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1.5.3 Der dritte Sektor – Vereine, Verbände, Stiftungen

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Der dritte Sektor fasst alle nichtstaatlichen Organisationen zusammen, die nicht Erwerbszecken dienen. Sie sind im Sport von besonderer Bedeutung. Schließlich verbuchen die Sportvereine 27,8 Mio. Mitgliedschaften unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (Stand 2019/DOSB 2020, 1ff).

Die Definition, was ein SportvereinSportverein und was ein SportverbandSportverband ist, lässt sich trennscharf anhand ihrer Funktionen festlegen. Die Hauptfunktion eines Sportvereins ist die Ausübung von Sport. Sie entstanden, als Sportler sich zu Gruppen zusammenschlossen und diesem Zusammenschluss eine formale verbindliche Struktur gaben. Bald stellte man fest, dass man für Wettbewerbe einheitliche Regeln brauchte und auch für das Organisieren von Meisterschaften eine überparteiliche Instanz gebraucht wurde. So entstanden typischerweise die Verbände in Deutschland. Sie sind rechtlich nichts anderes als Vereine, nämlich eingetragene Vereine (e.V.). Im Lauf der Zeit übernahmen sie noch weitere Aufgaben. Verbände betätigen sich als sportliche Gerichtsinstanzen, bilden Schiedsrichter, Trainer und auch Sportmanager aus. Sie vertreten die Vereine und die Interessen des Sports gegenüber Dritten. Das sind vor allem staatliche Instanzen, von denen die Vereine Subventionen erhalten oder Sportanlagen nutzen. Aber auch gegenüber wirtschaftlichen Interessenten vertreten Verbände die Vereine, so z.B., wenn es um den Verkauf von Übertragungsrechten von Meisterschaften geht. Verbände sind unterschiedlich organisiert. Einige, wie der adh (Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband), haben nur juristische Personen, also keine lebendigen Personen, sondern nur Organisationen als Mitglieder. Im Falle des adh sind dies die einzelnen Hochschulsportorganisationen (adh 2015).

Vereinen und Verbänden ist gemeinsam, dass sie Non-Profit-Organisationen (NPO) sind. Der Begriff der NPO stammt aus der Wirtschaftswissenschaft. Die Organisation dient nicht dem Profit von Eignern, wie etwa der erwerbswirtschaftliche Betrieb. Sie können durchaus auch Profite erwirtschaften, aber diese werden nicht an die Anteilseigner (den sogenannten Shareholdern) ausgeschüttet. Diese Besonderheit wird auch als nondistributional constraintnondistributional constraint (Hansmann 1980) bezeichnet. Wenn kein Besitzer Profit machen darf, wohin gehen dann aber die Gewinne, die, wie eben festgestellt wurde, durchaus vorhanden sein können? Sie werden für die Mission der Organisation verwendet. Dies zeigt sich besonders deutlich bei der sogenannten Quersubvention. So werden in einem Verein Profite aus der Gastronomie genutzt, um Sportreisen für die Jugendabteilung oder Anschaffungen für Leistungssport zu ermöglichen.

Leider sind staatliche Organisationen ebenfalls nicht profitorientiert. Daher finden sich auch Autoren, die diese als Non-Profit-Organisationen bezeichnen. In diesem Lehrbuch wird er jedoch für private Organisationen reserviert.

Ein anderer Ansatz, der aus der Soziologie stammt, ist der der Voluntary AssociationVoluntary Association bzw. der freiwilligen VereinigungVereinigung, freiwillige. Das Konzept stammt aus den USA (z.B. Sills 1968). Es wurde insbesondere durch die Arbeiten von Heinemann (1995) und Horch (1983, 1992) in Deutschland bekannt und spezifisch ausgebaut. Eine freiwillige Vereinigung ist nach Heinemann und Horch (1981) eine Organisation, die fünf Strukturbesonderheiten aufweist:

Freiwilligkeit der MitgliedschaftFreiwilligkeit der Mitgliedschaft: Die Mitgliedschaft wird freiwillig und nicht durch Geburt oder durch Zwang erworben. Es besteht also die objektive Alternative der Nichtmitgliedschaft. Daher sind die Mafia (man kann nicht austreten) oder die Industrie- und Handelskammern (Zwangsmitgliedschaft) keine freiwilligen Vereinigungen.

AutonomieAutonomie: Die Organisation ist vom Staat und von Nichtmitgliedern unabhängig. Sie verfolgt in eigener Verantwortung ihre Ziele und Interessen.

InteressenidentitätInteressenidentität: Die Interessen der Mitglieder und das Ziel der Organisation sind identisch. Die Organisation orientiert ihre Leistungen an den Interessen ihrer Mitglieder. Daher sind Betriebe keine freiwilligen Vereinigungen. Mitarbeiter sind in erster Linie Mitglied in einer Firma, um ihren Lebensunterhalt, also Geld, zu verdienen. Das Produkt der Firma spielt nicht die erste Rolle.

DemokratieDemokratie: Die Organisation hat eine demokratische Entscheidungsstruktur. Zumindest formal ist das Mitglied oberster Souverän. Es gibt auch keine Hierarchie wie in Unternehmen oder beim Staat.

EhrenamtlichkeitEhrenamtlichkeit: Ehrenamtliche Mitarbeit ist das Arbeiten für die Organisation, ohne eine Gegenleistung insbesondere in Form von Geld zu erhalten. Es ist ein wesentliches Element in der Finanzierung der Vereinigung.

Diese Aufstellung an Besonderheiten wirkt zunächst plausibel, aber im zweiten Moment kommen Fragen auf: In vielen Sportvereinen finden sich bezahlte Kräfte, sie erhalten staatliche Subventionen, es kann einen Gruppendruck zur Mitgliedschaft in einem Verein geben, es regieren Präsidenten, die machen, was sie wollen usw. Diese Einwände sind richtig und werden in der Theorie der freiwilligen Vereinigung hinreichend berücksichtigt. Denn die fünf Strukturbesonderheiten bilden einen Idealtypus. Idealtypen sind ein analytisches Hilfsmittel. Sie dienen der begrifflichen Erfassung komplexer sozialer Sachverhalte. Durch Überspitzung und Isolierung von Merkmalen wird ein allgemeiner Begriff aufgebaut, mit dem Einzelfälle nach ihren Besonderheiten untersucht werden können. Idealtypen sind konstruierte Hilfsmittel und müssen deswegen nicht unbedingt in reiner Form in der Wirklichkeit vorkommen (Hempel 1980, 90). Je stärker die Eigenschaften zutreffen, umso eher handelt es sich um eine freiwillige Vereinigung mit ihren typischen Eigenschaften:

 Je freiwilliger die Mitgliedschaft ist,

 je autonomer von Staat und Wirtschaft die Organisation ist,

 je größer die Interessenidentität von Organisation und Mitgliedern ist,

 je ausgeprägter die Demokratie und

 je stärker die Ehrenamtlichkeit ist,

umso mehr handelt es sich um eine freiwillige Vereinigung, umso eher hat die Organisation bestimmte Eigenschaften (Horch 1983). So gilt: Je stärker diese Eigenschaften sind, umso mehr wird die Organisation durch Personen (Personalisierung) bestimmt bzw. umgekehrt umso weniger durch formale Strukturen.

Wir konnten feststellen, dass es zwei verschiedene definitorische Einordnungen von Sportvereinen und -verbänden gibt. Beinhalten NPOs und freiwillige Vereinigungen die gleichen Organisationen im Sport? Obwohl beide weitgehend die gleichen Organisationen abdecken, findet sich dennoch ein Unterschied: StiftungenStiftungen sind NPOs, aber meist keine freiwilligen Vereinigungen. Denn Stiftungen haben typischerweise keine demokratische Entscheidungsstruktur. Sie sind Widmungen von Vermögen für einen bestimmen Zweck, der von den Stiftern festgelegt wird, dem sogenannten Stifterwillen. Davon abgesehen sind Stiftungen oft keine Mitgliederorganisationen. Auch wenn viele von den Stiftern geführt werden, so gibt es auch Stiftungen, die erst im Todesfall der Stifter ins Leben gerufen werden. Die Organisation existiert mit ihrem Regelwerk und wird von ausführenden Treuhändern geleitet (Hof 1998).

Während Stiftungen im Sport bisher kaum wissenschaftlich gewürdigt wurden, sind Sportvereine ein zentrales Thema der Sportökonomie und des Sportmanagements. Für Fragen des Sportmanagements sind die sogenannten FISAS-StudienFISAS-Studien und in ihrer Folge die Sportentwicklungsberichte des DOSB wichtige Quellen. Die Abkürzung FISAS steht für Finanz- und Strukturanalyse. Durch sie steht eine Reihe von repräsentativen empirischen Erhebungen der deutschen Sportvereine zur Verfügung. Darüber hinaus beinhalten diese Studien auch wichtige theoretische Beiträge. Zu nennen sind die Studien von Schlagenauf (1977), Timm (1979), Heinemann und Schubert (1994) und von Emrich, Pitsch und Papathanasiou (2001).

Seit 2005 firmiert der Bericht nicht mehr unter dem Namen FISAS, sondern unter dem Titel SportentwicklungsberichtSportentwicklungsbericht für Deutschland (SEB). Im Turnus von zwei Jahren erscheinen seitdem die Berichte. Über den letzten Bericht kann man sich auf der Website des DOSB informieren. Aktuell ist der letzte 2019 erschienen (Breuer/Feiler 2019). Eine ähnlich intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Sportverbänden sucht man vergeblich. Zu nennen sind aber die klassische Studie von Winkler und Karhausen (1985), die Berufsfeldforschung Sportmanagement im selbstverwalteten Sport von Horch/Niessen/Schütte (2003) und Fahrner (2005).

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