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Melissa

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Elizabeth Kramer Melissa Donahue

*16.07.1900, Longuich *16.07.1977, London

†12.12.1930, London † ?

Prostituierte Musikalienhändlerin

Der süße verborgenes Summen

Sind Bienen die nicht verstummen,

In ihren Korb ein Königreich

Der Seelen die alle sind gleich.

Im August 2008

Erneut ging sie sämtliche Seiten durch und kam zu dem Schluss, das es sich nicht mehr ganz so erstaunlich anfühlte, einen Beweis für ein früheres Leben zu haben. Obwohl, es da eine kleine, aber ziemlich hartnäckige Stimme gab, die versuchte ihr einzureden, das es vollkommen unmöglich war. Diese stammte jedoch aus ihrer katholisch geprägten Kindheit und versuchte, noch immer, ihren heidnischen Weg steiniger zu gestalten, als es unbedingt notwendig war. Und zu diesen Steinen gehörte auch der Glaube an die Reinkarnation, die ein wichtiger Bestandteil vieler heidnischen Lebensrichtungen, auch der ihren war, das es doch schon ein wenig verwunderlich war, das sie sich so gegen die offensichtliche Existenz einer wirklichen Wiedergeburt versperrte. Bis jetzt!

Noch immer flimmerten die Daten ihres früheren Lebens auf dem Bildschirm und schienen sie nicht nur eines besseren zu belehren, sondern schafften es auch noch gleichzeitig diese kleine innere Stimme, die seit jeher wie ein Damoklesschwert über ihren Kopf schwebte, für immer verstummen zu lassen. Elizabeth Kramer, geboren am 16.07.1900 in Longuich, gestorben am 12.12.1930 in London.

Dies und einige wenige Stichpunkte zu ihren Leben waren dort ebenso verzeichnet, wie das was sie nach außen hin dargestellt hatte. Denn niemand von ihnen wusste, das Elizabeth Kramer von Kindesbeinen an, dem alten Weg gefolgt und eine vehemente Gegnerin der Institution Kirche gewesen war, obwohl sie nach außen hin ein anderes Leben geführt hatte, bis sie nach London gekommen war und es eine Wende nahm, von der sie nicht hatte ahnen können, das es ihr Leben einmal so beeinflussen würde.

Ihr Vater, so erinnerte sie sich, war Schreiner gewesen und hatte nebenbei Weinfässer für die umliegenden Winzer hergestellt, wenn er nicht gerade dabei war Möbel oder dergleichen zu zimmern. Ihre Geschwister waren alle jünger als sie, zwei ihrer Brüder Peter und Matthias sind, gerade erst vierzehn und fünfzehn im ersten Weltkrieg gefallen, weil sie unbedingt an die Front wollten. Der verbliebene Bruder Joseph, war nur verschont geblieben, weil er gerade erst sieben gewesen war und ihre Mutter ihm damit gedroht hatte, sie würde ihn in eines der Weinfässer stecken, wenn er es wagen sollte seinen Brüdern zu folgen. Ihre beiden Schwestern Erna und Hilde, hatten nur knapp eine Lungenentzündung überlebt. Kurz bevor sie mit Charlie einen jungen englischen Offizier, deutscher Herkunft nach London ging, starb Erna an einer weiteren Lungenentzündung.

Aber selbst wenn es sie dazu drängte bei ihrer Familie zu bleiben, um ihr beizustehen, hatte sie Charlie in seine Heimat folgen müssen. Sie waren nicht nur bereits verheiratet, sondern sie erwarteten auch ihr erstes Kind, das sie Charlie Jr. nannten und der mit zwei Jahren aus dem ersten Stock des Mietshauses fiel, in dem sie lebten und sich das Genick brach. Sie war zu diesen Zeitpunkt mit ihren zweiten Kind schwanger, das sie aufgrund des Schocks und einer daraus resultierenden Frühgeburt verlor. Charlie traf der Verlust seines Sohnes sehr und drängte sie dazu ein weiteres Kind zu bekommen. Als sie ein halbes Jahr später erneut schwanger wurde und neun Monate darauf einer gesunden Tochter das Leben schenkte die sie Charleen nannte, spürte sie zum ersten Mal Charlies Enttäuschung. Er hatte sich einen Sohn gewünscht und was hatte sie ihm gegeben, eine Tochter die noch nicht einmal in der Lage dazu sein würde, den Namen weiterzugeben. Elizabeth versuchte ihn zu beruhigen und versprach ihm ihr bestes zu geben, damit das nächste Kind der ersehnte Sohn wurde. Aber das Schicksal spielte nicht mit und sie verlor die nächsten drei Kinder, in den ersten Trimestern. Das vierte der ersehnte Sohn, starb kurz nach der Geburt und Charlie, der sich furchtbar über die Unfähigkeit seiner Frau aufregte, ihm keinen Sohn schenken zu können verprügelte sie.

Kurze Zeit später besuchte sie ihre Schwester Hilde, doch es war kein gewöhnlicher Besuch, sie war von zuhause fortgelaufen, weil sie ebenso wie ihre große Schwester in die große weite Welt hinaus wollte. Aber Elizabeth wusste das sie nicht bleiben konnte, da es Charlie gar nicht gefallen würde, auch noch ihre kleine Schwester mit durchzufüttern. Sie beschloss Hilde ins Vertrauen zu ziehen und bat ihre Schwester die kleine Charleen mitzunehmen, weil sie befürchtete das ihr etwas geschehen würde. Charlie erzählte sie völlig Tränen aufgelöst das ihre Schwester sich einfach mit ihren Kind auf und davon gemacht hatte, was ihn nicht sonderlich zu interessieren schien. Er meinte nur, das jetzt wo das Plag fort wäre, sie wohl endlich in der Lage dazu wäre ihm endlich den lang ersehnten Sohn zu schenken.

Alle Versuche scheiterten und Charlie ertränkte seinen Kummer immer mehr im Alkohol, er verlor seine Arbeit, weil er das Leben seiner Kollegen in Gefahr brachte und zwang sie dazu ihren Körper anderen Männern anzubieten, damit er sich weiterhin betrinken konnte. Melissa zuckte zusammen, als sie daran dachte, wohin sie das geführt hatte und sie fragte sich ob es Charlie überhaupt bewusst gewesen war, das sie nicht wieder zurück gekommen war.

Hatte er überhaupt mitbekommen das man sie ermordet hatte? Und hatte er eigentlich um sie getrauert oder hatte er demjenigen, der ihn möglicherweise über ihr Ableben unterrichte hatte angesehen und ihn um den nächsten Drink angebettelt?

Tränen traten ihr in die Augen und verschleierten ihr die Sicht. Sie wollte und konnte immer noch nicht glauben, das ihr das passierte. Schniefend wischte sie sich die Tränen aus den Augen und wandte sich erneut dem Computer zu und machte sich wieder auf die Suche nach Dingen, die sie noch nicht wusste. Als sie einige Stunden und mehrere Klicks später auf eine Seite stieß, in der ihr Name, ihr früherer Name, korrigierte Melissa sich, im Zusammenhang mit Jack the Ripper genannt wurde, lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sie tippte seinen Namen und ihren Namen als Suchbegriff ein, aber nur diese eine Seite erschien und sie durchforstete sie wie ein Bluthund, der eine Fährte aufgenommen hatte. Neben ihren Namen fand sie vier weitere und die Vermutung des Webmasters, das da wohl jemand in Jacks Fußstapfen getreten war oder er sogar selbst für diese Morde verantwortlich war. Da er aber mit seiner Meinung alleine stand, rühmte er sich damit wahrscheinlich der einzige zu sein, der wirklich Jacks Spur verfolgen konnte.

Melissa runzelte die Stirn und setzte sich die Arme ineinander verschränkt zurück. Die vier Namen die unter ihren standen sagten ihr nichts. Mary Stevenson, Kathrin Conway, Ruby Tanner und Eileen Weber. Angestrengt dachte sie nach, aber es machte weder Klick noch sonst etwas.

Seufzend klickte sie auf den ersten Namen der unter ihren stand, um sich das dazugehörige Foto anzusehen, aber auch das sagte ihr nichts. Die anderen drei dagegen ließen einen weiteren prickelnden Schauer über ihren Rücken laufen, der sich sogar ihres Mundes ermächtige und sie das Gefühl hatte, jeden Moment ihr spärliches Frühstück wieder von sich zu geben. Sie räusperte sich und versuchte sich zusammen zu reißen während sie auf die Bilder ihrer ehemaligen „Kolleginnen“ starrte.

Kitty Kat, Rubicon und Lynn, wie sie sich selbst auf der Straße genannt hatten und die ihr geholfen hatten Fuß zu fassen, damit Charlie sie mehr oder weniger in Ruhe ließ. Sie wusste nicht mehr, ob das ungewöhnlich gewesen war, oder nicht. Jedenfalls waren die drei zu guten Freundinnen geworden, wenn man das überhaupt so nennen konnte und hatten sie sogar einige Male vor Charlies Zorn in Sicherheit gebracht, weil sie nicht genug Geld mit nach Hause brachte.

Tränen liefen ihr übers Gesicht und sie streckte ihre Hand aus und berührte mit den Fingerspitzen den Bildschirm, während sie um sie trauerte und nicht fassen konnte, das ihre Freundinnen dasselbe Schicksal wie sie ereilt hatte. Waren sie vielleicht ebenso wie sie wieder geboren worden und turnten nun irgendwo auf der Welt herum, fuhr es ihr durch den Kopf. Zunächst schüttelte sie aus alter Gewohnheit den Kopf, hielt inne und neigte den Kopf zur Seite. Warum nicht, dachte sie, auch wenn ihr bewusst war, das die Hoffnung sich in diesen Leben wieder zu finden, geringer war, als die berühmte Nadel im Heuhaufen zu finden.

Sie blickte ihren Namen an und holte tief Luft. Wollte sie wirklich wissen, was der Webmaster über sie geschrieben hatte? Ja, dachte sie, und konnte der Versuchung nicht widerstehen, auf ihren Namen zu klicken.

Der Anblick ihres Totenbildes raubte ihr schier den Atem und sie hätte sich beinahe selbst nicht erkannt, wenn da nicht dieses kleine Muttermal gewesen wäre, das sich unter ihren linken Ohr befand. Sie holte tief Luft und versuchte sich zu beruhigen, bevor sie all die Dinge las, die sie ohnehin schon wusste. Die Ermittlungen hatten nichts ergeben und als sie Charlies Namen las, erfuhr sie das er sich kurz nachdem er von ihren Tod erfahren hatte, in einer Art Nacht und Nebelaktion, in den Tower geschlichen und sich von diesem in den Tod gestürzt hatte. Eine Welle der Zuneigung erfasste sie und das Gefühl, das sie ihm scheinbar doch nicht so egal gewesen war, erleichterte sie immens.

Selbst über ihre Tochter Charleen fand sie etwas. Sie wuchs bei ihren Eltern auf und heiratete Ende des zweiten Weltkriegs einen Amerikaner, der im Gegensatz zu Charlie in Longuich blieb und die Schreinerei ihres Vaters übernahm. Der Bericht endete und sie starrte noch eine ganze Weile auf den Bildschirm, bevor sie den Computer endlich ausschaltete und nach dem Telefon griff.

***

Sie spürte das etwas vor sich ging. Etwas das auf gar keinen Fall geschehen durfte und das ihr Leben, auf eine Weise erschweren würde, wenn sie nichts dagegen unternahm. Aber das Gefühl alleine, sagte ihr noch lange nicht, gegen was und vor allen Dingen wen sie da kämpfte. Nichts.

Da war absolut nichts. Kein Anhaltspunkt, keine Spur, noch nicht mal ein Name, der ihr hätte weiterhelfen können. Wie in aller Welt sollte sie dieses gottverdammte Leben genießen, wenn sie dauernd jemand dabei störte es zu leben. Wie oft musste sie noch wieder geboren werden, bis diese Gott verfluchten Seelen, endlich begriffen, das sie gegen sie absolut keine Chance hatten.

Sie seufzte tief und lange, während sie den klebrig süßen Nektar des Pfirsichs von der Brust, ihres Angebeteten leckte. Wie schade, dachte sie und ein Kichern durchlief ihren Körper. Wie äußerst schade das sie ihn danach nicht mehr gebrauchen konnte. Sie bewegte sich mit ihm im Einklang der scheinbar nie enden wollenden Begierde, während sie bereits jedes noch so kleine Detail durch ging, wie sie ihn langsam und genüsslich aussaugen würde. Na ja, lachte sie und warf den Kopf zurück, rein bildlich gesehen.

Sie war zwar fasziniert von Vampirgeschichten und den prickelnden Hauch den der dunklere Teil der Magie mit sich brachte, aber nachdem sie einmal ihr eigenes Blut gekostet hatte, hatte sie der scheußlich metallene Geschmack dermaßen angewidert, von weiteren etwaigen Experimenten, Abstand nehmen lassen. Was nutzte ihr jegliches Ritual, wenn allein schon der Gedanke an diesen ekelhaften Geschmack, dieses bereits verdarb, bevor sie es überhaupt begonnen hatte. Ein tiefes Lachen stieg in ihrer Kehle auf, während sie ihr Tuch aus dem zurück gebundenen Haar entfernte, und ihren zukünftigen Opfer, damit über die Brust fuhr.

Seine Reaktion rief ein diabolisches Lächeln hervor und sie verband ihm spielerisch die Augen, während sie das zuvor präparierte Getränk ergriff und es ihm einflößte. Das darin enthaltene Schlafmittel würde schon bald seine Wirkung zeigen und innerhalb kürzester Zeit, würde ihr namenloser Schönling, der Vergangenheit angehören. Sobald sie ihm den Dolch ins Herz gerammt hatte, fügte sie gedanklich hinzu. In dieses wunderbare kleine, überaus wichtige Organ, das etwa so groß wie eine Faust war und über die Venen sauerstoffarmes Blut zum rechten Vorhof und die rechte Kammer beförderte um von dort aus in die Lunge gepumpt zu werden, wo es mit Sauerstoff angereichert wurde, um seine Reise nun als sauerstoffreiches Blut, in den linken Vorhof und die linke Kammer fortzusetzen, um den Körper und jede seiner Zellen, mit all den lebenswichtigen Substanzen zu versorgen, ohne die dieser nicht überleben konnte.

Tja ja, dachte sie und zog den Dolch, den dieser Dummkopf für eine Attrappe gehalten hatte heraus und bohrte die Spitze in ihren Zeigefinger, bis der kostbarste aller Nektare, aus ihm hervorquoll.

Sie zeichnete ein altes Symbol auf seine Brust, direkt über den Herzen und als er sich unter ihr bewegte, zuckte sie zusammen. Warum zur Hölle schlief der Bastard nicht? Hatte das Schlafmittel etwa nicht gewirkt oder was war hier los. „Was ist?“ flüsterte er und sie zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen. „Wieso bewegst du dich nicht weiter?“ „Scht...,“ machte sie und legte ihm die Finger auf die Lippen. „Lass dich einfach nur fallen und denk an nichts.“ „Was hast du vor,“ lachte er und sie wusste das es ein Fehler gewesen war, seine Hände nicht ans Bett zu fesseln.

Aber nun gab es kein zurück mehr. Er war bereits gesegnet und dem Untergang geweiht. „Nun,“ meinte sie und verlieh ihrer Stimme einen Unterton der Belustigung, während sie inbrünstig darum betete das er sich nicht allzu sehr wehrte. „Schon einmal etwas von der hawaiianischen Vulkangöttin Pele gehört?“

„Nein,“ erwiderte er während ihre Fingerspitzen mit seiner Brustwarze spielten, „ich kenne nur den Fußballer.“ Sie verdrehte die Augen und musste sich immens zusammenreißen, damit der Augenblick seine magische Wirkung nicht verlor. „Das ist schade,“ seufzte sie und er legte interessiert den Kopf zur Seite. „Was macht diese Göttin denn?“ wollte er wissen und sie sah ihre Chance gekommen.

Bühne frei, für deine letzte Geschichtsstunde, dachte sie und ließ den Dolch wenige Zentimeter über seinen Brustkorb schweben. „Nun sie wohnt im Krater Halemaumau des Vulkans Kilauea, kann sich je nach Bedarf von einer alten Frau, in ein junges Mädchen verwandeln und sie ist sehr jähzornig.“ Der Mann unter ihr lachte und eine Frage schwang darin mit.

Er fragte sich sicherlich was das alles mit ihren Zusammensein zu tun hatte und sie wollte ihn nicht enttäuschen und ihm die Antwort vorenthalten.

Aber momentan machte es ihr diebischen Spaß ihn noch ein wenig auf die Folter zu spannen. „Vor allen Dingen dann, wenn man ihr kein Opfer in Form einer, in einen Palmenblatt eingewickelten, Flasche Gin darbringt.“

„Und was passierte mit denjenigen die es nicht taten?“ wollte er in einen derart resignierten Ton wissen, das sie beinahe zugestochen hätte. Im letzten Moment hielt sie inne und beherrschte ihre Wut, ob eines solchen Idioten. „Nun,“ flüsterte sie leise und verführerisch, „diejenigen, hauptsächlich Männer, wurden von der Lava verschlungen.“

Er vibrierte vor Lachen und versuchte die Augenbinde herunter zu nehmen. „Warum überrascht mich das....“ weiter kam er nicht, denn sie stach erbarmungslos in die Mitte des Symbols. Er keuchte kurz auf, während er sich fassungslos aufbäumte und sie mit seinen haselnussbraunen Augen ansah, als hätte er gerade den Teufel persönlich erblickt.

„Leb wohl, mein Geliebter,“ flüsterte sie sarkastisch und küsste ihn in einen Anflug von Selbstironie auf die Lippen, bevor sie von ihm herunter kletterte und sich wieder anzog, als sei nichts besonderes geschehen.

Sie zog ihren Dolch aus ihm heraus und betätigte einen Knopf, der sich hinter dem Portrait ihrer verstorbenen Großmutter befand, nach der sie benannt worden und dessen Reinkarnation sie war und beförderte den Körper in einen verborgenen Gang, der hinunter in den Keller führte, wo ein sehr alter, großer Ofen stand, in dem einst unschuldiges Brot, frisch und knusprig gebacken wurde.

Sarah Jane schürte noch einmal die Glut, die sie vor wenigen Stunden entfacht hatte und bugsierte den Körper mithilfe eines großen Schiebers in den alten Steinbackofen. „Auf nimmer wiedersehen, du nichtsnutziger kleiner Bastard,“ flüsterte sie im vollen Bewusstsein, das er sie noch hören konnte und ließ die Klappe herunter, bevor sie wieder nach oben ging, den Gang schloss und sich ein heißes Bad einließ.

Lachend wusch sie sich seine Berührungen von der Haut und stellte sich vor wie sein Körper ganz langsam geröstet wurde, bevor er schließlich immer kleiner wurde und geschwärzt in sich zusammenfiel, während nur noch Knochen, von diesen durch trainierten Körper übrig blieben. Eigentlich schade, fuhr es ihr durch den Kopf, wo sie doch solch einen Spaß mit ihm gehabt hatte.

Aber nun war er unwiderruflich tot und sie musste sich ein neues Opfer suchen. Diesmal eines das sie ein wenig länger foltern würde, dachte sie und ein Lächeln breitete sich auf ihren Gesicht aus, während sie sich in die Wanne hinein gleiten ließ, bis das Wasser ihre Nasenlöcher berührte.

Tief Luft holend tauchte sie unter, bis sie den Druck auf ihren Lungen spürte, den der Sauerstoffmangel verursachte und sie in einen Zustand der Wonne versetzte. Nach Luft lechzend tauchte sie wieder auf, während das heiße Wasser samt Schaum, über den Rand schwappte und den Boden mit seinen nach Jasmin duftenden Essenzen benetzte. Lachend erhob sie sich und fühlte sich wie Pele persönlich während sie ihr Haar hoch steckte und sich in ein überdimensional großes Handtuch wickelte und mit einer Eleganz die Wanne verließ, als wäre sie die Königin von Saba persönlich.

Nur schade, das dem Hohelied Salomos nicht mehr Beachtung geschenkt wurde, dachte sie. Es war das einzige das ihr aus der Bibel gefiel, da es nicht nur die Seelen der Menschen berührte sondern sich auch ihrer Körper ermächtigte und beides miteinander verband. Wenn die Menschen es denn zuließen, fügte sie hinzu, während sie sich in alle vier Himmelsrichtungen verneigte und die Sehnsucht der Braut sich in ihre Gedanken stahl. Auf meinem Ruhelager in den Nächten suchte ich den Geliebten meiner Seele. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. So will ich denn aufstehen und umher gehen in der Stadt, auf den Märkten und in den Straßen, um den Geliebten meiner Seele zu suchen. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Es trafen mich die umher gehenden Wächter in der Stadt „Saht ihr den Geliebten meiner Seele?“ - kaum war ich an ihnen vorüber, fand ich den Geliebten meiner Seele. Ich ergriff ihn und will ihn nicht loslassen, bis ich ihn zum Haus meiner Mutter gebracht habe, zur Kammer meiner Gebärerin.

Wie wunderschön, dachte sie seufzend und der letzte Teil des Gespräches zwischen den Liebenden hallte in ihren Gedanken wieder. Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm, denn stark wie der Tod ist die Liebe, drückend wie die Unterwelt die Eifersucht; Ihre Brände sind Feuerbrände – eine Flamme vom Herrn. - Weder Wassermengen vermögen, die Liebe auszulöschen, noch Ströme, sie hinweg zu schwemmen. Gäbe ein Mann das ganze Vermögen seines Hauses um der Liebe willen her, würde man seiner deswegen spotten?

Sarah Jane runzelte mit der Stirn während sie sich wieder aufrichtete und gleichzeitig in die nahe Ferne blickte. Dienten sie nicht allen dieser ältesten aller Mächte, fragte sie sich. Einer Macht die weder Gut noch Böse war, sondern einfach nur zum Sein des Seins gehörte.

Ganz so wie der Augenblick und der Zustand eines Momentes, der weder Vergangenheit noch Zukunft kannte, sondern einfach nur im Jetzt selbst existierte. Es war die Natur selbst die sie verehrte und die sie immer wieder darum bat ihr zu helfen, sie zu unterstützen und ihr Kraft und Stärke zu geben. Ein Summen durchlief ihren Körper und sie spürte die altbekannte Berührung der Trance, die sich langsam ihren Weg in ihr Bewusstsein schlängelte, um es mit in die Tiefe ihres Unterbewusstseins hinabzuziehen. Dorthin wo das wahre Wesen des Menschen verborgen lag. Dort wo sie die Person sein konnte, die ihre Seele widerspiegelte zu sein.

„Oh Mutter Natur,“ flüsterte sie und schloss ehrerbietig die Augen. „Hilf mir, die Macht deines Zaubers, durch das Blut meiner Ahnen zu spüren, das durch meine Adern fließt.“ Sie öffnete die Augen und schaltete den CD-Player ein, während sie den ersten hypnotischen Klängen der Drehleiern lauschte, bevor die ersten Schläge einer Drachentrommel einsetzten, gefolgt von anderen rhythmischen Instrumenten, die in ihrer Gesamtkomposition, den Eindruck eines schlagenden Herzens erweckten. Sie ballte ihre Hand zur Faust und schlug damit leicht gegen ihr eigenes, bevor sie sich endgültig in eine tiefe Trance fallen ließ. Sie drehte sich um ihre eigene Achse, das Handtuch fiel zu Boden und die Klammer, die ihr Haar festhalten sollte löste sich.

Aber noch bevor sie erkennen konnte, warum sie das Gefühl hatte, das ihr jemand gefährlich werden konnte und wer dies eigentlich war, riss das Klingeln des Telefons sie aus ihrer wunderbaren magischen Welt, in die Kälte der Realität zurück. Strafend sah sie das Telefon an und verfluchte sich zugleich dafür, das sie es überhaupt mit ins Bad genommen hatte. „Uhuhu,“ machte sie und riss energisch eine Hand nach oben, als könnte das alleine bewirken, das es aufhörte zu läuten, was es natürlich nicht tat. Die Augen verdrehend nahm sie es in die Hand und nahm das Gespräch an.

„Hallo,“ meldete sie sich mit normaler Stimme und erweckte den Eindruck einer jungen unbedarften Frau, die sich einfach nur ein wenig für übersinnliche Dinge interessierte. „Sarah Jane,“ hörte sie Melissas Stimme und erneut rollten sich ihre Augäpfel gen Himmel.

Wieso in aller Welt, musste sie ausgerechnet die am wenigsten an Magie interessierte, Freundin anrufen. Und dabei waren sie noch nicht einmal beste Freundinnen, dachte sie, wobei sie feststellen musste, das sie so etwas gar nicht besaß.

„Melissa,“ rief sie und heuchelte freudige Überraschung vor, „schön das du anrufst, ich habe gerade an dich gedacht.“

Lüge, Lüge, Lüge. „Wirklich?“ fragte Melissa wie immer, aber diesmal fehlte der Unterton der Skepsis in ihrer Stimme und Sarah Jane horchte auf.

„Was liegt dir auf dem Herzen?“ fragte sie, setzte sich auf den Badewannenrand und lauschte auf das leise Atmen ihrer Freundin. Ihr Interesse war geweckt und sie konnte nicht erwarten zu erfahren, wie es zu diesen Sinneswandel hatte kommen können. In groben Zügen erzählte sie ihr, das sie von einen früheren Leben geträumt hätte, ließ jedoch aus was, wer und wo sie gewesen war.

Das einzige das sie ihr sagte war, das ihr durch diesen Traum und ihrer Recherche im Internet, endlich die letzten Zweifel bezüglich der Reinkarnation aus dem Weg geräumt wurden. Aber nicht aufgrund der Information im Netz sondern das woran sie sich erinnerte. „Das ist nicht ungewöhnlich,“ meinte Sarah Jane und überlegte ob sie Melissa nicht zu sich einladen sollte, damit sie der ganzen Sache ein wenig auf den Grund gehen konnte.

Aber im letzten Augenblick entschied sie sich dagegen, weil sie erst einmal ein neues Opfer suchen wollte, das ihren Kriterien entsprach. Melissas früheres Leben konnte noch ein Weilchen warten. Außerdem hatte sie ja immer noch Greg, der ein wenig Vorarbeit leisten konnte, damit sie hinterher die Lorbeeren erntete. „Aber trotzdem ist es ziemlich unheimlich,“ meinte Melissa und Sarah Jane holte tief Luft, hob die Hand und ließ sie über ihre Tätowierung gleiten.

Ein altes Symbol eingetaucht in wild lodernde Flammen, das sich direkt auf ihrer rechten Hüfte befand. „Ich weiß,“ murmelte sie und blickte gedankenverloren auf die Türe. „Als ich mich das erste Mal an ein früheres Leben erinnerte, hat es mich auch umgehauen. Aber ich habe mich damit auseinandergesetzt und es so angenommen, wie es gewesen ist.“ „Rätst du mir dasselbe zu tun?“ unterbrach Melissas Stimme sie und sie nickte. „Ja, das solltest du, aber nimm Gregs Hilfe an. Schließlich weiß er wie man damit umgeht.“ Schweigen antwortete ihr und sie spürte durch das Telefon hindurch, das Melissa nicht wirklich überzeugt war und sie griff zu einen Trick. „Wenn du seine Hilfe nicht willst, kannst du dich immer noch im Internet umsehen, da gibt es mit Sicherheit einige gute Seiten, die sich mit dem Thema Reinkarnation beschäftigen, bevor du mit ihm oder einen aus der Gemeinschaft darüber sprichst.“

„Vielleicht hast du recht,“ murmelte Melissa und Sarah Jane spürte, das sie dabei war zu gewinnen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und erinnerte nur vage an das diabolische Grinsen, das ihre Lippen geformt hatten, als sie ihren Opfer den Dolch ins Herz gestoßen hatte. Aber Melissa war weder ihr Opfer noch sonst ein verhasster Feind.

Dennoch kam es ihr manchmal so vor, als würde sie etwas trennen, aber gleichzeitig auch miteinander verbinden. Etwas das mit einen ihrer früheren Leben zu tun hatte. Nur welches das war, konnte sie nicht sagen. Aber sie wusste definitiv, das sie sich schon einmal begegnet waren.

Sarah Jane konnte sich bloß nicht mehr erinnern, welches das gewesen war. Aber jetzt da Melissa endlich begann sich an andere Leben zu erinnern, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch diese beantwortet wurde. Sie verabschiedete sich von ihr und starrte noch eine ganze Weile auf das Telefon, nachdem sie aufgelegt hatte und ein äußerst mulmiges Gefühl beschlich sie. Eines das ihr nicht geheuer war und von dem sie ahnte, das es nicht gut für sie enden würde.

Sie schüttelte sich leicht, verließ den Raum und machte sich daran, in der Küche etwas essbares zuzubereiten, nachdem sie sich angezogen hatte und ihr Opfer immer noch langsam in ihren alten Ofen vor sich hin schmorte.

***

Tief Luft holend, starrte sie die Adressen, die sie im Internet gefunden hatte, an. Kurzentschlossen klickte sie auf die Links und stöberte auf den Seiten herum. Sie kämpfte sich durch den Dschungel verschiedener Threads, die die unterschiedlichsten Themen innerhalb der Reinkarnation behandelten und ihre Augen wurden immer größer.

Da gab es doch tatsächlich jemanden der glaubte früher Napoleon gewesen zu sein. Kopfschüttelnd blickte sie auf den Bildschirm, während sie weiter las.

Eine Mutter, die keineswegs darüber besorgt zu sein schien, das ihr gerade mal zweieinhalbjähriger Sohn, sich an ein früheres Leben erinnerte, indem er erschossen worden war, hatte einen Thread eröffnet indem sie andere Forumsmitglieder darum bat, ihr einen Rat zu geben, wie sie am besten an die Erinnerung an dieses frühere Leben kommen konnte. Warum sie das wollte, stand dort nicht, aber es schien dieser Frau tatsächlich nichts auszumachen, das er sich an so etwas grauenvolles erinnerte.

Melissa fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken, während sie an ihre eigene, noch ziemlich frischen Eindrücke, an ihr früheres Leben zurück dachte. Wenn sie schon nicht damit zurecht kam sich daran zu erinnern, einmal ermordet worden zu sein, wie musste sich dann erst ein zweieinhalbjähriger fühlen?

Oder ging er wie jedes Kind einfach darüber hinweg und nahm es als gegeben hin? Sie wusste es nicht, hätte es aber gerne. Ihre Hände schwebten über der Maus, bereit dazu den Pfeil auf den Button zu lenken, der zur Anmeldung in diesen Forum einlud.

Für wenige Sekunden, starrte sie darauf und war bereit dazu darauf zu klicken, aber stattdessen bewegte sie ihn nach oben und fügte die Website zur Favoritenliste hinzu.

Sie würde später darüber entscheiden, ob sie sich dort anmeldete, dachte sie und seufzte tief und lange. Das ganze hatte sie so durcheinander gebracht, das sie einfach sicher gehen musste, dachte sie und blickte auf die Ausdrucke, die ihr Leben als Elizabeth Kramer beinhalteten.

Zwar sagte ihr Unterbewusstsein ihr das es keinerlei Zweifel geben konnte, aber dennoch war der Hauch einer Skepsis vorhanden, die ihre Stirn zum Runzeln brachte und das eigentlich gesunde Gleichgewicht ihrer Seele ins schwanken.

Sie sah Gregs Bild an und war unendlich dankbar und voller Liebe, das dass Schicksal ihr diesen Mann beschert hatte, der nicht nur das komplette Gegenteil eines Charlie Kramers war, sondern ihr auch dabei helfen würde diese Erinnerung, als Teil ihrer Seele anzunehmen.

Der Wind flüstert Deinen Namen

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