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Kapitel 1 – Das südostasiatische Tor

„Das Leben im multidimensionalen Lebensraum vergeht auf eine mir unbekannte Weise. Ich fühle mich alt, doch in Wahrheit bin 21 Jahre jung. Wer bin ich? Was bin ich? Welche Aufgabe muss ich im

Leben erledigen?“

– Moritz Waldner (2017)

Diese und tausende andere Fragen trüben mich lange Zeit auf meinen Reisen durch Indonesien, Thailand, Nicaragua, Peru und Mexiko. Ich wusste einfach nicht, wohin mit mir. Doch lass uns ganz am Anfang beginnen, dort, wo meine Idee möglicherweise ihren Ursprung fand. Als ich 19 war, reiste ich mit meiner damaligen Freundin nach Indonesien.

Ja, es klingt nach einem Klischee, und das war es auch. Genau so, wie man sich eine Pärchen-Reise auf den südostasiatischen Kontinent vorstellt. Gepackt waren zwei Rucksäcke mit Fliegennetz, Badehose und Tauchbeutel. Wir hatten uns zwei Monate komplett aus dem gewohnten Alltag herausgenommen und flogen über den Sommer auf den südostasiatischen Kontinent. Erster Halt: Jakarta auf der Insel Java.

Es stank nach Müll und Abgasen, als wir nach einem 28-Stunden-Trip endlich in Jakarta angekommen sind. Wir waren fix und fertig. Nach kurzer Absprache war klar: Wir wollten nicht in Jakarta und auch nicht auf Java bleiben. Also buchten wir kurzer Hand einen Flug am nächsten Tag auf die Nachbarinsel. Bali.

Wow. Bali. Surfen. Freiheit. Der pure Luxus in unseren Low-Budget-Augen. Wir buchten uns ein schnuckeliges Bed & Breakfast an der balinesischen Küste und wenige Minuten später stürzten wir uns in das kühle Nass. Der Ozean war magisch. Ringsherum sah man Surfer auf den Wellen tanzen. Die gefühlt ewig andauernden Sonnenuntergänge der kleinen Insel im Indischen Ozean zergehen selbst heute noch wie Butter im Geschmackszentrum meiner Erinnerungen und für diese Erfahrungen bin ich mein Leben lang dankbar.

Doch warum erzähle ich dir ausgerechnet diese Geschichte, fragst du dich. Ich erzähle dir ein bisschen mehr von meinen Gedanken. Da du Reiseblogs haufenweise im Internet zu lesen bekommst, verzichte ich in diesem und in den nachfolgenden Kapiteln bewusst darauf, dir langweilige Reisegeschichten zu erzählen. Diese Geschichte hat also mit meinen damaligen Glaubenssätzen und Denkmustern zu tun. Ich bin kein Psychologe. Ich bin kein Mediziner. Ich bin kein Wissenschaftler. Doch was und wer ich bin, möchte ich dir in den folgenden Kapiteln in Form von Worten und Erkenntnissen näherbringen. Alles, was ich dir in diesem und in den nächsten Kapiteln erzähle, basiert rein auf meinen subjektiven Wahrnehmungen und Einschätzungen meines damaligen Ichs.

Bitte sei dir dennoch darüber bewusst, dass Worte Frequenzen in sich tragen, wie auch jeder Buchstabe. Nimm dennoch nichts von dem, was ich sage, für bare Münze.

Ich möchte dich einladen auf eine Reise in den multidimensionalen Lebensraum. Dort lebe ich seit ich angefangen habe, dieses Buch zu schreiben. Allerdings lebe ich tatsächlich mein ganzes Leben schon darin. Und ich denke, jeder/jede von uns lebt mehr oder weniger in seinem/ihrem multidimensionalen Lebensraum. Jeder Mensch lebt mehr oder weniger in einer subjektiven Realität des eigenen Ichs. Wir alle teilen gewisse Segmente dieser Realität in Zusammenkünften, im Kollektiv. Aber die meisten Teile sind in meinen Augen Lebensräume, die sich in multidimensionalen Facetten spiegelt.

Meine Eltern hatten es wahrscheinlich nicht leicht, als ich älter wurde. Ich hatte stets ein großes Interesse für Wissenschaftliches, wie auch für künstlerische Aktivitäten oder einfaches „FreiSein“. Ich hatte auch schon immer einen Sinn für „absoluten“ Perfektionismus. Besonders in der heutigen Zeit, wo arbeitsunfähigkeit, aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer depressiven Phase, zur drittwichtigsten Einzeldiagnose geworden ist, frag ich mich ständig, wo kann das gesund sein? Ich wollte bis jetzt nicht studieren und das mit der Arbeit war stets so eine Sache. Etwas an Arbeit ist notwendig, über Gebühr ist gesundheitsschädigend. Wo also die Mitte, die Balance finden, in all der Auswahl?

Gibt es diesen Schmalgrat an gesundem Maß an Arbeit, auf dem ein Mensch Tag für Tag balancieren kann?

Bali war für mich meine erste Reiseerfahrung ohne die Anwesenheit meiner Eltern. Und ich liebte es von Anfang an, auch wenn Bali grundsätzlich nicht dem entsprach wonach wir damals suchten. Wir wollten Ruhe und Entspannung – das ist auf Bali möglich, doch ein überdimensioniertes Touristenangebot und Party-Touristen von allen Orten dieser Erde ließen uns eher kalt. Wir machten die komplette Insel klar, erkundigten verborgene Reisterrassen und hüpften nach weniger als einer Woche in ein Schnellboot. Nächster Halt: Die Nachbarinsel Lombok. Bekannter Surfspot, Touren auf den Vulkan Rinjani und tonnenweise Kokosnüsse.

Ich war im Himmel. Was für ein wunderbares Paradies diese Erde doch ist?!

„Wieso lebe ich in Deutschland, wenn es doch hier soviel schöner ist? Wieso kann ich nicht jeden Tag surfen? Wieso muss das Leben in Deutschland soviel teurer sein?“, fragte ich mich und schlürfte von meiner Rumkokosnuss. Ich schrieb damals in ein Tagebuch. Ich schrieb sehr wenig. Manchmal schrieb ich gerade einmal 10 Seiten DIN A5 über einen Zeitraum von 90 Tagen. Es machte mir Spaß zu schreiben, allerdings beschränkte sich das Schreiben an manchen Tagen auf das Ausmalen von Buchstaben. Und manchmal schrieb ich einfach nur ein paar Sätze oder Wörter zusammen, um meinen Gedanken schriftlichen Ausdruck zu verleihen. Folgende Zeilen stammen aus dieser Zeit:

Wir Menschen sollten uns einander in die Augen schauen und sagen, dass wir unser Gegenüber respektieren, achten und bedingungslos akzeptieren. Damit würden wir vielem Leid ein Ende setzten. Ich habe so viel. Andere haben vergleichsweise wenig. Wieso differenzieren wir in solchen Punkten? Materialismus und Kapitalismus sind out. Es geht nicht mehr um Geld. Es geht um Liebe, Vertrauen, Zusammenhalt, Spaß und Freude. Das sind die Werte, die mir wichtig sind.

Nach einer Woche surfen wurde meine Freundin krank. Schwere Magen- und Verdauungsprobleme. Sie lag volle zwei Wochen flach, während ich mich, so gut es ging, um sie kümmerte und für sie da war. Die restliche Zeit ging ich einkaufen, fuhr mit einem Roller an den Strand und ging surfen oder erkundete die Küsten. Und während ich eines Tages an meinem Lieblingsspot saß und den Wellen zusah, wie sie mit einer gigantischen Ur-Kraft gegen einen Felsen krachten, da ergab sich in mir zum ersten Mal, seit einer langen Zeit, absolute Leere.

Ich vergaß die Zeit und alles um mich herum. Mein Kopf war leer und ich hatte keinen greifbaren Gedanken. Ich spürte, wie mich die Kraft der Erde trug und spürte, dass viele meiner Lasten mit jeder herein krachenden Welle leichter wurden. Ich musste lachen. Und dann weinen. Und dann kam ein Gedanke.

Ich beschäftigte mich damals schon lange Zeit mit spirituellen Lehren und Herangehensweisen und bemerkte, dass ich, aus meiner damaligen Sicht, mit dem eben beschriebenen Ereignis, einen Schlüssel fand. Es war der Schlüssel der Freiheit. Das „südostasiatische Tor“ verhalf mir also meine Probleme mit dem Thema Freiheit besser beleuchten zu können.

Als ich eines Tages allein unterwegs war, lieh ich mir ein kleines Moped aus und fuhr die Küste entlang zu meinem Lieblingsstrand. Die Wellen waren hier gerade einmal einen Meter hoch und somit perfekt für mich als Anfänger geeignet. Ich lieh mir ein Surfbrett aus und stürzte mich sogleich in die sanften Wellen. Nach einer Zeit im Wasser bemerkte ich, wie ich kaum noch die Kontrolle auf meinem Brett halten konnte. Ich ging zum Strand hinaus und siehe da: Meine Finnen waren beide abgebrochen. Schnell ging ich zu dem Stand zurück, von dem ich mein Board geliehen hatte. Der Mann, der mir dort sehr suspekt erschien und in mir ein mulmiges Gefühl auslöste, sagte, ich solle für die gesamte Reparatur aufkommen. Die Summe, die er mir nannte, war fast schon lächerlich. Er sagte, ich solle umgerechnet etwa 200 Euro bezahlen. Für dieses Geld kannst du dir in Indonesien ein neues Surfboard kaufen. Aber der Mann bestand auf sein Geld. Ich wollte ihm keins geben, da ich der Meinung war, er hätte mich abziehen wollen. Ich konnte ihm allerdings nichts beweisen und das wusste er. Ich habe mich in meiner Freiheit eingeschränkt gefühlt. Schnell packte ich meine Sachen unauffällig und machte mich aus dem Staub. Ich fuhr so schnell es ging in Richtung Hostel. Und nach 10 Minuten Fahrzeit sah ich im Rückspiegel den Mann auf einem Roller hinter mir und er sah nicht gerade freundlich aus. Ich war also ausgeliefert. Er hatte mich und er kannte sich offenbar sehr gut auf der Insel aus. Wir kommunizierten von Roller zu Roller und vereinbarten, dass er mir folgen solle, da ich so oder so kein Bargeld mit mir herumtrage. Als ich an meinem Hostel ankam, ließ ich ihn vorne draußen warten. Ich holte etwa 400.000 Rupien (umgerechnet waren das damals in etwa 30 Euro) und gab sie ihm.

Ich sagte, ich hätte nicht mehr und er solle zufrieden sein, dass er von mir überhaupt etwas bekommen hat. Er war sehr unzufrieden, aber er konnte mir nichts anhaben. Ich blickte ihm tief in die Augen und sagte ihm auf Englisch, dass er sich nicht noch einmal mit mir auf ein solches Spielchen einlassen sollte und er jetzt besser gehen sollte. Nach einer kurzen Weile ging der Mann mit Wut von dem Hostel fort und die ganze Aufregung klang sehr schnell wieder ab. Die einzige, die sich Sorgen machte, war meine Freundin, wobei sie mich auch auf eine Weise verstehen konnte.

Ich sagte ihr, ich fühle mich in meiner Freiheit bedrängt, wenn so jemand in einer derartigen Art und Weise reagiert. Und aus meinen Augen reagierte ich völlig souverän. Um die Geschichte noch abzurunden, lass mich dir noch einen kleinen Zusatz erzählen. Als ich auf dem Weg zu diesem Stand war, um mir ein Surfbrett auszuleihen, ist mir das negative Energiefeld dieses Mannes gleich aufgefallen. Es war recht stark. Normalerweise denke ich mir nichts dabei, denn jeder kann mal einen schlechten Tag haben. Doch vermutlich sah dieser Mann schon, was meine Absicht war, nämlich ein Surfbrett auszuleihen. Als ich ihn fragte, ob er ein Brett für mich habe, ließ er mich nur eines sehen, und wies noch mit seinen Fingern auf die Finnen hin. Er zeigte mir sehr deutlich beide Finnen und zeigte mir, wie fest sie seien. Ich dachte mir in diesem Moment schon, ob er vielleicht schlechte Erfahrungen mit Touristen hatte, die ihm tatsächlich Bretter demoliert haben, dachte mir aber nichts weiter dabei. Und dann kam es eben, wie es gekommen ist.

Und die Moral von der Geschicht‘? Unterschätze deines Bauchs‘ Gefühle nicht!

Ich hatte alles. Wusste nichts. War gesund.War am Leben. Hörte das Meer und war zufrieden.Brauchte nichts.Liebte mich und fand Glück.Das ist Freiheit.Ego sum, qui sum.Ich bin, der ich bin.Ich bin frei.

Bunte Dimensionen

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