in mein Zimmer. Ich konnte kaum die Augen offenhalten, so müde war ich. Hinlegen wollte ich mich nicht, sonst hätte ich abends wieder Probleme. Neben mir ist heute eine ältere Frau eingezogen. Sie hatte geweint als sie sich vorstellte bei mir. Sie sagte, sie hätte vor allem Angst. Ich habe ihr gesagt, sie solle bei mir klopfen, wenn sie Hilfe braucht. Normalerweise wollte ich das nicht machen, weil ich für mich schauen muss und nicht für andere. Aber sie tat mir leid. Es ging auch nicht lange und sie hat an die Türe geklopft. Ich habe ihr beim Handy geholfen. Mein Mann wird stolz auf mich sein, wenn er das liest. Ich und Handy erklären, aber ich habe es geschafft. Danach musste ich ihr noch den Fernseher und den Tresor erklären. Ich fragte, ob sie noch mit mir einen Tee trinken möchte. Sie sagte zu. Wir sassen draussen an der Sonne. Das Wetter war traumhaft. Anstatt spazieren zu gehen, wartete ich lieber auf das Gespräch. Aber ich spürte einfach, dass es mir wieder etwas komisch wurde. Ich spürte einen leichten Rückfall. Auch ein Druck im Kopf war zu spüren. Ich erzählte es der Bezugsperson. Und sie sagte zu mir, dass sie etwas mitgebracht habe, was mich ablenken wird. Sie hatte verschiedene Aromen mit dabei, die ich mir aussuchen durfte, aber ohne zu wissen, was es ist. Unter anderem machte sie sich einen Spass daraus und gab mir ein Fläschchen zum Riechen. Mein Gott hat das gestunken. Sie musste so lachen und sagte: das wollte ich jetzt einfach machen. Ich fragte, was das gewesen sei? Sie sagte etwas von einer Wurzel, aber den Namen weiss ich nicht mehr. Es war sehr spannend. Am Schluss habe ich mir 3 Düfte ausgesucht. Die habe ich jetzt bei mir. Einer ist für die Nase und die anderen zum Beruhigen. Ich muss sagen, top. So konnte ich mich wieder ein wenig ablenken. Als wir fertig waren, ging ich nicht mehr raus, ich habe mir heute eine Pause gegönnt. Ich strickte noch ein wenig und half in der Küche das Raclette vorzubereiten. Das müssen die Leute machen, die das Raclette bestellt haben, alles andere macht die Hauswirtschaft. Heute ist ja wieder Mittwoch. Und wie beim letzten Mal wollte ich und die andere Patientin wieder zum Gottesdienst gehen. Sie kam aber zu mir und sagte, ich kann nicht mitkommen, ich habe eine Blasenentzündung. Ok, dann gehe ich auch nicht. Ich dachte ein paar Sekunden nach und ging zu ihr zurück und sagte, dass ich doch gehe. Ich wollte die Pfarrersfrau nicht im Stich lassen. Und mich beruhigte das auch etwas. Und man durfte immer eine Kerze anzünden. Wir waren heute nur zu fünft dort, aber es war wie immer schön. Was nicht so schön war, war wieder mein hoher Blutdruck. Na ja, was soll‘s, es gibt Schlimmeres als das. So, jetzt geniesse ich noch den Rest vom Abend. Ich wünsche eine gute Nacht.

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23. November 2017

Wenn ich gewusst hätte, wie mein Tag heute werden wird, wäre ich lieber im Bett geblieben. Da hätte ich mehr davon gehabt. Es ging mir immer noch nicht so gut. Mein Puls war wieder zu hoch und ich hatte Herzrasen wie jeden Morgen. Ich habe ganz vergessen, dass ich heute um 8.00 Walking gehabt hätte mit einer Begleitperson. Das habe ich völlig vergessen. Da ich eh die einzige war, war es nicht so schlimm. Man muss sich eben einschreiben, wenn man mitmöchte. Das steht aber leider nicht auf dem Plan und deswegen habe ich nicht mehr daran gedacht. Na ja, das war kein Weltuntergang. Ich glaube, die Begleitperson war auch froh. Also mir kam es so vor. Also ging ich Morgenessen und wieder zurück ins Zimmer. Um 9.30 Uhr hatte ich wieder ein Gespräch mit meiner Psychologin. Dort angekommen, hatte ich schon Mühe mit Reden. Meine Stimme versagte zwischendurch. Ich erzählte wieder und sie hörte zu. Ich hatte schon mit Tränen gerechnet, aber dieses Mal konnte ich reden ohne nasse Augen. Und wie immer, wenn es am Schönsten ist, muss man aufhören. Danach ging es gleich weiter zum Sozialdienst. Ich versprach mir da gar nichts. Meine Bezugsperson ist mir zur Seite gestanden. Als ich ihm kurz erzählte, wie alles gelaufen sei, meinte er, dass es schwierig sein würde an die IV zu kommen, da ich selber gekündigt hatte. Ich selber wusste das ja schon im Voraus. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich einfach keine Kraft mehr zu kämpfen. Ich war körperlich so angeschlagen. Und nur das schon zu erzählen, löste in mir eine Wut aus, dass mir die Tränen flossen. Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, in einem Altersheim zu arbeiten, als freiwillige Helferin. Einfach nur für die Bewohner da zu sein oder spazieren gehen oder ein Spielnachmittag machen oder einfach zuhören. Es gibt ja einige Möglichkeiten. Das habe ich mir auch schon ein paar Mal überlegt, sagte ich. Er hat meiner Bezugsperson noch ein paar Adressen gegeben wo sie sich mal schlau machen und mit mir anschauen kann. Ich war froh, dass wir wieder gehen konnten. Das Gespräch hat mich so mitgenommen. Ich wollte gerade zum Mittagessen gehen, da steckte mir meine Bezugsperson einen Zettel zu. Ich hätte um 15.30 Uhr eine kleine Info gehabt über das Werken. Sie hat gesagt, dass es schon um 13.00 los ginge, den Punkt auf dem Zettel soll ich streichen. Ich schaute auf die Uhr, super, jetzt kann ich das Essen wieder runter schlingen. Gesagt getan. Also machte ich mich auf den Weg dorthin. Ich laufe die Treppe hinauf und sah schon die Patienten, die im Kreis sassen. Ich bin doch nicht zu spät, dachte ich mir. Jetzt haben die schon wieder angefangen wie beim letzten Mal. Das nervte mich schon wieder. Essen runter schlingen und dann kommt man noch zu früh und die haben trotzdem schon angefangen, super! Also ging ich hinein und setzte mich zu ihnen. Nach 2 Minuten ist mir aufgefallen, dass ich die Info Führung schon hatte, wieso musste ich das nochmals machen? Ich fragte die Leiterin und sie schaute auf ihre Liste. Sie meinte, mein Name steht gar nicht drauf. Ich erklärte ihr, dass der Mann, der die Info durchgeführt hatte mich schon für alles angemeldet und eingetragen hat. Ok, meinte sie, da ist etwas schiefgelaufen. Sie könne jetzt aber nicht telefonieren, ich müsste warten oder zurückgehen. Also ich raus, wieder zurück. Eine Pflegefachfrau kam grad aus ihrem Büro und ich erzählte ihr davon. Nach langem hin und her kam ein Telefon, ich soll wiederkommen, wenn ich möchte oder warten bis zur Genusstherapie. Also ich wieder zurück, da war eine andere Frau dort, die mich empfangen hat. Sie hat sich auch entschuldigt bei mir. Zum Reden blieb uns nicht viel Zeit, da ich ja gleich zur nächsten Therapiegruppe gehen musste. Jetzt darf ich Morgen anfangen mit Werken. Ich habe mich zwar für die Kleingruppe angemeldet, aber die fiel schon zum zweiten Mal aus. Und ich wollte jetzt endlich anfangen mit Werken. Also sagte ich für Morgen zu, einfach mit einer grösseren Gruppe. Bin gespannt wie es sein wird. So, ab zur Genusstherapie. Das hat mir sehr gut gefallen. Da geht es um das spüren, riechen, hören und vieles mehr. Wir durften heute ein Peeling machen mit Olivenöl und Zucker. Als es dicklich wurde, durften wir es auf die Hand geben und richtig schön damit einreiben. Das war genial. Sie hat uns ein paar Sachen gezeigt, wo gewisse Punkte an den Händen sind und wie man diese massiert. Ich habe jetzt noch schöne weiche Hände. Danach mussten wir etwas essen, das aussah wie Vogelfutter und raten, was es war. Ich war wirklich der Meinung, es wären Datteln gewesen. Wir haben es nicht rausgefunden. Es waren Maulbeeren. Habe noch nie etwas davon gehört, auch die anderen nicht. Am Schluss gab es noch eine Geschichte. Mir hat das so gut gefallen, dass ich mich schon auf das nächste Mal freue. So, zurück mich umziehen und etwas spazieren gehen. Ich habe das etwas vernachlässigt. Ich klopfte bei meiner Nachbarin um sie zu fragen, ob sie mitkommen möchte. Sie sagte zu und machte sich auch parat. Wir haben uns aber nur für eine halbe Stunde eingeschrieben, weil sie nicht zu lange wollte. Ich war auch froh darüber. Also gingen wir los und ich erzählte ihr, wo ich schon überall gelaufen bin. Ich erzählte ihr auch von den Kühen. Sie meinte: wollen wir dorthin gehen? Ich: wir können schon, wir müssen einfach schauen, dass wir nicht zu spät zurückkommen, sonst suchen sie uns noch. Also wir zu den Kühen, haben ein bisschen geredet mit ihnen. Eine sah sehr traurig aus. Die tat mir so leid. Aber ich konnte sie ja nicht mitnehmen. Beim Zurücklaufen erzählte mir die Frau, wieso sie hier sei, dabei fing sie an zu weinen. Es ging nicht lange und es fing bei mir auch wieder an. Das ist einfach ein Zeichen meines Körpers. Wenn es mir nicht gut geht oder mir alles zu viel wird, muss ich weinen. Trotzdem hat es gut getan ein bisschen an der frischen Luft zu laufen. Bis zum Nachtessen sassen wir noch in der Lounge und strickten. Nach dem Nachtessen ging ich wieder meinen Blutdruck messen, aber der war immer noch gleich hoch wie am Morgen. Na ja, es ist so wie es ist. Ich setzte mich noch mit den anderen wieder in die Lounge. Aber nicht lange, da mich der Lärm der anderen aufgeregt hat. Man kann ja lustig sein, aber nicht so. Also ging ich ins Zimmer und genoss die Ruhe.

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24. November 2017

Heute ist schon wieder Freitag. Die Zeit geht so schnell vorbei. Von meinem Blutdruck rede ich gar nicht mehr. Ich glaube, der will gar nicht mehr runter. Mein heutiger Tag fing mit Werken an. Wie ich schon geschrieben hatte, wäre ich ja bei einer kleineren Gruppe eingeteilt, aber da es schon 2 Mal ausgefallen war, entschied ich, es in der grossen Gruppe zu probieren. Da die Räume ja gross waren, suchte ich mir einen ruhigen Platz aus, wo noch nicht viele sassen. Die Leiterin hat sich vorgestellt, wobei ich sie schon von der Genusstherapie her kannte. Nach ein paar Minuten ging sie mit mir und drei anderen Frauen runter zu den Räumen, wo die verschiedenen Materialen waren. Da ich mich ja noch nicht auskannte, hat sie mir die Materialen ausgesucht. Ab wieder nach oben und alles parat legen. Ich musste wieder warten, da die Therapeutin diese Gruppe alleine leitete. Ich fand es schade, dass sie das alleine machte. Es waren doch einige Patientinnen da. Und jede Person bastelte oder malte etwas anderes. So musste man halt immer wieder warten. Nach einiger Zeit kam sie und zeigte mir, wie man die Latten anzeichnet und mit Nägeln vorhämmert. Das war ja lustig, ich und Nägel einschlagen. Das habe ich noch nie gemacht oder ich kann mich daran nicht erinnern. Auf jeden Fall hat es mir gut gefallen, vor allem weil es ein Geschenk werden wird für meinen Mann. So, alles vorbereitet und wieder warten. Ich musste diese Latten an einen Kreis fest nageln. Es hat mir viel Spass gemacht. Da schon bald die Zeit wieder vorbei war, fragte ich sie, ob sie mir helfen könne, meine Kastanie, die ich gefunden hatte, etwas zu verschönern. Ich durfte mir die Sachen aussuchen und wir haben es zusammen gemacht. Alleine konnte man das nicht. Jetzt habe ich diesen Glücksbringer um den Hals. Ich hoffe, er hilft mir auch. Am Schluss habe ich sie noch gefragt, ob es für einen Aschenbecher aus Ton reichen würde bis Weihnachten. Sie sagte ja, das machen wir gleich am Montag, so kann er eine Woche lang trocknen. Den möchte ich für meinen Schwiegersohn Andy machen. Er ist St. Gallen Fan. So, ich zog mir die Jacke an und wollte gehen. Sie rief mir zu, ob ich noch schnell bleiben könnte. Kein Problem. Sie wollte von mir nochmals wissen, ob ich jetzt bei ihr bleiben möchte oder nachher in die Kleingruppe. Ich sagte, dass ich bei ihr bleiben werde, es hat mir gefallen. Sie war so glücklich darüber und wisst ihr, wieso? Ihr gefällt meine Sprache. Fand ich so süss. Sie kommt ursprünglich aus Liestal. Also zurück ins Zimmer und dort blieb ich bis zum Mittagessen. Um 13.00 hatten wir ja wieder unsere Hausrunde, die ich nicht mag. Er wird immer ein Ball zu einer Person geworfen und die musste anfangen zu erzählen wie die Woche war. Da sich niemand meldete, sagte ich, dass sie ihn mir zuwerfen sollen. Das hätte ich früher nie gemacht, aber das war eine meiner Veränderungen, die ich an mir bemerkte. Man fängt ja immer klein an und irgendwann hat man das Ziel erreicht. Ich muss einen Schritt nach dem anderen machen und hoffen, dass ich durchhalte. Es war heute auch etwas emotional. Es gab vier Verabschiedungen. Die verlassen nächste Woche die Klinik. Als wir fertig waren mit allem, gab es wieder ein feines Dessert, Vanilleeis mit heissen Himbeeren und Rahm, dazu einen Kaffee. Danach ging ich wieder ins Zimmer. Ich überlegte lange hin und her, ob ich noch spazieren gehen soll. Eigentlich hatte ich keine Lust, entschied mich aber doch noch zu gehen, auch alleine. Ich habe fast eine Stunde geschafft. Nachher ab zum Singen. Dieses Mal hat es mir nicht so gefallen. Lag wahrscheinlich daran, dass ich müde war und etwas abwesend. Nachher wieder aufs Zimmer zurück bis zum Nachtessen. So, jetzt setze ich mich noch ein wenig in die Lounge. Und heute probiere ich mal früher ins Bett zu hüpfen. Gute Nacht.

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25. November 2017

Ich wurde mal wieder wach mit Kopfschmerzen. Ich fühlte mich überhaupt nicht gut. Also mit Müh und Not duschen, anziehen und ab zum Frühstücken. Beim Essen hatte ich etwas kalt, was bei mir ja nicht normal ist. Ich gehöre zu denen, die immer so viel schwitzen und heiss haben. Ich war auch sehr müde. Also machte ich mich nachher gleich wieder auf den Weg ins Bett. Bevor ich mich aber reinlegte, machte ich mir die Bettflasche heiss und nahm sie mit unter die Decke. Ich liess den Fernseher an und kuschelte mich ein. Irgendwann schlief ich ein. Kurz vor 12.00 wurde ich wieder wach. Ich war ein wenig böse mit mir, da ich nicht so lange liegen bleiben wollte. Aber anscheinend hat es das gebraucht. Ab wieder zum Mittagessen. Ich sagte zu Elizabeth, die ihr Zimmer neben mir hat, heute Nachmittag gehen wir etwas spazieren, gell. Die Begeisterung war nicht so gross. Ich selber wollte eigentlich nach Wil mit dem Bus fahren, aber das Wetter war hier so grausam windig und kalt, dass es mich nicht gepackt hat. Also machten wir auf 15.15 Uhr ab. Wir haben uns eingeschrieben und gingen los. Oh mein Gott, war das kalt und windig. Ich sagte zu Elisabeth: ich glaube, wir schaffen keine halbe Stunde. Und sie grad darauf: wo ist das Restaurant? Und schon waren wir drinnen. Sie wollte mir einen Tee bezahlen, was ich nicht wollte, aber sie bestand darauf und ich nahm es dankend an. Beim Zurücklaufen zum Tisch bemerkte ich, dass sie Punschtee hatten. Ich liebe Punschtee über alles. Ich nahm 2 Päckchen und fragte die Kassiererin, was die kosten würden. Sie sagte mir, die sind nicht zu verkaufen, die gehören zum Tee und die kosten drei Franken. Oh, nein danke, das ist mir doch etwas zu viel. Ich wollte sie gerade zurücklegen, da rief sie mir: ich gebe ihnen die zwei für einen Franken. Ich habe gehört, wie viel Freude sie daran hatten, als sie den Punschbeutel gesehen haben. Ich fand das so lieb von ihr, dass ich 3 Mal Danke gesagt habe. Wir setzten uns in eine ruhige Ecke und genossen das heisse Getränk. Als wir wieder zurückgekommen sind, ging grad der Pflegefachmann vorbei. Er hat ein paar Worte mit uns gewechselt. Dabei habe ich mir an den Kopf gefasst. Elisabeth meinte: hast Du immer noch Kopfweh? Ich: ja, und es ist wieder stärker geworden. Er: wieso sind Sie nicht zu mir gekommen? Weil es mir eine Zeit lang gut ging und ich dachte jetzt brauche ich keine mehr. Er gab mir eine Tablette. Ich mag das ja nicht, wie ihr schon gelesen habt, aber jetzt kam ich nicht drum um. Also schluckte ich das grosse Ding runter. Da ja heute Samstag war, ist es immer so herrlich ruhig hier in der Klinik. Elisabeth und ich haben abgemacht, dass wir in der Lounge unseren Punschtee trinken. Wir mussten das ausnützen solange es ruhig ist. Wir sassen gemütlich zusammen, sie las und ich strickte. Später kam der Pflegefachmann dazu und plauderte mit uns. Abends kam noch eine Patientin zurück, die auch strickte bis zum Abendessen. Wir haben uns später verabredet für einen Filmabend. So ging der Samstag auch vorbei. Und Morgen beginnt ein neuer Tag. Es hatte ja auch Schnee gemeldet. Mal sehen, ob der Wetterbericht Recht hat.

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26. November 2017

Heute ist Sonntag und da bleib ich immer etwas länger im Bett. Als ich aufgestanden bin und die Vorhänge auf die Seite gezogen habe, sah ich hinauf zum Wald. Die Bäume waren leicht bedeckt mit etwas Schnee. Es sah aus wie Puderzucker. Aber immerhin etwas. Ich überlegte mir, was ich heute machen möchte. Auf jeden Fall muss ich heute nach draussen gehen, egal wie kalt es ist, aber ich gehe. Beim Mittagessen überlegte ich immer noch was ich machen soll. Ich wusste einfach nicht was. Ich ging wieder aufs Zimmer und setzte mich auf den Sessel und schaute etwas TV. Plötzlich klopfte der Pflegefachmann an meine Tür. Er sagte, ich müsse zum Blutdruck messen kommen. Och nein, ich hatte keine Lust. Es bringt eh nichts, er ist immer gleich hoch. Also raffte mich auf und ging halt hin. Es war wie ich sagte. Er fragte mich noch ein paar Sachen, ob ich evtl. angespannt sei und so weiter. Er meinte noch: es wird ja noch eine Blutabnahme gemacht. Ich: nein, die hatte ich doch schon. Oh mein Gott, mir wurde es grad anders. Er schaute sich noch meine Füsse an, weil sie gestern Abend etwas geschwollen waren. Eigentlich bemerkte ich das seit ein paar Tagen, habe einfach noch nichts davon geschrieben, weil ich es nicht für so wichtig fand. Jetzt muss ich das halt auch wieder beobachten. Am Morgen ist immer ok, aber halt am Abend. Als ich wieder zurück wollte in mein Zimmer, sah ich auf dem Weg dorthin, dass mein neuer Plan schon im Fach war. Ich nahm ihn mit und schaute ihn mir an. Tatsächlich, eine Blutabnahme am Montag. Das darf ja nicht wahr sein. Jetzt fängt das Ganze wieder von vorne an. Ich musste jetzt nach draussen gehen an die frische Luft. Ich packte mich warm ein und legte die Winterstiefel an. Eigentlich wollte ich die Stöcke mitnehmen, aber in diesem Moment fing es an so zu schneien, dass ich den Schirm brauchte. Ich war nicht mal 5 Minuten unterwegs, hörte es schon wieder auf. Na toll, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich die Stöcke mitgenommen. Aber man weiss es ja nie im Voraus. Ich merkte schon beim Laufen, dass es mir nicht so gut ging. Es kam plötzlich, ohne sich anzumelden. Ich ging weiter zu den Kühen um zu sehen, ob sie bei diesem Wetter auch draussen sind. Alles war zu und keine Kuh war zu sehen. Aber plötzlich traute sich doch eine den Kopf hinaus zu strecken. Ich rief zu ihr rüber Hallo und winkte ihr zu. Ich ging weiter und sie schaute mir tatsächlich trotz des Wetters hinter her. Ich bog links ab und ging weiter bis zur Kreuzung. Auf einmal, ohne an etwas zu denken, liefen mir die Tränen runter. Ich wusste nicht wieso und warum. Für mich ist das so schlimm, weil ich nicht weiss, warum das alles kommt. Beim Weitergehen fing es wieder zuschneien an. Ich habe das als kleines Zeichen gesehen. Ich liebe es ja, wenn es schneit. Da kann ich alles wieder vergessen. Als ich wieder bei der Klinik ankam, hat die Bezugsperson mir schon angesehen, dass es mir nicht so gut geht. Ich bin auf mein Zimmer gegangen, Bettflasche heiss gemacht und mich hingelegt. Ich kam aber nicht zur Ruhe. Ich wurde immer nervöser und unruhiger. Ich bin aufgestanden und habe mich in die Lounge gesetzt. Blutdruck messen konnte ich noch nicht, da sie besetzt war. Also habe ich wieder angefangen zu stricken. Dieses Mal aber langsam, nicht so schnell wie ich es sonst immer gemacht habe. Einfach langsam. Und nach etwas Zeit merkte ich, wie ich ruhiger wurde. Von jetzt an werde ich es so fortsetzen. So, jetzt wieder zum Blutdruckmessen gehen. Er war wie immer zu hoch. Sie fragte mich, was los ist mit mir, da ging die Heulerei schon wieder los. Ich erzählte ihr halt, dass ich das nicht verstehe, dass es einem plötzlich wieder schlecht geht. Sie meinte, das muss ich jetzt nicht verstehen. Wir sind dran und werden versuchen ihnen zu helfen. Dass wir sicher etwas machen müssen wegen dem Blutdruck ist klar, sagte sie und das weitere wird angeschaut. Aber es wird nicht angeschaut, woher der hohe Blutdruck kommt. Aber ich muss unbedingt lernen, wie mein Mann mir schon immer sagte: nicht immer so weit voraus denken. Ich muss lernen jeden Tag so zu nehmen wie er kommt. Jetzt habe ich schon 3 kleine Schritte gelernt und ich habe die Hoffnung, dass weitere kommen werden. Und wenn es noch ein paar Jahre dauert. Ich werde und ich möchte es schaffen. Als wir fertig waren mit dem Gespräch, setzte ich mich wieder in die Lounge zu Elisabeth. Die hat auch geweint. Aber nicht wegen mir. Wir sassen noch zusammen bis zum Nachtessen. Heute weiss ich eins genau. Ich werde früh zu Bett gehen und fernsehen. Morgen gibt es wieder Programm und man ist beschäftigt.

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27. November 2017

Aufgestanden, geduscht und ab zur Blutabnahme. Dieses Mal nahm ich es gefasst. Entweder geht es oder es geht nicht. Ein Wunder ist geschehen, sie stach rein und Blut kam. Es ging mir grad doppelt so gut. Blutdruck wie immer ohne Worte. Ab zum Frühstücken und wieder in den Raum, wo unser Wochenstart beginnt. Dieses Mal hat es mir sehr gut gefallen. Als ich den Raum betreten habe, lagen am Boden verschiedene Motive. Mir stach grad eines ins Auge. Rote Rosen. Ich liebe diese Blume. Als wir im Kreis sassen, sagte die Therapeutin: es darf sich jede eine Karte nehmen, die ihm zuspricht. Und wenn mehrere die gleiche wollen, müsst ihr das untereinander klären. Aber so weit kam es gar nicht. Es hat jede und jeder etwas gefunden. Ich natürlich meine Rosen. Als ich an der Reihe war, sagte ich Folgendes zu dem Bild, das ich genommen habe: ich habe die Rosen ausgesucht, weil ich die über alles liebe und sie wunderschön finde. Wenn ich in einen Laden gehe, wo es Blumen hat, besonders Rosen, geht mir immer das Herz auf. Dies ist aber seit ein paar Wochen bei mir verloren gegangen. Für mich sieht alles gleich aus. Und mein Ziel ist, die schönen Dinge wiederzusehen, was im Moment halt noch nicht möglich ist. Aber ich arbeite daran. Und ich werde nicht aufgeben. Punkt 9.00 waren wir fertig. Mein nächstes Ziel war Werken. Dort angekommen, wartete ich, bis mir jemand zu Hilfe kam, um zu zeigen wie man mit Ton umgeht. Ich setzte mich an einen Tisch und sie erklärte mir alles. Also fing ich an zu kneten, zu schlagen und zu klopfen. Das macht man so, damit die Luft raus geht, damit es im Ofen nicht sprengt. Ich hoffe nur, dass ich es richtig gemacht habe. Ich formte den Boden solange bis ich zufrieden war. So und jetzt den Rand nach oben. Das war eine Herausforderung für mich, aber ich hatte es geschafft. Als ich mir das gesamte Bild angeschaut hatte, dachte ich mir, irgendetwas fehlt noch. Ach, ich weiss es, ein Fussball. Also ran, formen, ritzen und ab in die Mitte vom Aschenbecher legen. So, jetzt kann er schön trocknen. Ich war sehr stolz auf mich. Ich bemerkte nicht mal die vielen Patienten, die da waren, so vertieft war ich. Viel zu schnell verging die Zeit. Also ab in die Lounge zurück, etwas stricken und Kaffee trinken. Ein paar Minuten später holte mich eine Pflegefachfrau in den Gang hinaus. Ich dachte schon, was kommt jetzt. Dabei wollte sie mir nur sagen, dass sich die Oberärztin und Hausärztin heute treffen und besprechen, wie es weiter gehen wird mit mir. Ok, dachte ich, warten wir ab. Nach dem Mittagessen klopfte es an meine Tür. Die Pflegefachfrau brachte mir einen Zettel mit einem Termin, den ich heute bei der Hausärztin bekommen habe. Eigentlich wollte ich heute spazieren gehen. Jetzt ist wieder nichts daraus geworden. Also ging ich vorher eine halbe Stunde bis zum Einzelgespräch mit meiner Therapeutin. Das Gespräch war teils gut, teils wieder mit Tränen. Aber ich liess es zu. Ich freue mich immer wieder darauf mit ihr zu reden. Zum Glück kann ich zwei Mal in der Woche zu ihr. Als wir fertig waren, bin ich wieder etwas gelaufen bis zum nächsten Termin. Pünktlich um 15.30 Uhr war ich bei der Hausärztin. Sie tastete mich bis zu den Knien ab. Das linke Bein hatte etwas mehr Wassereinlagerungen als das rechte. Was ich auch noch erfahren musste war, dass man im Blut gesehen hat, dass meine Schilddrüse eine Unterfunktion hat. Na super, jetzt wieder eine Tablette mehr. Aber sie sagte, das muss man behandeln. Also gibt es am Morgen 2 Tabletten mehr, dafür darf ich probieren, die halbe Temesta abzusetzen. Ich bekomme aber als Reserve eine, falls was ist. Aber sie meinte noch, wenn ich die Tabletten für die Schilddrüse nehme und der Blutdruck etwas runter ist, werde ich mit der Zeit merken, dass es mir besser gehen wird. Ja, hoffen wir das mal. So, genug gejammert. Jetzt gehe ich Nachtessen und geniesse den Abend mit etwas stricken in der Lounge oder im Zimmer. Ich weiss es noch nicht.

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28. November 2017

Heute Morgen musste ich meine erste Tablette für den Blutdruck einnehmen. Mir war es ja nicht wohl dabei, weil ich jedes Mal Angst davor habe, etwas Neues auszuprobieren. Es blieb mir aber nichts übrig. Also runter mit dem Ding. Da ich heute nur Arztvisite hatte am Morgen, ging ich nach dem Morgenessen wieder zurück auf mein Zimmer und strickte wie immer ein bisschen. Später als es Zeit wurde, wartete ich brav für die Visite. Die Oberärztin erklärte mir alles nochmals genau wegen dem hohen Blutdruck und wegen der Schilddrüse. Das hat mich etwas beruhigt und ich verabschiedete mich. Nach einer Stunde klopfte es an meine Türe. Es war Elisabeth. Wir 2 wollten wieder spazieren gehen. Also gingen wir los wie immer. Wir plauderten so viel, dass wir bald den See sahen, den sie gestaut haben. Ich habe erfahren, dass sie das jedes Jahr machen zum Eislaufen. Eine schöne Idee, finde ich. Sie wollte aber nicht mehr weiter und wir kehrten wieder um. Nach über der Hälfte vom Weg, ohne Böses zu denken, wurde es mir plötzlich so komisch. Mein Körper wurde schwer und meine Beine fingen an etwas zu zittern. Elisabeth wollte zurück und ich ging noch eine kleine Runde weiter. Aber es wurde mir langsam unheimlich. Ich hatte grosse Mühe mit Laufen. Wieder ab ins Zimmer und hinlegen. Es wurde nicht besser, eher noch schlimmer. Also aufstehen, zur Station laufen und es melden. Da haben sie mir den Blutdruck gemessen, der wieder zu hoch war. Aber das ist ja nichts Neues. Man sagte mir auch, dass es ein bisschen Zeit brauche bis sich das legt. Und wissen tun wir es eh noch nicht, ob das die Richtigen sind. So habe ich beschrieben, wie sich mein Körper anfühlte. Sie haben wieder der Oberärztin geschrieben. Ich schleifte mich zum Mittagessen und habe wenig gegessen. Ich hatte gar keinen Hunger. Ich wollte nur liegen. Ich bin nach oben gegangen und wieder zur Station, um zu fragen, ob sich die Oberärztin schon gemeldet hat. Ich sprach noch ein paar Worte mit meiner Bezugsperson. Ich wusste nicht, ob ich um eins in die Körperwahrnehmungsgruppe gehen soll. Sie meinte, vielleicht würde es mir guttun und mich etwas ablenken. Ich entschied mich zu gehen. Ich habe der Therapeutin erzählt, dass es mir nicht so gut geht. Sie sagte, ich soll einfach das machen, was für mich stimmt. Nach 15 bis 20 Minuten klopfte es an der Türe. Ich sah, dass meine Bezugsperson geklopft hatte. Mein Kopf fing schon wieder an sich zu fragen, ob sie wegen mir hier ist. Es war auch so. Ich musste raus Schuhe anziehen und auf dem Weg erklärte sie mir wieso. Die Oberärztin wollte mich sehen und sie haben einen Krankenwagen für mich gerufen. Ich: he, warum das denn? Ist es so schlimm um mich bestellt? Die Oberärztin war schon im Büro, aber noch am Telefon. Zur Sicherheit sagte man mir, ich solle doch Zahnbürste usw. einpacken, man weiss nie, ob sie mich vielleicht eine Nacht dortbehalten. Also machte ich das und wartete auf die Ärztin. Ich erzählte in Ruhe nochmals, was in mir vorging. Sie schaute mich an und meinte: also, Sie spüren ihre Beine und Sie reden auch nicht verwirrt? Ich: nein, ich spüre alles und rede immer so. Sie: Halt, Stopp, sofort Krankenwagen zurückrufen, es ist alles in Ordnung. Aber die vom Spital wussten gar nichts von einem Krankenwagen. Bei der Besprechung sind wir auf drei Möglichkeiten gekommen. Die erste war, weil ich die Temesta nicht genommen habe. Zweitens könnte es die Blutdrucktablette sein und als Drittes eine Angstpanikattacke. Um das jetzt heraus zu finden, wird es weiter beobachtet. Ich hätte um zwei noch Maltherapie gehabt, aber die Oberärztin sagte, ich soll mich jetzt hinlegen und später etwas an die Luft spazieren gehen. Also ging ich wieder ins Zimmer und packte alles wieder aus. Ich war ja schon froh, dass ich nicht ins Spital musste. Ich habe meine Bettflasche heiss gemacht und mich hingelegt. Es kamen nur noch Tränen, ich hätte mir in diesem Moment gewünscht, mein Mann wäre bei mir. Ich habe ihm geschrieben, ob ich anrufen kann, ich sei nur am Weinen. Ich wusste aber, dass er am Arbeiten ist und er es vielleicht nicht hört oder sieht. Später klopfte nochmals meine Bezugsperson an die Türe. Sie kam rein und sah, dass ich immer noch weinte. Sie blieb noch etwas bei mir und fragte, wieso ich weine. Ich weiss es nicht, sagte ich. Irgendwie ist mir alles zu viel. Sie beruhigte mich und ging wieder aus dem Zimmer. Ich schaute aus dem Fenster und beobachtete die Bauarbeiter, die gerade Beton in eine Schalung gossen. Ich merkte langsam, dass ich wieder etwas ruhiger wurde. Beim Laufen hatte ich einfach noch Mühe. Es hat ausgesehen, wie wenn ich etwas voll gewesen wäre. So beschreibe ich es. Später kam sie nochmals zu mir um zu fragen, ob mein Mann an den zwei Terminen, die sie mir gegeben hat, Zeit hätte für ein Gespräch hier. Ich sah später, dass mein Mann mir geschrieben hatte. Also rief ich ihn an und fragte. Er hat für den 8. Dezember das ok gegeben. So und jetzt wollte ich noch an die frische Luft. Elisabeth begleitete mich und wir gingen eine kleine Runde. 5 Minuten unterwegs und schon liefen mir die Tränen wieder. Es legte sich aber langsam. Beim Rückweg bemerke ich, dass an den Strassenlampen schöne Weihnachtsbeleuchtungen hingen, auch vor der Klinik. Ich habe zu Elisabeth gesagt: wir haben das nicht mal bemerkt als wir draussen waren. Sie meinte, dass sie vielleicht gar noch nicht beleuchtet waren. Das könnte auch sein. Aber es war wunderschön. Wieder zurück, habe ich mich noch etwas in die Lounge gesetzt bis zum Nachtessen. Als ich fertig war, wieder zum Blutdruckmessen. Sie getraute sich bald nicht mehr. Aber ich wusste ja, dass er immer noch zu hoch war. Und so ist es auch gewesen. Aber es braucht halt alles seine Zeit. Wie heisst es doch so schön? Geduld bringt Rosen. Also wieder zurück und bettfertig machen. Ich wollte heute wirklich mal früh ins Bett gehen. Ich schaute noch TV und irgendwann habe ich abgestellt.

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29. November 2017

Punkt 6.30 Uhr weckte mich der Klingelton vom Handy. Ich werde ab jetzt immer um diese Zeit aufstehen. So kann ich meine Medikamente regelmässig einnehmen. Schlafen kann ich ja hinterher wieder, wenn ich noch müde bin. Aber so bekomme ich eine Regelmässigkeit rein. Ich werde es auch daheim so weiter machen. Ich war immer noch etwas beduselt von gestern. Aber ich konnte doch immerhin besser laufen. Nach dem Morgenessen nochmals meinen Blutdruck messen, der momentan die Hauptrolle übernommen hat. Er war ein bisschen runter, aber nicht so viel. So und jetzt ab zur Achtsamkeitsgruppe. Ich ging mit einem Patienten dort hin. Als wir ankamen, sah ich, dass die Tür zu war. Oh weh, dachte ich, sind wir so viel zu spät? Ich schaute auf die Uhr und sah, dass wir gerade pünktlich waren. Als wir hineinkamen, sassen alle schon im Kreis. Also setzten wir uns dazu und hörten der Therapeutin zu was wir heute machen werden. Eines davon möchte ich kurz erzählen, weil mir das so gut gefallen hat. In der Mitte des Bodens lagen ganz viele bunte Tücher. Wir durften je eine Farbe aussuchen, aber nicht in die Hand nehmen. Als es soweit war, durfte jede Patientin und jeder Patient den anderen mitteilen, was sie mit der Farbe verbindet. Als ich an die Reihe kam, sagte ich: ich habe mir grün ausgesucht, obwohl es nicht meine Lieblingsfarbe ist. Aber dieses Grün verbindet mich immer mit dem Satz „Grün ist die Hoffnung“. Ich habe die Hoffnung wieder gesund zu werden. Ich gebe nicht auf. Es war beeindruckend, was jeder so gesagt hat. Leider ging die Zeit wieder viel zu schnell vorbei. Sie hat uns am Schluss gefragt, ob wir nächste Woche nochmals etwas mit den Farben machen möchten. Zum Beispiel, wenn wir draussen sind oder drinnen etwas sehen oder was ich rieche oder höre, wenn ich meine Farbe sehe, usw. Achtsamkeit spüren und beobachten. Wir waren alle damit einverstanden. So, jetzt habe ich nichts mehr, erst um 17.00 wieder ein Gespräch mit meiner Bezugsperson. Also zurück Kaffee holen und ab ins Zimmer. Später zog ich mich an und ging alleine spazieren. Aber nur eine halbe Stunde, da ich noch wacklig auf den Beinen war. Während dem Laufen ging mir wieder so viel durch den Kopf bis es klick machte und meine Stimme sagte: was hat du heute in der Achtsamkeitsgruppe durchgenommen? Ja stimmt, ich soll aufmerksam sein und die Farbe, die ich mir ausgesucht habe, sehen, beobachten, was für verschiedene grün es gibt, usw. So konnte ich mich wieder ablenken. Bald ist Mittagessen, bis dahin verzog ich mich wieder auf das Zimmer. Später am Mittag ging ich mit Elizabeth spazieren, aber auch nicht lange. Es war sehr grusig und kalt draussen. Den heutigen Tag konnte ich doch besser geniessen als den von gestern. So, jetzt wieder weiter zum Gespräch mit meiner Bezugsperson. Wir haben viel geredet, was mir wie immer sehr guttat. Am Schluss verdonnerte sie mich zum Vanillekipferl backen. Ich habe ja schon mal geschrieben, dass jede Woche jemand etwas bäckt für den Freitag. Sie hat mir gesagt, dass ich Hilfe bekommen werde und sie beobachte mich, wie ich umgehe mit mir. Bin ich nervös oder unruhig? Ich sagte: was ist, wenn mir der Teig nicht gelingt oder man kann es nicht essen? Und sie: das macht überhaupt nichts, darüber soll ich mir jetzt keine Gedanken machen. Ich wieder: sie sind gut. Sie musste lachen und meinte: sie schaffen das, das weiss ich. Sie will einfach, dass ich wieder Freude am Backen bekomme. Na toll, zum Glück habe ich noch 2 Wochen Zeit. Ich hoffe nur, das beschäftigt mich jetzt nicht bis es soweit ist. Also Nachtessen und ab zum Gottesdienst, der heute nur kurz war, aber wie immer schön. Ich geniesse diese Stille. So, jetzt habe ich Feierabend und geniesse es noch bis zum Schlafengehen.

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30. November 2017

Ich holte meine Medis ab und wollte gleich wieder gehen, aber nichts gewesen, ich musste wieder herhalten für den Blutdruck. Der mittlere war immer noch zu hoch. Nach dem Morgenessen zurück ins Zimmer und ich schrieb an meinem Tagebuch weiter. Aus dem Nichts kam plötzlich wieder das Herzrasen. Ich legte mich aufs Bett und versuchte herunterzufahren. Bevor es zur Psychologin ging, mussten wir nochmals messen. Er war noch höher als am Morgen. Wieso weiss keiner, ich auch nicht. Also ab zum Gespräch. Meine Psychologin bemerkte beim Gespräch, dass ich mich fast bei jedem Satz schlecht mache oder es nicht schätze, was ich geleistet habe in den Jahren. Mir fiel das nicht auf, erst als sie es mir gesagt hatte. Ich erzählte ihr, dass das von der Kindheit herkommt. Was ich auch gemacht hatte während der Schulzeit, entweder wurde ich ausgelacht oder man sagte, dass ich ja dumm und blöd bin oder man lachte mich aus, weil ich nicht so schöne Kleider anhatte wie die anderen. Also fing ich an, mich zurückzuziehen und machte beim Unterricht nicht mehr mit. Schliesslich wollte ich ja nicht ausgelacht werden. Das hat mich geprägt bis jetzt. Aber seit ich hier bin, kann ich überall mitreden und mitmachen und das ohne Angst. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in Gruppen arbeiten könnte, das wäre früher der Horror für mich gewesen. Aber hier ist das kein Problem für mich. Und ich muss sagen, es tut mir im Herzen gut. Und ich hoffe, dass ich das weiterhin behalten kann und ich keine Angst mehr haben muss. Ich bin auch nur ein Mensch und alle machen mal Fehler. Viel zu schnell verging wieder die Zeit. Wir mussten heute kürzen, weil ich zur Schlafhygienegruppe musste. Sie hat aber gesagt, dass wir nächste Woche länger machen werden. Jetzt gehe ich an den richtigen Ort. Ich war nämlich sehr müde. Ich wäre am Tisch am liebsten eingeschlafen. Aber da wir ja eine Gruppe waren, musste ich schon zuhören, damit ich mitreden konnte. Es ist interessant, was man da alles erfährt. Jeder musste erzählen, welche Schlafprobleme er oder sie momentan hat. Als ich an die Reihe kam, sagte ich, dass ich das Gefühl habe, halb zu schlafen und halb wach zu sein. Ich sehe die weisse Wand, drehe ich mich wieder, schaue zum Fenster und das immer abwechselnd. Am Morgen bin ich völlig kaputt. Die anderen Patienten haben Tipps gegeben und am Schluss die Therapeutin. Das werde ich heute Abend ausprobieren. Beim nächsten Mal wird sie uns sicher fragen, ob wir es umgesetzt haben. Gott sei Dank war es fertig. Ich schleifte mich mit fast geschlossenen Augen in mein Zimmer. Zum Glück musste ich nur durch eine Tür hinaus und die andere wieder hinein. Ich legte mich noch etwas hin bis zum Mittagessen. Heute hatte ich wieder Genussgruppe. Dieses Mal mussten wir uns Tiergeräusche anhören, danach verschiedene Instrumente und am Schluss verschiedene Sprachen. Beim ersten Tiergeräusch wusste ich es gleich, bei den anderen musste ich passen. Es war schwierig, auch bei den Instrumenten. Ausser beim Piccolo, aber das auch nur, weil die Therapeutin mir vorgezeigt hatte mit den Händen. Ich hätte sonst Querflöte gesagt. Bei den Sprachen hatte ich keine Chance. Aber ich fand es wieder toll. Das nächste Mal probieren wir verschiedene Schokolade. Ich freue mich jetzt schon darauf. Da ich noch 15 Minuten Zeit hatte bis zur Physiotherapie, ging ich noch 10 Minuten spazieren. Da mir ja die letzte Physio nicht so gutgetan hatte, sagte der Therapeut zu mir: und? Wie lange haben sie mich verflucht? Ich musste lachen und sagte: zwei Tage! Da hielt er seine Hände vor sein Gesicht. Das war so herzig. Aber nach den zwei Tagen war alles wieder in Ordnung. Er meinte, heute dürfen sie es wieder geniessen, das war so schön, ich bin fast weggewesen, so gut hat das getan. Ich genoss jede Minute und hoffte, dass die Zeit nicht so schnell verging. Aber halt, wie immer bleibt auch da die Uhr nicht stehen. Ich bedankte mich recht herzlich bei ihm. Ich ging zurück und holte Elisabeth ab zum Spazieren. Nachher Kaffee trinken und einfach fallen lassen. Später noch gestrickt, Nachtessen, wieder in die Lounge Tee trinken und ab ins Zimmer. Ich werde versuchen, wieder mal etwas früher ins Bett zu gehen. Ob ich das schaffen werde, steht noch in den Sternen.

Der Kopf ist das Rätsel um glücklich zu sein

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