Читать книгу Tess Carlisle (Band 2): Jägernacht - Nicole Schuhmacher - Страница 8

Kapitel 2

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Ehe mich die Detonation in Stücke reißen kann, spüre ich einen Ruck in der Bauchnabelgegend und verliere meine feste Form, als ich aus dem Turm … teleportiert werde.

Einen Wimpernschlag später materialisiere ich mich im Mittelschiff der St. Louis Cathedral und gehe keuchend in die Knie. Mein Magen rebelliert und ich würge die Getränke der letzten Stunde hervor. Eine Mischung aus Schnaps, Bowle und Magensäure plätschert auf heiligen Kirchenboden. Unter normalen Umständen sollte ich mich dafür schämen, aber heute bin ich zu sehr damit beschäftigt, nicht zu hyperventilieren.

Die Explosion dröhnt noch in meinen Ohren. Putz rieselt auf mich herab, und als ich mich auf zittrige Beine kämpfe, kracht ein Teil der Empore in sich zusammen. Ein Kronleuchter fällt mir direkt vor die Füße. Der Boden bebt, irgendwo lodert ein Feuer und monströse Risse verunstalten die gesamte Südwand der Kirche.

Ich starre auf die Trümmer. Derangierte Holzbänke knarzen unwillig, ein Flimmern erfüllt die Luft und Woradrakanialitek erscheint völlig lautlos vor mir.

Was ist mit Danial?

Die Schwingen meines Gegenübers liegen eng an seinem Körper, sodass er fast normal aussähe, wären da nicht die unmenschlichen Hörner, die glühenden Augen und der brennende Umhang. Ein boshaftes Grinsen zeigt sich auf seinem Gesicht, als er näher tritt. Ich gehe automatisch einen Schritt zurück und stolpere dabei fast über meine eigenen Füße. Blöde Sandalen.

Eine glühende Peitsche taucht in Woradrakanialiteks rechter Hand auf. Er schnalzt mit der Zunge, bevor er sie prüfend ein wenig schwingt und knallen lässt.

Kacke. Das ist jetzt echt mies.

Funken fliegen bei jeder Bewegung der bedrohlich wirkenden Schlagwaffe.

»Das wird leider etwas wehtun«, lässt mich der Dämon wissen, sieht dabei aber alles andere als mitfühlend aus. Ein zufriedenes Lächeln umspielt seine Lippen. Er scheint richtig Spaß zu haben.

Noch während ich meine Möglichkeiten abwäge – weglaufen oder zur Salzsäule erstarrt stehen bleiben –, wird mir diese Entscheidung abgenommen. Erleichterung durchflutet mich, als Danial zwischen uns auftaucht.

Nicht tot.

Er macht einen etwas lädierten Eindruck. Sein ehemals langer Umhang ist nur noch ein schwelender Fetzen, vom Lorbeerkranz fehlt jede Spur, Ruß bedeckt seine gesamte Erscheinung, und seine qualmende Gestalt zeugt davon, dass er bis eben noch in Flammen stand.

Ich gehe einen vorsichtigen Schritt auf ihn zu, und obwohl er mir den Rücken zukehrt, weiß er um meine Bewegung und streckt sofort einen Arm aus, um mich auf Distanz zu halten. Ich gehorche instinktiv.

Woradrakanialitek lässt seine dämonische Waffe sinken und wirkt auf das Äußerste verstimmt. »Tritt zur Seite, Bruder«, fordert er. »Bevor du dich komplett blamierst. Es ist eine Schande, was aus dir geworden ist.«

Stumm hört sich Danial die Vorwürfe an und regt sich nicht.

Was wohl in ihm vorgeht?

»Jetzt sieh mich nicht so an. Du wirst das Unvermeidliche nicht verhindern können. Du wandelst schon viel zu lange unter den Sterblichen. Du bist eine einzige Enttäuschung.«

Meine Hände ballen sich zu Fäusten und meine Zähne knirschen, als ich sie aufeinanderpresse.

»Geh!«, ruft Danial plötzlich laut.

»Nicht in diesem Leben«, antwortet sein Bruder und packt die Peitsche wieder fester. Ein gieriges Funkeln tritt dabei in seine Augen.

»Geh einfach.« Danials Stimme klingt beinahe flehend.

»Und wenn nicht?«

Ich zucke zusammen, als die Höllenpeitsche wieder in Schwung kommt und die Luft zum Surren bringt.

»Dann muss ich dich töten.« Woradrakanialitek lacht laut auf, aber es klingt falsch und gezwungen. Mein Herz rast, während meine Kehle staubtrocken und meine Handflächen feucht vor Angst sind.

Die Brüder messen sich mit Blicken, Trümmerstaub legt sich langsam auf das zerstörte Innere der Kirche. Eine Anspannung liegt in der Luft, die nur noch mehr dazu beiträgt, dass meine schlotternden Knie wie die Zweige einer Weide im Sturm gegeneinanderschlagen.

Etwas flackert zwischen Danials Fingern auf und ich mache mich bereit, das Weite zu suchen.

»Wie du willst.« Eine leuchtend grüne Kugel voller Höllenmagie bildet sich in Woradrakanialiteks freier Hand. »Bringen wir es hinter uns … Bruder.«

Er spielt mit der Kugel wie mit einem Basketball. Danial wirbelt zu mir herum, sein Gesichtsausdruck ist panisch und wild.

»Lauf!«

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Eben noch eine erstarrte Salzsäule, jetzt ein Reh auf der Flucht. Ich wirbele herum und haste, so schnell es mir in dem engen Kostümchen und den absurd dünnen Sandalen möglich ist, zum Altar.

Infernales Rauschen, Lodern und Knistern erfüllen das Mittelschiff. Ich muss den Seiteneingang erreichen, ohne dabei über meine eigenen Füße zu fallen.

Ich laufe in Richtung des nicht zerstörten Kirchenteils, schlittere über glatten Steinboden und will gerade an der letzten Kirchenbank vorbeisausen, als wildes Getöse laut wird und mich eine Druckwelle im Rücken trifft, sodass ich von den Beinen gerissen und unkontrollierbar nach vorn geschleudert werde.

In atemberaubender Geschwindigkeit rase ich auf den Altar zu und gebe mein Bestes, nicht gegen den massiven Stein des Gottestisches zu prallen. Ich drehe mich zur Seite, rolle über die Platte des reich verzierten Opfertisches hinweg und knalle auf der anderen Seite fast ungebremst auf den harten Kirchenboden. Irgendetwas in meiner linken Schulter kracht und ich schreie vor Schmerz laut auf. Umgerissene Kerzenständer und Blumenkränze regnen auf mich herab, während die Perücke von meinem Kopf rutscht und strähniges Haar in meine Augen fällt.

Schmerz durchflutet mich, als ich mich auf meine Beine kämpfe, um das Geschehen im Mittelschiff zu beobachten. Mein Arm hängt dabei schlaff an meiner Seite und jede Bewegung brennt wie Feuer.

Ausgekugelt.

Ich hebe den Kopf und sehe, dass die Brüder wie zwei Giganten aufeinander losgegangen sind. Die Kirche erbebt unter der Kraft enormer Feuerbälle, geladener Höllenmagie und umhergeschleuderter Kirchenbänke. Woradrakanialitek wirft sich mit voller Wucht gegen Danial und die Brüder gehen zwischen den Trümmern zu Boden, verschwinden somit vorerst aus meinem Sichtfeld.

Vor Schmerz beiße ich die Zähne zusammen, als ich mich mit dem gesunden Arm auf den Altar stütze.

»Scheiße«, presse ich hervor und überlege, was zu tun ist.

Die 911 wählen? Mit welchem Telefon? Sollte ich stattdessen lieber schreiend im Kreis rennen? Die Ghostbusters sind erneut eine Überlegung wert, wie ich finde.

Eine Bewegung zwischen den Bänken erregt meine Aufmerksamkeit und ich wende den Blick zur Seite. Der schwarzhaarige Dämon hat sich zwischen dem geborstenen Holz erhoben und lässt erneut seine Peitsche kreisen. Mein Herz macht einen ängstlichen Hüpfer, dann rast der dunkle, aber flimmernde Riemen auf mich zu und wickelt sich um meinen Hals, als besäße er ein Eigenleben.

Ich reiße meinen gesunden Arm nach oben und meine Finger versuchen sich zwischen Haut und Peitsche zu schieben. Keine Chance. Woradrakanialitek bleibt auf Distanz, packt den Griff seiner Waffe fester und scheint geduldig grinsend auf etwas zu warten.

Und dann geschieht es. Tief in meinem Inneren löst sich etwas von meinem Bewusstsein und drängt nach außen. Mein Körper verfällt in Panik und will die hellen Lichtpunkte nicht gehen lassen, die gerade aus jeder Pore meiner Haut strömen, sich am Gewebe der Peitsche sammeln und weiter in Richtung Griff wandern, wo die Höllenbrut das helle Leuchten begierig erwartet.

Was ist das? Meine … Seele?

Bereits nach wenigen Sekunden fühle ich mich ausgelaugt, müde, schlapp. Ich keuche und kämpfe darum, nicht in die Knie zu gehen, während eine Dunkelheit von meinem Inneren Besitz ergreift, als würde ein mondloser Himmel die Sonne besiegen. Als würde es … Nacht.

»Oh ja«, seufzt Woradrakanialitek. Ich sehe Teile meiner gestohlenen Seele in ihn gleiten.

Tränen treten in meine Augen und ich japse nach Luft.

Was, wenn er alles aufsaugt? Wenn einfach nichts mehr übrig bleibt? Werde ich dann sterben? Was passiert, wenn die komplette Seele den Körper verlässt?

Ich zerre an dem Riemen um meinen Hals, ziehe wie eine Verrückte, doch meine Bemühungen lassen den Dämon völlig kalt. Er und sein Machwerk der Hölle weichen nicht einen Millimeter. In Erwartung, dass es bald zu Ende sein wird, kneife ich die Augen fest zusammen und lasse ergeben den Arm sinken. Doch bin ich wirklich bereit dafür? Nein …

Ein metallisches Knirschen holt mich aus meiner Lethargie und ich blinzele.

Danial!

Sein Katana – das normalerweise dekorativ über Pucks Fernseher hängt – saust nochmals klirrend auf die gespannte Peitsche nieder und schlägt Funken.

»Nein!«, brüllt Woradrakanialitek.

Danials Katana verweilt für eine kurze Zeit auf der Waffe seines Bruders. Dieser Moment reicht aus, damit meine leuchtende Seele in das japanische Langschwert fließt und der Peitschenträger vom Seelenstrom abgeschnitten ist.

»NEIN!«, brüllt mein Peiniger erneut, als Danial das Katana hoch über den Kopf hebt und mit solch einer Wucht auf die gespannte Peitsche einhaut, dass diese nachgibt und in der Mitte entzweigeschlagen wird.

Wie bei dem Schnippen eines Gummibandes findet meine Seele ihren Weg zu mir zurück und ich ringe nach Atem, als mein Inneres schlagartig wieder von gleißendem Licht erhellt wird.

Woradrakanialitek knurrt unglücklich. Der abgeschlagene Teil seiner Waffe lockert sich von meinem Hals und fällt nutzlos auf den Altar vor mir. Erleichtert atme ich tief ein, während Danial wieder zwischen seinen Bruder und mich tritt, das Katana fest in der linken Hand.

Danial ist Linkshänder?

Ist mir noch nie aufgefallen.

»Du kannst mich nicht bezwingen.« Der Schwarzhaarige klingt siegessicher.

»Finden wir es doch heraus«, ist Danials Antwort und ich beschließe, dass es besser ist, wieder hinter dem Altar in Deckung zu gehen.

Ich presse meinen Rücken gegen den kalten Stein. Mein Kostüm gibt ein unwilliges Knirschen von sich, als eine Seitennaht reißt und einen Teil meines Oberschenkels freilegt, aber ich achte kaum darauf.

»Gestalten wir es doch noch ein wenig … spannender«, ertönt Woradrakanialiteks Stimme und ich runzele ganz automatisch die Stirn.

Noch bevor ich mir genauer Gedanken über diese Aussage machen kann, verschwimmt die Umgebung vor meinen Augen. Das stetige Lodern der Flammen im Turm verblasst, die Geräusche des Feuerwerks werden lauter und ich kippe nach hinten, weil der Altar verschwindet.

Unsanft pralle ich auf eine asphaltierte Straße. Schmerz durchflutet mich erneut, als meine verletzte Schulter den Boden berührt. Erst jetzt realisiere ich, wo wir uns befinden. Auf der Crescent City Connection – den parallel verlaufenden stählernen Fachwerkbrücken über dem Mississippi River. Inmitten Hunderter Schaulustiger, die in Ruhe das Feuerwerk bestaunen wollen. Von der brennenden Kirche in der Ferne hat noch kaum jemand Notiz genommen.

Ich richte mich auf und schaue hinter mich. Danial sieht genauso entsetzt aus, wie ich mich fühle. Sein Bruder grinst nur diabolisch.

Scheiße …

Nachdem ich mich hochgerappelt habe, laufe ich auf die umstehenden und kostümierten Zuschauer am Geländer der Brücke zu. Hier sind die meisten Besucher, da diese Seite dem Feuerwerk zugewandt ist. Die Fahrbahnen sind für die Zeit des Himmelsschauspiels glücklicherweise komplett gesperrt. Man schafft es kaum einen Meter weit, ohne gegen jemanden zu stoßen. Meine Schulter quittiert jede Berührung mit einem unangenehmen Stechen.

Mist. Mist. Mist.

»Hey!«, rufe ich, so laut ich kann, doch niemand nimmt von mir Notiz, also packe ich einfach jemanden an der Schulter. Fragend dreht sich die als Banshee verkleidete Menschenfrau zu mir herum. »Sie müssen von hier verschwinden.«

Ein bisschen ängstlich beschaut sie sich meine zerstörte Aufmachung und drückt das Kind, das bei ihr ist, noch fester an sich. Dann wendet sie sich einfach wieder dem Flusslauf zu und versucht mich zu ignorieren, doch ich gebe nicht so schnell auf. »Nehmen Sie Ihr Kind und laufen Sie. Hier wird es gleich richtig gefährlich. Sagen Sie es allen Leuten, denen Sie begegnen. Na los!«

Ich drängele mich im Schneckentempo zwischen den Leuten hindurch, sodass ich den angewiderten Ausruf der Todesbotin noch deutlich hören kann.

»Verschwinden Sie. Sie sollten sich schämen, den Kindern solche Angst zu machen!«

»Belästigt Sie diese Frau?«, fragt eine männliche Stimme, die zu dem Körper gehört, der mir plötzlich den Weg versperrt. Ich muss nach oben schauen, um dem Minotaurus in die bernsteinfarbenen Stieraugen zu sehen. Ob das Wesen real oder nur eine Halloweenverkleidung ist, kann ich schwer einschätzen.

»Ja, ich glaube, sie ist völlig dicht«, sagt die Banshee in meinem Rücken und der Minotaurus nickt.

»Es ist besser, wenn Sie einfach verschwinden, Lady.«

Lady?!

Hätte ich nicht so eine Angst davor, was in den nächsten Sekunden passieren wird, wäre ich dem Mischwesen mit dem Kopf voran in die Wampe gerannt!

Apropos …

Ich blicke zurück auf die Fahrbahn. Zwischen den ganzen Schaulustigen kann ich die beiden Dämonenbrüder kaum mehr erkennen. Was treiben die da? Ihren Disput friedlich ausdiskutieren? Werden wir vielleicht doch alle die heutige Nacht überleben?

Sicher ist sicher.

Ich wende mich wieder dem Stierkopf zu und bemerke erst jetzt, dass er mich bereits an der gesunden Schulter gepackt hat und versucht, mich zum Gehen zu bewegen.

»Die Leute müssen hier weg«, appelliere ich nun auch an ihn und lege meine Hand auf seinen Unterarm. »Sehen Sie die Kerle da?«

Sein Blick huscht hinter mich, gerade als die Menge der Schaulustigen zu raunen beginnt. Ich wage kaum, es ihm gleichzutun, doch seine nächste Aussage drängt mich dazu.

»Meinen Sie die beiden mit diesen krassen Kostümen? Wie Engel und Teufel.«

Engel … was?

Ich wirbele herum und stoße dabei unsanft gegen das ausladende Kostüm von Marie-Antoinette von Österreich-Lothringen.

Verdammt noch eins!

Schmerz durchflutet mich und ich beiße die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Dann ziehe ich scharf die Luft ein. Nicht wegen der Misere, in der wir alle stecken, sondern aufgrund des Anblicks, der sich mir bietet. Die Massen an Umstehenden haben sich geteilt und der elliptische Bereich, der jetzt für Danial und seinen Bruder freigehalten wird, erinnert mich an eine Art Arena.

Erneutes Murmeln wird laut. Nicht einer beachtet das große Finale am nächtlichen Himmel. Alle bestaunen die gewaltigen Kostüme, die gar keine sind. Außer mir weiß das nur niemand der Zuschauer.

»Das ist so cool!«, ruft das Kind, das die Banshee bis eben noch beschützend an sich gedrückt hat, während ich mit offenem Mund die Brüder anstarre.

Woradrakanialitek ist in seiner ganzen Dämonenpracht ein Abbild der Hölle. Düster, bedrohlich, furchterregend, einfach grauenhaft. Seine geöffneten dunklen Schwingen haben eine Spannweite, so breit wie der Bug der Titanic. Wenn ich wollte, könnte ich die Spitzen dieser absurd langen Schwingen sogar berühren, genau wie der Rest der Umstehenden, denn die ledernen Flughilfen thronen wie ein Dach über den meisten von uns. Seine roten Augen funkeln, er grinst siegessicher und die Linien aus Narben auf seinem nackten Oberkörper glühen förmlich von innen heraus.

Cryladradanialitek – Danial – steht seinem Bruder in puncto prachtvoller Sohn des Teufels in nichts nach. Ich bin entsetzt und erstaunt zugleich, sehe ich ihn doch gerade das erste Mal in seiner wahren Gestalt.

Ist Woradrakanialitek die Nacht, dann ist Danial der erste Sonnenstrahl, der durch einen nebligen Morgen bricht und den Tau auf der Wiese zum Glänzen bringt.

»Boah!«, ruft ein angetrunkener Fremder neben mir aus, als Danial seine erstaunlich dezenten elfenbeinfarbenen Flügel kraftvoll spreizt und eine Druckwelle purer knisternder Energie wie ein Orkan über uns hinwegfegt. Blinzelnd verdränge ich aufgewirbelten Staub aus meinen Augen, weil diese anfangen zu tränen. »Was für ’ne geile Show!«

Ich besinne mich der Tatsache, dass dies keine Show ist, als Danials grüne Augen die meinen treffen und sein plötzlich langes Haar zu schweben beginnt, während es um uns herum elektrisiert knistert. Meine Nackenhaare stellen sich auf und ich halte Danials entschuldigendem Blick stand, kann noch immer kaum glauben, mit diesem irgendwie engelsgleichen Höllendämon in einem Haus zu wohnen. Seine plötzlich wieder unlädierte Caesar-Kostümierung trägt nur noch mehr dazu bei, dass er den Eindruck erweckt, der Erzengel des Kampfes zu sein.

So wie sich die beiden im stummen Duell gegenüberstehen, umringt von staunenden Betrachtern, könnte auch ich noch ein ganzes Weltzeitalter damit verbringen, die geflügelten Dämonen anzuschauen.

Mit einem Mal kommt Bewegung in Woradrakanialitek, und ohne Vorwarnung schleudert er einen Energieball in die umstehende Menge auf der anderen Seite der Kampffläche. Eine Gruppe Zentauren wird von den Beinen gerissen, und kurz darauf weht der Geruch von verbranntem Horn zu mir herüber.

Schreie werden laut, als die Leute erkennen, dass dies keine Vorstellung ist, sondern bitterer Ernst. Ein zweiter Ball fliegt, diesmal in meine Richtung, und Panik bricht aus. Hitze streift mein Gesicht, dann werde ich von der flüchtenden Menge zu Boden gerissen und versuche, so gut es geht, meinen Kopf vor trampelnden Absätzen, Hufen und Klauen zu schützen. Irgendjemand tritt auf meine Hand, etwas schlägt gegen meine Niere und ich keuche nach Luft.

Als ich einen flüchtigen Blick auf das Geschehen erhasche, sehe ich nicht wenige, die in panischer Angst über das Brückengeländer klettern und in den Mississippi River springen. Hoffentlich sind die Meerjungfrauen heute Nacht gnädig.

Wenige Sekunden später ist es vorbei. Die Schreie verhallen in der Nacht und die Flüchtenden haben sich so weit von der Gefahr entfernt, dass ich wieder freie Sicht auf die Kämpfenden habe.

Danial befindet sich direkt zwischen Woradrakanialitek und mir, was bis vor dessen zweitem Energieball nicht der Fall war.

Hat er den Wurf abgefangen und uns somit gerettet? Warum kniet er am Boden? Ist er verletzt? Wie geht es den Zentauren?

Meine Augen finden die Gruppierung auf der anderen Seite der Fahrbahn. Sofort schnürt es mir die Kehle zu, als ich die leblosen Pferdekörper auf dem Asphalt liegen sehe.

Oh Gott …

Jetzt setzt Danial zum Sprung an und katapultiert sich mithilfe seiner Schwingen direkt in die Arme seines Bruders.

Ich raffe mich auf und schleppe mich so weit wie möglich weg von der Situation. So hatte ich mir den Abend nicht vorgestellt. Ob sich Puck bereits fragt, wo wir sind? Oder ist er schon viel zu sehr mit der Piñata beschäftigt?

Kampflärm erhebt sich hinter mir, Flügelschlagen, kraftvolle Ausrufe werden laut und irgendwo ertönt das Reißen einer berstenden Fahrbahn.

Endlich habe ich das Schutz vorgaukelnde Geländer in der Mitte erreicht und wage es, mich wieder der Kampfszene zuzuwenden. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich Woradrakanialitek suchend nach mir umschaut.

Gelangweilt steigt er über den am Boden liegenden Danial hinweg und streckt seine Krallen nach mir aus. Zunächst geschieht nichts, dann beginnt ein Punkt in seiner Handfläche leicht zu glimmen. Schattenhaft, verheerend, tödlich.

Zuerst ziehe ich mich nur umständlich mit einer Hand am Geländer weiter. Schließlich finde ich irgendwo in mir noch ein Fünkchen Kraft und laufe los. Nach wenigen Metern verliere ich einen Schuh. Kurz schießt mir der Gedanke durch den Kopf, ob ein Prinz ihn finden und durch das ganze Königreich reisen wird, um mich zu suchen.

Albern, ich weiß.

Ein kurzer Blick über meine Schulter verheißt nichts Gutes. Ich sollte froh sein, wenn ich in wenigen Sekunden noch beide Füße habe.

Soeben überlege ich, ob ich es den Flussspringern gleichtun soll, als mich etwas von hinten erwischt und ich einen Riesensatz nach vorn mache. Erst jetzt realisiere ich, dass Danial mich umschlungen hält und mit seinem Körper Woradrakanialiteks Angriff größtenteils abfängt. Wir fliegen unkontrolliert durch die Luft. Der rissige Asphalt nähert sich unaufhaltsam. Danial dreht uns herum, wodurch ich die illuminierten Stahlträger der Brücke betrachten kann, während er unter mir über den Boden schrammt und vor Schmerzen keucht.

Kaum sind wir endlich auf dem Mittelstreifen zum Stillstand gekommen, schiebt sich Danial sofort über mich. Keine Sekunde zu früh erhebt sich eine Barriere um uns, ähnlich der, die mich damals im Convention Center gefangen hielt. Die nächste Energiekugel prallt nutzlos daran ab, doch Danial zuckt schmerzerfüllt zusammen, als die Magie die flimmernde Hülle trifft.

Sein Bruder lacht gehässig. »Wie lange willst du das noch durchhalten?«, tönt seine Stimme ungeheuerlich laut durch die Nacht.

Unterschwellig nehme ich Sirenen und Helikoptergeräusche wahr, die die Nacht erfüllen. Aber das ist mir egal. Ich habe nur Augen für Danial über mir.

Schwarzes Blut tropft aus einer Wunde an seinem Kopf und läuft die hellen Hörner hinab, die aus seiner Stirn wachsen. Eines davon ist stark beschädigt und an der Spitze abgebrochen. Ein Teil seiner Haut ist verbrannt, das kantige Gesicht seiner Dämonengestalt schmerzverzerrt und seine Schwingen sind gerissen.

»Danial«, sagt irgendjemand leise und ich bemerke, dass ich diejenige bin.

Meine Hand verselbstständigt sich und will sein Gesicht berühren, während Woradrakanialitek uns weiter bombardiert und die Barriere nach jedem Schuss ein wenig mehr erzittert.

»Ich kann ihn so nicht besiegen.« Danials Stimme ist nur ein Flüstern. Ich verstehe ihn kaum, da er mit hängendem Kopf jedes Wort hervorpresst.

Tränen schießen mir in die Augen und ich muss blinzeln, um nicht loszuheulen. Ich halte aus, was auch immer mit mir geschehen sollte, aber wenn meine Lieben leiden, ertrage ich das nicht.

Hitze fegt schlagartig über uns hinweg, als die Barriere unter dem nächsten Wurf bricht und Danials Rücken die geballte Ladung von Woradrakanialiteks Zorn abbekommt. Er schreit auf. Die feinen Härchen auf meinen Armen werden versengt, und ich stelle mir vor, wie ich der Kackbratze von Bruder mit einem Baseballschläger so richtig eins auf die Zwölf gebe.

»Vertraust du mir?«

Seine leise Frage reißt mich aus den düsteren Gedanken und ich realisiere, dass das durchdringende Grün seiner Augen mich zu durchbohren versucht. Erneut bildet sich eine Barriere um uns herum, hauchdünn, schwach, aber vielleicht stark genug, um ein paar weitere Angriffe abzuwehren.

»Natürlich«, flüstere ich als Erwiderung und muss nicht eine Sekunde überlegen.

»Dann tut es mir leid«, ist Danials Antwort, während er traurig auf mich herabsieht und sein schwarzes Blut auf meine Schulter tropft.

Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen, und schon lässt Danial seiner Entschuldigung Taten folgen, indem er seine flache Hand auf mein Brustbein legt.

Was zum …?

Wie vorhin in der Kirche strömt Seelenenergie aus meinem Körper und geht direkt in ihn über. Ich glaube zu verstehen, dass Danial nur so die Oberhand über seinen Bruder gewinnen kann, und wehre mich nicht, als meine Seele erneut aus ihrer Hülle gerissen wird. Fast augenblicklich heilen Danials Wunden, die Verbrennungen werden zu glatter Haut, die gerissenen Flügel wachsen wieder zusammen.

Und gleichzeitig geschieht auch etwas anderes. Ein Schrei wallt in mir auf, doch noch bin ich ganz still. Etwas kämpft sich an die Oberfläche. Etwas, das tief in mir schlummert und dank Danials Hilfe nicht einmal mehr in Vollmondnächten von mir Besitz ergreift. Aber jetzt, wie ich zu meinem Entsetzen feststelle, obwohl der Mond am Firmament gerade einmal halb zu sehen ist.

»Entschuldige«, sagt Danial, während er sich erhebt. Mit einer Berührung seiner Hand lässt er die labile Barriere um uns herum zusammenfallen. »Du wärst sonst völlig schutzlos.«

Ich bin nicht in der Lage zu antworten, Schmerz zerreißt mich innerlich. Mit weit aufgerissenen Augen und gebogenem Rücken winde ich mich auf dem Asphalt, drohe zu verbrennen. Eine explodierende Qual lodert unter meiner Haut. Krallen, so lang wie Dolche, wachsen aus meinen Fingern und Zehen. Der Stoff meiner Kostümierung wird in Stücke gerissen, als meine Gestalt an Masse gewinnt, Muskeln wachsen, Pranken so groß werden wie Autoreifen. Die Veränderung, die ich durchmache, hält mein Körper nur aus, indem er sämtliche Lichter ausschaltet und mich in die Bewusstlosigkeit zwingt.

Nur eine Sache nehme ich noch am Rande wahr. Woradrakanialitek steht Danial nicht mehr allein gegenüber.

Feiger Bastard …

Etwas Kleines springt auf mich. Diese leichte Berührung reicht aus, um mich aus der Ohnmacht zu holen. Gereizt öffne ich die Augen und stoße es mit einem Prankenhieb von mir herunter. Ich nehme Witterung auf. Der Geruch, der mir in die Nase steigt, entzündet in meinen Synapsen ein Feuerwerk an Erinnerungsfetzen. Die Hölle. Kleine Dämonen mit riesigen Augen, die sich im Schutz der Dunkelheit verstecken, um unsere Beine schleichen und Ted in die Wade beißen.

Mein Blick gleitet an meinem behaarten Körper hinab und ich sehe, dass zahlreiche weitere kleine Höllendämonen versuchen, sich in meinem Fell einzunisten. Brüllend springe ich auf die Pfoten und schleudere einen Großteil der haarlosen Viecher von mir, doch die besonders hartnäckigen beißen sich gerade an mir fest und machen mich rasend vor Wut. Ich packe jeden Einzelnen mit meiner Pranke, meinem Maul oder zerdrücke sie einfach, indem ich mich gegen demolierte Brückenpfeiler werfe, und befördere Woradrakanialiteks kleine Helferschar wieder dahin zurück, wo sie hergekommen ist.

Es dauert nur wenige Sekunden, dann ist es vorbei und ich schnaufe zufrieden, nicht sicher, ob ich diesen Angriff in Menschengestalt überstanden hätte.

Mit dem Kopf im Nacken suche ich die beiden Brüder. Weit über mir werde ich fündig, nachdem ein Teil der Brücke direkt vor meine Pfoten kracht und mich erschrocken nach hinten taumeln lässt.

Ich gehe in die Hocke, setze zum Sprung an und befördere mich mit Leichtigkeit auf das beleuchtete Tragwerk über mir. Der Stahl ächzt, als sich meine Klauen darum schließen und um besseren Halt kämpfen.

Wenige Meter vor mir schweben die beiden Giganten mittlerweile über den Abgründen des Mississippi River, kämpfen gladiatorengleich und diesmal absolut ebenbürtig.

Unentschlossen ob ich den Sprung schaffe, zögere ich einen Moment, doch dieser reicht aus, sodass sich die wieder kampftaugliche Peitsche des dunklen Dämons speergleich durch Danials Schulter bohrt.

Ich vergeude keine weitere Sekunde und stoße mich ab. Einen unendlich lang erscheinenden Augenblick segle ich durch das Nichts, und die kalte Luft in Flussnähe reißt an meinem Fell. Dann pralle ich gegen Woradrakanialitek und versenke meine Krallen in dunklen Schwingen.

Der Dämon ist so überrascht, dass wir gemeinsam etliche Meter nach unten sacken, bevor er sich wieder unter Kontrolle hat und versucht, die verlorene Höhe wiedergutzumachen.

In der Zwischenzeit kappt Danials Katana erneut die Waffe seines Bruders und ich nutze die Gelegenheit, meine spitzen Reißzähne in dessen Nacken zu bohren. Ein teerartiger Geschmack erfüllt mein Maul und es riecht nach faulen Eiern. Er schreit nicht einmal auf, sondern fliegt zurück zur Fahrbahn, um nicht in den Tiefen des Flusses sein jähes Ende zu finden, während ich weiter seine Schwingen zerkratze und in sich ledrig anfühlende Haut beiße. Ich zerre an seinem angespannten Waffenarm und versuche knurrend in seine Hand zu beißen.

Woradrakanialitek packt mich, wirbelt herum und schleudert mich ohne große Anstrengung von sich fort. Ein schmatzendes Geräusch ertönt dabei, als meine Krallen aus seiner Haut gleiten und blutige Fetzen auf seinem Körper hinterlassen. Meine kräftige Werwolfgestalt trifft auf Stahlträger und lässt da, wo ich eingeschlagen bin, beachtliche Dellen in dem massiven Bauteil zurück. Ich winsele. Es vergehen ein paar Sekunden, in denen ich benommen den Kopf schüttele. Explosionen erfüllen in der Zwischenzeit die entstandene Stille. Ein Knistern liegt in der Luft, das mein Fell statisch auflädt. Dann ertönt ein Schrei, triumphierend und doch voller Leid, gefolgt von einem zweiten voller Schmerz und Ungläubigkeit.

Ich lasse mich auf alle vier Pfoten fallen und nehme an Geschwindigkeit auf, rase über den Asphalt und halte erst wieder an, als ich fast in Danial hineinlaufe, der soeben sein Katana aus der malträtierten und mit Narben übersäten Brust seines Bruders zieht. Der Dämon geht in die Knie. Keuchend schaue ich auf ihn hinab.

»Du hättest auf mich hören sollen«, sagt Danial.

Seelenenergie verlässt seinen wehrlosen Gegner und fließt bereitwillig in Danials Langschwert.

Fasziniert sehe ich dabei zu, während schwarzes Blut aus Woradrakanialiteks Wunden tritt und zu Boden tropft.

»Das war ein Fehler«, presst er mühevoll hervor und beginnt sich aufzulösen. »Das wirst du noch bereu…«

Seine letzten Worte verhallen im Wind. Er verblasst immer mehr, bis er komplett verschwunden ist und wir allein sind.

Ich schnaufe befriedigt, auch wenn ich eigentlich schockiert sein sollte.

Ist er tot? Kann ein Dämon sterben?

Genau das will ich Danial fragen, doch dann fällt mir ein, dass sich meine Stimmbänder gerade nicht so frei und koordiniert bewegen lassen. Also grunze ich nur.

»Er ist nicht tot«, murmelt Danial und hebt die Hand, um mir beruhigend durch das Fell zu fahren. Kann er Gedanken lesen? Ich wende ihm den Kopf zu. »Aber er kommt jetzt in eine ganz besondere Hölle.«

Ich verstehe nur Bahnhof und blinzele schnell, um meine Ahnungslosigkeit zu kaschieren. Auf einmal tauchen Lichtpunkte vor meinen Augen auf. Ich glaube schon, dass der heutige Tag einfach viel zu viel für mich war, doch es ist nur der geliehene Teil meiner Seele, der Danials Körper wieder verlässt und zu mir zurückkehrt.

»Sie weiß eben, wo sie hingehört«, kommentiert Danial das Geschehen, wirkt lediglich ein wenig abwesend und nicht wie jemand, der soeben einen epischen Kampf unter Dämonen gewonnen hat. Müsste er nicht erschöpft sein und aus dem letzten Loch pfeifen? Wieso sieht er frisch und erholt aus wie der junge Morgen?

Schließlich fühle ich mich wieder vollkommen und gebe ein zufriedenes Geräusch von mir. Nur schwer kann ich dem Drang widerstehen, Danial über das Gesicht zu lecken und meine feuchte Nase gegen seinen Hals zu drücken. Blöde Werwolfgene.

»Was macht die Schulter?«, fragt der siegreiche Dämon und ich muss kurz stutzen.

Meine Schulter?

Probeweise bewege ich den bis vorhin noch stark verletzten Arm in alle erdenklichen Richtungen, ohne Schmerz zu verspüren.

Ha! Coole Werwolfgene!

Danial deutet meinen Gesichtsausdruck genau richtig und hält mir seine Faust entgegen. Ich habe Schwierigkeiten, meine Pfote zu krümmen, gebe aber mein Bestes, um wenigstens eine schlechte Imitation der Ghettofaust zustande zu kriegen.

Dann wird mir schlagartig etwas klar. Ich halte inne und lausche in die Nacht. Babygeschrei ertönt unten in der Kepler Street, in der Ocean Avenue mahlt irgendjemand Kaffee, unweit vom Einkaufszentrum streitet sich ein Pärchen, weil der Mann einer Hexe hinterhergesehen hat, und irgendwo hinter dem Behrman Memorial Park kocht jemand Chili. Einen Tick zu scharf für meinen Geschmack.

Augenblicklich bemerke ich, dass ich immer noch Herr über meine Sinne bin und dem Werwolfgen nicht hilflos ausgeliefert. Bis heute war ich den Trieben immer hörig, konnte nicht dagegen ankämpfen, wenn der Vollmond mich in eine mordlustige Bestie verwandelte. Doch jetzt … Ich finde kaum Worte für diese einmalige Erfahrung, diese überragende Empfindung der vollkommenen … Freiheit. Es fühlt sich großartig an.

»Gehen wir heim«, schlägt Danial vor.

Ich will gerade nicken, als irgendetwas mich davon abhält. Ein Geräusch wie der Mündungsknall eines Gewehrs mit Schalldämpfer. Ein leises Ploppen, gefolgt von einem Stechen in meiner linken Schulter.

Wütend wirbele ich herum und ziehe mir den Betäubungspfeil ruckartig aus der Haut. Mein Blick gleitet in die Nacht über dem Fluss und erspäht einen Helikopter. Die Seitentür ist geöffnet, ein Schütze lädt gerade sein Betäubungsgewehr nach.

Ich sehe sofort rot und setze zum Sprung an.

»Tess, nicht!«, ruft Danial, doch ich stoße mich bereits in Richtung des Hubschraubers ab und versenke meine Krallen in der Außenhaut des Fluggeräts, bevor ich in den Mississippi stürzen kann.

Hektik bricht im Inneren aus, eine Kamera wird auf mich gerichtet. Der Lauf der Waffe gerät unter meine freie Pfote und ich drücke ihn nach unten, sodass das Gewehr nun völlig nutzlos auf den Boden des Helikopters zeigt. Ich ziehe mich hinein und brülle aus Leibeskräften, was den armen Piloten dazu veranlasst, das Fluggerät wild ins Trudeln zu bringen.

»Schieß doch, schieß!«, schreit der Kameramann, und ein weiterer Schuss verfehlt mich nur knapp.

In meinen Ohren dröhnt es, ich werde schlagartig unendlich müde, taumele nach hinten und falle der dunklen Wasseroberfläche entgegen.

Tess Carlisle (Band 2): Jägernacht

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