Читать книгу Phaedra - Nauka Dagakis - Страница 3

Der Tempel der Hera „Der Tempel der Hera ist schön“, dachte Phaedra. Sie ging innerhalb der Mauern umher und stellte sich vor, dass in der An- tike der Tempel mit Rosen geschmückt gewesen war. Rot und Weiß, das musste enorm ausgesehen haben. „Ich liebe diesen Tempel. Und ich liebe Samos, meine Hei- mat!“

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Sie setzte sich in das spärliche noch grüne Gras, das in einer Ecke des Tempels wuchs und träumte vor sich hin. Samos ist eine große Insel vor der kleinasiatischen Küste. Gegenüber liegt die Türkei. Samos hatte in der Antike eine recht große Vergangenheit gehabt. Und berühmt war die Insel auch für ihren Desertwein, den Samos. Lesbos ist nicht weit entfernt. Phaedra war schon ein- mal auf Lesbos gewesen, sie hatte sich dort den steinernen Wald angesehen. Das ist ein Wald aus versteinerten Bäumen mitten in

einer Landschaft, die aussieht wie eine Vulkanlandschaft, wie Lanzerote. Sie streckte sich auf dem spärlichen Gras aus und träumte vor sich hin.

Sie besaß ein keines Lederwarengeschäft in der Hauptstadt Samos. Mehr schlecht als recht kam sie über die Runden. Im Früh- jahr und Sommer kauften die Touristinnen Handtaschen, aber im Winter, wenn nur die Griechen auf der Insel waren, ja, da floss das Geld recht spärlich. Ihre Mutter sagte immer: „Such dir endlich einen Mann, da- mit du abgesichert bist!“, aber bisher hatte Phaedra noch nicht den Richtigen gefun- den. Sie war ausgesprochen hübsch, char- mant, lustig und intelligent und hatte Ver- ehrer genug, aber bisher war noch keiner dabei gewesen, der ihr so richtig gefiel.

„Du bist zu wählerisch!“, sagte die Mutter oft. Früher, als sie Ehen noch arrangiert wurden, da hätten wir dir solche Flausen nicht durchgehen lassen.“

Gut, dass diese Zeiten vorbei waren, dachte Phaedra oft. Entsetzlich, einen Mann heira- ten, den die Eltern für einen ausgesucht hatten, grausam.

Phaedra streckte ihre Beine aus. Herrlich war es, frei zu sein. Sie wollte noch gar keinen Mann. Sollte ihre Mutter reden, was sie wollte. Unabhängig und selbständig zu sein, frei zu sein, das gefiel Phaedra viel besser.

Der Tempel der Hera hatte eine erotische Ausstrahlung. Weiß und Rot, Rosen und Marmor, so musste er in der Antike ausge- sehen haben.

Irgendwann käme der Richtige, da war sich Phaedra sicher, aber so lange wollte sie ihre Unabhängigkeit genießen. Und heira- ten, nur um versorgt zu sein, wie es ihre Mutter riet: niemals.

Sie stand auf und ging noch etwas inner- halb der marmornen Mauern, die in der Sonne leuchteten, umher. Sie liebte diesen

Ort. Oft kam sie her. Sie empfand hier eine herrliche, knisternde Spannung, abwech- selnd mit einem Gefühl tiefer Ruhe. Und romantisch war es hier auch.

Dann aber sah sie auf die Uhr. Es war Zeit zurückzufahren. Die Mittagspause war bald vorbei. Sie musste zurückkehren zur Hauptstadt Samos, um ihr Lederwarenge- schäft wieder zu öffnen. Die Mittagspause dauerte in den Sommermonaten in Grie- chenland von 13 Uhr bis 18 Uhr. Die Hitze war in dieser Zeit zu groß. Alle zogen sich in ihre Häuser zurück, um abzuwarten, bis es kühler wurde. Aber Phaedra empfand das als Zeitverschwendung. Energiegela- den wie sie war, machte sie oft in der Mit- tagspause Ausflüge. Zum Tempel der Hera, zu ihrem Lieblingsstrand, zu einer Freundin. Ruhe halten, konnte sie, wenn sie alt war. Ihre Mutter regte sich oft dar- über auf: „Die Sonne ist nicht gut, bleib lieber zu Hause!“

Phaedra konnte diesen Satz singen.

Sie stand auf und ging ruhig zu ihrer Ves- pa, die am Rande des Heratempels auf sie wartete. Fünf Uhr war es, es wurde Zeit.

Sie setzte sich auf ihr Mofa und fuhr los. Es war nicht weit bis zur Hauptstadt. Sie schaffte es bequem, um halb sechs im La- den zu sein. Sie schloss die Türe zu ihrem Geschäft auf. Ein angenehmer Ledergeruch schlug ihr entgegen. Sie liebte diesen Duft. Phaedra ging hinter die Theke in einen kleinen Nebenraum, in dem ein Spiegel hing. Dort richtete sie sich ihre langen, lo- ckigen, dunkelbraunen Haare. Sie streckte ihrem Spiegelbild übermütig die Zunge he- raus. Dann machte sie sich einen Mokka. In einer halben Stunde würde sie wieder öffnen. Sie trank bedächtig ihren Mokka. Er war mittelsüß, „metrios“ genannt, so liebte sie ihn.

Sie saß an einem kleinen Tisch, der in ei- ner Ecke ihres Ledergeschäftes stand und blickte durch die Fensterscheibe. Vor dem Geschäft sah sie einen Mann stehen. Er schien zu warten bis ihr Geschäft auf- machte. Sollte er warten, dachte sie, erst den Mokka in Ruhe trinken. Sie sah auf die Uhr, viertel vor fünf. „O.k.!“, dachte sie, ich lasse ihn schon mal rein, sonst geht er nachher noch.“ Sie öffnete die Türe

„Oh, sie öffnen extra früher für mich!“ sag- te der Mann und sah sie ziemlich musternd an.

„Komischer Heini!“, dachte Phaedra, warum beguckt er mich denn so.

„Womit kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie freundlich.

„Ja, wissen sie, ich arbeite in einer Bank und ich brauche eine neue Aktentasche. Ich verdiene sehr gut“, sagte er und lächelte ei-

tel „die Tasche kann schon etwas teurer sein.“

Phaedra nickte befremdet und ging dann los, dem Kunden Aktentaschen zur Ansicht holen.

Während er die Taschen ansah, musterte sie ihn zurück. Er hatte ein sehr weiches Gesicht und auffallend hellbraune Haare für einen Griechen. Eigentlich war er ein sehr schöner Mann, aber Phaedra gefiel er nicht. Er war ihr einfach nicht sympa- thisch.

„Welche Tasche würden Sie mir denn empfehlen?“ fragte er.

Phaedra zeigte auf eine schlichte dunkel- braune Aktentasche: „Die gefällt mir am besten und sie würde auch gut zur Bank passen.“

„Nein, die ist mir viel zu schlicht, sagte der Kunde, ich will eine Auffälligere.“

„Gut, was ist mit dieser?“, fragte Phaedra und zeigte auf eine Tasche mit goldenen Verschlüssen.

„Ja, die gefällt mir schon besser!“, meinte er. „Wie teuer ist sie?“

„250 €, sie ist recht teuer.“

„Das ist doch nicht teuer, für mich ein Klacks!“, sagte der Kunde großspurig.“

„Wie unangenehm, dass er so prahlt“, dachte Phaedra angewidert.

„Die nehme ich“, meinte der Mann.

„Na, da haben wir ja was gefunden.“, sagte Phaedra freundlich.

„Ja, zusammen haben wir sie gefunden, Sie haben mir ja sehr geholfen!“, sagte der Kunde und lächelte sie offen an.

„Hoffentlich geht er direkt!“, dachte Pha- edra, es wurde ihr unbehaglich. Aber sie sollte sich täuschen.

„Führen Sie dieses Geschäft schon lange?“, fragte der Mann vertraulich

„Seit fünf Jahren“, meinte Phaedra:

„Verkaufen Sie gut?“

„Was geht ihn das an?“, dachte Phaedra.

„Ja, der Laden läuft gut.“, sagte Phaedra reserviert.

Der Mann zückte ein auffälliges Portemon- naie. Er holte 300 Euro hervor und gab sie Phaedra. Sie reichte ihm das Wechselgeld und hoffte, dass er nun gehen würde.

„Einen schönen Laden haben Sie.“

Phaedra merkte, er wollte sie unbedingt in ein Gespräch verwickeln. Er sah sie be- wundernd und wieder ziemlich musternd an. Phaedra wusste, dass sie sehr hübsch war, aber musste er sie so anstarren. Sie fand das unangenehm.

„Ja, ich bin auch sehr glücklich mit mei- nem Laden“, entgegnete sie.

Der Zufall kam ihr zur Hilfe. Eine nette junge Frau betrat den Laden. Der Kunde versuchte noch weiter, sie in ein Gespräch zu verwickeln, obwohl er doch sah, dass sie Kundschaft hatte, aber Phaedra war es jetzt egal, sie wandte sich von ihm ab und fragte die junge Frau, was sie wünsche.

Der Mann nickte, sagte: “Kalispera, guten Abend“, und verließ beleidigt den Laden.

Die junge Frau suchte ein Portemonnaie. Zusammen fanden sie schnell ein schönes hellbraunes.

An diesem Abend verkaufte Phaedra gut, sie freute sich und vergaß den unangeneh- men Kunden schnell. Um 22 Uhr machte sie sich auf den Nachhauseweg. Sie wohn- te in einem kleinen Appartement direkt an einer großzügigen Treppe. Wenn sie aus dem Fenster sah, konnte sie die Beine der Vorbeigehenden sehen. Das Appartement hatte Marmorboden und eine Holzbett. Au- ßerdem besaß es noch eine Küchenzeile und ein kleines Badezimmer. Es war klein und bescheiden, aber Phaedra gefiel es. Sie ließ sich aufs Bett fallen. Der unangeneh- me Kunde kam ihr wieder in den Kopf. Igitt, war der fies gewesen.

Phaedra

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