Читать книгу Blutgeld - Neal Hall - Страница 8

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Ich habe die Informantentätigkeit niemals bereut“, erinnert sich Plante. „Die Taten, mit denen sie [die Hells Angels] ungeschoren davonkamen – ich fand das nicht in Ordnung.“ Der neue Spitzel konnte seinen Verrat an den Biker-Kollegen mit Verweis auf „moralische und ethische Gründe“ durchaus vor sich selbst rechtfertigen. Wahrscheinlich wird nie geklärt werden, ob er das tatsächlich so empfand oder es lediglich behauptete.

Zuerst erhielt Plante von der Polizei eine monatliche Zahlung in Höhe von 2.000 Dollar für seine Arbeit, bei der er Fakten über die Aktivitäten der Angels im Großraum Vancouver sammelte. Die Klassifizierung als Informant bedeutete, dass seine Identität trotz der Zahlungen geheimgehalten wurde und dass er auch nicht vor Gericht aussagen musste. Zu Beginn der Zusammenarbeit wollten die Cops testen, wie er unter Stress handelte, und weitere Schritte erst danach einleiten.

Plante hatte sein Karriere bei den Hells Angels als Mittelsmann bei Drogengeschäften begonnen. Der Rausschmeißer half dabei, Potts und John Virgil Punko, einen anderen Biker des East-End-Chapters, mit dem verschreibungspflichtigen Schmerzmedikament Percocet zu versorgen. Sowohl Randy Potts als auch Punko beschuldigten Plante später, ihre Abhängigkeit verstärkt zu haben.

Im März 2004 hatte Potts die Produktion und den Absatz von Methamphetamin an sich gerissen, wobei er sich bei der Verteilung auf Wissam (Sam) Ayach, einen kriminellen Freund verließ. Wegen erst kurz zuvor erfolgter Polizeirazzien musste sich Potts nach einem neuen Meth-Koch umsehen, und so stellte ihm Plante Ryan ­Renaud vor, der wusste, wie man eine schnell Suchtsymptome auslösende Straßendroge wie Crystal Meth herstellte.

Am 19. und 20. März 2004 fungierte Plante als Kurier für Potts und transportierte 14.000 Dollar und 16,5 kg Ephedrin, ein Inhaltsstoff von Crystal Meth, zu Renaud, der das Geld zum Kauf von Jodwasserstoffsäure benötigte, einem weiteren Inhaltsstoff von Crystal Meth.

Im April 2004 bot die RCMP Plante einen neuen Vertrag an, in dem er als Polizeiagent geführt wurde. Sollten die von ihm gelieferten Informationen nun zu einer Anklage führen, würde er vor Gericht aussagen müssen, bevor er die Belohnung einstreichen könnte. Für ihn bedeutete das einen tiefen Einschnitt. Je stärker er in die Untersuchungen verwickelt würde und je mehr Hells Angels er ausspionierte, desto stressiger und gefährlicher wäre sein Leben.

Die Cops würden diesen Einsatz mit einer üppigen Zahlung in Höhe von bis zu einer Million Dollar belohnen, wovon er 500.000 Dollar nach Abschluss der Ermittlungen erhalten sollte und die restlichen 500.000 Dollar nach Prozessende. Sie stockten zusätzlich auch die monatlichen Zahlungen auf – bis auf 14.000 Dollar zuzüglich Spesen.

Doch der Deal beinhaltete neue Auflagen: Ein Polizeiagent darf das Gesetz nicht brechen, ohne das vorher mit seinen Kontaktleuten abgesprochen zu haben. Also mussten alle illegalen Aktivitäten frühzeitig koordiniert werden. Wenn Plante jemanden im Auftrag der Hells Angels zusammenschlagen sollte, hatte er zuerst die Polizei anzurufen und um Erlaubnis zu bitten! Das komplizierte Doppelleben bedeutete, dass ihm kaum mehr Zeit für ein Privatleben zur Verfügung stand, was auch die Beziehung zu seiner Freundin einschloss. Um zu einem anerkannten Mitglied der Biker zu werden, musste er spontan reagieren, sogar wenn ihn die Hells Angels um zwei Uhr in der Nacht anriefen.

Plante stellte sich vor diesem Hintergrund seine Zukunft vor und die Einschränkungen, mit denen er leben musste, und spürte augenblicklich, wie sich die Schlinge um seinen Hals zuzog. Er bat um Bedenkzeit und las sich den Vertrag sorgfältig durch. Erst nach sechs Tagen unterschrieb er ihn, wobei ihm klar war, dass es von hier an kein Zurück mehr gab.

„Es war ein großer Schritt, ein wirklich großer Schritt“, erinnert er sich an den Augenblick, als er seinen Namen unter die Vereinbarung setzte. „Ich zog einen Schlussstrich unter mein altes Leben.“

Schon bald erkannte Plante, dass die Arbeit für die Polizei stressiger war, als er es sich ausgemalt hatte. Ständig musste er seine Kontaktleute anrufen. Bei einem Telefonat fragte er: „Potts will, dass ich eine Wagenladung Knarren vom Haus seiner Mutter abhole – was soll ich tun?“ Die Cops beauftragten ihn, die Waffen zu holen, sie ihnen zu zeigen und dann so schnell wie möglich zu Potts zu bringen.

„Jetzt muss ich Crystal Meth vom Koch abholen“, meinte er beim folgenden Anruf, woraufhin sie ihm befahlen, zu einem nahegelegenen Versteck zu fahren, einer Wohnung, nur wenige Blocks von Plantes Haus in New Westminster entfernt, das von der Polizei angemietet worden war. Dort wogen und fotografierten die Cops die Drogen, woraufhin Plante die Lieferung dann zustellte.

Fast jeden Tag brach er das Gesetz im Dienst der Hells Angels. Zum Beispiel lieferte er ein Kilo Meth an ein Feinkostgeschäft, nahm das Geld entgegen und arrangierte die nächste Drogenlieferung. Es war nervenaufreibend und zeitaufwändig. Darüber hinaus musste er sich regelmäßig mit den Cops zu einer Einsatzbesprechung treffen, um die Details des folgenden Transfers zu besprechen. Die Polizei nahm diese Gespräche auf und machte sich detaillierte Notizen, die als eidesstattliche Erklärungen bei Genehmigungsverfahren für Lauschangriffe auf weitere Mitglieder der Hells Angels eingereicht wurden. Gleichzeitig beobachteten ihn die Biker mit Argwohn und wollten wissen, warum die Lieferungen so viel Zeit in Anspruch nahmen.

Am 4. April rief Renaud Plante an und teilte ihm mit, dass er die erste Lieferung Meth gekocht habe. Am darauffolgenden Tag holte Plante ein halbes Kilo für Potts ab. Eine Woche später nahm er weitere 3 kg in Empfang, diesmal von Benjamin Azernoul, einem Laufburschen von Renaud.5 Die Übergabe der Drogen, einer gelblich weißen Substanz, verpackt in fünf Plastiktüten und aufbewahrt in einem Timberland-Schuhkarton, fand auf dem Parkplatz des Schwimmkomplexes Canada Games Pool in New Westminster statt, einem Vorort von Vancouver.

Plante beabsichtigte, die Drogen bei Potts abzuliefern, doch ein anderes Mitglied der Hells Angels, John Punko, bekam Wind von der Transaktion und wollte an die 3 kg gelangen, um mit dem Verkaufserlös bei Renaud eine noch größere Menge in Auftrag zu geben. Zu dem Zeitpunkt war Punko Vollmitglied und Potts lediglich Prospect, also Anwärter auf die Mitgliedschaft. Da Punko in der Hackordnung also über Potts stand, hatte er die Befugnis und auch die Autorität, Plante und Potts Anweisungen zu erteilen. Punko befahl Plante, 1,5 kg zum Haus von Sam Ayach zu liefern, der für die Hells Angels mit Drogen dealte.

Potts und Plante fuhren zu dem Haus, um mit Ayach ein Wörtchen zu reden, doch der öffnete die Tür nicht. Die beiden verschafften sich schließlich dennoch Zutritt, und Plante fand den Dealer, der sich in einem Wandschrank versteckt hatte, verriet aber Potts nichts darüber.

Später suchte Plante den verängstigten Mann erneut auf, der sich bereit erklärte, ein Kilo Methamphetamin von Potts zu kaufen und ein weiteres Kilo von Punko. Plante drängte Ayach dazu, Punkos Lieferung so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen, sich aber mit Potts Meth Zeit zu lassen – mindestens einen Monat oder zwei.

Drei Tage danach brachte Ayach Plante 13.000 Dollar für den Verkauf von Punkos Meth. Bei der Geldübergabe übergab Plante ein weiteres Kilo aus Punkos Vorrat. Dafür erhielt er von Ayach einen Vorschuss von 3.000 Dollar. Dieser bestätigte, dass er Potts Meth getreu der Vereinbarung noch nicht vertickt hatte.

Am 16. April gaben die Cops Plante den Befehl, sich von Ayachs Haus fernzuhalten, wo die RCMP einen Durchsuchungsbefehl vollstreckte und dabei ungefähr 2 Kilo Methamphetamin sicherstellte. Ayach und seine Freundin wurden in Gewahrsam genommen, was seine Karriere als Crystal-Meth-Dealer der Hells Angels abrupt beendete.

Drei Tage nach der Razzia traf sich Punko mit Plante in einem 7-Eleven, wonach sie in ein Fitnessstudio gingen und dann eine Mahlzeit im Restaurant White Spot einnahmen.

„Hoffentlich taucht mein verdammter Name da nicht auf“, sagte Punko zu Plante. Er meinte die Razzia. Plante verriet Punko, dass die Cops zwei Kilo Meth in Ayachs Haus gefunden hätten – ein Kilo von Punko und ein Kilo von Potts.

Aufgebracht meinte Punko, dass er sich da einmischen und Randy Potts eine ordentliche Abreibung verpassen müsse; er beschuldigte ihn, „in Surrey mit dem Bottomrocker auf der Kutte aufzutauchen“. Potts trug das Bottomrocker-Abzeichen der Hells Angels, bei dem nur der Schriftzug „British Columbia“ zu sehen war und nicht das komplette Logo mit dem geflügelten Totenkopf und dem Toprocker mit der Aufschrift „Hells Angels“.

Die Polizei beschrieb die Wirkung des Logos mit „der Macht des Patches“. Der dreiteilige Aufnäher identifizierte den Träger als ein Mitglied des Hells Angels und konnte bei Kleinkriminellen, die nicht in einer Gang waren, die ihnen Schutz gewährte, allein schon furchteinflößend wirken. Der berüchtigte Hells Angel Sonny Barger vertrat das Motto: „Einer für alle, alle für einen“, was bedeutete, dass der Angriff auf ein Mitglied die Rache aller Biker nach sich zog. Diese Gewaltandrohung ging von jedem Club aus, wodurch sich niemand dem Zorn der Hells Angels entziehen konnte.

Plante fragte Punko, ob er das verbleibende Kilo Renaud zum Verkauf übergeben solle, worauf dieser zustimmte.

Er erklärte Punko, dass der Meth-Koch ihm noch 10.000 Dollar schulde, eine Summe, die der Hells Angel in die weitere Produktion stecken wollte. Punko schlug vor, 80 Liter Ephedrin zu besorgen, einer der Hauptinhaltsstoffe von Crystal Meth, und Plante schätzte den Preis für 80 Liter auf ungefähr 80.000 Dollar, da 160 Liter 160.000 Dollar kosteten und es keinen Kleinstmengenzuschlag gab.

Punko fluchte, dass Renaud die Seele aus dem Leib geprügelt werde, wenn er nicht produziere. Allerdings machte er sich Sorgen wegen der Razzia bei Ayach, die viel Staub aufgewirbelt hatte, und empfahl Plante, den Koch mit Samthandschuhen anzufassen.

Die Polizei nahm das Gespräch auf, bei dem Punko meinte: „Ich werde verdammt nervös – die sollen mich bloß nicht am Arsch kriegen. Darum werden wir morgen auf jeden Fall mit den neuen Handys telefonieren.“ Der Biker instruierte Plante genau und wies dabei extra auf die neuen „sauberen“ Handys hin, die nicht bis zu ihnen zurückverfolgt werden konnten.

Punko sprach auch davon, Dynamit von einem Bekannten mit den Initialen R.T. aus Surrey zu besorgen. Plante wollte wissen, wozu er den Sprengstoff brauche. „Man kann nie wissen. Wir sind bei den Hells Angels. Da gehen oft üble Sachen ab. Man kann nicht wissen, wofür das Zeugs gut ist“, erhielt er zur Antwort.

Am nächsten Tag trafen sich Punko und Plante im Haus von R.T. Danach schlug Plante vor: „Es wird höchste Zeit, den verfluchten Schuhkarton wieder aufzufüllen.“ Punko hatte nichts gegen ein Treffen mit dem Meth-Koch Renaud.

Am 21. April 2004 verabredeten sich die beiden auf dem Tennisplatz in Burnaby Mountain, einem Ort, vom dem Punko glaubte, dass dort keine Abhöreinrichtungen der Cops sein würden. Hier konnten die beiden vermeintlich frei miteinander reden.

Dann fuhren die zwei zu einem Coffee-Shop in East Hastings, wo Plante Punko über ein bevorstehendes Treffen mit Renaud am Abend unterrichtete. Punko wollte Renaud unmissverständlich klarmachen, dass er für niemand anderen mehr kochen dürfe.

„Ab jetzt gehört er zu meinen Partnern. Du wirst ihm verklickern, seinen Scheiß nie mehr für andere zu machen. Kapiert? Der muss jetzt damit aufhören.“

Renaud traf die beiden auf dem Parkplatz des Fitnessstudios in New Westminster. Punko erzählte ihm, dass jetzt alle im selben Team spielten. Er drängte Renaud, auch Dave Pearse, seinem Partner bei der Produktion, die Botschaft zu überbringen – ohne Wenn und Aber. „Erzähl ihm das. Er hat es jetzt mit einem Mitglied der Hells Angels zu tun, der für euch alles Mögliche tun kann. Denkt dran – seid clever, bleibt sauber und macht Kohle. Das war’s.“

Punko trug Renaud nachdrücklich auf, dem Kollegen zu verklickern, dass er auf gar keinen Fall den Namen seines Auftragsgebers fallen lassen dürfe. Der Meth-Koch und sein Kumpel sollten bloß nicht durch die Gegend spazieren und jedem stecken, dass sie für einen Hells Angel produzierten. Der Biker wollte Pearse persönlich treffen, „damit Dave weiß, mit wem er es verflucht noch mal zu tun hat.“

Während des Gesprächs schlug Plante Renaud voll ins Gesicht und stieß ihn herum. Später erklärte er, die Rolle des „bösen Cops“ gespielt zu haben, während Punko den Part des „guten Cops übernommen habe. Das sollte für den Koch eine deutliche Botschaft sein – mit einem Mitglied der Hells Angels war nicht zu spaßen! Gleichzeitig wollte Plante Punko beweisen, dass er geschäftliche Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen und sehr effektiv für ihn arbeiten konnte.

Danach drehte sich das Gespräch nur noch um die Inhaltsstoffe, die man anschaffen musste, und die dabei entstehenden Kosten. Renaud erklärte seinen Mitstreitern, dass jeder 35.000 Dollar in die Produktion investieren müsse. Durch die Kosten abgedeckt waren 80 Liter Ephedrin. Für die Investition würden sie 12,5 Kilo Meth erhalten, die, bei 13.000 Dollar für ein Kilo, eine Summe von ungefähr 165.000 ergaben. Somit konnte jeder mit einem Gewinn von rund 23.000 Dollar rechnen.

Renaud überreichte Plante einen handgeschriebenen Zettel mit den geschätzten Kosten der Zutaten und der Produktion, 3.500 Dollar für flüssige Zusätze, 1.000 Dollar für Farbstoffe, die 3.000 Dollar für das gemietete Drogenlabor und 1.200 Dollar für Red Bull beinhalteten – den Power-Drink, der die beiden Köche beim Arbeitsmarathon wach hielt.

Nach dem Treffen machte sich Plante zum Hells-Angels-Clubhaus auf, das an der East Georgia Street 3598 lag, nahe der östlichen Stadtgrenze Vancouvers und dem angrenzenden Stadtteil Burnaby, wo einige Angels legale Geschäfte führten. Damiano Dipopolo leitete damals das Bekleidungsgeschäft Digstown, das sich gegenüber der Big-Shots-Coffee-Bar befand; als dessen Besitzer war Francisco Pires eingetragen.

Punko erreichte das Clubhaus eine Minute später und wollte sich über Renaud unterhalten. Sie setzten sich in Punkos Wagen und fuhren durch die Gegend, allerdings konnten die Cops dank Plantes Wanze jede Silbe klar und deutlich verstehen.

Plante verriet Punko, dass er Geld von Renaud mitgenommen habe – einen orangenen Schuhkarton von Nike, der 45.550 Dollar in bar enthalte: in kanadischen 10er-, 20er-, 50er- und 100er-Noten. Die Polizei nahm den Inhalt des Karton später auf und gab ihn Plante zurück. Plante erklärte Punko, dass er 20.000 Dollar in bar benötige, um es „Putzhead“ – ein Spitzname von Potts – zu geben.

„Was, zwanzig davon?“, wunderte sich Punko.

„Ja, total beschissen, ne?“, erwiderte Plante. „Aber so läuft die Sache nun mal. Wir werden uns ein bisschen was abzweigen, damit wir uns über Wasser halten können, und den Rest investieren.

„Wir müssen schon nicht verhungern“, fügte er hinzu. „Er nimmt sich seinen Teil und verzieht sich. Kapiert?“

„Ich habe so ein beschissenes Gefühl, dass wir hier über den Tisch gezogen werden“, regte sich Punko auf.

„Wir haben doch verdammt noch mal 60 Riesen gemacht. Und wofür was? Nichts!“, beruhigte ihn Plante, der damit auf die 16.000 Dollar von Ayach und die Kiste Bares von Renaud verwies.

Ungefähr zwei Wochen später erhielt Sergeant Dan Russell, einer der leitenden Ermittler des Projekts E-Pandora, die Nachricht der Surrey-RCMP, dass weitere Verhaftungen bevorständen. Die Cops planten, Plante, Potts und Punko aufgrund von Informationen, die den Meth-Handel betrafen, hochzunehmen.

Russell unterrichteten Bob Paulson, den Leiter der E-Pandora-Ermittlungen, von dieser Entwicklung. Der wiederum setzte sich mit Inspektor Collins vom Surrey-Büro in Verbindung und erklärte ihm, dass die geplanten Verhaftungen die laufende Ermittlung zunichtemachen würden. Collins beschloss daraufhin, dass die Surrey-RCMP Potts, Punko und Plante nicht in Gewahrsam nehmen sollte.

Tage später fand Plante Chad Barroby, einen Drogenhändler, der das Kilo kaufen wollte, das er lieferte.

Ungefähr eine Woche später zeigte Potts Plante eine Liste extrem teurer Laborutensilien – Plante schätzte sie auf eine Summe von 300.000 Dollar –, die zur Meth-Produktion eingesetzt werden konnten. Er wusste, dass Potts nicht über das nötige Kleingeld für so eine Anschaffung verfügte.

Schon zu Beginn ihrer Bekanntschaft war Potts von dem verschreibungspflichtigen Schmerzmittel Percocet abhängig, das Plante dem Biker mit Zustimmung der Polizei besorgte. Durch das Medikament stand Potts ständig unter Strom und war zeitweise sogar unberechenbar.

Um ungefähr 20 Uhr an diesem Tag trafen sich Punko und Plante im Fitnessstudio in New Westminster. Dort hielten sich auch Renaud und Nima Ghavami auf, ein Rausschmeißer, mit dem Plante im Cecil-Hotel-Stripclub zusammengearbeitete hatte. Punko und Plante gingen danach zu Punkos nahegelegener Wohnung, wo Plante ihm die Liste des Laborzubehörs zeigte, die ihm Potts gegeben hatte.

Punko erklärte Plante, dass Renaud „Punkos Koch“ sein werde. Er wolle nicht, dass er für eine andere Person produziere. „Wenn ich Ryan [Renaud] das nächste Mal sehe, werde ich ihn gehörig anmachen. Ich werde ihm sagen, dass er sich aus dem anderen Scheiß raushalten soll, denn sonst kriegt er voll eins auf die Drecksfresse.“ Plante dachte, dass Punkos aufgebrachtes Verhalten teilweise der Percocet-Abhängigkeit geschuldet war.

Er warnte Plante, dass die Polizei ihn möglicherweise verfolge.

„Hör mal, du bist ein Freund des Clubs“, meinte Punko. „Glaubst du etwa nicht, dass dir die Typen am Arsch hängen? Bei uns wimmelt es nur so von Bullen. Wir sind ein Biker-Club, Mann. Das ist viel ernster, als du glaubst. Wenn die einen von uns packen, geht es auch mit den anderen den Bach runter. Wenn sie dich hochnehmen, stecke ich mit in der Scheiße!“

Punko schlug vor, sich mit Renaud, „am richtigen Ort, zur richtigen Zeit“ zu treffen und „die Spielregeln“ mit ihm festzulegen.

Die Geschäftsbeziehung sollte sich auf Punko, Plante, Renaud und Pearse beschränken. „Niemand anderes. Die arbeiten nur für uns“, wiederholte Punko.

Nachdem sie erst mal 80 Liter gekocht hatten, wollte Punko den Profit sofort wieder investieren, um weitere 160 Liter zu produzieren. „Wir besitzen damit eine Geldmaschine. Jetzt ziehen wir das richtig groß auf.“

Am 26. Mai 2004 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Plante und dem damaligen Corporal Gary Shinkaruk, denn dieser hatte ihm seine Einschätzung mitgeteilt, dass „es nicht funktioniert“, woraufhin Plante das Treffen wutentbrannt verließ.

Shinkaruk teilte einem anderen Beamten mit, dass er denke, „Plante wolle nicht länger bei den Ermittlungen kooperieren“.

Drei Tage später führte er ein Telefonat mit dem immer noch aufgebrachten Plante. Plante erklärte Shinkaruk, dass er nicht mit ihm arbeiten wolle und dass Shinkaruk „das Motorrad zurückhaben kann“ und schon mal die noch ausstehenden Zahlungen der RCMP zusammenrechnen solle. Plante war unglaublich wütend und drohte dem Beamten, ihm den Schädel einzuschlagen. Daraufhin legte der Mountie auf.

Nachdem sich Plante beruhigt hatte, rief er Shinkaruk an und entschuldigte sich für sein aggressives Verhalten. Der Corporal schlug ein Treffen vor, um die Geschehnisse der letzten Tage zu evaluieren und weitere wichtige Schritte abzuklären, damit Plante die Arbeit als Polizeispitzel fortsetzen konnte.

Dabei unterzeichnete er eine Erklärung, mit der er die Überwachung seiner Privatkommunikation akzeptierte und einer Videoüberwachung zustimmte.

Ungefähr drei Wochen nach Plantes erster Meth-Lieferung für ­Barroby traf er seinen Kunden erneut im 7-Eleven. Barroby übergab ihm 10.000 Dollar, eine Teilzahlung für das Kilo Meth. Plante leitete danach das Geld an Potts weiter.

Am 8. Juni 2004 entschloss sich die Polizei zum Kauf der verbleibenden sieben Kilo Meth, die Plante, der auf Käufer wartete, für Potts aufbewahrte. Die Cops rieten Plante zu einer Finte – er sollte Potts erzählen, dass er einen Käufer in Alberta gefunden habe, der bereit sei, 11.500 Dollar für ein Pfund zu zahlen. Potts bot Plante eine Provision von 500 Dollar pro Pfund an und fragte ihn: „Bist du sicher, dass dir das reicht?“ Plante gab dem Biker einige Tage später 22.000 Dollar – der erste Abschlag von den Verkäufen an den Typen aus Alberta.

„Ich liebe dich, Kumpel“, meinte Potts, sichtlich erfreut über den Batzen Bares, den er in den Händen hielt. „Dann haben wir noch zwölf“, fügte er hinzu, und dachte an die zwölf Pfund, die auf einen Käufer warteten. Das belegte eindeutig, dass Potts nicht wusste, dass Punko ihn um etwas mehr als drei Kilo betrogen hatte.

„Drück es ihm rein“, befahl Potts seinem Helfer Plante und meinte damit, den angeblichen Käufer in Alberta mit Drogen zu versorgen.

„Einfach weiter so?“, fragte Plante. Potts war so zufrieden, dass er vorschlug, dem Käufer einen Rabatt zu gewähren.

Zu der Zeit besuchte Renaud Punko in seiner Wohnung. Sie unterhielten sich über die Investition des Gewinns der ersten Produktion, um beim nächsten Mal 160 Liter zu kochen. „Muss ich Dave [Pearse] treffen, oder nicht?“, fragte Punko. „Damit der Typ weiß, mit wem er es zu tun hat!“

„Yeah“, erwiderte Renaud. „Läuft alles super.“

Später im Juni erfuhr Plante, dass die Polizei Renauds Meth-Küche in Abbotsford hochnehmen wollte, was ihn sehr überraschte. Bei einem konspirativen Treffen in der Tiefgarage des Polizeiverstecks klärten ihn die Cops über den Plan auf.

Plante erklärte seinen Kontaktleuten, dass das ein selten dämlicher Schachzug sei. Er argumentierte, dass Renaud den Schlüssel für ihn darstelle, um Beweise gegen Potts und Punko zu sammeln. Er sprach sich eindeutig gegen jegliche polizeilichen Maßnahmen aus, die zu Renauds Verhaftung führen würden.

„Ohne ihn habe ich nichts in der Hand“, erklärte er den Cops.

Die Polizei schlug ihm vor, sich umzustellen und einen neuen Koch zu suchen.

„Und wie bitte?“, erwiderte Plante, immer ungehaltener. „Ich habe keine anderen Möglichkeiten. Ihr habt Sammy [Ayach] eingelocht, und jetzt wollt ihr Ryan am Arsch kriegen – dann gibt es keine anderen mehr! Das ist doch alles eine ganz große Scheiße – ich habe nichts … Randy [Potts] hat nichts. Die werden doch nur Muffe kriegen und sich so schnell wie möglich verpissen.“

Die Polizei ignorierte Plantes Protest und führte am 25. Juni 2004 eine Razzia in Renauds Drogen-Labor in der Little Street 6521 in Abbotsford durch. Das Labor befand sich im Nebengebäude einer Farm. Die Ausrüstung konnte sichergestellt werden, doch die Beamten fanden kein Methamphetamin. Renaud hatte kurz vor der Durchsuchung neun Eimer voll Crystal Meth an einen sicheren Ort geschafft.

Am nächsten Tag traf sich Plante mit Renaud, um über diesen Rückschlag zu reden. Danach fuhr er zu Punko, um ihn über das Gespräch zu unterrichten.

Für den 27. Juni planten Punko und Plante ein Treffen mit Renaud zur Klärung weiterer Schritte. Nachdem der Drogenkoch gegangen war, teilte Punko Plante seine Sorgen über den hochgenommenen Renaud mit, da er das Potenzial hatte, dem Biker zu Reichtum zu verhelfen und somit sehr wichtig für ihn war. Punko dachte darüber nach, Renaud aus der Stadt zu schaffen und irgendwo ein Meth-Labor zu errichten, das auf gar keinen Fall den Argwohn der Cops erregte.

Währenddessen vertickten Plante und Potts das noch vorhandene Meth. Plante kaufte am 13. Juli ein weiteres Kilo Meth von Potts und bezahlte ihm dafür 21.000 Dollar, Geld, das ihm seine Kontaktleuten bei der RCMP zur Verfügung gestellt hatten.

Zwei Wochen später wiesen sie ihn an, weitere 1,5 kg zum Preis von 31.500 Dollar zu erwerben. Plante meinte zu Potts: „Wir werden wahrscheinlich nächste Woche wieder so weit sein und ihnen die nächste Ladung zum Volldröhnen verticken.“

„Rock’n’Roll“, freute sich Potts über den in Aussicht stehenden Haufen Cash. Während des Treffens erklärte sich Plante bereit, dem Biker eine Injektion mit Steroiden zu verabreichen – und zwar in den Hintern!

Drei Tage später übergab Ghavami Plante im Fitnessstudio 45.000 Dollar. Das Geld stammte von Renaud, wobei Ghavami offensichtlich die Rolle des Mittelsmanns spielte.

In der Nacht traf sich Plante mit den Kontaktleuten im Geheimversteck, wo die Cops das Geld aus der Plastiktüte zählten. Es waren neun Bündel mit je 5.000 Dollar, doch es fehlten am Ende 200. Die Beamten beauftragten Plante, 25.000 Dollar bei Punko abzuliefern. Um die fehlende Summe zu rechtfertigen, erzählte Plante Punko, dass Renaud ihnen noch jeweils 10.000 Dollar schulde.

Der Biker betonte erneut, dass der Drogenkoch unbedingt aus der Stadt geschafft werden müsse, um an einem abgelegenen Ort im Inneren von British Columbia in einem neuen Labor zu arbeiten. „Wenn wir das scheiß Haus beschafft und den Kerl da drin haben, wird der nirgendwo mehr hingehen“, erklärte Punko. „Und ich werde ihm kräftig die Leviten lesen.“

Punko wollte am liebsten David Pearse, Renauds Partner, aus dem Geschäft drängen, doch Plante wies darauf hin, dass Pearse die Labor­ausrüstung gehöre. „Dann ist Dave also der vierte Mann im Team“, sagte Punkto und akzeptierte die Tatsache, dass das Equipment für die Produktion unentbehrlich war.

Später traf Plante den Drogenkoch im Fitnessstudio und erzählte ihm von Punkos Plan, ein Haus im Landesinneren zu erwerben. Während Punko die Stadt für einige Tage verließ, um sich nach einem passenden Gebäude umzusehen, traf sich Plante mit Renaud und Pearse auf dem Parkplatz der Carter-Dodge-Chrysler-Niederlassung am Lougheed Highway 4650 in Burnaby. Zur Tarnung traten sie als Kaufinteressierte auf. Allerdings unterhielten sie sich darüber, wie sie einem Typen Ephedrin abluchsen konnten, der allen nur als „Sam der Hindu“ bekannt war.

Punko kehrte am 25. Juli 2004 in die Stadt zurück und informierte Plante, dass er sich einige Häuser angesehen habe. Plante unterrichtete ihn, dass schon wieder Meth produziert wurde.

Der Biker erklärte, dass er bei dem Deal „eine Million Dollar“ verdienen wolle, und beauftragte Plante „ihm [Renaud] ordentlich Druck zu machen“, damit er schnell produziere. Einige Tage darauf hegte Punko einen heftigen Groll gegen Renaud und wütete gegenüber Plante: „Ich werde dem kleinen Arschloch die Fresse polieren!“

„Warum? Was ist passiert?“

Punko wich der Frage aus: „Nichts. Ich werde dem Arsch die Hände brechen, wenn er nichts auf die Reihe kriegt.“

Am folgenden Tag, dem 2. August 2004, traf sich Plante mit ­Renaud außerhalb des Gibson-Kickboxing-Studios in Port Moody, einem Vorort im Osten Vancouvers. Renaud übergab Plante 9.000 Dollar als Anzahlung für ein Kilogramm Meth, das der Drogendealer Jay Brown besessen hatte, der verhaftet worden war; die Drogen befanden sich immer noch in seiner Wohnung.

Renaud gab Plante einen Zettel für Punko mit, auf dem er sich dafür entschuldigte, ihn nicht persönlich zu treffen. „Sorry, dass wir uns nicht sehen konnten – ich musste dringend weg“, lautete der Text. „Wenn ich wieder zurück bin, werden wir da weitermachen, wo wir aufgehört haben.“ Renaud schätzte, dass er ungefähr zwei Wochen für eine weitere Produktion von Meth brauche.

Plante traf sich danach mit den Cops, die das Geld fotografierten. Sie wiesen ihn an, Punko die Kohle zusammen mit Renauds Notiz zu überbringen. Plante traf sich mit dem Hells Angel auf einem Costco-Parkplatz in Burnaby. Der Biker krallte sich das Geld und las den Zettel.

„Ich werde dem verfluchten Typen den Schädel zerquetschen“, reagierte er aufgebracht, wütend darüber, dass Renaud ohne vorherige Absprache mit ihm die Stadt verlassen hatte. „Ich raste bei dem Typen aus, Mann. Ich sag dir mal eins – ich stehe kurz davor, in die Luft zu gehen.“ Punko beauftragte Plante am nächsten Tag, zwei neue Handys zu kaufen, und verließ immer noch aufgebracht den Parkplatz.

„Hoffentlich hat er die ganzen Zutaten, denn wenn nicht, müssen wir wie die Trottel danach suchen“, grollte er beim Weggehen.

Im August 2004 arrangierte Plante ein Treffen mit dem Mitglied Ronaldo „Ronnie“ Lising in dem Chinarestaurant Gourmet Castle an der East Hastings in Vancouver. Dabei deutete dieser mit einem Handsignal – dem Drehen eines Schlüssels – an, dass er ein Kilo kaufen wolle.

„Koks?“, vergewisserte sich Plante.

„Nein, das andere Zeug“, antwortete der andere und instruierte Plante, die Lieferung in einem Feinkostgeschäft abzugeben, das Lisings Bruder gehörte.6 Danach beschrieb er ihm genau, wo der Laden in der Nähe der Champlain Mall in Burnaby lag.

Er riet ihm, das Abzeichen eines Supporters der Hells Angels nicht zu tragen, denn sonst könne er die Aufmerksamkeit der Polizei erregen. „Achte drauf, nicht so ‚heiß‘ zu wirken“, meinte der Biker.

Ein Undercover-Überwachungsteam der Polizei beobachtete Plante bei der Abgabe des Kilos Methamphetamin in dem Feinkostladen.

Einige Tage später erfuhr Punko, dass Renaud mit Lising geredet hatte, was ihn ungeheuer aufregte. Er meinte, dass er aus Renauds Schädel Mus mache, wenn der Drogenkoch irgendwelchen Scheiß baue.

Am 10. August 2004 rief Plante Punko an und erzählte ihm, dass er zusammen mit Ghavami eine Woche Urlaub außerhalb der Stadt mache.

Bei seiner Rückkehr setzte sich Punko direkt mit ihm in Kontakt, um über Renaud zu reden, der zu der Zeit in New Westminster lebte. Tags darauf traf sich Plante mit Renaud in dessen Haus. Der Meth-Koch teilte ihm mit, dass er schon zwei Kilo produziert habe und der Rest am Wochenende zu erwarten sei. Er schätzte den jeweiligen Gewinn von Punko und Plante auf 40.000 Dollar nach Abzug der Kosten.

Plante schnappte sich Renaud und nahm ihn mit zum Haus des Bikers, damit er die guten Neuigkeiten aus erster Hand erführe. Punko schien zufrieden zu sein, sprach aber trotzdem von einem beabsichtigten Hauskauf auf dem Lande, damit Renaud dort ohne jegliche Ablenkung oder Störung Dritter für ihn produzieren könne.

Zwischenzeitlich plagten Plante Gewissensbisse, da Punko fast sieben Kilo Meth abgezweigt hatte, die eigentlich Potts gehörten. Sie fraßen ihn förmlich auf, da er wusste, dass er Potts nicht ewig lang hinhalten konnte. Doch er wusste, dass er Punko gehorchen musste, denn der stand in der Hackordnung höher.

Er besprach die Unterschlagung mit seinen Kontaktleuten, die sich Gedanken machten, wie die Situation bereinigt werden könnte. Am 23. August 2004 übergab die RCMP Plante eine Summe von 42.000 Dollar, die er nutzte, um Potts das Geld aus einem vorgetäuschten Deal zukommen zu lassen, bei dem er angeblich zwei Kilo vertickt hatte. Plante übergab Potts das Geld auf dem Parkplatz von Woody’s Pub in Coquitlam. Zu der Zeit trug Potts die Kutte mit dem Bottomrocker auf dem Rücken, die ihn als Prospect auswies. Nach dem Geldtransfer fuhr er in seinem schwarzen Hummer davon.

Plante erhielt später nochmals 25.000 Dollar von der RCMP, um den Verkauf der verbleibenden rund 1,35 Kilo Meth vorzutäuschen, die sich Punko abgezweigt hatte. Als er Potts die letzte Zahlung gab, erzählte er ihm, dass der Käufer aus Alberta mehr kaufen wolle, ­Renaud aber „voll in der Sache stecke“ und konsequenterweise keine neue Produktion beginnen könne.

Er traute sich nicht, Potts zu verraten, dass der Koch jetzt für Punko arbeitete. Stattdessen unterhielten sich die beiden darüber, eventuell auf Kokain umzusteigen.

„Ich fragte ihn [Potts] nach den 850 g, die er besaß“, erzählte Plante den Cops. Potts hatte den Stoff bei einer Person mit dem Kürzel C.J. zwischengelagert.

Einer der Polizisten wollte wissen, wie viel Potts für das Kokain verlange. Plante erwiderte: „35 Dollar für das Gramm“, obwohl der aktuelle Straßenpreis bei 28 bis 32 Dollar lag. Plante erklärte Potts, dass er immer „noch in den Achtzigern hängt und darum auch keine Kunden hat“. Potts’ Preise waren einfach zu hoch, da das aktuelle Überangebot den Marktwert drastisch senkte. Inspektor Shinkaruk schätzte, dass andere auf den Zug aufspringen würden, wenn sich erst mal herumspreche, dass Plante Kokain erwerben wolle.

Die Polizeistrategie sah wie folgt aus: Potts und Punko sollten benutzt werden, um an wichtigere „Ziele“ bei den East-End-Hells-Angels zu gelangen.

Daraufhin gab die RCMP Plante 4.800 Dollar, um 115 Gramm Koks von Potts zu kaufen, in der Hoffnung, dass der hohe Preis andere Verkäufer anlockte, die ihre Ware Plante andrehen wollten.

Plante hatte jedoch das Gefühl, in der Geschichte mit Potts, Punko und dem East-End-Chapter festzustecken. Er bat die Polizei wiederholt darum, das Nomads-Chapter ins Visier zu nehmen, da sich dort vermutlich die Straftaten abspielten.

Plante beschrieb Potts und Punko als „Waschlappen“ und den Rest der Biker als „ein Team aus dem Altenheim“ und als „einen Haufen Witzfiguren … einen Haufen kaputter, faltiger Ärsche“, die seiner Ansicht nach der Vergangenheit nachhingen. Die Mitglieder des East-End-Chapters hatten Angst vor der aufstrebenden United-Nations-Gang, einem multiethnischen Zusammenschluss, der kontinuierlich größer und mächtiger wurde.

Die UN kontrollierte überwiegend den Drogenhandel im Fraser Valley und transportierte B.C. Bud – starkes, in einer Hydrokultur gezüchtetes Marihuana – über die Grenze als Tauschware für Kokain und Waffen. Die Gang machte sich einen Namen, da sie keine Angst davor hatte, sich gegen die Hells Angels aufzulehnen und sie zu bekämpfen.

Plante erklärte den Cops, dass die Hells Angels aus dem East End „Angst wegen der Sache in Quebec“ hatten, eine Anspielung auf die Straßenschlacht in Montreal um die Vorherrschaft zwischen den Angels und der rivalisierenden Gang Rock Machine, bei der über 100 Tote zu beklagen waren. Das führte zu einem harten Gegenschlag der Polizei in Quebec gegen die Rocker.

Trotz der Information, dass die Verfolgung der East-End-Hells-Angels Zeitverschwendung sei, konnte Plante die Vorgesetzten nicht davon überzeugen, die Nomads zu unterwandern. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Beamten die beiden langjährigen Mitglieder Louie Robinson und David Giles unbedingt festnageln wollten.

Die Cops waren sich nicht sicher, ob man Plante schon so gut in der Szene kannte, dass ihm die Nomads vertrauen würden. Sie hegten die Hoffnung, dass es ihm gelinge, schnell genug bei den Angels aufsteigen, deren Mitglied zu werden und sich dann bei den Nomads einschleichen.

Plante traf sich am 1. September 2004 mit Renaud auf dem Parkplatz des Fitnesscenters in New Westminster. Der Meth-Koch gab an, dass sich die Einkünfte der letzten Ladung auf eine Summe von 162.000 Dollar beliefen, und überreichte ihm eine detaillierte Liste der Ausgaben, die 34.500 Dollar umfassten. Ein Teil des Meths konnte für 13.000 Dollar, ein anderer für 14.000 Dollar losgeschlagen werden. Er schlug vor, Plante und Punko sollten jeweils 7.000 Dollar für die nächste Produktion bereitstellen.

Renaud übergab Plante 56.000 Dollar, von denen 34.000 Dollar für Punko waren. Renaud erklärte, dass sich Plantes Anteil auf 21.500 Dollar belaufe, denn er hatte Ghavami ein Kilo Meth gegeben, dass dieser für ihn verteilte.

Plante fühlte sich schlecht, da er seinen Freund Ghavamit mit ins Drogengeschäft gezogen hatte, doch dieser hatte den finanziellen Verlockungen nicht widerstehen können, nachdem er gemerkt hatte, wie schnell sich dort Geld machen ließ. Trotz der Freundschaft musste er ihn bei der Polizei verpfeifen, denn die bedingungslose Wahrheit aufzudecken, stellte einen wichtigen Teil der Abmachung dar.

Plante fuhr anschließend zu einem Treffen mit den Kontaktleuten auf dem Parkplatz des Geheimverstecks. Er holte die beiden Plastiktüten aus dem Kofferraum seines Wagens, von denen eine 34.000 Dollar und die andere 21.500 Dollar enthielt. Die Cops schossen Fotos von den Tüten und deren Inhalt und zogen Plantes Anteil ein. Dann wiesen sie ihn an, Punko seinen Anteil zu überbringen.

Später machte sich Plante zum Clubhaus des East-End-Chapters auf, in dem die Angels die wöchentliche Vollversammlung abhielten, auch unter dem Namen „Church“ bekannt. Nach dem Treffen bat Punko Plante, mit nach oben zu kommen, wo die beiden die Verteilung der Kosten und des Profits diskutierten. Der Spitzel verließ das Gebäude gegen 22 Uhr und fuhr mit Punko zu dessem Haus, um ihm dort die Plastiktüte mit dem Geld zu übergeben.

„Hey, siehst du das?“, meinte der Biker und deutete auf das Geld. „Wir müssten einen ganzen Haufen davon haben!“ Punko meinte zu Plante, dass er das nächste Mal 160 Liter produzieren wolle.

Drei Wochen danach trafen sich die beiden im King-Sushi-Restaurant in New Westminster, um sich genauer über die neue Investition bei Renaud zu unterhalten. Der Biker beauftragte Plante, den Drogenkoch kräftig unter Druck zu setzen.

Am Abend fuhr Plante zum Haus des Bikers, um 6.800 Dollar abzuholen, Punkos Investition in die anstehende Produktion. Eigentlich sollten es 7.000 Dollar sein, doch Punko fehlten 200 Dollar. Plante traf sich dann mit den Cops, die das Geld, alles 20-Dollar-Noten, fotografierten.

Zwei Tage darauf verabredete sich Plante mit Renaud im Fitnessstudio, wo er ihm Punkos Geld zusammen mit seinem Anteil in Höhe von 8.000 Dollar (von der RCMP bereitgestellt) für die nächste Lieferung übergab.

Ungefähr einen Monat später fuhren Plante und Renaud zu einer Besprechung in Punkos Haus. Punko nahm sich Renaud kräftig zur Brust und warf ihm vor, eine geschäftliche Beziehung zu Clay Roueche zu unterhalten, dem Anführer der UN-Gang, der Erzfeinde der Angels. Er wollte wissen, auf welcher Seite Renaud stand und wie weit die Meth-Produktion fortgeschritten war.

„Ich will die Kohle“, herrschte Punko Renaud an. „Ich will so viel wie möglich, verdammte Scheiße. Denn eines Tages – vielleicht in fünf oder zehn Jahren oder auch in zwei Wochen – wird das aufhören. Man muss die Knete machen, wenn es geht.“

Nach dem Treffen verriet der Biker Plante, dass er dringend 20.000 Dollar brauche. Er wollte wissen, ob sich das bewerkstelligen lasse. Sie dachten darüber nach, fünf Kilogramm an Plantes Käufer in Alberta zu verticken. Punko stimmte dem zu, aber warnte ihn, Jonathan Bryce Jr. nichts von dem Deal zu erzählen. „Ich bin mir sicher, dass ich an die fünf Kilo komme“, verabschiedete sich Punko.

Einige Tage darauf erhielt Plante von der RCMP 30.000 Dollar als Anzahlung für die fünf Kilo Kokain, dessen Preis 25.000 Dollar pro Kilo betrug. Als Plante bei Punkos Haus eintraf, prahlte der Biker, das Koks sei „das Beste, was man nur finden kann“.

Der Biker wollte wissen, für wie viel Plante das Koks in Alberta an dem Mann bringen könne. „30.000“, erwiderte Plante. Punko rechnete sich daraufhin aus, dass beide 12.500 Dollar bei dem Deal verdienen könnten.

Nachdem Plante das Geld übergegeben hatte, fuhr Punko zu dem nahegelegenen Parkplatz der Kensington Mall, wo ein Liberty-Jeep neben ihm parkte, der ihn dann auf der Heimfahrt verfolgte. Ein Überwachungsteam der Cops beobachtete ihn, wie er zwei Sporttaschen aus seinem Wagen hervorholte.

Am nächsten Tag holte sich Plante die fünf Kilo Koks von Punkos Haus ab, der meinte, er habe die Drogen von „R.T. und diesem Chinesen“ bekommen. Die Polizei testete später das zu kleinen Ziegeln gepresste Koks und stellten einen Reinheitsgrad zwischen 82 und 84 Prozent fest, was vermuten ließ, dass die Quelle in Kolumbien oder einem anderen lateinamerikanischen Land lag.

Nachdem Plante seinen ersten „Verkauf“ mit dem angeblichen Kunden in Alberta getätigt hatte, übergab er Punko das ihm noch zustehende Geld und einen Teil des Profits.

Renaud arbeitete zwischenzeitlich mit einem weiteren Meth-Koch zusammen. Plante schlug vor, die Drogen in Alberta für 20.000 Dollar das Kilo zu verkaufen. Folgende Gewinne aus den Meth-Lieferungen wurden Punko übergegeben, der verriet, dass er das Bargeld im Haus seines Bruders in Burnaby verstecke.7 Mit weiteren 640 Litern konnte man nach Punkos Ansicht eine Million erwirtschaften. „Komm, wir ziehen das durch. Hier können wir Kohle machen. Wir dürfen nicht aufhören, sondern müssen uns konzentrieren.“

Am 21. Oktober 2004 führte Plante ein langes Gespräch mit Potts, der wieder mal knapp bei Kasse war. Potts meinte, er habe noch 740 Gramm Kokain zum Verkauf, und fügte hinzu, dass er unter 35 Dollar für das Gramm bezahlt hatte. Plante schlug vor, das Koks seinem Käufer in Alberta anzudrehen, wobei sich 2.000 Dollar verdienen ließen.

„Das würde erst mal helfen“, lautete Potts’ Antwort.

Das Gespräch drehte sich danach um Methamphetamin. Plante erzählte, dass Renaud im Moment eine neue Lieferung fertigstelle und 160 Liter Ephedrin zum Preis von 160.000 Dollar brauche, um mit der nächsten Ladung zu beginnen. Potts fragte Plante, ob er mit Renaud zusammenarbeite. „Ich investiere nur mein Geld“, sagte der lakonisch und prahlte mit den Gewinnen. Potts beklagte sich darüber, in den letzten acht Monaten nichts verdient zu haben. Er wollte weitere 80 Liter produzieren und bat Plante darum, das einzufädeln. Plante zeigte Verständnis, aber wies darauf hin, dass der Kontaktmann in Alberta auch pleite sei und sich demzufolge kein Meth leisten könne. Plante brauchte also Koks zum Verkauf, um etwas zu verdienen.

Eine Woche später holte sich Plante den Koksvorrat des Bikers ab und bezahlte ihm dafür 28.000 Dollar, die ihm von der RCMP zur Verfügung gestellt worden waren. Nur einen Tag später erklärte Potts, dass von diesem Geld nicht mehr viel übrig sei.

„Gibt es irgendwo Kohle, die ich mir für eine Woche pumpen kann?“, fragte Potts und gestand, dass er kein Geld für den Meth-Koch habe.

„Du wirst verdammt noch mal nicht verhungern, vertrau mir“, beruhigte ihn Plante.

„Ja, aber ich will meinen Beitrag begleichen“, antwortete Potts.

Plante schlug vor, dass Potts zuerst 60.000 Dollar bezahlen und den Rest dem Meth-Koch auf bestimmte Zeit schuldig bleiben solle.

Allerdings war Renaud zu der Zeit gar nicht in der Lage, eine weitere Lieferung Meth zu produzieren. Um Plantes Image als erfolgreicher Produzent zu wahren, machte die RCMP Plante den Vorschlag, eine Lieferung und den Verkauf an den Dealer in Alberta vorzutäuschen, um so den angeblichen Profit Potts in Raten zukommen zu lassen. Das Ziel der Cops lag immer noch in der Unterwanderung der East-End-Hells-Angels, wobei Potts eine nützliche Rolle spielen sollte. Plante traf sich mit Renaud und erklärte ihm, dass ein anderes Labor eine Ladung Meth für Potts koche, der lediglich 60.000 Dollar investiert hatte. Er fragte Renaud, welchen Gewinn er an Potts auszahlen solle. Der Koch erklärte ihm, dass man mit 80 Liter Ephedrin 12,5 Kilo Meth herstellen könne, womit der zu erwartenden Profit bei 21.000 Dollar liege. Er schlug jedoch vor, dass Plante vier Kilo für die Auslagen und das Geld, das ihm Potts schuldete, zurückhalten solle.

Plante informierte Potts darüber, dass er nach Alberta fahren und das Meth dort verticken werde. An Silvester 2004 bezahlte er Potts 20.000 Dollar, als Teilzahlung für den angeblichen Verkauf. Wenige Tage später überreichte er ihm den Rest – 66.000 Dollar.

Plante fühlte sich zunehmend frustriert, denn er hatte erkannt, dass Potts nicht über die finanziellen Möglichkeiten verfügte, um zu einem Drogendealer der oberen Liga aufzusteigen. Er musste eine andere Zielperson finden. Sein letztes Drogengeschäft mit Potts fand am 4. Januar 2005 statt, wobei er dem Biker die anteiligen 22.000 Dollar aus dem Meth-Deal übergab. Plante hatte von Potts die Nase gestrichen voll, da sich dessen Schmerzmittelabhängigkeit auf seine Konzentrationsfähigkeit auswirkte.

5 Azernoul wurde wegen Drogenhandels angeklagt, aufgrund der Intervention der Krone setzte man die Anklage jedoch aus.

6 Lisings Bruder wurde nie angeklagt.

7 Auch dafür wurde der Bruder niemals belangt.

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