Читать книгу KATZEN - meine Freunde für's Leben - Nicolette Ostermeier - Страница 9
ОглавлениеVABIENNE ZIEHT IN IHR NEUES ZUHAUSE
Endlich! Am 28.01. war es soweit: Wir durften Vabienne (mittlerweile gute 12 Wochen alt) abholen. Nico, unseren dreijährigen Sohn, ließen wir bei seiner Auerbacher Oma. Die Fahrt nach Dillenburg dauerte gut vier Stunden und natürlich nutzte ich diese Zeit erneut, um Siggi auf evtl. entstehende „Problematiken“ zwischen unseren alteingesessenen Miezen und dem Neuzugang aufmerksam zu machen… Ich weiß, manchmal stehe ich mir selbst im Weg: Jede Eventualität wird ausgeschmückt und bis ins kleinste Detail durchlebt: Was wäre wenn…?
Und wie immer: Siggi ließ sich nicht aus der Ruhe bringen… naja, ab und zu, wenn es dann doch zu viel mit meinen „Zukunftsvisionen“ wurde, bremste er mich etwas resoluter ein. Ich glaube, das hilft dann meistens: So kann ich meine „problemschaffenden“ Energien darauf verwenden, mich über ihn aufzuregen! ☺
Bei Anja und Andreas angekommen, sahen wir unsere Vabienne nun nach gut sechs Wochen wieder – das war echt ein wunderbares Gefühl: Sie trug immer noch ihr gelbes Bändchen, war aber in meinen Augen unheimlich gewachsen… und fidel wie damals. Wir aßen noch dort zu Mittag, währenddessen ich wieder meine vorbereiteten, aufgeschriebenen Fragen abarbeitete, und davon hatte ich selbstverständlich eine Menge.
Wir wurden noch mit haufenweise Kittenfutter, einem kleinen Kratzbaum sowie Katzenspielsachen ausgestattet. Es ist wichtig, dass man das bekannte Futter auch erst mal zu Hause weiter füttert. Eine Futterumstellung sollte langsam erfolgen, um Durchfall vorzubeugen.
Zu guter Letzt noch Zuchtbescheinigung, Kaufvertrag… und wir konnten uns mit der kleinen Maus (sie durfte im Transportkorb auf meinem Schoß sitzen) auf die Rückreise machen.
Auf der Fahrt zeigte Vabienne uns schon genau, was sie von solchen Aktionen hielt: nämlich nichts! ---gar nichts!!! Lautstark verkündete sie dies! Ich streichelte sie, versuchte sie zu beruhigen – aber es zeigte sich schon damals: Vabienne kann SEHR ausdauernd sein… Ich glaube eine halbe Stunde vor der Ankunft schlief sie erschöpft ein. Himmlische Ruhe!
Aber nun war ich nervös: Die Zusammenführung mit Sina und Djego stand bevor!
Während meiner Ausbildung zur Tierpsychologin hatte ich die verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenführung von Katzen kennengelernt.
Da Vabienne ein sehr gut sozialisiertes Kitten war, Sina und Djego ebenfalls bestmöglich sozialisiert waren und ich die Beiden gut einschätzen konnte, wollten wir die „kurze“ Variante versuchen. Aber Risikofaktoren gibt es immer, z.B. eine besonders territoriale Katze, die den Eindringling aus ihrem Revier vertreiben will. Bei neuhinzukommenden Kitten passiert das weniger als bei einer erwachsenen Katze, aber es kann doch vorkommen. Ein Welpenschutz in diesem Sinne existiert bei Katzen leider nicht.
Es gibt auch Miezen, die sofort offensiv auf die „Unbekannte“ losgehen – selbstverständlich sollte man diese sofort (mit einer Decke als Schutz vor Verletzungen) voneinander und dann räumlich trennen. Hier sollte man ernsthaft überlegen, ob eine Zusammenführung der Beiden wirklich sinnvoll ist bzw. sich professionellen Rat und Unterstützung durch Tierpsychologen holen.
Und natürlich gibt es, wie bei Menschen auch, Antipathien: Einige Katzen können sich einfach nicht ausstehen und werden oftmals einen „kalten Krieg“ führen. Zum menschlichen Leidwesen kann sich dies z.B. mit Urin-Markierverhalten und/oder Unsauberkeit einer oder beider Katzen äußern.
Ebenfalls können aufgrund dessen, Angststörungen entstehen… Man sieht hier schon, obwohl nicht alle Möglichkeiten abschließend aufgeführt sind: Es kann viel passieren!
Und früher, als ich noch nicht so viel über Tiere, ihr arttypisches Verhalten und ihre Bedürfnisse wusste, hätte ich mir niemals so abartig viele Gedanken gemacht. Aber half ja nichts, da mussten wir bzw. ich durch.
PERSÖNLICHE ANMERKUNG:
Heute würde ich aufgrund meiner stetig steigenden Erfahrung jedem Katzenhalter zu einer sanfteren, langsameren Zusammenführung raten und selbst auch durchführen. Bei uns ist Gott sei Dank damals alles gut gegangen und ich hätte mir bei ernsthaft aufkommenden Problemen helfen können. Der erste Eindruck zählt! Und falls eben bei diesem etwas schiefläuft, hat man danach umso mehr Arbeit, die Schieflage wieder gerade zu biegen, und bei manchen Konstellationen geht leider nichts mehr, weil zu viel Negatives vorgefallen ist. Eine gut überlegte, langsame Zusammenführung ist sicherlich mehr Arbeit, aber man sollte immer bedenken: Was sind ein paar Tage/Wochen Mehraufwand, wenn man dafür ein lebenslanges, schönes, friedliches Zusammenleben erreicht?!
WISSENSWERTES – DIE RICHTIGE ZUSAMMENFÜHRUNG
Es gibt mehrere Möglichkeiten der ersten Zusammenführung:
Von relativ kurz, bis (abhängig von den Katzenpersönlichkeiten) ziemlich zeitintensiv.
Ich möchte hier kurz auf die verschiedenen Varianten eingehen, sodass man einen Überblick bekommt, was möglich ist.
Vorher ist es wichtig zu wissen, welche Fehler man unter keinen Umständen machen sollte:
- Bitte niemals Katzen in der Kennenlernphase festhalten oder zur Kontaktaufnahme zwingen: Jede Mieze möchte selbst entscheiden, wie viel Nähe sie zulässt. Außerdem kann eine Katze, die festgehalten wird, nur eingeschränkt kommunizieren. Körpersprache ist im Tierreich sehr wichtig, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen!
- Das sogenannte „Distanzierungsverhalten“ ist in der Kennenlernzeit ein typisches Verhalten, d.h. die wenigsten Miezen werden in der Anfangszeit „Juhu“ schreien und sich sofort verbrüdern. Normalerweise schleichen die Beteiligten oftmals im Zeitlupentempo umher, versuchen evtl. am Anderen und an den Plätzen, an denen er gesessen hat, zu schnuppern. Wenn sie sich zu nahe kommen oder beim direkten Ansehen wird gefaucht und geknurrt. Bei noch direkterem Kontakt oder Missachten des Fauchens werden auch Pfotenhiebe verteilt…
Das ist ein völlig normaler Prozess, der einige Tage bis Wochen dauern kann. Man sollte hier nicht eingreifen…
Bis zu acht Wochen sind im „Normalbereich“. Wichtig ist, dass man in dieser Zeit eine Tendenz zur Verbesserung erkennen kann. Wenn sich z.B. eine der Miezen immer mehr zurückzieht und Angst zeigt, während die Andere jedes Mal wenn sie diese sichtet in den Jagdmodus verfällt, läuft etwas schief. In diesem Fall sollte man nicht zu lange abwarten und nicht hoffen, dass es sich doch noch irgendwie einrenkt. Die Meinung: „Die machen das schon untereinander aus!“ ist hier nicht angebracht. – Nein! – Je mehr schlechte Erfahrungen die Katzen miteinander machen, desto schwieriger wird eine Umkehrung des Ganzen. So ein Verhalten kann sich auch ritualisieren. Hier wäre es sinnvoll die Reißleine zu ziehen und sich (optimaler Weise) professionelle Hilfe zu holen.
- Wenn eine Katze sehr territorial ist, kann es auch vorkommen, dass sie ihr Revier verteidigen will. Meist ist es in so einem Fall die Alteingesessene. Sie beginnt zu jaulen und nimmt eine offensive Körperhaltung ein. Sie macht sich groß, mit durchgestreckten Hinterbeinen. Der Schwanz ist buschig gesträubt und sieht aus wie ein umgedrehtes U, während das Fell am Rücken kammartig aufgestellt ist. Jede schnelle Bewegung der anderen Katze würde einen Angriff auslösen…
Ist solch ein extrem territorialer Kandidat auch noch weniger sozial, kann es sogar sein,
dass dieser ohne vorherige Ankündigung, bzw. Drohphase direkt zum Angriff übergeht. Da sich die angegangene Katze natürlich verteidigen wird, kommt es hierbei meist zu Verletzungen wie Biss- und Kratzwunden…
In diesen Situationen sollte die Zusammenführung sofort abgebrochen werden und beide Beteiligten räumlich getrennt werden. Bitte höchste Vorsicht walten lassen: Niemals mit bloßen Händen in einen Katzenkampf eingreifen! Selbst wenn beide sich nicht mehr als Knäuel auf dem Boden wälzen. Die Katzen sind in einem sehr hohen Erregungszustand. Falls man eine solche Mieze berührt, kann es gut sein, dass man plötzlich von ihr angegriffen wird. Also: Bitte immer eine Decke bzw. ein dickes Handtuch benutzen, um einen der beiden Streithähne hochzunehmen und in ein anderes Zimmer zu verbringen. Auch abgetrennt brauchen sie noch eine gewisse Zeit (ca. eine halbe bis ganze Stunde… typabhängig auch länger) um wieder runterzukommen. In dieser Zeit sollte man sie einfach in Ruhe lassen.
Bei solchen extremen Fällen ist von einer erneuten Zusammenführung eher abzuraten. Falls man es doch noch versuchen will, kann man davon ausgehen, dass es eine ziemlich langwierige Geschichte wird. Hier ist sehr viel Engagement des Halters, am besten mit professioneller Unterstützung eines Katzentherapeuts, gefragt. Und selbst dann hat man leider keine Erfolgsgarantie…
Nun kommen wir endlich zu den drei verschiedenen Methoden des Zusammengewöhnens.
1. Einfachste Variante: (wurde von uns mit Vabienne durchgeführt)
Die neue Mieze kommt in ein bereits vorbereitetes Zimmer. Dort steht alles was ein Katzenherz begehrt: Futter, Wasser, Katzentoilette, Versteck- und Klettermöglichkeiten.
Um sich zu orientieren und einen ersten ungestörten Eindruck zu bekommen, sind sämtliche Türen zu diesem Zimmer geschlossen zu halten. Die ansässige Katze wird erst einmal „ausgesperrt“. Nach ca. einer halben Stunde, wenn man merkt, die Erkundungstour neigt sich dem Ende zu bzw. die Mieze wird ruhiger und wirkt relativ entspannt, kann man beiläufig eine Türe öffnen. Hilfreich ist es auch, wenn der heimische Kandidat in der Zwischenzeit eine Mahlzeit zu sich nehmen konnte. Mit gefülltem Bauch sieht man vieles entspannter.
Man selbst sollte einfach so tun, als ob alles normal ist, wie immer. Menschliche Stimmungen übertragen sich auf unsere Fellnasen: Sind wir aufgeregt bzw. angespannt, werden auch die Katzen diese Energie aufnehmen. Natürlich sollte das ganze möglichst authentisch rüberkommen: Tiere durchschauen „Gespieltes“ schnell. Am besten lenkt man sich mit irgendetwas ab, dass man auch im „normalen“ Leben gerne macht. Zum Beispiel am Sofa sitzend entspannt ein Buch lesen… Aber natürlich sollte man trotzdem mitbekommen, was beim „zufälligen“ Zusammentreffen geschieht. Bei dem typischen, wie oben bereits beschriebenen Distanzierungsverhalten bitte nicht eingreifen… Anders natürlich bei direkten Angriffen…
2. Etwas aufwändigere Variante – Dauer: einige Tage bis ca. eine Woche:
Die neue Mieze zieht vorerst in ein eigens für sie hergerichtetes Zimmer ein. Dort ist alles vorhanden, was für ihr Wohlbefinden wichtig ist: Futter, Wasser, Liegeplätze, Kratzmöglichkeiten und optimaler Weise zwei Katzenklos. Die Katze sollte in diesem Raum die Möglichkeiten haben, die dritte Dimension zu nutzen. Die Höhe gibt ihr Sicherheit. Ebenfalls ist es wichtig, ihr Verstecke bzw. Rückzugsmöglichkeiten anzubieten. Nach dem Motto: „Sehen, aber nicht gesehen werden!“
Dort verbleibt sie die ersten Tage. Selbstverständlich bekommt sie dort auch jede Menge Streicheleinheiten und Spielmöglichkeiten mit „ihrem“ Menschen.
Dasselbe gilt natürlich auch für die alteingesessene Mieze. Diese darf auch in dieser Zeit nicht vernachlässigt werden. Verständlicherweise merkt auch sie, dass etwas im Busch bzw. hinter besagter Zimmertüre, sitzt. Hilfreich ist es auch, wenn man „Duftsachen“ (wie z.B. benutzte Liegekissen…) beider Fellnasen immer wieder austauscht, so dass sie sich an die gegenseitigen Gerüche gewöhnen können. (Sie sollten während dieser Zeit keinen direkten Kontakt haben, sich also nicht sehen.)
Nach einigen Tagen, wenn man merkt, dass sich auf beiden (Katzen-) Seiten alles in Richtung „Normalität“ entwickelt, lässt man einfach die Zimmertür der separierten Fellnase einen Spalt geöffnet. Sie kann nun selbst entscheiden, wann sie herauskommen und, falls es ihr zu viel werden sollte, wieder in ihr Rückzugszimmer zurückflüchten will. Auch hier wird höchstwahrscheinlich Distanzierungsverhalten gezeigt werden…
3. Aufwändigste aber sicherste Variante:
Der Neuankömmling bekommt auch hier einen eigenen Bereich mit allem katzenwichtigem ausgestattet. Anfangs kann die Zimmertür noch geschlossen sein, dann wird sie durch eine Gittertür (kann man selber basteln – aber bitte auf Stabilität achten!) ersetzt. Die Kandidaten können sich sehen, evtl. beschnuppern, aber die Gittertür bietet trotzdem eine gewisse Sicherheit. Man kann als Mensch viele unterstützende, „katzeninteressante“ Sachen in der Nähe dieser Zusammenkunfts-Tür, wie Leckerchen werfen, interaktive Spiele und Clickern (das ist sehr gut geeignet) anbieten und so die Annäherung etwas erleichtern. Bei dieser Variante können die beteiligten Fellnasen einiges an guten Erfahrungen machen, bevor sie aufeinander losgelassen werden. Nie vergessen: die Katzen bestimmen das Tempo… wir Menschen sind gerne mal ungeduldig.
Um sich mit den Gerüchen des anderen besser vertraut zu machen, kann man die Reviere auch regelmäßig durchwechseln.
Wenn man das Gefühl hat, dass die Miezen und man selbst bereit für die richtige Zusammenkunft ist, kann man z.B. wie vorher schon bei der geschlossenen Gittertür beide Miezen ins Clickertraining einbinden oder einfach tolle Leckerchen anbieten. Zu diesem Zeitpunkt würde ich jedoch kein wildes Spielangel-Spiel anbieten, da hier zu viel Energie ins Geschehen käme… und wir wollen es ja erst einmal ruhig angehen lassen. ☺
Während diese ganzen Supersachen passieren, wird nebenbei die Gittertür ohne viel Aufhebens geöffnet…
Irgendwann wird eine der Fellnasen die neue Situation richtig wahrnehmen und sich vorsichtig in Richtung des nun geöffneten Raumes begeben. Für uns gilt nun auch wieder, versuchen entspannt zu bleiben (ich weiß, ist immer einfach gesagt ). Man kann den Beiden auch hin und wieder Leckerchen anbieten, aber bitte nicht zu sehr einmischen…
Auch hier kann das Distanzierungsverhalten gezeigt werden. Da sich die Miezen jedoch schon einige Zeit auf Distanz hauptsächlich mit guten Erfahrungen kennenlernen durften, ist anzunehmen, dass dieses hier kürzer ausfallen wird.
Bei allen verschiedenen Möglichkeiten ist es stets wichtig darauf zu achten, wie unsere „Weggefährten“-Katzen mit den jeweiligen Situationen zu Recht kommen. Geben Sie ihnen bei Bedarf Zeit und erzwingen Sie niemals etwas…
Verschaffen Sie sich einen Überblick was so alles möglich ist. Es gibt auch v.a. im Therapiebereich noch wesentlich mehr Abstufungen der Zusammenführungen. Eine Auflistung dieser würde aber hier zu weit gehen…
Wie schon erwähnt, konnten wir unsere beiden alteingesessenen Katzen gut einschätzen: unsere Sina, die extrem Vorsichtige und Mr. Djego, souverän und ziemlich selbstsicher. Deshalb gingen wir wie folgt vor:
Als wir zu Hause angekommen waren, schickte ich Siggi zur „Raubtierfütterung“ der Beiden zu ihrem Futterplatz in den Keller - nach dem Motto: Mit vollem Magen ist man zufriedener. ☺
Währenddessen brachte ich die müde Vabienne mit ihrem Transportkorb ins Wohnzimmer. Dort hatten wir vor unserem Aufbruch nach Dillenburg schon alles vorbereitet: Katzenklo, Futter- und Wasserschüssel…. Das mitgebrachte Futter wurde dort gleich in den Futternapf befördert. Versteck- und Klettermöglichkeiten waren schon vorher vorhanden. Und das Wichtigste: Wohnzimmer- und Küchentür, welche zum Flur führen, schließen! (Wir haben einen offenen Wohn- und Küchenbereich).
Dann der große Moment: Ich öffnete den Transportkorb. Vabienne kam sofort neugierig herausgekrabbelt und inspizierte das Wohnzimmer. Auch in der Katzentoilette wurde ausgiebigst gescharrt…
Siggi kam nach der Fütterung dazu. Wir ließen ihr ca. eine halbe Stunde Vorsprung, d.h. ungestörtes Herumstromern. In dieser Zeit gab ich Siggi selbstverständlich noch Anweisungen: „Wenn wir die Türe öffnen, tun wir einfach total entspannt, keine Aufregung, keine offensichtliche Beobachtung. Einfach so, als ob nichts Besonderes wäre!“
Meine Gedanken waren jedoch: „Hoffentlich schaffen wir das!“
Dann war es soweit. Sina und Djego waren schon mit der Futtersuche im oberen Stockwerk beschäftigt und hatten ab und zu einen vorwurfsvollen Blick durch die Glastür ins Wohnzimmer geworfen, nach dem Motto: Tür zu?! Was soll das???
WISSENSWERTES – FUTTERSPIELE: WIE KANN ICH MEINE MIEZE „ARTGERECHT“ FÜTTERN?
Was ist artgerechte Fütterung für unsere Stubentiger? Ich lasse täglich ein paar Mäuse in meinen vier Wänden raus und warte was dann passiert?
Nein, natürlich nicht!
Aber ein immer mit Futter gefüllter Napf ist genauso wenig optimal, wie zwei Mal täglich rationierte Portionen. Die erste Version kann zum Fressen aus Langweile verleiten und folglich zu Übergewicht führen. Die zweite kann sich, v.a. wenn ausschließlich zu diesen Zeiten eine große Menge gefressen wird, ungünstig auf den Verdauungstrakt der Katze auswirken.
Um zu verstehen wie Katzen ticken, ist es immer von Vorteil, wenn man ihr „natürliches“ Verhalten betrachtet, also z.B. von weitgehend auf sich gestellten Bauernhofkatzen. In landwirtschaftlichen Höfen werden sie meist als „Nutztiere“ gehalten. Sie sorgen dafür, dass der Mäusebestand nicht zu groß wird, und im Gegenzug werden sie von ihren menschlichen Mitbewohnern noch zusätzlich mit Futter versorgt. Ihre Hauptbeutetiere sind v.a. Mäuse, aber auch Ratten, Vögel und Insekten gehören zu ihrem Beutespektrum. Innerhalb von 24 Stunden können ca. 9 bis 16 solcher Getiere erlegt und vertilgt werden. Folglich werden während dieser Zeit immer wieder kleinere Mahlzeiten aufgenommen.
Münzt man diese Erkenntnis auf die beiden oben genannten Futtermöglichkeiten um, so wäre es besser, vier bis fünf Mal täglich rationierte Futterschälchen anzubieten. Dieses Vorgehen ist jedoch bei berufstätigen Menschen ziemlich schwer umzusetzen. Hier könnte evtl. ein Futterautomat behilflich sein. Aber trotzdem fehlt die Beschäftigung um an das Futter zu gelangen. Um auf die Bedürfnisse unserer Haus-Mieze möglichst gut einzugehen, kann man „Futterspiele“ anbieten. Das könnte folgendermaßen aussehen:
Bei uns gibt es zwei Hauptfütterungszeiten, am Morgen und am Abend. Das Ganze beginnt jedes Mal mit dem „Futterwerfen“. Hier wird Trockenfutter geschmissen und die drei Miezen dürfen hinterherjagen und fressen. Je nachdem wie viel Zeit wir haben, kann dies ein paar Minuten oder auch länger dauern. Dann gibt es anteilsmäßig Feuchtfutter in den jeweiligen Napf, welches von jeder sofort vernichtet wird. Eventuelle Reste in einer Schüssel dürfen von den Anderen verwertet werden oder sie werden von uns entsorgt. Um den drei Heinis auch außerhalb der Fütterungszeiten die Möglichkeit zu geben, ihren Hunger zu stillen, verstecken wir im ganzen Haus ausreichend Trockenfutterkörnchen. Dazu verwenden wir z.B. Kartons mit Heu oder zusammengeknülltem Zeitungspapier, selbstgebastelte oder gekaufte Futterfummelbretter…
Auch Siggi durfte tätig werden: Ein riesiges Holzfummelbrett mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zum „Beutemachen“ ziert unseren Kellerflur.
Egal wie professionell man das Ganze aufziehen will, auch mit einfachsten Mitteln kann man Futter verstecken (z.B. Eierschachteln…). Der Sinn hierbei ist, die Haus-Katzen dazu zu animieren, etwas für ihr Futter zu tun und ihre Sinne dafür einzusetzen!
Als die Luft wieder rein war, öffnete ich die Tür und setzte mich mit einem Buch bewaffnet auf das Sofa. Siggi hatte ich natürlich auch mit Lesematerial bestückt: Die Situation sollte ja absolut entspannt wirken. ☺
Vabienne hatte mittlerweile das Katzenklo eingeweiht und schnüffelte immer noch alles interessiert ab.
Sina trottete unbedarft ums Eck. (Ich bekam schon einen Krampf vom ins Buch schauen und trotzdem hinschielen) Plötzlich hielt sie inne – Im Augenwinkel sah ich wie Vabienne sie entdeckt hatte. Auch sie erstarrte kurz verdutzt. Während Sina noch zu einer Salzsäule erstarrt war, nahm die kleine Maus ihren Mut zusammen, den Schwanz zu einer Antenne aufgestellt und steuerte direkt auf Sina zu – ich versuchte ruhig zu atmen und Ruhe auszustrahlen (haha!) und völlig relaxed zu wirken. Als Vabienne ca. einen Meter vor ihr war, fauchte Sina, nahm ihre vier Beine bzw. Pfoten in die Hand und war weg.
Vabienne schaute ratlos und setzte sich erst mal.
Dann Djegos Auftritt: Er marschierte herein, wollte das Wohnzimmer nach Futtermaterial abrüsseln und checkte erst einmal gar nicht, dass ein Fremdkörper anwesend war.
Tja, aber ihm wurde das Ganze auch nicht erspart: Er kam hinter der Couch hervor und stand plötzlich vor Vabienne. Er blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Vabienne machte riesige Augen und einen senkrechten Sprung in die Höhe. So etwas hatte sie noch nie gesehen: Djego ist ein großer Kater, wobei die Größe hauptsächlich durch sein wuscheliges Fell gefaked ist. Aber egal, auf sie wirkte er eben riesig. Sie kannte bisher nur Ihresgleichen. Sina ist zwar eine getigerte EKH-Katze, aber trotzdem vergleichbar mit dem was Vabienne bisher kannte. Man konnte ihre Gedanken lesen: „Dieses riesige Ungetüm – was war denn das???“ Sie flüchtete unter den niedrigen Wohnzimmertisch. Djego war sofort wieder Herr der Lage, ging vorsichtig in Richtung des Tisches und schnüffelte vorsichtig darunter. Wir hörten ein lautes Fauchen. Respekt! So klein und doch so laut! Djego schaute irritiert, ging dann aber, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, weiter auf Futtersuche. Kurz darauf war Vabienne wieder sichtbar, schnüffelte noch etwas herum, futterte noch ein paar Körnchen aus ihrem Napf und schlief dann schließlich auf dem Sofa neben uns ein. Sina und Djego sahen wir an diesem Abend nicht mehr. Da zu dieser Zeit unser Schlafzimmer noch katzenfreie Zone war, verbrachte Siggi eine Nacht bei Vabienne im Wohnzimmer. Sie nahm das Angebot klaglos an und schlief ruhig bei ihm.
Die erste Nacht war überstanden und die Katzen hatten sich nicht gegenseitig aufgefressen – das war schon ein Erfolg.
Na ja, Sina weigerte sich zwar noch standhaft neben dem komischen Teil zu fressen, bei unserem verfressenen Djego siegte jedoch der Hunger. Auch Vabienne hatte anscheinend ihre Angst vor dem großen Kater-Ungetüm überwunden und wollte Kontakt aufnehmen. Doch er ging ihr lieber aus dem Weg nur wenn sie schlief, wurde sie ausgiebig beschnüffelt. Ebenso sämtliche Örtlichkeiten an denen sie ihren Katzenduft zurückließ.