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SCHREIB-VERTRAUEN

Erfolg bedeutet … an dich selbst zu glauben.

Drückst du dich in deinem Leben nur aus, damit andere sich gut fühlen? Gleichwertig sollte aus meiner Sicht die Frage sein: Wie fühlst du dich dabei? Und: Bist du ehrlich zu dir selbst? Diese Fragen werden beim Schreiben oft vergessen und ein Schiefstand schleicht sich ein, der den freien Fluss zwischen dir und deinem Gegenüber stört. Wie leicht oder schwer fällt es dir bisher, dich selbst als ganzer Mensch wahr-, ernst- und anzunehmen und das aufs Papier und in die Welt zu bringen, was dir wichtig ist? Du bist ein Mensch mit seinem ureigenen Ausdruck, der genau so sein darf, wie er ist. Ein Mensch, der nichts Bestimmtes tun muss, um von anderen geliebt zu werden.

Das hat dir wahrscheinlich nur niemand bisher oft genug gesagt, geschweige denn, es vorgelebt! Wir hören normalerweise nicht, dass ein Mensch, einfach dadurch, dass er da ist, bereits wertvoll ist. Deine Fähigkeit, den Fokus beim Schreiben auf den Wert deines Seins zu legen, ist eine Grundlage für deinen Erfolg auf ganzer Linie, so wie ich ihn nach und nach in diesem Buch definieren werde. Durch die dich in deinem Wesen bestärkenden Übungen wirst zu zunehmend nicht nur sprachlich an Boden gewinnen. Du hast hier ab jetzt einen Raum nur für dich, um innerlich wie äußerlich in deinem Tempo zu wachsen … und zu dir selbst zu finden.

In meinem Leben bin ich immer wieder an Grenzen gestoßen, die ich mit meinem Verstand allein nicht überwinden konnte. Ich war eine typische „Leisterin“. Wenn ich mich nur mehr anstrenge, noch geschickter bin, hier noch ein bisschen mehr nachhelfe, dann klappt das schon. Dann erreiche ich mein Ziel.“ Es klappte aber nicht. Natürlich nicht, würde ich heute sagen. Denn das, was ich zu dieser Zeit haben oder erreichen wollte, entsprach nicht dem, was „dran“ war.

Heute bin ich immer noch eine Leisterin. Doch es geht mir weniger darum, die Anforderungen anderer, die sie bewusst oder unbewusst an mich stellen, zu erfüllen, sondern mich selbst ganz zu erfahren. Aus dieser neuen und wachsenden Verbindung mit mir selbst, aus diesem immer tiefer werdenden Kontakt zu mir, entsteht alles. Vertrauen im Schreiben bedeutet für mich also, dass du dich in deinem Leben nicht nur ausdrückst, um die Erwartungen anderer, oder gar deine eigenen an dich selbst, zu erfüllen. Du folgst stattdessen einer inneren Spur, einem Interesse, das dich leitet, und du zweifelst auf diesem Weg irgendwann immer weniger an dir.

Wo stehst du in deinem Leben gerade und wo willst du hin? Anstatt in Gedanken zu wiederholen, was du jetzt normalerweise sagen würdest, sei für einen Moment lang still. Vielleicht steigt ein Bild in dir auf, das dich und deinen bisherigen Erfolg (mit dem Schreiben, mit deinem Unternehmen oder in deinem persönlichen Alltag …) ausdrücken könnte. Nimm das Bild, das dir zuerst einfällt und führe die Beschreibung unbedingt schriftlich aus. Falls auch nach einer Weile noch kein Bild in dir aufgetaucht ist, nimm das auf der nächsten Seite folgende Bild gerne als eine Unterstützung an.

Übung:

Standortbestimmung

Stelle dir vor, dein Leben ist ein Fluss …

- Wie sieht er aus?

- Wie schnell oder langsam fließt er?

- Wie tief und wie breit ist er?

- Gab oder gibt es Steine auf seinem Weg?

- Was tat oder tut er, um damit umzugehen?

- Kennt er sein Ziel? Spürt er seinen Weg?


Konntest du das Bild zulassen, das zuerst zu dir kam oder hast du dich als Fluss beschrieben? Beides ist völlig okay. Die Klarheit und Einfachheit der Sprache der Intuition ist für mich oft erstaunlich. Vielleicht schaute dein Schreiben gerade erst als kleines Pflänzchen aus der Erde hervor, denn du bist ja Anfänger! Oder aber du hast dich als eine mit Worten bereits geübte Rose gesehen, die nur Angst vor der Schere des Gärtners hat. Kein Bild ist „besser“ oder „schlechter“. Dein Schreiben dient hier lediglich dazu, dir selbst näher zu kommen.

Intuitiv zu schreiben bedeutet nicht, viel nachzudenken oder gar zu grübeln. Doch du darfst dir jetzt, nachdem du etwas aufgeschrieben hast, etwas Zeit nehmen, deine mit Sprache aufgezeichneten Bilder, ein wenig auf dich wirken zu lassen. Sie werden dir eine passende Botschaft dazu übermitteln, wo du, mit deiner Vorstellung von dir und deinem Selbstausdruck, gerade stehst. Sobald du deine aktuellen Grenzen an-erkennst, kannst du sie mit der Zeit bewusst zu überschreiten lernen und so im Feld der Kreativität des Augenblicks ankommen. Mit „Herz und Seele“ gefüllte Worte sind mächtig, ohne gewaltvoll zu sein. Du „zieht“ nicht an den Dingen, sondern lässt sie sich aus sich selbst heraus entfalten. Das ist nicht das, was wir gewöhnt sind. Es braucht also Übung, um dieses neue Paradigma zu integrieren und dadurch ganz andere Schreibgewohnheiten aufzubauen. Mit jeder Selbstbegegnung im Schreiben wird es dir leichter fallen, einen tieferen Kontakt zu dir selbst aufzunehmen. Du entwickelst auf diese Weise mehr und mehr einen stabilen Stand in dir, um schließlich das, was dich ausmacht, wahrzunehmen, und es mit jedem Schritt beständig ins Leben zu bringen. Du gehst auf diesem Weg nicht schneller, als du mir dir selbst mitfühlen kannst.

Liegt das Vertrauen in deinen ureigenen Ausdruck noch unter einem Haufen alter Prägungen verschüttet? Bist du noch daran gewöhnt, mit deinen Texten zu „funktionieren“? Viele Menschen schreiben nicht „ganz“. Sie nehmen ihre Intuition nicht wahr, ernst und an. Sie trennen sich über ihren Verstand, der ihnen nur alte Erfahrungen und die aktuell etablierten Strukturen anbieten kann, ab von ihrer schöpferischen Kraft. Sie sind damit auch von ihrem eigentlichen, kreativen Potential abgespalten. Sie denken, dass sie eben so schreiben müssten: sachlich oder ganz genau auf eine Zielgruppe bezogen, der sie etwas „bieten“ müssten.

Natürlich wünsche ich mir, dass dir dieses Buch dienlich ist. Doch mich deshalb nur an gängigen Mustern zu orientieren, würde unerwarteten Ideen keinen Raum geben. Und vielleicht ist es aber genau dieses Un-Erwartete, das dir etwas „bringt“! Ich schreibe dieses Buch erst wirklich „für dich“, wenn ich es „aus mir selbst heraus“ schreibe und es völlig dir überlasse, ob du etwas damit anfangen willst und kannst. Sich an dem zu orientieren, was die meisten kennen und schätzen werden, birgt nicht die Möglichkeit einer neuen Entdeckung in sich. So geht es mir manchmal bei Büchern, die etwas zu einem bereits einmal „gut verkauften“ Thema wieder aufgreifen. Da ist dann zwar weniger finanzielles Risiko für Autor oder Verlag, doch irgendwas „fehlt“. Und das spürt der Lesende. Zumindest spüre ich es. Manchmal verliere ich dann sogar irgendwann die Lust am Buch, weil die Worte nicht mehr mit der kreativen Kraft des Schreibenden selbst verbunden sind, sondern etwas bezwecken wollen, nämlich, wie gesagt, dass das Buch sich eben verkauft. Die Worte oder ganze Bücher haben dann für mich ihre Wurzel verloren. Sie liegen fernab der Möglichkeit, einfach schöpferisch sein zu dürfen, und die eigene Begeisterung für ein Thema zu teilen.

Wenn die Freude am Tun und Neugierde auf das Sein, durch Kalkulation jeglicher Art, verloren geht, geht auch deine Fähigkeit verloren, etwas aus dir selbst heraus zu erschaffen. Du kennst das vielleicht noch aus dem Matheunterricht: „Was geht es mich an, wie viele Klötze Hans noch besitzt, wenn er zwei davon Jasmin schenkt - ich will einfach nur damit spielen.“

Was bringt dich wirklich zu dir und dann auch zu einem anderen, der dein Interesse teilt? Der französische Begriff „apprendre par coeur“, wörtlich übersetzt, „mit dem Herzen lernen“ oder das englische Pendant, „learning by heart“, steht für aus-wendig lernen. Meistens verstehen wir darunter das aufsagen Können eines Inhalts, ohne ihn wirklich verstanden zu haben, oder, ohne ihn zu fühlen. Was aber wäre der Kern dessen? Etwas in- und auswendig zu kennen? Ein Thema, für das du brennst, ganz zu erfassen? Wo gibt es Punkte, an denen du einfach einmal aus der üblichen Erfolgs-Norm ausbrechen willst, um deiner eigenen Begeisterung zu folgen? Welche Vorstellung ist dein persönliches Korsett?

Worte sind ja so eine „Sache“. Durch sie wirst du (an-) greifbar für dein Gegenüber. Du nimmst eine Position ein. Doch jedes Wort, das du wählst, um dich und deine aktuelle Welt zu beschreiben, ist notwendigerweise nur eine Annäherung an das, was noch alles in dir verborgen liegt. Lässt du dir bereits genügend Zeit für diese Annäherung an dich selbst im jeweiligen Augenblick? Viele wissen, selbst wenn sie erwachsen sind, noch nicht, wer sie im Innersten eigentlich wirklich sind. Sie haben vielleicht eine Ahnung, hatten aber bisher noch nicht genügend Raum, um sich sich selbst tiefer und immer wieder neu anzunähern. Wiederholst auch du manchmal nur das, was du schon von dir oder anderen kennst, ohne zu fühlen, ob es aktuell noch Sinn für dich macht? Wer bist du wirklich?

Mancher wartet vielleicht darauf, sich nach der Rente besser kennenzulernen, doch warum sollte die Aufgabe, sich selbst zu erkennen, nicht beständiger Teil unserer Gegenwart sein? Mit diesem Buch hältst du einen Schlüssel dazu in deiner Hand. Wie kannst du dein Schreib-Vertrauen kultivieren, es zu einer neuen Gewohnheit werden lassen, bewusst zu formulieren und wieder mit Worten zu spielen, bis es wirklich für dich passt? In meinen Schreib-Kursen bin ich immer wieder berührt davon, wenn jemand beim Schreiben etwas in sich entdeckt, mit dem er oder sie nicht gerechnet hatte. Wir beginnen wieder zu staunen, über uns selbst, als Menschen in diesem kreativen Prozess, der Leben heißt. Die Erfahrungen beim Schreiben gleichen oft einander, und doch wählen alle unterschiedliche Zugänge, um das, was sie in sich gefunden haben, zu beschreiben. Die Begriffe können verbunden sein mit dem Lebenskontext der schreibenden Person, oder sie lösen sich davon ein Stück weit. Meine Aufgabe als ganzheitliche Lektorin ist nicht, die Texte in irgendeine Normen zu pressen, sondern das Besondere darin hervorzukitzeln. Es ist der Mensch „hinter“ den Worten, dem es ermöglicht werden soll, durch seinen Ausdruck irgendwann die bestmögliche Brücke zu sich selbst und anderen zu bauen. Mit der Zeit kristallisiert sich der jeweils eigene Stil der Beschreibung und ein bestimmter Zugang zum Leben immer weiter heraus … Wann hast du dich das letzte Mal in deinen eigenen Ausdruck hineinfallen lassen wie ein Kind in den Pulverschnee?

Was machen deine Füße gerade? Ja, du hast richtig gelesen. Deine Füße! Ihnen Aufmerksamkeit zu schenken ist dein Sprungbrett ins Schreib-Vertrauen. Sie wahrzunehmen ist ein ganz zentraler Baustein für deinen zunehmenden Halt in dir selbst. Wenn du stabil auf der Erde stehst, kannst du anders auf Situationen reagieren. Du kippst nicht mehr einfach so schnell hinaus aus deinem Zustand der bewussten Selbstwahrnehmung, den du durch das intuitive Schreiben übst. Ich erinnere mich an eine Prüfung während meines Studiums. Während ich draußen auf einem Stuhl saß und darauf wartete, dass der Prüfer mich als nächste aufrufen würde, ging ich in Gedanken noch einmal einige mögliche Fragen durch. Irgendwann dachte ich, dass es eine gute Idee sei, das Fenster im Flur ein wenig zu öffnen. Die Idee war auch nicht „falsch“, doch als ich aufstand, knickten meine Beine weg.

Meine beiden (!) Füße waren eingeschlafen und ich hatte es nicht einmal bemerkt! Ich schlug völlig, ohne dass ich in diesem Moment etwas hätte dagegen tun können, gerade auf die Erde hin. Noch Wochen später musste der Prüfling, der neben mir gewartet hatte, laut lachen, sobald er mich sah. Und irgendwann hörte ich auf, mich dafür zu schämen. Ich hatte mich zwar nicht (körperlich) verletzt, doch seither „weiß“ ich um die Kraft und die Wichtigkeit meiner Füße. Ohne sie in mein Bewusstsein liebevoll mit einzuschließen, komme ich nicht weiter, ja, noch nicht einmal einen Schritt voran. Aber noch wichtiger als diese, war folgende Erkenntnis: Selbst, wenn ich durch Unachtsamkeit einmal hinfalle, kann ich – nach einer angemessenen Zeit der (geistigen) Regeneration – wieder aufstehen, indem ich mich in mich selbst hineinfallen lasse und annehme, was passiert ist. Die Frage ist, wie wir innerlich mit etwas umgehen. Welche Gefühle und daraus resultierende Gedanken begleiten ein Geschehen? Was davon darf ich annehmen, was bewusst loslassen? Der Punkt ist, gestärkt aus solchen Situationen hervorzugehen.

Die Prüfung habe ich ohne weitere Zwischenfälle bestanden. Es konnte ja nicht „schlimmer“ kommen. Dieses „Wissen“ entspannte mich zutiefst. Nimmst du deine Füße wahr, beim Schreiben oder Sprechen über das, was dir wichtig ist? Ich spüre sie heute sehr genau. Barfußschuhe zu tragen macht mich präsenter. Wenn du einmal für einen Moment die Schuhe und Socken ausziehst und zum Beispiel über eine Wiese oder den Waldboden gehst, oder auch in deinem Zimmer herum, über kalte Platten oder einen weichen Teppich, wirst du bemerken, wie viele kleine Eindrücke und Impulse hierüber in jedem Moment zu dir kommen. Mit jedem aufmerksamen und liebevollen Schritt tankst du Körperbewusstsein. Mit der Zeit kann achtsames Stehen und Gehen dir mehr Selbstsicherheit für deinen Selbstausdruck im Leben geben.

Sich getragen von der Erde zu fühlen ist eine Form der tieferen Begegnung mit dir selbst. Deine wachsende Verwurzelung mit deinem Untergrund ist eine Grundlage, um erstens, nicht bei der ersten Kritik für deinen Selbstausdruck “umzufallen“ und zweitens, zu spüren, wann du „zu schnell“ unterwegs bist. Wenn ich in Gedanken schon auf ein „Ziel“ zurenne, sei es das geöffnete Fenster, die „erfolgreich“ bestandene Prüfung, oder das veröffentlichte Buch, verliere ich meine Standfestigkeit. Ich ruhe nicht in mir, während ich etwas umsetze. Wenn ich dagegen „im Moment“ bin und aus diesem heraus kreiere, Schritt für Schritt, so wie es mir aus meinem inneren Zustand heraus gerade möglich ist, gelingt mir das besser. Ich stelle zunächst den Fuß ganz auf die Erde, indem ich loslasse und dem Boden unter mir vertraue. Die Dinge entstehen, wenn sie „dran“ sind. Ich bereite den Boden für das, was sich entfalten möchte. Alles kommt mit absoluter Stimmigkeit zu mir, sobald ich es zulasse und nicht mit dem Verstand zu lenken versuche. Letzteres kostet nur enorm viel Kraft. Das weiß ich aus Erfahrung, denn dieses Verhaltensmuster führte mich zu einer Zeit in meinem Leben fast in die völlige Erschöpfung. Glücklicherweise habe ich meine Antennen zu mir zurückgeholt und zu fühlen gelernt, was da „schiefläuft“. Diese Beobachtung an mir selbst spiegelt vielleicht einen allgemeinen Schiefstand in unserer Kultur wider: Wir treten zu fest auf. Wir fühlen uns nicht mehr mit der Natur verbunden, sondern glauben, sie kontrollieren zu müssen und zu können. Dabei könnten wir tagtäglich unsere Füße vertrauensvoll auf die Erde setzen. Sie trägt uns - hinaus aus der Angst und hinein ins Vertrauen. Während wir denken und Szenarien für unsere Zukunft spinnen oder nur in der Vergangenheit hängen, nehmen wir uns selbst nicht wirklich in der Gegenwart wahr, ernst und an. Auch beim Schreiben nicht. Doch die Zukunft, frische Luft, der Studienabschluss oder ein fertiges Buch, entsteht nirgendwo anders als in der Gegenwart. Das bewusste Wahrnehmen deiner Füße bringt dich genau dorthin.

Im kreativen Schreibprozess lässt sich – so wie im Leben auch - nie genau vorhersagen, was passieren wird. Genau dadurch kann Un-Erwartetes geschehen. Es wird Platz für etwas anderes in deinem Alltag, etwas, das wirklich aus dir kommt! Durch regelmäßiges intuitives Schreiben wird es dir - in deinem Tempo - immer leichter fallen, dich auf deinen Ausdruck einzulassen und loszulassen, was nicht (mehr) zu dir gehört. Sobald du dich immer geborgener in dir selbst fühlst, während du die Perspektiven wechselst, kann dich nichts mehr erschüttern. Du findest immer wieder neu Fokus für dich selbst. Denn Sicherheit gibt es in dem Sinne, wie unser Verstand das gerne hätte, auch im Schreiben, nicht.

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