Читать книгу Heilmittel der Sonne - eBook - Margret Madejsky, Olaf Rippe - Страница 8

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Sonnentiere

Die Schlange

Schlangen begegnen uns weltweit in Schöpfungsmythen. Kein anderes Tier ist mit den Sonnengöttern enger verknüpft. Im alten Ägypten verkörperte sie noch die archaische Grundkraft im Anbeginn der Welt. Dem Mythos zufolge entstieg der Sonnengott Ammun-Re dem leuchtenden Ei, das die Riesenschlange Apophis einst in das finstere Urmeer (Chaos) spie. Die Ägypter nannten die Schlange »Trägerin der Sonnenscheibe«. Sie stellten sich vor, dass der Sonnengott nachts, wenn er für die Menschen unsichtbar ist, auf ihrem Rücken durch die Unterwelt gleitet.

Leben im Sonnenrhythmus

Die Sonne ist das Lebenselixier dieses urzeitlichen Reptils. Die meisten Schlangen tummeln sich daher rund um den Äquator, im Hitzegürtel der Erde. Nur sehr kalte Regionen wie die Polargebiete oder manche Inseln (Irland) konnte das zähe Geschöpf, das selbst die Dinosaurier überdauert hat, nicht erobern. Vom Sonnenfeuer hängt nämlich der Lebensrhythmus der Landschlangen ab. In Mitteleuropa kriechen sie mit der Frühlingssonne aus ihren Schlupfwinkeln hervor und ziehen sich im Herbst wieder zurück. Sie teilen das Jahr somit in zwei Hälften. Fruchtbarkeitsgöttinnen wie Demeter oder Persephone wurden daher oft mit Schlangen dargestellt. Wie die Vegetationsgötter, so weilt auch deren heiliges Tier im Sonnenhalbjahr auf der Erde und ruht im Winter.


Ouroboros: Die Schlange, die sich in den Schwanz beißt, scheint sich gleichzeitig zu verschlingen und aus sich selbst zu gebären. Damit verkörpert sie den ewigen Kreislauf des Lebens und das Prinzip der Wiedergeburt. (Fred Weidmann, 2001)


Schlange und Ei. Kultstein aus römischer Zeit, eingemauert im ehemaligen Kloster Karthaus im Schnalstal, Vinschgau.

In unseren Breiten kreuzen Schlangen allenfalls verborgene Pfade abseits der Zivilisation. Wenn überhaupt, dann erblicken wir sie früh morgens oder am Spätnachmittag, wenn sie, auf Steinen oder Baumstümpfen liegend, ein Sonnenbad nehmen. Ihr Anblick löst unwillkürlich Angst aus. Obwohl sie meist nur für Kleintiere eine wirkliche Bedrohung darstellen, machte die christlich geprägte Phantasie hinterhältige und bösartige Gifttiere aus ihnen. Ursprünglich ist die Schlange aber ein Krafttier der Sonne. Der Volksmund sagt heute noch, dass sie ihr Gift aus der Sonne zieht, und eben dieses Gift gilt seit langem als Lebenselixier.

Schlangengift als Lebenselixier

Weshalb wir den Reigen der Sonnenheilmittel mit Schlangengift eröffnen, erklärt sich durch unsere Begegnung mit Scheich Ali. Wir lernten ihn vor vielen Jahren im Sinai kennen. Er führte uns damals mit seinen Kamelen durch die Wüste. An dem Beduinen mit dem sonnengegerbten Gesicht fielen uns sofort die Lebensenergie und Ausdauer auf. Während wir von der Hitze ausgelaugt auf den Kamelen dahinschaukelten und literweise Wasser in unsere ausgedörrten Kehlen schütteten, legte Ali mühelos viele Kilometer zu Fuß zurück!


Mit ihrem starren Blick gilt die Schlange, hier eine Klapperschlange, als allessehendes Tier der Weisheit.

Scheich Alis Schlangenkur

Eines Abends verriet uns der alte Beduine die Quelle seiner Lebenskraft. Einmal im Jahr geht er mit seinem Kamel allein in die Wüste, um eine bestimmte Baumschlange zu suchen. Sie lauert hinter Sträuchern oder schnellt aus Bäumen auf ihr Opfer herab und zählt zu den giftigsten Schlangen des Sinai. Ali erklärte uns, dass ihr Biss tödlich endet, wenn man nicht unverzüglich verhindert, dass sich das Gift im Körper ausbreitet. Er schilderte uns lebhaft gestikulierend, dass er das gebissene Glied notfalls abschneiden müsse.

So wie also unsereins im Frühling nach Brennnesseln Ausschau hält, fängt der Scheich eben einmal jährlich diese Schlange! Hat er sie überlistet, dann kocht er sie sieben Stunden und verzehrt sie. Schließlich durchlebt er in sieben Decken gehüllt eine Heilkrise – mit Schüttelfrost und Fieberdelirium. Jeden Morgen legt er eine Decke beiseite. Wenn er am Morgen des siebten Tages, des Sonn(en)tages, vom Fieber erwacht und die letzte Decke entfernt, dann ist auch die Heilkrise überstanden, und Ali fühlt sich wie neugeboren.

Tier der Unsterblichkeit

Die sich regelmäßig häutende Schlange scheint mit unerschöpflicher Regenerationskraft ausgestattet zu sein und gilt daher seit Urzeiten als Tier der Unsterblichkeit. Besonders die Darstellung als Ouroboros – die Schlange, die sich in den Schwanz beißt – symbolisiert den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen sowie die Wiedergeburt.

Seit langem versuchen wir Sterbliche, unsere Lebenskraft mit Hilfe von Schlangenelixieren zu stärken. Bereits aus den ältesten schriftlichen Überlieferungen der chinesischen Medizin geht hervor, dass Schlangenteile als Heilmittel dienten. Der griechische Arzt Galenos (2. Jh. n. Chr.) führte die Schlange in die abendländische Medizin ein. Zu seiner Zeit enthielten zahlreiche Rezepturen Giftschlangen als Ganzes. Scheich Alis Schlangenkur dürfte ein Relikt aus jener Epoche sein. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Samuel Hahnemann (1755 – 1843), der Begründer der Homöopathie, ein ähnliches Schlangenelixier beschrieb: »Zu dieser Absicht werden die (…) Schlangen mit Wasser bei langsamem vielstündigem Feuer so lange in einem Geschirre mit verklebtem Deckel gekocht, bis die Brühe (Jus viperinum) gallertartig wird.« (S. Hahnemann: Apothekerlexikon Bd. II S. 355). Diese Schlangenbrühe stand laut Hahnemann in dem Ruf, dass sie teelöffelweise eingenommen, »mit großem Erfolg« Skrofeln, Hautausschläge und sogar fressende Geschwüre heilen könne.

In der Volksmedizin überdauerten allerlei Schlangenrezepturen viele Jahrhunderte. In der alpenländischen Volksmedizin erhielt sich beispielsweise lange Zeit der Vipernalkohol, ein Alkoholauszug aus der Aspisviper, der im Vinschgau einst als lebensverlängerndes Elixier geschätzt wurde. Von einer weiteren volksmedizinischen Schlangenzubereitung erzählte uns ein befreundeter Makedonier, in dessen Familie fast alle hundert Jahre alt wurden. Er führte diese außergewöhnlich lange Lebenserwartung auf mehrere Faktoren zurück: frische Luft, sauberes Wasser, karge Hirtenkost, kein Stress und eben eine spezielle Schlangenmedizin. Dazu fingen die Alten eine Giftschlange (»orcha«) und legten diese zu - sammen mit Paprika in Essig und Öl ein. Im Winterhalbjahr gab es dann täglich von der eingelegten Paprika, in welche die Schlangenkraft übergegangen war, zu essen.

Zu königlichem Ruhm brachte es auch der Theriak, das berühmteste mittelalterliche Allheilmittel, Universalgegengift und Verjüngungselixier. Damals enthielt er neben mineralischen (z. B. Eisensulfat) und pflanzlichen Bestandteilen (z. B. Opium, Engelwurz) ebenfalls noch Schlangenteile. Einerseits wollte man durch den Zusatz von Giftschlangen eine gewisse Immunität gegenüber allen möglichen Giften erreichen. Andererseits erhoffte man sich, auf diese Weise die Eigenschaften auf den Menschen zu übertragen, die man der Schlange zusprach: Weisheit, Unverwundbarkeit, Regenerationskraft und ewiges Leben.


Giftschlange in Alkohol, aufgenommen auf einer Schlangenfarm in Zypern.

Symbol der Heilkunst

Schlange und Heilkunst sind bis heute untrennbare Begriffe. Die Schlange, die sich um den Äskulapstab windet und ihr Gift in eine Schale entleert, ist über Jahrhunderte hinweg das Machtsymbol der Ärzte geblieben. Es geht auf den prähellenischen Schlangengott Asklepios zurück. Er war der Sohn des Sonnengottes Apollon. Dem Mythos zufolge wurde der göttliche Arzt von dem heilkundigen Kentauren Chiron aufgezogen. Von Apollon erhielt er eine Schlange, die ihn in die Geheimnisse der Heilkunst einweihte. Asklepios besaß auch zwei Schalen voll Blut der Medusa, einem furchterregenden Wesen mit Schlangenhaar, die ihm Zauberkräfte verliehen. Mit dem Blut der einen Schale konnte er töten, mit dem Blut der anderen Schale Tote wiederbeleben. Dieses Bild symbolisiert die fließende Grenze zwischen Gift und Arznei; das griechische Wort »Pharmakon» bezeichnete ursprünglich beides. In der Schlange vereinen sich diese Gegensätze zu einem Arcanum (wahre Arznei). Die Wirkung von Alis Schlangenkur ist allerdings bei Normalsterblichen unberechenbar, also nicht nachahmenswert. Die modernen Möglichkeiten, sich Schlangenkräfte einzuverleiben, verdienen dagegen weit mehr Beachtung.

Schlangengifte in der Homöopathie

Im 19. Jahrhundert erlebte die Schlangenmedizin eine Art Renaissance. Erste empirische Untersuchungen weckten die Hoffnung, in diesen Tiergiften wirksame Arzneien für Virusinfektionen sowie für neurologische Erkrankungen gefunden zu haben. Doch bis dahin war deren Gebrauch mit erheblichen Risiken verbunden wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Störungen oder mit allergischen Reaktionen bis hin zum Schock. Doch Constantin Hering (1800–1880), ein Pionier der Schlangengiftforschung, erkannte in der Homöopathie, die seiner Zeit immer größere Kreise zog, neue Möglichkeiten. Angetrieben von fieberhaftem Forscherdrang reiste er nach Surinam und berichtete von dort erfreut: »Endlich hatte ich denn das Vergnügen, den 28. Juli 1828 des Mittags, eine, durch den kühnen Jäger zwar halb erschlagene, aber doch noch brauchbare, große, wirklich grässliche Giftschlange zu erhalten. Es war Trigonocephalus Lachesis (…).« (Constantin Hering: Einiges über das Schlangengift Lachesis, 1831).


Das Haupt der Medusa schmückt die Eingangstür zur Stuckvilla in München.

Seinen ersten Selbstversuch machte Constantin Hering unfreiwillig, als er das Giftdrüsensekret des Buschmeisters mit Milchzucker verrieb und versehentlich ein wenig davon einatmete. Kurz darauf litt er unter Halsschmerzen, denen die viel zitierten Leitsymptome der homöopathischen Lachesis folgten wie etwa Argwohn und Redseligkeit. Seine Forschungsergebnisse bildeten lange Zeit die Hauptquelle für die Anwendung von homöopathischen Schlangengiften. Durch ihn fand vor allem das Giftdrüsensekret des Buschmeisters (Lachesis) Eingang in den homöopathischen Arzneischatz, aus dem Lachesis heute nicht mehr wegzudenken ist. Für den berühmten Homöopathen James Tylor Kent (1849–1916) zählte es bereits zu den Polychresten: »Lachesis scheint für das ganze Menschengeschlecht zu passen, denn das Wesen des Menschen entspricht dispositionsgemäß und charakterlich der Schlangennatur (…)« (Edward Heits, Hrsg.: Kents Arzneimittelbilder).

Homöopathisch zubereitet, also nach den Regeln der Kunst verdünnt und verschüttelt, erwiesen sich Schlangengifte bald als nebenwirkungsarm und dennoch heilkräftig. Ausgangssubstanz für das Homöopathikum ist das frische Giftdrüsensekret. In der Trockenmasse finden sich über 90 Prozent Eiweiße, die je nach Zusammensetzung Blut, Herz oder Nerven schädigen.

»Ähnliches mit Ähnlichem heilen« lautet der Grundsatz der Homöopathie. Somit sind homöopathische Schlangengifte in erster Linie Blut-, Herz- und Nervenheilmittel.

Infektabwehr mit Lachesis

Die heutige Homöopathie bedient sich mehrerer Schlangengifte. In homöopathischer Form zeigen alle einen abwehrsteigernden Effekt und sind bei bakteriellen oder viralen Infekten hilfreich. In Kombination mit Sonnenpflanzen wie Echinacea wirkt Lachesis wie ein »homöopathisches Antibiotikum« (Vera Rosival: Die Homöopathische Hausapotheke, 2010).

Verwendet werden aber auch die Gifte der Klapperschlange (Crotalus horridus), der Korallenotter (Elaps corallinus) oder der bei uns einheimischen Kreuzotter (Vipera berus). Am häufigsten gebraucht man jedoch das potenzierte Gift des Buschmeisters (Lachesis muta; Grubenotter; Mittel- und Südamerika). Es gilt als zuverlässiges Heilmittel bei Blutvergiftung (Sepsis), die beispielsweise von eitrigen Wunden ausgehen kann.

Eben weil der Biss der Giftschlange Sepsis ähnliche Erscheinungen hervorruft, regen Tiefpotenzen (Lachesis D8) die körpereigene Gegenregulation an. Vor allem in Kombination mit dem abwehrsteigernden Sonnenhut beeinflussen sie den Krankheitsverlauf günstig. Rechtzeitig eingenommen, schützen Schlangenpräparate (siehe Tabelle) sogar vor Ansteckung, wenn wieder einmal die Grippewellen anrollen.

Blutdruckregulierung mit Naja

Das Gift der Kobra (Naja tripudians; Giftnatter; Indien) konzentriert seine Wirkung eher auf das Herz, das es zuerst erregt, später lähmt und zuletzt zum Stillstand bringt. Es zählt mit zu den tödlichsten Tiergiften, denn ein Gramm Kobragift könnte 150 Menschen töten! Eben wegen der Giftwirkung auf das Herz sind Tiefpotenzen (z. B. Naja D8) angezeigt, wenn nach Infekten Herz- oder Kreislaufbeschwerden zurückbleiben. Kobragift wirkt, ähnlich wie Lachesis, einer Blutvergiftung entgegen, aber es verhindert vor allem, dass Bakterientoxine das Herz belasten. Das homöopathische Naja senkt und reguliert außerdem noch den Blutdruck (z. B. Horvi-Enzym Naja mite Liquidum). Neben dem Sonnenmetall Gold gehört Naja also zu den Mitteln, die bei zahlreichen Herzbeschwerden Anwendung finden.

Schlangengifte regulieren die Hormone

Lachesis und Naja bewähren sich ebenso bei Wechseljahresbeschwerden (z. B. Lachesis D12). Zwar ersetzen die Schlangengifte keine Hormone (Östrogene), aber eine Hormonsubstitution ist auch nur in wenigen Fällen wirklich nötig. Beide greifen eher regulierend in den Hormonhaushalt ein. Ihr Hauptangriffspunkt ist die Schilddrüse. Herzklopfen, Unruhezustände und Hitzewallungen treten oft durch eine Fehlfunktion derselben verstärkt auf.

Rezept: Moderner Theriak

Das mittelalterliche Lebenselixier enthielt ursprünglich mehrere Dutzend Bestandteile. Die kräftigende, entgiftende und abwehrsteigernde Wirkung erreicht man gleichermaßen mit wenigen Sonnenmitteln.

• Angelica archangelica Urtinktur (Erzengelwurz) 10 ml

• Echinacea angustifolia Urtinktur (Sonnenhut) 20 ml

• Pyrit D6 (Eisensulfid) 10 ml

• Vipera berus D12 (Gift der Kreuzotter) 10 ml

Über eine Apotheke von DHU bestellen und mischen lassen.

Vitalisierende Kur: Zur Abwehrsteigerung 2- bis 3-mal täglich 15 bis 20 Tropfen pur oder in etwas Wasser einnehmen.

Eine weitere Gemeinsamkeit sind Schluckbeschwerden und Beengungsgefühle, die wiederum von der Schilddrüse ausgehen können. Wir merken uns das leicht, wenn wir uns vorstellen, dass Schlangen ihre Beute im Ganzen verschlingen. Im Magen einer 5, 5 Meter langen Python wurde einmal sogar ein Leopard gefunden (vergleiche Roland Bauchot: Schlangen). Dass es dabei eng wird, ist doch klar! Naja- Typen fassen sich jedenfalls oft an den Hals, wo sie Enge fühlen. Lachesis-Typen meiden Rollkragenpullis in der Regel ganz und mögen auch sonst keine enge Bekleidung (z. B. Gürtel).

Häutung der Seele durch Schlangengifte

Ein Mythos erzählt, wie der Sonnengott Re aufgefordert wurde, sich selbst zu erkennen. Die Mondgöttin Isis nahm den Speichel, den Re zur Erde tropfen ließ, vermengte diesen mit Lehm und formte daraus eine Schlange. Als Re durch sein Königreich wanderte, biss ihn die Schlange und er litt fürchterlich. Schließlich bat er die Mondgöttin, ihm zu helfen. »Nenne mir deinen Namen, göttlicher Vater«, forderte Isis. Erst durch die Wiederholung seines Namens in einer Beschwörungsformel wurde Re von seinen Qualen befreit. Hier begegnet uns die Botschaft: »Erkenne Dich selbst.«

Gerade nach Abschluss wichtiger Lebensphasen stellt sich oftmals die Frage nach dem Woher, Wohin und Weshalb. Die Wechseljahre der Frau oder die Midlife-Crisis des Mannes bilden eigentlich die Schwelle zur Weisheit des Alters. Viele verschließen die Augen vor ihrer inneren Wahrheit, oft aus Angst vor Verlusten. Hochpotenzierte Schlangengifte (D30) rufen die Urgründe der Seele ins Bewusstsein.Wer sie einnimmt, macht zuweilen eine Häutung der Seele durch. Weil oft schon eine Dosis tief in die Psyche eindringt und lange nachwirkt, wählt man das Mittel sorgfältig. Skizzieren wir also kurz, für wen Lachesis oder Naja ein Mittel der Seele ist.

Schlangenkur mit Reintoxinen

Aufgrund des Eiweißgehaltes war der heilkundliche Gebrauch von Schlangengiften lange Zeit mit gesundheitlichen Gefahren bis hin zum anaphylaktischen Schock verbunden. Erst vor wenigen Jahrzehnten gelang es Waldemar Diesing, dem Gründer der Heilmittelfirma Horvi, die Eiweiße aus Schlangengiften zu entfernen. Horvi hat sich seither auf die Herstellung der Reintoxine (gereinigte Schlangentoxine = enteiweißte Rohgifte) spezialisiert. Diese enthalten bis zu 50 verschiedene Enzyme, auf denen die Heilwirkung der Horvi-Präparate beruht. Beim Menschen machen Schlangenenzyme das Blut dünnflüssiger, feuern den Stoffwechsel an und regulieren den Säuregehalt des Blutes. Bei akuten Infekten oder bei chronisch geschwächtem Immunsystem von der Allergie bis hin zum Krebs unterstützen sie das Blut in seinen vielfältigen Abwehrfunktionen. Die Giftkonzentration der Reintoxine entspricht etwa dem Verdünnungsgrad einer homöopathischen D6. Mit ihnen ist daher ebenfalls eine gefahrlose »Schlangenkur« möglich. Langfristig eingenommen bewirken sie eine tiefgreifende Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte. Die Schlangenpräparate von Horvi müssen heute aus Holland importiert werden von Horvi-Enzy Med (www.horvi-enzymed.nl).

Lachesis – Tratschtante mit Giftspritze

Mit ihrer gespaltenen Zunge verführte die Schlange bereits Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis zu kosten. Der Menschentyp, für den Lachesis ein Heilmittel der Seele wäre, hätte dies durch pausenlose Zurede erreicht. Lachesis-Typen erkennt man leicht: Sie reden ohne Punkt und Komma. Wie die überzeugungskräftige Paradiesschlange, so zeichnen sich diese Menschen durch ihre Redseligkeit aus. Sie sind jedoch äußerst sprunghaft und zerfahren. Während andere nur geschwätzig sind (z. B. Cimicifuga), dramatisiert Lachesis gerne, sie gestikuliert lebhaft und legt auch mal Hand an, damit man ihr zuhört. Fast jeder kennt eine solche Klatschbase, die ständig am Telefon hängt, um ihre Mitmenschen auf dem Laufenden zu halten. Natürlich gibt es auch Lachesis-Männer. Die findet man gehäuft in Vereinen oder an Stammtischen, wo sie gerne Reden schwingen. Der Seelenzustand, in dem sich solche Menschen befinden, gleicht einem Topf, der überzukochen droht. Misstrauen ist ein weiterer Wesenszug. Lachesis-Typen haben manchmal Angst, vergiftet oder hintergangen zu werden. Das kommt nicht von ungefähr. Sie kennen diese allzu menschlichen Eigenschaften, wie etwa Eifersucht oder Rachegefühle von sich selbst und würden vielleicht selbst gerne mit der Giftspritze hantieren – zum Glück nur in ihrer überschäumenden Phantasie, denn Lachesis mordet eher mit dem Mundwerk.



Schlangengott Naga, Tibet: Beschützer der buddhistischen Lehre und Behüter der Weisheit; hilft Hass, Neid und Unwissenheit überwinden.

Innere Ruhe finden

Mit der Gabe einer Hochpotenz (Lachesis D30) verwandelt sich der beschriebene Typ nicht gleich in ein ruhig vor sich hin strickendes Tantchen oder etwa in einen sanftmütigen Stubenhocker. Es kommen vielmehr Bewusstwerdungsprozesse in Gang, die den Grund der inneren Unruhe aufdecken. In Gedanken oder Träumen dringen Wahrheiten an die Oberfläche. Sie bilden den Ausgangspunkt für einen neuen, von mehr Ausgeglichenheit begleiteten Lebensabschnitt. In jedem Fall zählt Lachesis zu den wichtigsten homöopathischen Arzneien bei Beschwerden in den Wechseljahren. Charakteristisch ist für Lachesis-Typen, dass sie nicht schwitzen können. Schlangen können nämlich auch nicht schwitzen. Eben weil sie über keine Möglichkeit der Wärmeregulation durch Schweißabsonderung verfügen, meiden sie die Mittagshitze und verkriechen sich an heißen Tagen. Daher ist es kein Wunder, dass Hitzeintoleranz ebenfalls zu den Leitsymptomen von Lachesis sowie von anderen Schlangenmitteln gehört.

Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen … (Jesus an seine Jünger, Matthäus 10,16)

Ergänzend erleichtern Heilpflanzen die Häutung der Seele im Wechsel, z. B. in Form von Bädern, Einreibungen oder Tees. Baldrian, Hopfen oder Lavendel kühlen das Temperament und Melisse oder Wolfstrapp zügeln die Schilddrüse, damit die innere Ruhe wiederkehrt.

Naja – Sorgen lasten auf dem Herz

Bei Menschen, für die Naja in Frage kommt, schlagen sich Kummer und Ärger und überhaupt alle Leiden auf das Herz nieder. Seelische Beklemmung macht sich durch Atemnot, Herzrasen oder -stolpern bemerkbar. Naja-Typen haben manchmal das Gefühl, dass ihr Herz so heftig klopft, dass andere es hören könnten. Sie zeigen sich entweder nervös oder wie gelähmt. Im Gegensatz zu Lachesis schweigen oder brüten sie häufiger.

Auf ihrem Herz lasten Ängste, Erinnerungen an Kränkungen und Enttäuschungen sowie eingebildete Sorgen. Die Furcht, alleingelassen zu werden, hat sich in die Seele eingegraben. Melancholie bis hin zur Verzweiflung ist die Folge, und Schlafstörungen zerrütten die Nerven zusätzlich. Das Herz ist aber das Organ der Selbsterkenntnis. Es erkrankt bei Naja an der düsteren Sichtweise.

Blicken wir daher lieber hinter die Dinge, so wie es auch die Schlangen tun, und entdecken neue Ziele und Lebensinhalte.

Tier der Weisheit

Als feuerspeiender Erdwurm oder geflügelter Drache begegnen uns Schlangen auch in der nordischen Mythologie. Sie hüten Schätze oder Geheimnisse und gelten seit Urzeiten als kluge Tiere.

Wenn sie spiralförmig eingeringelt mit majestätisch erhobenem Kopf daliegen, scheint ihre Haltung von Weisheit zu zeugen. In ihr finden wir die Widerspiegelung der Sonnenspirale, die den gewundenen Pfad zum Bewusstsein symbolisiert.


Schlangenbeschwörer mit Kobra.


Kreuzotter im Mangfalltal.

Die unbeweglichen Lider der stets geöffneten Schlangenaugen vermitteln ebenfalls den Eindruck von steter Wachsamkeit. Schlangen besitzen in der Tat ein ausgeprägtes Sehvermögen. Sie können Infrarotstrahlung wahrnehmen, einfacher ausgedrückt: Sie sehen die Wärmestrahlung im Dunkeln und erblicken ihr Opfer sogar in der Dämmerung.

Im übertragenen Sinn wecken homöopathische Schlangengifte die Sinne und schärfen vor allem den Blick für das Wesentliche. Wenn wir wollen, dass das, was wir dann sehen, ein Lichtblick ist, unterstützen wir die Häutung der Seele mit weiteren Heilmitteln der Sonne.

Schlangenpräparate und ihre Anwendungsgebiete

Abwehrsteigerung

Pascoleucyn N (Tropfen; Pascoe), enthält u.a. Echinacea Urtinktur und Lachesis D8: eignet sich zur Erkältungsprophylaxe und Behandlung akuter grippaler Infekte mit Erschöpfung.

Lymphaden Hevert Complex (Tropfen; Hevert), enthält u.a. Conium D4 und Lachesis D6: bewährt bei chronischen Infekten mit Lymphknotenschwellung (z. B. Pfeiffersches Drüsenfieber) sowie als Begleitmittel bei Krebserkrankungen mit Lymphbeteiligung.

Lachesis comp. (Globuli; Wala), enthält u. a. Lachesis D11: bewährtes Begleitmittel bei bakteriellen und fieberhaften Infekten, speziell bei eitriger Rachenmandelentzündung.

Blutdruckregulierung

Horvi-Enzym-Naja mite oder forte (Liquidum; Horvi-Enzy Med, Holland), enthält Reintoxin von Naja: senkt erhöhten und reguliert schwankenden Blutdruck; ergänzt bei Neigung zu Bluthochdruck die Gold-Therapie.

Horvi-Enzym-Psy 4 comp.4 (Liquidum; von Horvi-Enzy Med, Holland), enthält u. a. Reintoxine von Crotalus (Klapperschlange): reguliert den Kreislauf bei Neigung zu erhöhter Herzfrequenz (z. B. paroxysmale Tachykardien).

Neuralgien und Schmerzsyndrome

Horvi-Enzym-Chiroprac (Salbe; Horvi Enzy Med, Holland), enthält u. a. Reintoxin von Naja: bewährt zur schmerzlindernden Einreibung von überlastungsbedingten Muskel- oder Gelenkschmerzen sowie bei Muskel- oder Gelenksentzündungen und Hexenschuss.

Horvi-Enzym-Serpalgin (Liquidum und Salbe; Horvi-Enzy Med, Holland), enthält u. a. Reintoxine von Lachesis und Naja: bewährtes Begleitmittel bei Nervenschmerzen, speziell bei Gürtelrose (Herpes zoster, Zosterneuralgie).

Schilddrüsenleiden und Wechseljahre

Ignatia comp. (Globuli; Wala), enthält u. a. Ignatia D3 und Lachesis D11: zur Begleitbehandlung von leichten Formen der Schilddrüsenüberfunktion in den Wechseljahren, vor allem bei Neigung zu innerer Unruhe und depressiven Verstimmungszuständen.

Spongia F Komplex Nr. 70 (Nestmann), enthält u.a. Apis D4 und Lachesis D10: zur Begleitbehandlung von Schilddrüsenknoten oder -zysten mit Neigung zu Halsbeengung (Globus hystericus) und Räusperzwang.

Strontium F Komplex Nr. 71 (Nestmann), enthält u.a. Apis D4 und Lachesis D10: zur Begleitbehandlung von Schilddrüsenfehlfunktion mit Neigung zu Herzklopfen, Unruhe und Schlafstörungen; wegen der jodhaltigen Inhaltsstoffe nicht bei Hashimoto einnehmen!


Homöopathische Heilmittel aus dem Gift der Kobra werden vor allem für Herzleiden und Depression verwendet. (Stahlstich, 1859)

»Die Erfahrung lehrt, dass kein Tier als vernünftiges Tier dem Menschen so gleicht wie die Bienen. Ihre natürliche Weisheit kann nicht geleugnet werden.« (Paracelsus)

Die Biene

Honigbienen (Apis mellifica) leben ganz im Rhythmus der Sonne und der Jahreszeiten.Wenn sich im Frühling unzählige Bienen an den Blüten laben, merkt auch der letzte Winterschläfer, dass die kalte Jahreszeit vorbei ist.

Als Frühlingsbotin ist die Biene das heilige Tier der Fruchtbarkeitsgöttin Persephone. Kehrt die Göttin zusammen mit ihren geflügelten Gefährtinnen aus der Unterwelt zurück, erwacht die Erde endlich wieder zu neuem Leben.

Sonnenleben der Biene

Bienen schwärmen nur aus, wenn es warm ist. Im Winter finden wir sie dagegen dicht zusammengedrängt um ihre Königin, wo sie ihren Nahrungsvorrat aufzehren, denn zum Fliegen und Sammeln ist es zu kalt. Bewegung, Licht und Wärme im Gegensatz zu Erstarrung, Dunkelheit und Kälte prägen das Bienenleben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das einzigartige Phänomen, dass, unabhängig vom Wetter, im Bienenstock immer eine gleich bleibende Temperatur herrscht, die in etwa unserer Körpertemperatur entspricht. Im Winter kontrahiert die Biene rhythmisch ihre Brustmuskulatur, um Wärme zu erzeugen. Dagegen legen Bienen im Sommer einen Wasserfilm über die Waben, um diese abzukühlen. Die Ähnlichkeit zum Menschen ist verblüffend. Ist uns kalt, fangen wir an zu zittern, um Wärme zu erzeugen. Dagegen schwitzen wir, wenn uns zu warm ist, um uns abzukühlen. Dies entspricht ganz dem ausgleichenden Sonnenprinzip.

Weitere Sonnensignaturen sind der zentrierte Aufbau des Bienenvolks mit der Königin als Mittelpunkt und das soziale Wesen der Biene. Bekanntlich lebt und arbeitet die Biene für das ganze Volk, besonders aber für die Königin. Wir finden hier eine Übereinstimmung mit dem kreisförmigen Sonnensymbol. Der Kreis entspricht dem Bienenvolk und unserem sozialen Umfeld, der Punkt in der Mitte der Königin und unserem Ich-Bewusstsein. Eben aus diesem Grund zählt die Bienenkönigin (Apis regina) in der Anthroposophischen Medizin zu den Ich-stärkenden Arzneitieren (siehe Aurum/Apis regina comp. von Wala; Seite 216).

Unübersehbar ist auch der Aufbau der Bienenwabe nach dem Formprinzip der Sonne, dem Sechseck. Hierin sind Bienen unerreichte Baumeister.


Nicht nur der Honig, auch das Sechseck der Wabe und der zentrierte Aufbau des Bienenstaates um die Königin (markiert mit einem weißen Punkt), macht die Biene zu einem Sonnentier.

Mit dem Nektar, welchen die Bienen in Honig umwandeln, bringen sie uns sogar die Sonne ins Haus. Die Biene lebt also nicht nur im Rhythmus der Sonne, sondern sie ernährt sich auch von stoffgewordener Licht- und Wärmeenergie.

Schließlich ist da noch ihr »Sonnentanz«. Durch Duftmarken und kreisförmige, tänzelnde Bewegungen, die sich am Sonnenstand orientieren, zeigt die Sammelbiene den anderen die Entfernung und die Himmelsrichtung zur nächstbesten Futterquelle. Auch über die Art des Futters gibt ihr Tanz Auskunft. Vieles macht die Biene also zu einem Tier der Sonne. Ebenso finden sich Analogien zum Menschen, für den die Biene auch ein bedeutendes Heilmittel ist.

Bienengift als Heilmittel

Eine eher unangenehme Begegnung mit der Biene dürfte für viele wohl ihr Stich sein. Meistens führt er zu einer schmerzhaften und heißen Schwellung. Hier kann das Auflegen frisch zerquetschter Spitzwegerichblätter Linderung bewirken, und das Combudoron Gel von Weleda wirkt ebenfalls abschwellend und kühlend.

Was als Gift überaus feurig wirkt, wird als Homöopathikum zum regelrechten Feuerlöscher. Indianer gebrauchen veraschte Bienen schon lange gegen Entzündungen und Ödeme. Als Arzneitier fand die Honigbiene (Apis mellifica) im 19. Jahrhundert Eingang in den Arzneischatz der Homöopathie. Der Ähnlichkeitsregel entsprechend gebraucht man Apis mellifica als Heilmittel gegen eine Vielzahl entzündlicher Schwellungen, besonders solche, die mit leichter Rötung sowie mit stechenden oder brennenden Schmerzen einhergehen, z. B. Harnblasen- oder Rachenmandelentzündungen (z. B. Apis mellifica C30). Auch bei Autoimmunleiden wie Rheuma, bei Heuschnupfen oder allergischen Schwellungen wie etwa bei Quincke-Ödem hat sich Apis bewährt. Als Erste-Hilfe-Mittel bei Allergien und als Soforthilfe bei einem Bienenstich ist es, zusammen mit Lachesis, unübertroffen (siehe Rezept). Nicht zuletzt gehört Apis zu den großen Zystenmitteln und bewährt sich in der Frauenheilkunde sowohl bei Brust- oder Schilddrüsenzysten (z. B. Einreibung mit Apis mellifica 1 % Salbe von Weleda) als auch bei Eierstockszysten (z. B. Kur mit Magnesium sulfuricum/Ovaria comp. von Wala).

Ein weiterer Hinweis für die Wirkung von Apis bei Autoimmunleiden ist die wesentlich größere Honigausbeute, wenn Bienenstöcke auf »Störzonen« liegen,

Rezept: Bienengift bei Allergien

Das folgende Rezept kann bei allergischen Hautleiden wie Urtikaria oder als Begleitmittel bei Quincke-Ödem versucht werden. Es stellt vor allem eine sanfte Form der Desensibilisierung dar, die in den beschwerdearmen Phasen vorbeugend durchgeführt werden sollte:

• Apis mellifica Dil. D12 (Honigbiene)

• Histaminum Dil. D12 (Histamin)

• Lachesis D12 (Buschmeisterschlange)

• Solidago virgaurea Urtinktur (Goldrute)

• Urtica dioica Dil. D4 (Brennnessel)

jeweils 20 ml.

Über eine Apotheke von Spagyra bestellen und mischen lassen oder selber bestellen (www.spagyra.at) und mischen. Dosis: Im Akutfall alle 30 Minuten 8 bis 10 Tropfen (maximal 5- bis 7-mal). Vorbeugend 2- bis 3-mal täglich 10 bis 15 Tropfen im Mund zergehen lassen. Ergänzend lässt sich die Allergiebereitschaft durch Kalziumgaben senken (z. B. Calcium Quercus Globuli von Wala) sowie mit Vitamin C und Zink. z. B. Wasseradern oder Erdverwerfungen. Ein längerer Aufenthalt auf solchen geologischen Phänomenen führt beim Menschen auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen, vor allem zu Störungen im Immunsystem. Nun ist aber eine alte Regel, dass das Heilmittel häufig dort zu finden ist, wo auch das Leiden seinen Ursprung hat. Tiere wie die Biene, aber auch bestimmte Pflanzen, z. B. Mistel oder Efeu (siehe Kapitel »Winter«), die sich auf Störzonen wohlfühlen, wirken in geeigneter Zubereitung heilend auf unser Immunsystem ein.

Für die homöopathische Anwendung von Apis spricht ferner: Verschlimmerung des Leidens durch Hitze und eine verstärkte Schweißneigung; daher auch die Anwendung bei klimakterischen Beschwerden wie Hitzewallungen. Solche Menschen scheinen – wie Ikaros – vom Wesen der Sonne verbrannt worden zu sein. Tatsächlich empfindet der Menschentyp, für den Apis ein Heilmittel ist, die Sommerhitze als unerträglich. Apis-Typen findet man daher an heißen Tagen meist fächelnd im Schatten, eventuell mit einem Bein im kühlen Wasser.

Feurige Witwe mit Putzfimmel

Normalerweise kümmern sich Bienen um nichts anderes als um ihre Arbeit, sei es als Amme zur Aufzucht der Brut oder als Sammlerin von Nektar. Daher spricht man auch von der fleißigen Biene.

Manche Menschen verhalten sich ganz ähnlich. Insbesondere jene Menschentypen, die sich unentwegt beschäftigen und zu den übereifrigen Putzteufeln oder zu den unermüdlichen Arbeitstieren gehören, sollten einmal eine Konstitutionsbehandlung mit der homöopathischen Biene machen (z. B. einmal wöchentlich eine Gabe Apis mellifica D30). Manchmal bewirkt eine solche Konstitutionsbehandlung, dass sogar Apis-Typen auch einmal zur Ruhe kommen. Apis-Typen sind jedoch nicht nur sehr geschäftig, sie sind gleichermaßen gesellig und redselig. Daher gehört Apis zu den homöopathischen Heilmitteln für die lustige Witwe, die sich gerne auf Kaffeefahrten die Zeit vertreibt.

Auf der anderen Seite wird dieser Menschentyp immer wieder auf unerklärliche Weise müde. Genauso kann ihn aber eine Idee ergreifen, der er mit Feuereifer nachgeht. Ähnlich die Bienen: Kurz vor der Zeit des »Schwärmens« hocken sie apathisch vor ihrem Stock herum. Plötzlich überfällt sie eine eigenartige Ruhelosigkeit, und in einem orgiastischen Taumel verlassen sie schließlich mit der Königin ihren Stock, um eine neue Heimat zu finden. Im übertragenen Sinne ist Apis ein Heilmittel für begeisterungsfähige Naturen, die sich bis zur Erschöpfung verausgaben.



Das Gift der Brennnessel hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Bienengift. Beim Anfassen bricht die Hülle der Giftdrüse und schießt regelrecht in den Körper, um sich zu entleeren. Als Heilmittel hilft die Pflanze jedoch wirkungsvoll bei Insektenstichen und Allergien. Junger Brennnesseltrieb und daneben mikroskopische Aufnahme der Giftdrüse.

Ein weiteres Anwendungsgebiet für Apis, das dieser Erregbarkeit entspricht, ist die Schilddrüsenüberfunktion. Diese temperamentvolle Seite zeigt sich vor allem, wenn man den Apistyp in seiner Entfaltung bedrängt. Wer nicht weiß, was damit gemeint ist, möchte sich doch bitte einmal vor das Flugloch eines Bienenstocks stellen. Spätestens dann kann er erfahren, wie feurig und nervig die ansonsten friedfertige Biene sein kann.

Bekanntlich spielen Männer (= Drohnen) im Bienenvolk eine eher unbedeutende Rolle. Nicht einmal stechen können sie. Eigentlich sind sie unnütz im Frauenstaat der Bienen, wäre da nicht die Königin, denn Drohnen existieren einzig und allein, um die Fortpflanzung zu gewährleisten. Nach getaner Arbeit werden die Drohnen aus dem Stock geworfen und sterben. Zuvor sind sie allerdings die eifrigsten Schlemmer im Honigparadies.

Vielleicht liegt in dieser Vorherrschaft des Weiblichen der Grund, dass die Biene ein ausgesprochenes Frauenmittel der Homöopathie ist.

Apis hat jedenfalls schon so manch feuriger Witwe geholfen, etwas besonnener zu sein.


Imkerin mit Schutzanzug gegen Stiche.

Die Bienenkönigin – Seid fruchtbar und mehret Euch

Während die Biene homöopathisch vor allem das Immunsystem beeinflusst und das Gemüt besänftigt, dient die Bienenkönigin (Apis regina) auch anderen Heilzwecken.

Zunächst einmal zentriert Apis regina die Persönlichkeit und stärkt das Selbstwertgefühl (siehe: Aurum/Apis regina comp. von Wala, siehe Seite 164).

Lebenssinn der Bienenkönigin ist aber vor allem das Eierlegen – immerhin eine halbe Million pro Jahr. Auch beim Menschen steigern aus der Bienenkönigin zubereitete Arzneien die Fruchtbarkeit. Die Firma Wala liefert gleich zwei Bienenarzneien für die Fruchtbarkeit: Für die Frau Ovaria comp, zur Anregung der Eierstockfunktion und des Eisprungs und für den Mann Testes comp. zur Anregung der Spermienbildung. Neben der Bienenkönigin und den potenzierten Organen (Eierstock/Hoden) enthalten beide das Mondmetall Silber, das vor allem Aufbauprozesse fördert und die Regenerationskräfte anregt (Dosis: 2-mal täglich 10 bis 15 Globuli oder 2-mal pro Woche eine Ampulle subkutan im Bauchraum injizieren).

Eine gewisse fruchtbarkeitsteigernde Wirkung hat auch Gelee Royal, ein spezieller Saft zur Aufzucht der Bienenkönigin. Besonders die Chinesen schwören darauf. Der Saft stärkt neben der Fruchtbarkeit auch die Potenz und ist daher in fast allen chinesischen Liebestränken und Lebenselixieren enthalten (z. B. Peking-Boell Ginseng Royal ]elly N Trinklösung). Leider sind solche Präparate ziemlich teuer. Doch auch an weniger gut Betuchte hat die Biene gedacht, indem sie den Honig schuf, der schließlich schon die Götter mannbar machte.

Honig – Götterspeise und Heilmittel aus dem Bienenvolk

Als kleines Kind wurde Zeus, der Beherrscher des Olymp, von der Nymphe Melissa mit Honig und Ziegenmilch gefüttert. Die Fruchtbarkeitsgöttin Demeter galt als Spenderin der Götterspeise. Sogar Amor tauchte seine goldenen Liebespfeile in Honig, um die Herzen von Göttern und Menschen zu erweichen. Noch heute sagt man im Englischen Honeymoon (Honigmond) zu den Flitterwochen frisch Verheirateter. Honig war auch ein Opfer an die Totengeister, mit dem die Seelen den Höllenhund Kerberos bestechen konnten, damit er ihnen die Tore zur Totenwelt öffnete.

Als Gegenzauber bei Besessenheit durch Dämonen gebrauchten ägyptische Priesterärzte den Honig. Dazu sprach man: »Ich habe für ihn ein Schutzamulett gegen Dich gemacht, das aus übelriechenden Kräutern, aus Knoblauch, der Dir schädlich ist, und aus Honig besteht, der für die Menschen süß ist, den Geistern aber schrecklich ist.«

Die schwierige Kunst der Honiggewinnung lernten die Menschen übrigens von Aristaios, einem Sohn des Sonnengottes Apollon, der auch die Met-Herstellung beherrschte. Er schenkte den Menschen damit nicht nur etwas zum Naschen, sondern auch ein wertvolles Heilmittel.

Honig zur Wundheilung und Abwehrsteigerung

Schriftliche Zeugnisse über die Heilanwendung von Honig gibt es bereits aus ägyptischer Zeit. In einem alten Papyrus heißt es, dass ein Stück Leinen mit Weihrauch und Honig getränkt bei Wundinfektionen helfe. Die antiseptische und immunmodulierende Wirkung von Weihrauch (Boswelliasäuren) gilt heute als wissenschaftlich erwiesen. Echter Bienenhonig enthält unter anderem Enzyme, die eine ähnliche antibakterielle Wirkung wie etwa Wasserstoffperoxyd haben. Daher bewähren sich Wundauflagen mit Honig bis heute und werden von Naturheilärzten zur Verhütung von Wundinfektionen gebraucht. Über die stärksten antibiotischen Kräfte verfügt der Manuka-Honig, erhältlich in Bioläden und Reformhäusern. Manuka-Honig lindert Mundsoor sowie Entzündungen der Rachenmandeln und dient unter anderem als entzündungswidrige und antibakterielle Wundauflage.

Die keimtötenden Heileigenschaften wirken bei Husten und Bronchitis besonders wohltuend. Echter Bienenhonig lindert den Hustenreiz meist genauso gut wie die gebräuchlichen Hustenblocker. Stärker als der naturreine und schonend abgefüllte Imkerhonig wirken in den Wintermonaten eigentlich nur noch der Weleda Flechtenhonig, der antibiotische Flechtensäuren enthält, oder auch das Weleda Hustenelixier auf Honigbasis. Ein wirksames Hausmittel zur Vorbeugung und Behandlung von fieberhaften Infekten ist ferner der frisch gepresste Saft von ein bis zwei Bio-Zitronen mit etwas echtem Bienenhonig und heißem Wasser vermengt. Ergänzt man solche heilsamen Honigarzneien zusätzlich mit abwehrsteigernden Schlangenheilmitteln wie etwa Pascoleucyn N Tropfen von Pascoe, dann braucht man Grippewellen nicht mehr zu fürchten.


Aristaios, Sohn des Sonnengottes Apollon, gilt als Entdecker der Honiggewinnung und Met-Herstellung. (Kupferstich, 17. Jahrhundert)

Ein Tipp aus der Volksheilkunde bei Atemwegsinfekten ist außerdem das Kauen einer honighaltigen Bienenwabe (erhältlich im Reformhaus oder direkt beim Imker). Bei Bedarf kaut man mehrmals täglich ein bis zwei Teelöffel Bienenwabe wie einen Kaugummi und spuckt anschließend wieder aus. Manche Imker stellen aus den Waben auch Bienenwachskompressen her, die bei Erkältungen mit Lungenbeteiligung besonders wohltuend wirken (z. B. imkerei.danzl@schwaz.net). Die Bienenwachskompressen werden so lange angeföhnt, bis sie sich ausreichend erhitzt haben. Dann legt man sie auf die nackte Haut, am besten auf die Brust unterhalb des Schlüsselbeins, bedeckt die Kompressen mit einem alten Leintuch und gibt noch eine Wärmflasche darüber. Die Bienenwachskompresse speichert die Wärme und füllt die Lungenpunkte wieder mit neuer Lebenswärme auf.


Honig nährte bereits machtvolle Götter wie Zeus, und noch Paracelsus sah in ihm eine universelle Arznei für den ganzen Menschen. (»Theatrum sanitatis«, um 1400)

Honig als Kraft- und Nervennahrung

Im Gegensatz zum gebräuchlicheren Zucker ist Honig eine lebendige und heilkräftige Nahrung. Er enthält wertvollen Trauben- und Fruchtzucker, der dem Körper als Heiz- und Brennstoff dient, sowie Enzyme, Vitamine, Spurenelemente und andere so genannte Biokatalysatoren, die unseren Energiestoffwechsel günstig beeinflussen.

In Tierversuchen konnte man nachweisen, dass mit Honignährlösungen gefütterte Ratten bis zu 50% mehr Leistung brachten und sich anschließend besser erholten als Kontrollgruppen, die nur Zucker als Nahrung bekamen. Unter Sportlern jedenfalls gilt Honig schon lange als erlaubtes Dopingmittel.

Aber auch weniger leistungsorientierte Mitmenschen finden im Honig Kraft. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Bad in Milch und Honig? Zwei Esslöffel Honig in die Badewanne geben, dazu einen halben Liter Milch oder einen Becher Sahne und nun noch einige Tropfen ätherisches Rosmarinöl – vorbei ist die Müdigkeit. Ganz nebenbei wird die Haut dadurch geschmeidig und fühlt sich an wie Samt.

Seine kraftspendenden Eigenschaften auf Körper und Geist machen den Honig auch zum Bestandteil vieler Aufbaupräparate. Besonders lebensschwache Kinder sollten mit der Speise, die schon Zeus Kraft gab, ernährt werden. Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Konzentrations- und Abwehrschwäche sind beispielsweise Anwendungsgebiete für die Nerven- und Aufbaunahrung auf Honiggrundlage von Wala, die vor allem Kinder gerne nehmen (2-mal täglich einen Teelöffel). Das Präparat enthält neben Honig und Kräutern auch das energetisierende Blaueisenphosphat Vivianit (siehe S. 133).

Honig als Jungbrunnen

Ein regelrechter Jungbrunnen unter den Honigprodukten ist auch der Bleihonig (Plumbum mellitum), eine nach alchemistischen Gesichtspunkten hergestellte homöopathische Zubereitung der Firma Weleda.

Blei wird astrologisch dem Planeten Saturn zugeordnet, desgleichen auch erkaltende und verhärtende Erkrankungen wie die Arteriosklerose und andere Alterungserscheinungen. In homöopathischer Zubereitung ist Blei auf Grund des homöopathischen Umkehreffektes ein wichtiges Begleitmittel bei degenerativen Gefäßveränderungen und anderen Altersleiden.

Damit das Saturnmetall einen Bezug zur Sonne erhält, wird das Metall geschmolzen, in Wabenform gegossen (Formprinzip der Sonne) und diese mit Honig gefüllt. Das Gleiche geschieht nach einem weiteren Schmelzvorgang nochmals mit Zucker anstelle von Honig. Anschließend wird das Ganze gemahlen und potenziert. Das jede lebendige Strahlung abschirmende, glanzlose Blei ist jetzt mit Lebenskräften der Sonne angereichert und ein ideales Altersheilmittel, bzw. ein Mittel, um in Würde zu altern, was ein Kollege einmal als »wellaging« bezeichnete. Als Bleihonig (Plumbum mellitum) ist es in einigen Arzneimitteln enthalten, wie z. B. Scleron Tabletten von Weleda (Dosis: Zur Dauertherapie 1- bis 2-mal täglich eine Tablette).

Nach längerer Einnahme verbessert das Mittel vor allem die Durchblutung des Gehirns und bewirkt eine merkliche Zunahme der Konzentrationsfähigkeit. Außerdem verbessert es die seelische Stimmungslage erheblich. Bewährt hat sich eine Kombination mit weiteren Mitteln mit Gefäßwirkung, z. B. Metaginkgo S von Meta-Fackler (Dosis: ca. 3-mal täglich 20 Tropfen).


Zusammen mit Honig ist das Saturnmetall Blei ein Heilmittel bei Altersleiden.

Ein ähnliches Herstellungsverfahren wie mit Blei macht man bei Weleda mit dem Jupitermetall Zinn. Jupiter regiert die Leber und die Gelenke, aber auch die Gedankenbildung. Das Präparat Stannum mellitum (D12 von Weleda) eignet sich daher vor allem zur Sanierung des Leberstoffwechsels und zur Behandlung chronischer Gelenksleiden wie Arthrose, aber auch zur Behandlung einer Leberdepression (hier am besten in Kombination mit Gold – siehe dort).

Honig contra Naschsucht

Eine wichtige Eigenschaft von Honig ist seine Transportfunktion für andere Heilmittel. Die Tibeter bezeichnen ihn als »Medizinpferd«, auf dessen Rücken andere Arzneistoffe besser in den Körper bzw. direkt ins Blut gelangen. Tatsächlich konnte man nachweisen, dass stark wirkende Stoffe, wie z. B. Digitalis, zusammen mit Honig, wesentlich verträglicher sind. Auch konnte man die Dosis von Digitalis deutlich senken. Starkwirkende, bzw. nebenwirkungsreiche Arzneien sollten also mit Honig kombiniert werden.

Aber was tun, wenn Honig und andere Süßigkeiten süchtig machen? Bei Suchterscheinungen kann man folgendes Rezept versuchen:

• Argentum nitricum D8 (Silbernitrat)

• Lycopodium D8 (Bärlapp)

• Mel D6 (potenzierter Honig)

• Pankreas D10 (potenzierte Bauchspeicheldrüse)

• Verbena officinalis Urtinktur (Eisenkraut)

jeweils 20 ml

Über eine Apotheke von Spagyra bestellen und mischen lassen oder selber bestellen und mischen (www.spagyra.at). Dosis: 2- bis 3-mal täglich 10–15 Tropfen.

Am besten kombiniert man den Zinnhonig bei Leberleiden und Depression mit weiteren zinnhaltigen Präparaten, z. B. dem Lebermittel Metaheptachol N oder bei Störungen im Bewegungsapparat mit dem Gelenksmittel Metasymphylen, beides von der Firma Meta Fackler (Dosis: jeweils ca. 3-mal täglich 15–20 Tropfen).

Met – ein Göttertrunk

Weniger heilend, sondern mehr erleuchtend wirkt dagegen der Met, den man beim Vergären von Honig erhält. Besonders im keltisch-germanischen Kulturkreis war es das Getränk schlechthin. In riesigen Kesseln wurde der Honig zum Gären gebracht. Keineswegs aber braute man Met nur als berauschendes Getränk. Vielmehr sollte der Kontakt zu den Göttern gefördert werden. Met war den nordischen Völkern heilig und diente ihnen als Quelle der Inspiration, Weisheit und Poesie.

Auch die Götter lieben den Met. So berichtet die Edda, eine Sammlung germanischer Götter- und Heldenlieder, wie Odin aus dem »Brunnen der Erinnerung« den Trank der Weisheit bekam, bei dem es sich natürlich um Met handelte. Um in den Genuss zu kommen, musste er allerdings ein Auge opfern. Er konnte deshalb keineswegs schlechter sehen. Vielmehr erlangte der Schamanengott die »Ein«sicht in die verborgenen Geheimnisse des Lebens (Ralph Metzner, 1994).

Eine andere Geschichte aus der Edda beschreibt, wie den Göttern ihr heiliger Met gestohlen wurde, den sie aus dem Blut des weisen Kvasir gebraut hatten. Indem sich Odin in einen Adler verwandelte, konnte er den Met in seinem Schnabel zurückbringen. Einige Tropfen fielen dabei auf die Erde. So kam der Met zu den Menschen. Er diente von nun an vor allem Skalden (Sängern) und Völvas (Seherinnen) als Quelle der Inspiration.

Pflanzen der göttlichen Inspiration

Weisheit und Seherkraft nur durch ein alkoholisches Getränk? Dann wäre das Münchner Oktoberfest ein Treffen Erleuchteter! Natürlich ist Met berauschend, aber erst gewisse Pflanzen geben ihm die richtige Würze und bewirken die göttliche Inspiration.

Beliebt waren z. B. Fliegenpilze, auch Rabenbrot genannt. Raben sind die heiligen Tiere Odins. Zwei von ihnen, Hugin und Munin, sind seine ständigen Begleiter. Sie symbolisieren Denken und Gedächtnis.

Rezept: Met, ein Trank der Götter

Lange bevor es üblich war Kräutertees zuzubereiten, siedeten die Kelten ihre Heilkräuter in Honigmet oder Ziegenmilch. Während sich im Wasser am besten wasserlösliche Pflanzeninhaltsstoffe lösen, hat die Zubereitung in Met den Vorteil, dass auch fettlösliche Wirkstoffe übergehen. Im Met wirken Alkohol und Honig als »Medizinpferde«, auf deren Rücken die pflanzlichen Wirkstoffe direkt ins Blut gelangen. Eine stimmungsaufhellende und nervenstärkende Kräutermischung für einen Met ist zum Beispiel:

Angelikawurzel, Betonie, Dost, echtes Eisenkraut und Johanniskraut, zu gleichen Teilen gemischt. So wirds gemacht: Eine gute Hand voll der Kräutermischung in einen Topf geben und mit einer Flasche Honigmet übergießen (vom Imker oder aus dem Reformhaus). Dann die Kräuter im Topf zum Sieden bringen, vom Herd nehmen, abgedeckt abkühlen lassen und in die Flasche zurück abfiltrieren – fertig.

Dosierung: Besonders lecker schmeckt der Met noch lauwarm getrunken. Kühl aufbewahrt hält sich das heilsame Getränk einige Tage lang. Bei Bedarf, zum Beispiel in der dunklen Jahreszeit, kann man ein bis drei Gläschen (ca. 100 ml) täglich vor oder zwischen den Mahlzeiten genießen.


Tollkirsche: Bei den Germanen hieß sie auch »Wolfsbeere«. Mit dieser Mittsommerpflanze würzten sie ihren Met der Inspiration.


Wahrscheinlich nutzten die Seherinnen in alter Zeit auch Alraune als Zutat zum Met der Hellsicht.

Ebenso verwendete man Tollkirsche. Ein anderer Name für die Pflanze mit den dunkelvioletten Früchten ist Wolfsbeere. Wer die Göttersagen kennt, weiß, dass der Wolf eines der Krafttiere Odins ist. In der Pflanze, die bei Hexen den wohlklingenden Namen »Göttin des Waldes« hat, verkörpern sich auch die Walküren, die den gefallenen Kriegern in Walhall den göttlichen Met kredenzen.

Alraune dürften die Germanen ebenfalls gekannt haben. Im Namen der berühmten Zauberwurzel steckt das Wort »Rune«, eine Bezeichnung für die magischen Buchstaben nordischer Völker. Odin entdeckte sie, als er am Baum der Erkenntnis hing. Anschließend trank er Met, der ihm die Augen für die Welt der Runen öffnete. Auch das germanische Wort Albruna klingt ähnlich wie Alraune. Es ist der Name für ein Weib mit Seherkraft und Zaubermacht. Ferner verwendete man möglicherweise auch den Hanf als Zusatz, die heilige Pflanze der Liebesgöttin Freya.

Schließlich ist da noch Bilsenkraut, das die Kelten auch als Belinuntia bezeichneten. Es war eine ihrer heiligen Pflanzen und dem keltischen Sonnen- und Orakelgott Belenus geweiht (zu den Met-Zutaten siehe auch Ralph Metzner: »Der Brunnen der Erinnerung«).

Allen Pflanzen ist gemeinsam, dass sie einen tief in den Brunnen der Seele blicken lassen. Aber Vorsicht! Der Gebrauch dieser Pflanzen ist nicht ungefährlich. Sie wirken bei jedem Menschen zwar anders, können aber bei empfindlichen Personen schon in allerkleinsten Mengen Halluzinationen hervorrufen oder sogar Drogenpsychosen auslösen.

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