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2 Ausschreibung einer Abschlussarbeit durch ein Unternehmen


Der Mittelständler, der sein Kundensegment genauer definieren will, das Softwarehaus, das auf seiner Internetseite einen neuen Bereich einrichtet oder der Konzern, der eine Wettbewerbsanalyse durchführt – im Arbeitsalltag bleibt den Mitarbeitern oft keine Zeit, komplexe und zeitaufwendige Themen, die nicht unmittelbar mit ihren täglichen Aufgaben zu tun haben, ausreichend zu bearbeiten. Studenten hingegen, die sich auf eine Abschlussarbeit konzentrieren, können sich intensiv mit Themen beschäftigen, die im Unternehmen aus Zeit- und Ressourcenmangel sonst schlicht unter den Tisch fallen. Auf der Grundlage verschiedener Quellen entwickeln sie Ideen und liefern Ergebnisse. Im optimalen Fall entsteht mit der Abschlussarbeit in einem Unternehmen eine Situation, von der alle einen Vorteil haben: der Student, das Unternehmen und, nicht zu vergessen, der Betreuer.

2.1 Ziele definieren

Aus Sicht des Unternehmens


Vor der Ausschreibung einer Stelle sollte der Nutzen für das Unternehmen genau definiert werden. Welche Ergebnisse erwartet sich das Unternehmen von einer Abschlussarbeit? Ist dieses Ergebnis die zu erwartenden Kosten auch wert? Schließlich lagert man [23]das Thema, das untersucht wird, ja nicht komplett (und kostenfrei) aus. Der Mitarbeiter, der die Betreuung des Studenten übernimmt, muss Zeit dafür investieren, die ihm dann an anderer Stelle fehlt. Dies alles gilt es zu bedenken und zu kalkulieren. Neben den inhaltlichen Ergebnissen, die zu erwarten sind, spielt ein weiteres interessantes und nicht zu unterschätzendes Ziel eine Rolle: das Recruiting. Studenten, die im Rahmen ihrer Abschlussarbeit positiv auffallen, wird sich das Unternehmen genau ansehen und gegebenenfalls als potenzielle Mitarbeiter umwerben. Auch dieser Aspekt sollte in eine Vorabbilanz einfließen.

Tipp! Die kurze schriftliche Bewertung von Invest und Return gibt schnell Aufschluss darüber, ob es sinnvoll und nutzenbringend ist, im Unternehmen eine Abschlussarbeit zu betreuen (siehe Tabelle 1)

InvestReturn
Zeit:Erkenntnisse:
Geld:Ergebnisse:
Bilanz:

Tab. 1: Kurzbewertung einer Abschlussarbeit

[24]Aus Sicht des Betreuers


Keine Frage, nicht nur das Unternehmen hat einen Nutzen von der Betreuung einer Abschlussarbeit – auch der Betreuer selbst sollte profitieren. Und zwar fachlich wie persönlich.

Vorausgesetzt, das Thema der Arbeit liegt in seinem Kompetenzbereich, kann der Betreuer fachlich mitunter großen Nutzen von der Zusammenarbeit mit dem Studenten ziehen und seine Qualifikation so wesentlich weiterentwickeln. Idealerweise wird der Betreuer sogar inspiriert: die unvoreingenommene Sicht des Studenten auf das Unternehmen liefert frischen Input und kann für die eigenen Aufgaben sehr bereichernd sein.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Soft Skills, die der Betreuer durch die Verantwortung für den Studenten zeigt. Wer sich persönlich für einen jungen Menschen und die Förderung seiner Fähigkeiten einsetzt, stellt seine Soft Skills unter Beweis beziehungsweise entwickelt sie weiter. Ein aufmerksamer Vorgesetzter wird diese Führungsqualitäten erkennen, unterstützen – und honorieren.

Die vielen Vorteile, die die Übernahme einer Betreuung hat, müssen sorgfältig gegen den Zeitaufwand, den die Betreuung erfordert, abgewogen werden. Dieser Zeitaufwand darf nie unterschätzt werden und ist gleichwohl nur schwer vorherzusagen. Denn wie viel Zeit die Betreuung erfordert, hängt wesentlich von der Persönlichkeit und der Arbeitsweise des Studenten ab. Ist er gut organisiert und arbeitet selbstständig oder ist er unsicher und benötigt häufig Rücksprachen? Je nach Aufgabe sind Sorgfältigkeit, Kreativität, Motivation und Ausdauer gefragt. Bringt der Student diese Fähigkeiten mit? Zuletzt entscheidet neben der Auswahl des am meisten geeigneten Studenten aber auch der Kompetenzbereich des Betreuers darüber, wie viel Zeit er in die Betreuung investieren muss (siehe hierzu auch → Kapitel 2.6). Da der Student auf inhaltliche Unterstützung seines Betreuers angewiesen ist, sollte das zu bearbeitende Thema selbstredend im Fachbereich des Betreuers liegen. Sind alle Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit [25]erfüllt, sollte sie gleichwohl nicht überstrapaziert werden. Selbst in Unternehmen, die regelmäßig Abschlussarbeiten ausschreiben, betreut ein Mitarbeiter in der Regel nur ein bis zwei Arbeiten pro Jahr.

Tipp! Sie können den Zeitaufwand für die Betreuung von Ihrer Seite aus nur dann gering halten, wenn das Thema der Arbeit in Ihren Kompetenzbereich fällt und Sie sich wirklich gut damit auskennen.

2.2 Themen finden


Henne oder Ei, was war zuerst da? Viele Wege führen zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Studenten und Unternehmen. So können Studenten mit einem eigenen Thema aktiv werden und direkt auf Unternehmen zugehen. Oder, dies ist der häufigere Weg, Unternehmen schreiben gezielt Themen für Abschlussarbeiten aus.

Themenbeispiele

Marketing

 Eine Webseite erstellen, pflegen oder erweitern.

 Ein Webinar konzipieren, gestalten, ausprobieren, durchführen und Feedback einsammeln.

 Broschüren konzipieren, Materialien sammeln und gestalten.

[26]Strategie/Produktmanagement

 Eine Wettbewerbsanalyse durchführen und Mitbewerber oder Wettbewerbsprodukte vergleichen.

 Den Zielmarkt definieren, eine Marktanalyse durchführen.

 Den Prozess für Innovationsmanagement definieren und umsetzen.

 Prozesse im Unternehmen analysieren, verbessern und bei der Einführung unterstützen.

 Ein E-Learning definieren, umsetzen, testen und einführen.

Vertrieb

 Kundenbefragungen konzipieren, die Durchführung unterstützen.

 Markt-Kennzahlen auswerten.

Entwicklung

 Eine neue Technologie ausprobieren, eine „Technologiestudie“ erstellen.

 Nice-to-have-Features umsetzen.

 Zusatzprodukte entwickeln, um den Unternehmenskunden eine Mehrwert zu bieten.

 Die Entwicklung zukünftiger Features vorbereiten und Machbarkeitsstudien durchführen. Aufwands- und Technologieabschätzung unterstützen.

Qualitätssicherung

 Testdesign, Testimplementierung, Testdurchführung, Testautomatisierung, Testwerkzeuge, Testmethoden.

Natürlich können Studenten auch in allen anderen Bereichen des Unternehmens eingesetzt werden, zum Beispiel in der Produktion, im Projektmanagement, im Personal, den Finanzen usw. Ist ein Thema gefunden, muss der Fokus genau festgelegt werden. Soll der Schwerpunkt eher die technische Betrachtung sein? Oder der organisatorische Aspekt? Die meisten in der Liste genannten Themen können zudem aus einem aktuellen oder einem auf die Zukunft [27]gerichteten Blickwinkel bearbeitet werden. Brauche ich jetzt, in einem aktuellen Prozess, Unterstützung? Oder eröffnet die Arbeit einen Blick auf die möglichen Unternehmensthemen der kommenden Jahre?

Zu bedenken ist: Arbeiten über ein aktuell drängendes Thema sind hilfreich im Moment ihrer Entstehung, zeigen aber nur selten nachhaltige Wirkung. Ihre Ergebnisse finden sich später kaum in der Praxis des Unternehmens wider.

2.3 Zusammenarbeit mit der Hochschule etablieren


Viele Themen haben über ihre rein unternehmensinterne Relevanz auch eine wissenschaftliche Bedeutung – oder können so formuliert werden, dass sie diese Bedeutung erlangen. In diesem Fall kann die Abschlussarbeit Teil eines Forschungsauftrags oder eines Förderprojekts werden und das Unternehmen etabliert eine Zusammenarbeit mit der Hochschule. Eine solche Kooperation lohnt sich immer, denn Hochschulen leisten im Rahmen von Forschungsoder Förderungsaufträgen zugleich wertvolle Entwicklungsarbeit für Unternehmen. Ein Forschungsauftrag kommt zustande, indem die Hochschule von einem Unternehmen mit der Forschung beauftragt wird. Die Finanzierung dieses Auftrags erfolgt über das Unternehmen – ein kleinerer Forschungsauftrag kann bereits mit ungefähr 5000,- Euro angestoßen werden.

Oder Hochschule und Unternehmen bewerben sich gemeinsam bei Land, Bund oder EU um ein Förderprojekt. Wird das Projekt bewilligt, arbeiten alle Parteien gemeinsam an dem Thema – und der Student kann im Rahmen seiner Abschlussarbeit zum Beispiel Aspekte des Themas bearbeiten. Dann haben Student, Hochschule und Unternehmen gleichermaßen etwas von der Arbeit des Studenten. [28]Eine Win-Win-Win-Situation? Zu bedenken ist von Unternehmensseite, dass die Hochschule bei solchen Kooperationen das Recht erhält, ihre Forschungsergebnisse, und dies schließt auch die Arbeit des Studenten ein, öffentlich zu machen. Dennoch baut sich ein Unternehmen, das regelmäßig in die Zusammenarbeit mit einer Hochschule investiert, einen Wissensvorsprung auf – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Hochschule bemüht sein wird, dem Unternehmen die besten Studenten eines Abschlussjahrgangs zu vermitteln.

Tipp! Bevor Sie das Thema einer Abschlussarbeit ausschreiben, sprechen Sie mit der Hochschule über eine Kooperation – oder klären Sie intern, ob Ihr Unternehmen bereits Kooperationen zu Hochschulen unterhält (meistens können Personal- oder Marketingabteilung hierüber Auskunft geben).

2.4 Prozess und Stakeholder


Glückwunsch, Sie haben sich entschieden, eine Abschlussarbeit zu betreuen! Nun gibt es eine Menge zu tun – und zwar, bevor Sie das Thema ausschreiben und sich den besten Bewerber dafür aussuchen. Der formale Prozess beginnt!

Als Erstes gilt es herauszufinden, ob es in Ihrem Unternehmen Richtlinien gibt, in denen die Pflichten des Betreuers und des Studenten genannt sind. (Falls nicht, erfahren Sie im Verlauf dieses Buchs mehr darüber.) Gibt es unternehmensinterne Formblätter, die den Prozess genau regeln? Fragen Sie am besten entweder beim Abteilungssekretariat und/oder in der Personalabteilung nach. Größere Unternehmen haben oftmals einen ausgewiesenen Zuständigen für Studenten. Sie finden diesen wahrscheinlich in der Personalabteilung.

[29]Wie? Wann? Womit? Nehmen Sie sich Zeit, die formalen Anforderungen für die (befristete) Anstellung eines Studenten genau zu klären. Sie sind später der erste Ansprechpartner für den Studenten und sollten ihm einwandfrei Auskunft geben können – oder zumindest wissen, wer ihm kompetente Auskunft geben kann (und auch will!). Sobald die inhaltliche Arbeit beginnt, will man sich von formalen Angelegenheiten nicht mehr ablenken lassen. Jetzt ist die Zeit, sich zu informieren, welche Dokumente der Student dem Unternehmen vorlegen muss, um seine Abschlussarbeit dort zu schreiben. Die gute Nachricht: Um die Formalien auf akademischer Seite müssen Sie sich nicht kümmern, dies erledigt der Student zusammen mit dem betreuenden Professor.

Wer ist involviert? Wer sind die Stakeholder1? Wer hat also ein Interesse daran, dass die Abschlussarbeit ein Erfolg wird? Es versteht sich von selbst, dass der Betreuer sich vorab mit allen Kollegen im Unternehmen abstimmt, die mit dem Projekt Abschlussarbeit zu tun haben werden. Wer nicht unmittelbar einbezogen ist, sondern nur am Rand damit zu tun hat, muss zumindest zeitnah über die geplante Abschlussarbeit informiert werden. Denken Sie auch an die Personalabteilung, Ihren unmittelbaren Vorgesetzten und an den Budgetverantwortlichen für Ihre Abteilung. Denken Sie an das Abteilungssekretariat! Und: Sind bereits Studenten in der Abteilung tätig, trägt es viel zur Akzeptanz des zu erwartenden Neulings bei, wenn man die Kommilitonen rechtzeitig über das geplante Projekt informiert.

Und noch ein Punkt muss unbedingt geklärt sein, bevor die Stelle ausgeschrieben wird. Wer vertritt Sie im Falle einer Krankheit oder dann, wenn Sie im Urlaub sind? Viele Missverständnisse und in der Folge Missstimmungen können vermieden werden, wenn dieser sensible Punkt genau dekliniert und die Rollen (z.B. Betreuer/Vertreter/Eskalationsstufe) definiert sind.

Sind nun alle Formalien erledigt? Nicht ganz. Die Ausschreibung der Stelle sollte auch die Rahmenbedingungen erwähnen, unter denen der Student in Ihrem Unternehmen arbeiten und forschen wird. [30]Bekommt er einen eigenen Arbeitsplatz? Wo? Vielleicht einen unternehmenseigenen Laptop? Und wie steht es um eine eventuelle Bezahlung? All diese Rahmenbedingungen sind mit der Personalabteilung, dem Vorgesetzten und/oder dem Budgetverantwortlichen zu klären.

2.5 Kosten planen


Um es offen auszusprechen: die Arbeit eines Studenten fällt mit weitaus weniger Kosten ins Gewicht als die eines (fest angestellten) Absolventen. Weniger Kosten sind aber nicht keine Kosten! Eine Abschlussarbeit ist keine Gratis-Leistung. Doch wie viel kostet die Begleitung einer Abschlussarbeit tatsächlich? Es empfiehlt sich, vor der Ausschreibung einen Kostenplan zu erstellen. Ein realistischer Überblick über die zu erwartenden Kosten der Betreuung verhindert, dass man später in die ‚Kostenfalle’ tappt und das Projekt möglicherweise ausgebremst wird.

Budget

Zum notwendigen Budget gehören:

 Anschaffungen wie Software, Hardware, PC, Verbrauchsmaterialien und sonstiges Material, das extra für die Aufgaben des Studenten besorgt werden muss. Dieser Posten betrifft vor allem den praktischen Teil der Abschlussarbeit, dessen Gelingen eben auch auf der guten Ausstattung mit Materialen gründet. Auch ein Student kann nichts aus dem Nichts heraus erschaffen!

 In vielen Unternehmen erhält der Student der Fairness halber eine Aufwandsentschädigung in Form einer monatlichen Zahlung. Hier ist die Spannweite groß: Entschädigungen von 300,- bis 1.000,- Euro sind gängige Praxis. Dieser kleine bis große Obolus soll dem Studenten [31]helfen, seine laufenden Lebenshaltungskosten zumindest teilweise zu decken. Studenten, die von außerhalb kommen, wird manchmal auch ein Appartement angeboten (dies dann oft als Ersatz für die monatliche Vergütung).

 Viele Unternehmen zahlen den Studenten eine Prämie, wenn sie die Abschlussarbeit in der angegebenen Zeit fertig stellen. Diese Prämie richtet sich nach dem angestrebten akademischen Grad (Bachelor, Master, Doktor) und bewegt sich erfahrungsgemäß im Rahmen um 500,-Euro. Diese Prämie ist aber keine Vergütung der Abschlussarbeit, denn dies wäre nicht erlaubt! Alle Fragen rund um Aufwandsentschädigung oder Abschlussprämie regelt rechtlich die Personalabteilung.

 Auch Büchergutscheine sind oft praktizierte Formen der Aufwandsentschädigung.

 Denken Sie im Fall von Förderprojekten oder Forschungsaufträgen auch an die Kostenübernahme.

Ausstattung, Aufwandsentschädigung plus eventuelle Zusatzkosten: All diese finanziellen Posten sollte der Betreuer vorab zusammenstellen und mit dem Budget-Verantwortlichen und mit der Personalabteilung abstimmen, damit während der Abschlussarbeit keine unnötigen Diskussionen den Fortschritt der Arbeit blockieren (oder im schlimmsten Fall verhindern).

Beispiel

Bedarf Kosten
PC 800 €
Besonderes Material 300 €
Aufwandsentschädigung (6 × 500 €) 3.000 €
Büchergutschein bei Abschluss 50 €
Forschungsprojekt 5.000 €

Tab. 2: Beispiel für eine Kostenübersicht

[32]2.6 Zeit planen


Ohne einen nennenswerten Anteil an Betreuung wird die Abschlussarbeit kein Erfolg, weder für den Studenten noch für das Unternehmen. Als Betreuer sollten Sie sich im Klaren darüber sein, dass Sie in den Studenten eine Menge Zeit investieren müssen. Doch wie hoch ist der Aufwand tatsächlich?

In der Regel kann man davon ausgehen, dass in den ersten Tagen der Betreuung ungefähr zwei Stunden für die praktische Einführung des Studenten anfallen. Die kommenden zwei Wochen ist dann ungefähr eine halbe Stunde pro Tag nötig, damit die Arbeit mit dem Studenten gut anläuft. Danach fällt ungefähr 1 Stunde wöchentlich für die Betreuung an. Am Ende sollten Sie mindestens 1 bis 2 ganze Arbeitstage für die Beurteilung und die Diskussion der Arbeit einplanen, plus der Aufwand für die Abstimmung mit der Hochschule und die Hilfe bei der Vorbereitung der Abschlusspräsentation.

Rechnen Sie den Zeitaufwand noch großzügiger, wenn Sie das erste Mal eine Betreuung übernehmen. Bei allen weiteren Betreuungen haben Sie dann einen Erfahrungsschatz in der Schublade, der Ihnen hie und da Zeit spart. Eine gute Quelle für den tatsächlichen Zeitaufwand sind immer auch Kollegen, die bereits Abschlussarbeiten betreut haben.

Tipp! Nach der Aufstellung des zu erwartenden Zeitaufwands sollte auf alle Fälle noch einmal kritisch hinterfragt werden, ob das – möglicherweise – zu erwartende Ergebnis der Abschlussarbeit den Zeitaufwand, den Sie als Betreuer investieren, wirklich lohnt.

[33] Beispiel

MaßnahmenMinimaler Aufwand für Betreuer
Organisatorische Vorbereitung4h
Einführung am ersten Tag2h
Betreuung in den ersten zwei Wochen (10 × 30 Min.)5h
Wöchentliche Betreuung (26 Wochen × 1h)26h
Abstimmung mit der Hochschule4h
Review16h
Präsentation2h
Summe59h

Tab. 3: Beispiel für eine Zeitabschätzung

Stellen Sie sich vor welchen Aufwand Sie benötigen. Multiplizieren Sie den mit und tragen Sie diese Werte in Ihre Liste ein. Halten Sie dann den wirklichen Aufwand ehrlich fest und schreiben Sie ihn neben Ihren Plan. Sie werden feststellen, dass Sie das Doppelte aufgewendet haben.

Arbeitet Ihr Unternehmen mit einer Zeiterfassung? Dann sollten Sie eruieren, auf welche Kostenstelle oder welches Projekt der Zeitaufwand für die Betreuung gebucht werden muss. Wichtig: Überprüfen Sie, ob für diese Kostenstelle oder dieses Projekt genügend Zeitbudget vorgesehen ist – falls nicht, muss dies noch vor der Ausschreibung mit Ihrem Vorgesetzten geklärt werden. Vergessen Sie nicht, die Zeit, die Sie für den Studenten und die Vorbereitungen auf seine Arbeit aufwenden, von Anfang an auch in Ihren eigenen Projektplan einzutragen (dies sollte in Abstimmung mit dem Projektmanagement geschehen).

Die genaue Planung der Zeit des Studenten wird in → Kapitel 14 genau beschrieben.

[34]2.7 Die Ausschreibung entwerfen


Sie haben ein interessantes Thema, ein attraktives Unternehmen und gute Rahmenbedingungen für die Abschlussarbeit? Dann berichten Sie davon in der Ausschreibung! Schließlich wollen Sie den am besten geeigneten Studenten finden.

Mit der Stellenanzeige für die Arbeit macht Ihr Unternehmen Werbung für sich und für das Projekt. In der Ausschreibung stellen Sie daher zunächst Ihr Unternehmen kurz vor: Logo und Claim des Unternehmens plus eine kurze Darstellung, was Ihr Unternehmen macht. In der Personalabteilung gibt es hierfür Vorlagen. Nach dieser Unternehmensdarstellung folgen Zielgruppe, der Titel der Abschlussarbeit und der akademische Grad, der damit erlangt werden soll. Ein Beispiel: „Student/in für Masterarbeit »Marktanalyse im Bereich innovativer Software«“. Versuchen Sie, den Titel der Abschlussarbeit so präzise wie möglich auf den Punkt zu bringen. In den meisten Fällen ist es das Thema der Arbeit, das das Interesse der Studenten weckt. Formulieren Sie ansprechend und motivierend! In diesem Stadium der Abschlussarbeit entscheiden Sie (noch) allein, wie der Titel der Arbeit lauten soll. (Dieser verändert sich dann erfahrungsgemäß im Arbeitsprozess oder in der Abstimmung mit dem betreuenden Professor.) Jetzt aber geht es allein darum, das Thema der Arbeit so darzustellen, dass es die besten Studenten anspricht, ihre Abschlussarbeit in Ihrem Unternehmen zu verfassen. Scheuen Sie sich nicht, die Hilfe von erfahrenen Kollegen aus der Personalabteilung oder dem Marketing bei der Titelfindung zu Rate zu ziehen.

Auf den Titel der Arbeit folgt eine kurze Aufzählung, welche Inhalte konkret bearbeitet werden sollen. So kann sich der Student ein genaueres Bild machen, von was die Arbeit handelt. Auch für diese Aufzählung gilt: sie wirbt für die Arbeit. Ihre Formulierungsgabe ist also noch einmal gefragt. Vermeiden Sie eine bloße Auflistung in Stichworten und formulieren Sie die inhaltlichen Punkte ansprechend. Je präziser und interessanter der Inhalt der Arbeit [35]vorgestellt wird, desto größer ist die Chance, einen guten Bewerber neugierig zu machen. Das Problem: je präziser Sie die Punkte formulieren, desto besser erkennt der Wettbewerber, an welchen Technologien und Themen Ihr Unternehmen gerade arbeitet. Viele Unternehmen schauen genau deswegen regelmäßig in die Stellenanzeigen ihrer Konkurrenten. Es ist also eine Gratwanderung: Formulieren Sie den Inhalt der Arbeit so, dass Sie dem Studenten ein interessantes und gut abgegrenztes Thema anbieten können. Und dies, ohne der Konkurrenz einen allzu großen Blick ins Schlüsselloch Ihres Unternehmens zu ermöglichen. Nicht zuletzt aus diesem Grund muss die Stellenanzeige unbedingt mit dem Vorgesetzten und dem Produktmanagement abgestimmt werden.

Ist diese Hürde genommen, nehmen Sie den optimalen Bewerber ins Visier. Den stellen Sie im nächsten Absatz der Stellenanzeige vor. Nennen Sie die fachlichen Fähigkeiten, die der Absolvent in spe auf alle Fälle mitbringen muss, um die Arbeit inhaltlich stemmen zu können. Und vergessen Sie nicht die sogenannten Soft Skills, die Sie von Ihrem Studenten erwarten. Stimmen Sie diese persönlichen Fähigkeiten auf das personelle Umfeld ab, in dem der Student tätig sein wird. Wenn in Ihrer Abteilung vorwiegend in Teams gearbeitet wird, ist Teamfähigkeit eine unerlässliche Eigenschaft, die der Student mitbringen muss. Wenn Sie als Betreuer Wert darauf legen, dass der Student selbständig arbeitet, fordern Sie in der Stellenanzeige eben dies: Eigenverantwortlichkeit. Und denken Sie an die Soft Skills, die für die Arbeit selbst nötig sein werden. Wenn ein Bestandteil der Recherchen zum Beispiel in Form von unternehmensinternen Interviews stattfindet, muss der Student unbedingt Kommunikationsfähigkeit mitbringen.

Die Stellenanzeige schließt ab mit den Formalien. Mit welchen Unterlagen muss der Student sich bei Ihnen bewerben? Standard sind ein aktueller Lebenslauf und Zeugnisse. Viele Unternehmen wünschen sich, nicht ohne Grund, auch einen Notenspiegel in den Bewerbungsunterlagen. Notieren Sie, auf welchem Weg die Unterlagen eingereicht werden sollen. Heute ist es üblich, die Unterlagen als PDF per E-Mail einzufordern oder ein Web-Formular anzubieten. Oft gibt es in den Unternehmen hierzu verbindliche Regeln, Details sprechen Sie am besten mit der Personalabteilung ab. Diese [36]Abteilung übernimmt in der Regel dann auch die Formatierung der Stellenanzeige. Falls nicht, fragen Sie im Sekretariat nach Vorlagen oder nach einer Formatvorgabe, nach der Sie die Anzeige dann setzen. Zuletzt muss die in Unternehmens-CI2 formatierte Stellenanzeige in der Regel von der Personalabteilung und dem Vorgesetzten freigegeben werden. Dann endlich kann sie in den für Ihr Unternehmen relevanten Medien geschaltet werden.

Checkliste: Ausschreibung

 Kurzvorstellung des Unternehmens

 Format entspricht Unternehmens-CI

 Gut formulierter Titel

 Inhalte beschrieben

 Fachliche Voraussetzungen beschrieben

 Soft Skills benannt

 Aufforderung zur Bewerbung und Formalien

 Freigabe durch Personalabteilung und Vorgesetzten

2.8 Die Ausschreibung platzieren


Die Arbeit, die Sie ausschreiben, ist es Wert, den besten Studenten dafür zu finden. Daher sollte die Stellenanzeige möglichst vielen potenziellen Kandidaten zugänglich gemacht werden. Je größer die [37]Zahl der Rezipienten, desto größer die Zahl der Bewerber. Und desto größer Ihre Chance, die Stelle optimal zu besetzen.

Wer übernimmt die Schaltung Ihrer Stellenanzeige? In der Regel macht dies die Personalabteilung. Je nach Fachgebiet, Unternehmensausrichtung und Budget wird sie die Anzeige auf der eigenen Unternehmenswebseite, in Stellenbörsen im Internet und, seltener, im Printbereich platzieren. Für Sie als Betreuer heißt es auch in dieser Phase aktiv bleiben. Informieren Sie sich regelmäßig über das Feedback auf die Anzeige. Fällt es nicht so aus, wie Sie sich es vorgestellt haben (zu wenig oder nicht geeignete Bewerber), können Sie die Stellenanzeige zumindest im Onlinebereich schnell und problemlos nachbessern.

2.9 Aktiv Studenten suchen


Eine klassische Stellenanzeige ist heute nicht mehr der einzige Weg, um auf Kandidatensuche zu gehen. Es gibt noch eine Reihe anderer Möglichkeiten. Sie alle fordern von Ihnen als Betreuer aktives Handeln und ein entsprechendes Zeitbudget.

Am zeitlich wenigsten aufwendig ist – in bestimmten Branchen – die Kandidatensuche im Internet. Es gibt eine Reihe von Websites, auf der Studenten ihr Profil posten können, darunter beispielsweise www.stepstone.de, www.xing.de oder www.monster.de. Sinnvoll und damit erfolgreich ist eine Kandidatensuche über diese Seiten dann, wenn dies ein gängiger Weg in Ihrer Branche ist.

Tipp! Setzen Sie sich ein Zeitbudget für die Suche. Wenn man die Uhr nicht im Blick behält, können Internet-Suchen wahre Zeitfresser sein (ohne dass das Ergebnis dann ein erfolgreicheres wäre).

[38]Werden in Ihrem Unternehmen regelmäßig zahlreiche Abschlussarbeiten ausgeschrieben, lohnt sich möglicherweise ein Stand auf einer Recruiting-Messe, auf der das Unternehmen sich vorstellt und direkt mit interessierten Studenten ins Gespräch kommt. Auf den zahlreichen Vortragsveranstaltungen, die solch eine Messe einrahmen, kann man als Redner fürs Unternehmen die Chance nutzen, interessante Projekte vorzustellen und geeignete Studenten neugierig machen. Welche Personalmesse für Ihr Unternehmen (und Ihre Studentensuche) geeignet ist, erfahren Sie von der Personalabteilung. Die Kollegen dort können gut einschätzen, ob der Besuch einer solchen Veranstaltung überhaupt lohnt. Denken Sie bei der Entscheidungsfindung auch an Ihren Vorgesetzten – und an die Zeit und die Reisekosten, die dafür investiert werden müssen.

Eine weitere Möglichkeit, einen guten Studenten zu finden, ist der Weg über die Hochschule. Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter geben im Allgemeinen gerne eine Empfehlung für bestimmte Studenten ab – die Kontaktdaten dieser Ansprechpartner entnehmen Sie den Homepages der entsprechenden Institute.

Der erfolgreichste Weg, einen sehr guten Studenten zu finden, ist natürlich die Kooperation mit der Hochschule, entweder im Rahmen eines Forschungsauftrages und/oder eines Förderprojekts (siehe auch → Kapitel 2.3). Die Hochschule wird nicht zuletzt aus Eigeninteresse bemüht sein, die am meisten interessierten und motivierten unter den begabten Studenten in diese Kooperation aufzunehmen.

2.10 Den Überblick behalten


Überblick ist das A und O für den Betreuer – und dies vom ersten Moment an. Vor allem, wenn Sie ein aus studentischer Sicht attraktives Thema für die Abschlussarbeit ausschreiben (plus gute Rahmenbedingungen anbieten), müssen Sie mit einer Flut von Bewerbungen rechnen.

[39]Tipp! Richten Sie sich schon vor dem Eintreffen der ersten Bewerbung eine funktionierende digitale Ablage ein.

Bewährt hat sich eine Ordnerstruktur wie beispielsweise in Abb. 2, in der alle Informationen in Dokumentenform abgelegt werden. Diese Ordnerstruktur sollte als Verzeichnisbaum auf dem Rechner und parallel auch als Struktur im E-Mail-Programm angelegt werden. Informationen, die nur auf Papier verfügbar sind, werden nach derselben inhaltlichen Struktur abgelegt (siehe auch → Kapitel 6.6). So hinderlich Pedanterie in vielen Fällen ist, in Sachen Ablage wirkt sie Wunder! Und auch Akribie kann hier nicht hoch genug eingeschätzt werden: Achten Sie darauf, von jedem Studenten, der sich bewirbt, mindestens die Bewerbungsunterlagen, Ihre Notizen, den digitalen und postalischen Schriftverkehr sowie alle vertraglich relevanten Informationen abzulegen. Vorschlag für eine Struktur:


Abb. 2: Verzeichnisstruktur Betreuer

[40]Checkliste:

Ausschreibung durch das Unternehmen

 Ziele definiert

 Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit einer Hochschule geprüft

 Thema beschrieben

 Richtige Ansprechpartner identifiziert

 Kosten geplant

 Zeitplan aufgestellt

 Ausschreibungsunterlagen erstellt

 Ausschreibung veröffentlicht

 Aktiv auf Studenten zugegangen

 Unterlagen organisiert

Die Abschlussarbeit im Unternehmen schreiben

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