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1. Kapitel

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Am nächsten Morgen traf die Frühschicht ein. Der stets gute Laune verbreitende Pfleger Jax Martin, sein deutlich muffeligerer Kollege Chase Carter sowie zwei Krankenschwestern – die immer ein wenig schnippische Dakota Archer und die liebenswürdige Brooke Nolan, mit der Kimberlee sogar privat befreundet war.

>>Du siehst ja schrecklich aus, Honey<<, begrüßte sie Brooke. >>Hattest du eine unruhige Nacht?<<

>>Das kann man wohl sagen. Sie war wieder da.<<

>>Wer?<<

>>Die Wasserleiche. Ich habe sie so deutlich gesehen wie dich jetzt. Und sie ist wieder in dem bewussten Zimmer verschwunden.<<

>>Kann es nicht sein, dass du kurzzeitig eingenickt bist, Darling?<<, fragte Dakota mit süffisantem Lächeln.

>>Nein, das kann nicht sein. Ich schlafe nicht im Dienst, damit du Bescheid weißt.<<

>>Komisch, dass nur du sie siehst und sonst niemand.<<

>>Auf dieses Vorrecht würde ich gern verzichten.<<

>>Komm, lass dich nicht ärgern. Wir trinken in der Kaffeeküche zusammen einen Kaffee, bevor du dich auf den Heimweg machst.<<

In der kleinen Pantry machte sich bereits Jax an der Kaffeemaschine zu schaffen. >>Einen Moment müssen die Ladys schon noch warten<<, sagte er belustigt.

>>Könntest du uns einen Moment allein lassen, Jax?<<, fragte Brooke.

>>Bitte, wenn ich dem Kaffee beim Durchlaufen zusehe, geht es auch nicht schneller. Aber nicht, dass ihr die ganze Kanne allein leertrinkt.<<

>>Sehr witzig. Wir rufen dich dann, wenn es so weit ist.<< Brooke gab ihr aufgesetztes Lächeln auf und blickte wieder ernst. >>Hör nicht auf die dumme Pute von Dakota. Du weißt doch, die kann es nicht ertragen, wenn eine hübscher ist als sie.<<

>>Ich halte das bald nicht mehr aus. Ständig habe ich bei den Nachtschichten Angst, die unheimliche Gestalt könnte um die Ecke kommen, so wie heute Nacht. Du bist doch schon deutlich länger hier als ich. Hattet ihr mal eine Patientin, die ins Wasser gegangen ist?<<

>>Nicht dass ich wüsste. Aber ich kann mal Rosalie fragen, die ist von allen am längsten hier.<<

>>Ja, tu das bitte. Ich möchte endlich Gewissheit haben, was hinter dem Spuk steckt. Hat es früher schon mal ungewöhnliche Vorkommnisse auf der Station gegeben?<<

Brooke überlegte einen Moment zu lange, wie Kimberlee auffiel. >>Also, mir ist eigentlich nichts bekannt<<, sagte sie schließlich, wobei sie eine Strähne ihres glatten, dunklen Haares in den Fingern drehte.

Eine Geste, die Kimberlee bereits an ihr kannte. Ein Zeichen für Verlegenheit.

>>Komm schon, du brauchst mich nicht zu schonen. Früher oder später verplappert sich ohnehin die eine oder andere.<<

>>Also, manche wollen nachts in den Gängen dunkle Schatten gesehen haben. Manchmal auch Patienten, die kurz vorher gestorben waren. Aber für mich gilt das nicht. Ich habe wohl keinen Sinn für derlei Erscheinungen.<<

>>Danke für deine Ehrlichkeit. Und glaub mir, es ist kein Privileg, wenn man begabt für so etwas ist.<<

Brooke tat etwas Kaffeesahne in zwei Becher und füllte mit Kaffee auf. Als sie Kimberlee die Tasse reichte, kam Chase vorbei.

>>Da komme ich ja gerade richtig<<, sagte er flapsig.

>>Ja, aber lass noch etwas für Jax übrig. Der war nämlich vor dir da und hat den Kaffee aufgesetzt. Eine Handlung, die dir auch ganz gut zu Gesicht stehen würde<<, meinte Brooke.

>>Ich komme doch gar nicht dazu, weil immer einer von euch schneller ist.<<

>>Haha, und beim Kaufen von einer neuen Packung offensichtlich auch.<<

>>Na gut, ich bin mal wieder dran. Werde es morgen beherzigen<<, sagte Chase und zog beleidigt ab.

Kimberlee musste grinsen. Eigentlich gefiel ihr der Haufen, einschließlich der Ärzte, hier ganz gut. Dabei hatte es zu Anfang ganz anders ausgesehen. Der erste Tag würde ihr für immer im Gedächtnis bleiben.

Voller Aufregung und Nervosität hatte Kimberlee ihre neue Stellung in der großen Klinik angetreten. Schon als Kind hatte sie gewusst, dass sie dort einmal arbeiten würde. Immer wenn sie mit ihren Eltern an dem imposanten Bau vorbeigefahren war. Percy und Amanda Dearing hatten ihrer Tochter den Spleen gelassen. Wohl wissend, dass Kinder bis zum Erwachsenwerden noch öfter ihren späteren Berufswunsch ändern. Doch Kimberlee hatte mit Hingabe ihre Puppen versorgt. Ihnen Salben aufgetragen und Pflaster und Verbände angelegt. Und wenn jemand in der Familie krank wurde, war sie nicht müde geworden, den „Patienten“ mit heißem Tee und kleinen Köstlichkeiten zu füttern. Nicht nur Fieber messen, sondern auch den Puls fühlen waren ihre liebsten Handlungen gewesen. Und Amanda hatte mit Rührung bemerkt, wie die Kleine dabei auf ihre Armbanduhr sah, ohne recht zu begreifen, was der aktuelle Wert bedeutete.

In den folgenden Jahren hatte Kimberlee mit großer Zielstrebigkeit ihren Berufswunsch verfolgt. Nach dem High School Abschluss hatte sie den College-Abschluss in Pflege und zuletzt die NCLEX-RN-Pfüfung zur Erstregistrierung als Registered Nurse absolviert. Doch später musste sie eine Mindeststundenzahl in der Pflegepraxis und ständige Weiterbildung nachweisen, um ihre Berufslizenz und ihre Registrierung zu behalten. Die einwandfreie Lebensführung, entsprechend einem Führungszeugnis, die von ihr erwartet wurde, stellte für sie als wohl erzogene und behütete Tochter keine Hürde dar.

Der erste Tag in der Klinik war trotz allem nicht leicht für sie – inmitten neuer Kollegen und unbekannter Ärzte. Doch was sie dort erwartete, zeichnete sich bereits deutlich ab. Das Grauen, das ihr an diesem Tag widerfuhr, hielt sie für einen Augenblick für einen Streich oder eine Bewährungsprobe der Kollegen. Aber wie hätten diese eine derartige Inszenierung bewerkstelligen sollen? War fortan der prägende Gedanke.

Man bat sie lediglich um einen Gefallen, weil gerade kein Pfleger zur Verfügung stand. Sie sollte eine vor drei Stunden verstorbene Patientin mit dem Lastenaufzug in die pathologische Abteilung im Keller der Klinik bringen. Ein Gedanke, der ihr nicht besonders behagte – allein mit einer Leiche im Fahrstuhl. Doch was dann kam, überstieg ihre schlimmsten Befürchtungen.

Der Aufzug blieb plötzlich zwischen zwei Etagen stehen, und das Licht erlosch. Alle Versuche, ihn mittels Drücken der Knöpfe wieder in Gang zu bringen, scheiterten. Doch damit nicht genug.

Im trüben Schein der Notbeleuchtung sah Kimberlee aus den Augenwinkeln, wie sich der Körper der Verblichenen langsam unter dem Laken aufrichtete. Ein klagender Laut begleitete die Bewegung. Kimberlee schrie aus vollem Halse und hämmerte mit den Fäusten gegen die Metalltüren.

Nach schier einer Ewigkeit setzte sich der Aufzug wieder in Gang und hielt in einer der unteren Etagen. Kimberlee fiel dem durch die Schreie aufgeschreckten Klinikpersonal in die Arme und zitterte wie Espenlaub.

>>Die Frau ist noch am Leben>>, stammelte sie. >>Ich habe es mit eigenen Augen gesehen und gehört.<<

Einer der Ärzte beugte sich über die Bahre und untersuchte die aufgebahrte Frau.

>>Eindeutig Exitus<<, sagte er nach einer Weile. >>Ich weiß nicht, was Sie zu sehen und zu hören glaubten, aber die Frau ist tot.<<

>>Aber das kann nicht sein. Sie hat sich aufgerichtet und klagende Laute ausgestoßen.<<

>>Das ist ganz unmöglich, meine Liebe. Ja, bei Leichen entstehen Fäulnisgase, die auch aus den Körperöffnungen entweichen, aber nicht schon nach so kurzer Zeit. Und das mit dem Aufrichten ist für Horrorfilme erfunden worden. In der Realität kommt so etwas nicht vor. Ihre Fantasie hat Ihnen aus Angst einen Streich gespielt. Wann ist denn Ihre Schicht zu Ende?<<

>>In zwanzig Minuten.<<

>>Ich denke, niemand wird es Ihnen verübeln, wenn Sie jetzt schon nach Hause gehen und sich ausruhen.<<

>>Aber man erwartet mich oben zurück.<<

>>Keine Sorge, ich telefoniere hinauf.<<

Amanda Dearing hatte sofort gespürt, dass ihre Tochter Kummer hatte. >>Ist dein erster Tag nicht so gut verlaufen wie erhofft?<<, fragte sie besorgt.

>>Doch, doch, aber es ist alles noch so neu, und an die Kollegen muss ich mich erst gewöhnen.<<

Am nächsten Tag war sie von manchen schief angesehen oder mitleidig belächelt worden. Nur Brooke hatte sie zur Seite genommen.

>>Ich habe gehört, was passiert ist. Lass dich davon nicht entmutigen. Ich glaube, jede andere hätte ebenso reagiert wie du.<<

Das war der Beginn ihrer Freundschaft gewesen, und zum Glück hatte Brooke darauf verzichtet, Einzelheiten zu erfragen.

Am Tag nach der nächtlichen Putzaktion sah Kimberlee, wie der Puertoricaner José die Kammer ansteuerte und kurz darauf zu fluchen begann.

>>Holy Jesus, das ist ja ein Gestank wie aus der Hölle.<<

Kimberlee eilte zu ihm und setzte eine schuldbewusste Miene auf. >>Sorry, ich habe gestern Nacht eine Dose Thunfisch von der Pantry mit zum Stationstresen genommen. Dabei war ich etwas ungeschickt und habe die Hälfte verschüttet.<<

>>Ich hoffe, Sie haben den Fisch nicht gegessen<<, sagte José. >>Dem intensiven, fauligen Gestank nach muss er schon länger verdorben gewesen sein.<<

>>Nein, nein<<, stotterte Kimberlee. >>Ich habe das natürlich auch gemerkt und die Dose gleich weggeworfen. Ich hoffte, das Desinfektionsmittel würde den Geruch abdecken.<<

>>Das hat offensichtlich nicht geklappt. Der Wischmop taugt nur noch für die Tonne.<< José hielt Kimberlees Verlegenheit für ein Zeichen ihres Schuldbewusstseins. >>Nun lassen Sie sich mal keine grauen Haare wachsen, Lady. Es gibt noch reichlich Ersatz hier in der Kammer.<<

>>Fein, bitte verpetzen Sie mich nicht. Es wird nicht gern gesehen, wenn wir am Tresen essen.<<

>>Aber wie werde ich denn? Ich bin Kavalier genug.<<

>>Danke. Wie lange arbeiten Sie eigentlich schon hier im Haus?<<

>>Das müssen jetzt schon einige Jährchen sein.<<

>>Immer auf dieser Station oder auch auf anderen?<<

>>Früher war ich eine Etage höher, aber jetzt bin ich schon etwa vier Jahre nur auf dieser.<<

>>Und haben Sie mal etwas Ungewöhnliches erlebt, hier oder oben?<<

>>Sie meinen, ob mir ein Gespenst begegnet ist?<<

Kimberlee nickte heftig.

>>Dann haben Sie also auch von dem Klatsch gehört, den man so erzählt? Mir ist in der Tat oben etwas widerfahren, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ich habe das noch niemand erzählt, damit man mich nicht für einen hält, der mit dem Vogelbauer Milch holen geht.<<

Kimberlee lachte. >>Nein, auf den Gedanken wäre ich bei Ihnen nie gekommen. Also, was war los?<<

>>Ich habe öfter einen schwarzen Schatten gesehen, der entweder um die Ecke gelugt oder mitten auf dem Gang gestanden hat. Dabei wurde mir jedes Mal angst und bange. Als würde man mir jegliche Lebensenergie aussaugen. Alles erschien plötzlich so sinnlos, und ich wurde grenzenlos traurig. Deshalb habe ich mich auch nach hier unten versetzen lassen.<<

>>Und, ist Ihnen das unheimliche Wesen gefolgt?<<

>>Zum Glück nicht. Beschreien Sie es bitte nicht.<<

>>Dann sind wir also quitt und teilen jetzt gegenseitig ein Geheimnis.<<

>>Genau. Aber ich muss jetzt weitermachen, damit ich meine Arbeit schaffe.<< José zog erleichtert weiter, und auch Kimberlee fühlte sich etwas besser, weil nicht nur sie derlei Erlebnisse hatte, wie Dakota behauptete.

Am nächsten Morgen wartete Brooke mit einer Überraschung auf. >>Du, ich habe mit Rosalie gesprochen und weiß jetzt, um wen es sich bei der Toten handelt.<<

>>Echt? Erzähl schon!<<

>>Vor zwei Jahren wurde eine bewusstlose Frau aus dem Fluss gezogen. Zunächst hielt man sie für tot, aber als man entdeckte, dass sie noch atmete, hat man sie hierher in die Klinik gebracht. Als es ihr besser ging, hat man sie von der Intensivstation zu uns verlegt. Dreimal darfst du raten, in welches Zimmer.<<

>>Nein, etwa in den verfluchten Raum?<<

Brooke nickte lächelnd. >>Aber jetzt kommt der Knüller: Eines Nachts starb sie ohne ersichtliche Grund. Bei der Obduktion stellte man fest, dass sich noch immer Wasser in ihrer Lunge befand. Sie ist also ertrunken. Schon wenige Tage danach beschwerten sich Patienten in dem Zimmer, dass sie nachts eine Frau heimsuchen würde. Eine, die völlig durchnässt war und fürchterlich gestunken haben soll. Jetzt bist du dran.<<

>>Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Einesteils ist es sensationell, andererseits gibt es keine Erklärung, warum die Frau noch immer keine Ruhe findet.<<

>>Weil sie vielleicht der Meinung ist, zu früh von der Intensivstation verlegt worden zu sein. Oder man sich einfach nicht genug um sie gekümmert habe.<<

>>Ja, das könnte eine Erklärung sein<<, sagte Kimberlee. >>Nicht sehr überzeugend, aber möglich.<<

>>Bitte, wenn du eine bessere weißt ...<<

>>Jetzt sei doch nicht gleich beleidigt. Es geht ja nicht gegen dich. Ich finde es toll, was du alles aus dieser Rosalie herausgeholt hast. Die scheint ja eine wahre Fundgrube zu sein, was die Vergangenheit angeht.<<

>>Nicht nur das. Sie ist auch Esoterikerin und betrachtet die Dinge von einer anderen Warte aus.<<

>>Spannend. Die Dame muss ich mir merken.<<

Kimberlee sollte bald Grund bekommen, erneut Rosalies Rat zu suchen. Denn in einer Nacht passierte ihr wiederum etwas Unglaubliches. Bei einem ihrer Kontrollgänge sah sie ein junges Mädchen am Ende des Ganges in einem Rollstuhl sitzen. Es handelte sich eindeutig um keine Patientin der Station. Das Mädchen wirkte wie von einem Lichtspot angestrahlt, ohne dass es dafür eine Quelle gab. Erst als Kimberlee auf sie zuging, erkannte sie, dass das Licht von ihr ausging.

>>Hallo, wer sind Sie, und wo kommen Sie her?<<

Das Mädchen antwortete nicht. Es starrte nur stumm. Kimberlee überlegte, ob sie den Wachdienst zu Hilfe holen sollte. Aber was, wenn die Erscheinung ebenso plötzlich verschwunden wäre wie sie aufgetaucht war? Vom Stationstresen aus konnte Kimberlee nicht erkennen, ob das Mädchen noch immer dort war, deshalb bog sie erneut um die Ecke und sah, wie es sich mit einer alten Dame unterhielt, die ebenso illuminiert war. Die Szene hatte etwas Rührendes, denn die alte Dame strich dem Mädchen liebevoll übers Haar und küsste es auf die Stirn. Dann drehte sie sich um, winkte dem Mädchen noch einmal zu und verschwand dann in dem Zimmer.

Doch das Zimmer war mit einem älteren Herrn belegt, wie Kimberlee genau wusste. Als das Mädchen auch verschwand, betrat Kimberlee vorsichtig den Raum. Der alte Mann schlief ruhig in seinem Bett. Von der Dame gab es keine Spur.

Gleich am nächsten Tag kontaktierte Kimberlee Rosalie Edwards, eine Kollegin, etwa Mitte fünfzig, mit feinen, goldblonden Haaren, einem klaren Gesicht und ungewöhnlich blauen Augen.

>>Ich hörte von meiner Freundin und Kollegin, Brooke, dass Sie sich aufgrund Ihrer langen Tätigkeit in diesem Haus gut mit den Schicksalen ehemaliger Patienten auskennen.<<

>>Weiß Gott nicht mit allen. Dafür gibt es zu viele Abteilungen in der Klinik, aber mit einigen, die vor nicht allzu langer Zeit auf unserer Station gelegen haben, schon<<, sagte sie mit leiser, melodischer Stimme. >>Um wen geht es denn?<<

>>Einen Namen weiß ich leider nicht. Eigentlich geht es auch um zwei Personen, ein junges Mädchen im Rollstuhl und eine ältere Dame, die in Zimmer 7 gelegen haben muss. Die beiden sahen aus, als stünden sie sich sehr nahe.<< Kimberlee erzählte, was sie beobachtet hatte.

>>Ja, das ist eine traurige Geschichte<<, sagte Rosalie. >>Bei der alten Dame handelte es sich um eine gewisse Winnie Parker, die mit Herzproblemen eingeliefert wurde. Als ihre Enkelin Cecely davon erfuhr, ließ sie alles stehen und liegen und raste zu ihrer über alles geliebten Großmutter. Ihre Aufregung ließ sie unvorsichtig werden. Nicht auf den Verkehr achtend, lief das Mädchen vorne auf der Hauptstraße in ein Auto und wurde schwerverletzt in die Notaufnahme gebracht. Zu der Zeit war Winnie schon verstorben. Ihr Herz hatte einfach aufgehört zu schlagen. Cecely erlag nur eine Stunde später ihren schweren Verletzungen.<<

>>Aber warum saß sie dann in einem Rollstuhl?<<

>>Wahrscheinlich, weil sie unweigerlich in einem gelandet wäre, wenn sie den Unfall überlebt hätte.<<

>>Verstehe, es ist also nicht zwangsläufig so, dass Menschen, die einen Unfall hatten oder im Krieg ein Bein verloren, nach dem Tod wieder eine heile Gestalt aufweisen?<<

>>Nein, nicht zwangsläufig, wie es scheint. Immerhin schließen Sie nicht aus, dass es nach dem Tod irgendwie weitergeht?<<

>>Ich habe mich zuvor nie mit dem Thema befasst. Doch nachdem, was ich hier schon erlebt habe, bleibt mir wohl nichts anderes übrig.<<

>>Warum sind Sie Krankenschwester geworden, meine Liebe?<<

>>Weil es schon von Kindesbeinen an für mich keinen anderen Weg gab. Ich will mich wahrlich nicht als eine Mutter Teresa hinstellen, die nur ein Ziel hat – sich für andere aufzuopfern, aber der Beruf fasziniert mich einfach. Und der Gedanke, anderen ein wenig helfen zu können, ist eben auch vorhanden.<<

>>Danke für Ihre offenen Worte. Das Krankenhaus ist ein ganz besonderer Ort. Ist Ihnen das bewusst? Hier beginnt für viele das Leben, und hier hört es auch vielfach auf. Die vielen unterschiedlichen Energien, die hier freigesetzt werden, verschwinden nicht einfach, sondern bleiben mitunter noch lange erhalten. Deshalb müssen Sie solche Erlebnisse nicht ängstigen. Die meisten Geister sind Ihnen wohlgesonnen. Arme, verirrte Seelen, die mitunter noch nicht einmal erkannt haben, dass sie nicht mehr unter den Lebenden weilen.<<

>>Bei Ihnen klingt das alles so einfach.<<

>>Es ist einfach. Es gibt viele Existenzebenen, und manchmal ist es uns vergönnt, für wenige Augenblicke eine andere, fremde zu erschauen. Es ist, als würde sich ein Fenster öffnen.<<

>>Aber was ist mit den Spukerscheinungen, die einen erschauern lassen. Bei denen man das Gefühl hat, etwas Bösem gegenüberzustehen?<<

>>Ich habe nicht gesagt, dass es nur gute Geister gibt. Manche böse Entitäten machen dort weiter, wo sie aufgehört haben. Vor denen muss man sich in Acht nehmen. Ebenso ist es mit Dämonen, die nichts Menschliches an sich haben und einem grundsätzlich schaden wollen. Ich sehe, Sie stehen noch ganz am Anfang, mein Kind.<<

>>Ja, für mich ist das alles neu und unheimlich. Ich weiß auch nicht, ob ich unter diesen Umständen hierbleiben möchte.<<

>>Das ist Ihre freie Entscheidung. Aber denken Sie nicht, dass es in anderen Kliniken anders wäre. Es ist vielleicht weniger bekannt, weil die Menschen, die dort arbeiten, keine feinen Antennen für solche Phänomene haben. Doch Sie gehören offensichtlich nicht dazu.<<

>>Ja leider, ich habe mir diese Gabe nicht ausgesucht und würde nur allzu gern darauf verzichten.<<

>>Sagen Sie das nicht. Es würde Sie um einzigartige, wunderbare Erfahrungen bringen.<<

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