Читать книгу Carl August Lorentzen: Ausbrecherkönig und Meisterdieb - Niels Ole Frederiksen - Страница 5

Kindheit und Jugend und kriminelle Laufbahn

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Carl August Lorentzen wurde als eins von vier Geschwisterkindern 1896 in Kopenhagen geboren. Da die Eltern sehr arm waren, wurden die ersten beiden Kinder zur Adoption freigegeben. Carl August und seine kleine Schwester blieben bei den Eltern. Allerdings gab es immer wieder Spannungen zwischen Mutter und Vater, und sie ließen sich scheiden. Carl blieb beim Vater, seine kleine Schwester hingegen bei der Mutter. Aber es gab weiterhin Probleme, weil der Vater, Schlosser bei B&W, dem Alkohol verfiel. Als er zwölf Jahre alt war, ging Carl zurück zu seiner Mutter.

Carl August war ein begabter Junge. Zur großen Verwunderung aller war er der zweitbeste seiner Klasse, und seine Lehrer meinten, dass er trotz seines familiären Hintergrunds zu Höherem berufen sei. Dabei blieb es jedoch. Niemand sah sich in der Lage, den Jungen zu fördern, und der Mutter fehlten die Mittel, die notwendig waren, um das Essen für einen hungrigen Schüler auf den Tisch zu bekommen.

Daher besorgte sie ihm nach seiner Konfirmation eine Stelle als Kellner am Nyhavn mit der Aussicht auf eine Ausbildung. Es war ein zweifelhaftes Milieu, besonders für einen jungen Mann. Bereits im Laufe des ersten Jahres kam Carl August mit dem Gesetz in Konflikt, und seine erste Strafe bestand aus zehn Schlägen mit dem Rohrstock im Rathaus und Gerichtsgebäude am Nytorv in Kopenhagen.

Die Prügel hinterließen Eindruck, denn als nach einiger Zeit der Boden unter seinen Füßen mal wieder zu heiß wurde, ergriff er die Flucht und setzte sich nach Kanada ab. Er blieb zwei Jahre, in denen er nach eigener Aussage eine Lehre als Glaser absolvierte.

1915 ist er zurück in Kopenhagen. Er begeht einige Einbrüche, wird sehr bald festgenommen und sitzt seine erste richtige Gefängnisstrafe von drei Jahren in der geschlossenen Jugendstrafanstalt im Staatsgefängnis Nyborg ab. Es wurden drei harte Jahre. Carl August Lorentzen verstieß gegen die Gefängnisordnung und wurde zu einer Disziplinarstrafe von 15 Schlägen mit der neunschwänzigen Katze verurteilt. Er bekam 'nur' zehn Schläge. Fünf Schläge wurden ihm erlassen, falls er versprach, sich zukünftig an die Gefängnisregeln zu halten. Und er versprach es.

Während der Zeit in Nyborg hörte er durch Mitgefangene zum ersten Mal davon, dass das Aufbrechen von Panzerschränken sehr viel lukrativer sei als kleine Einbrüche, bei denen man hinterher auch noch Probleme hatte, das Diebesgut abzusetzen. Das Knacken von Panzerschränken sah Carl August Lorentzen als seine Zukunft an.

Von der ersten Verurteilung 1916 bis zum spektakulären Ausbruch 1949 ist Carl August Lorentzen nur selten auf freiem Fuß. Vielmehr geht er in dänischen Gefängnissen und Strafvollzugsanstalten ein und aus. Doch es gefällt ihm nicht, eingesperrt zu sein, und sobald er einsitzt beginnt er, Fluchtpläne zu schmieden.

Achtmal gelingt ihm auf einfallsreiche Weise die Flucht, mit Strickleitern, zusammengebundenen Bettlaken, durchgesägten Gitterstäben, aufgrund unaufmerksamen Wachpersonals und mit Hilfe von Verkleidungen, und zwar aus den Strafvollzugsanstalten in Ribe, Holsted, Randers, Ålborg, Bogense und dem Gefängnis Blegdamme. Die neunte Flucht, die Krönung seines Werks, ist der Tunnel, der ihn 1949 aus dem Staatsgefängnis Horsens führt.

Er hatte in Randers Arbeit als Glasergeselle gefunden und setzte als solcher Scheiben in die Fensterrahmen zahlreicher Häuser und Wohnungen ein. Dabei blieb es nicht aus, dass er in die Zimmer der Leute sehen konnte und wusste, wie diese lebten. Manche hatten sich einfach und bescheiden eingerichtet, andere wiederum hatten Zimmermädchen, schöne Häuser im Jugendstil und Mahagonitische. Carl August konnte sich gut vorstellten, so zu wohnen, wie es den Wohlhabenden vergönnt war. Wenn er seinen Wochenlohn ausbezahlt bekam, wurde ihm allerdings jedes Mal klar, dass es noch ein langer Weg war, bevor er Zimmermädchen anstellen und sich ein Haus im Jugendstil bauen konnte.

Er schlägt einem Kollegen vor, den Lohn ein wenig aufzubessern, indem sie des Nachts den einen oder anderen Safe aufbrechen. Lorentzen erklärt, dass sie mit Handschuhen arbeiten werden, um Fingerabdrücke zu vermeiden. Und sollten sie von der Polizei erwischt werden, müssten sie einfach immer nur alles abstreiten. Denn niemand könne für etwas verurteilt werden, das nicht zu beweisen war, sofern Lorentzen das Strafrecht richtig verstand.

Ein paar Mal ging es gut, aber eines Tages wurden sie festgenommen. Carl August stritt alles ab, sein Kollege stritt alles ab, jedoch nur einige Tage lang, dann brach er zusammen und gestand, zusammen mit Carl August Lorentzen mehrere Einbrüche begangen und dabei Tresore aufgebrochen zu haben.

Beide wurden zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, und Carl August Lorentzen sitzt seine Strafe im Zuchthaus Horsens ab, mit dem er bei dieser Gelegenheit zum ersten, aber keineswegs zum letzten Mal Bekanntschaft macht.

Nach seiner Freilassung geht er seinen kriminellen Aktivitäten nur noch alleine nach, denn wie er sagte: „Man kann niemandem vertrauen!“

Er war sehr eitel und egozentrisch. Er liebte es, im Mittelpunkt zu stehen, und die Berichte in den Zeitungen über seine Einbrüche und Erfolge als Geldschrankknacker genoss er wie kaum etwas anderes. Ein Blatt bezeichnete ihn einmal als Gentleman-Einbrecher und sogar als eine Art modernen Robin Hood. Zwar bestahl er die Reichen, doch muss man anmerken, dass er vergaß, seine Beute an die Armen weiterzugeben!

Als einen weiteren Charakterzug Lorentzens kann man die Tatsache sehen, dass er bei seinen hunderten von Einbrüchen, Geldschrankknackereien, den zahlreichen Fluchten und Fluchtversuchen aus diversen Gefängnissen und Strafvollzugsanstalten nie Gewalt anwendete oder damit drohte. Wurde er erwischt und es war nichts mehr zu machen, folgte er der Polizei freiwillig und ohne Widerstand zu leisten. Heute würde man sein Verhalten als kalkuliertes Geschäftsrisiko bezeichnen. Er war ein gebildeter Mann und immer auf dem Laufenden, der sich bei seinen Gefängnisaufenthalten stets als mitteilsam, freundlich und höflich erwies und sowohl bei seinen Mitgefangenen als auch beim Gefängnispersonal beliebt war.

Sah er eine Möglichkeit, damit durchzukommen, machte er sich gerne über die Polizei lustig und gab sie der Lächerlichkeit preis. In den 30ern wurde einmal eine Spezialeinheit der Reichspolizei nach Randers geschickt, um des Meisterdiebs Lorentzen habhaft zu werden. Carl August Lorentzen führte die Polizei an der Nase herum. Beim letzten Einbruch vor Weihnachten hängte er einen Zettel in den aufgebrochenen Safe, auf dem stand: „Jetzt habt ihr erst mal Ruhe über Weihnachten.“ Daraufhin machte er Weihnachtsurlaub und wurde erst wieder nach Neujahr aktiv, als ihm das Bargeld ausging.

Einmal hatte er sich auf Wunsch einer Herstellerfirma für Tresore bereit erklärt, eines ihrer Modelle aufzubrechen, nur zum Spaß. Entweder konnte oder wollte er den Geldschrank nicht knacken, jedenfalls gab er auf. Einige Wochen später musste er in einigen großformatigen Zeitungsanzeigen lesen, dass „selbst einer der besten Einbrecher und Diebe diesen Geldschrank nicht knacken kann!“ Als Carl August Lorentzen das las, fühlte er sich provoziert. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Ruf in Mitleidenschaft gezogen würde – oder besser seine Fachkompetenz.

Sein Hang zur Herausforderung und nicht zuletzt sein Humor ließen sich nicht lange bitten. Er hatte herausgefunden, dass ein Modell des Tresors, den er zu Demonstrationszwecken hatte aufbrechen wollen, in einer Firmenzentrale in Bramming stand. Lorentzen fuhr nach Bramming und schrieb sich im Hotel Klikkenborg unter dem Namen Charles A. Larsen ein, als Berufsbezeichnung gab er 'Handlungsreisender' an. Was er natürlich auch war, doch unterschied sich die Kollektion in seinem Koffer von der anderer auf Reisen befindlicher Kollegen im Hotel. Der Inhalt des Koffers bestand aus Brecheisen, Feilen, Dietrichen, Schlüsseln samt einer kompakten Schneidbrennerausrüstung.

Eine Stunde nach Mitternacht, als alles ruhig und auch der Hotelportier eingeschlafen war, schlich sich Carl August Lorentzen lautlos zu besagtem Firmenbüro in Bramming, brach dort ein und knackte nach ein paar Stunden den Tresor. Zu seiner Überraschung lagen dort nicht weniger als 2.900 Kronen, was in den 30ern eine erkleckliche Summe war. Lorentzen ließ das Geld liegen und schob einen Zettel in das in der Geldschranktür klaffende Loch, auf dem zu lesen war: „Da könnt ihr mal sehen, es lässt sich machen!“

Zu Carl August Lorentzens großer Freude musste die Herstellerfirma ihre Anzeigenkampagne einstellen.

Carl August Lorentzen: Ausbrecherkönig und Meisterdieb

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