Читать книгу Die Insurgenten. Die Longueville. - Oliver Geischberg - Страница 2

Erstes Kapitel

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Anne de Bourbon-Condé rang noch um ihren eigenen Willen. Sie kämpfte, ihn zu behaupten, gegen die Majestät ihrer Familie, gegen das, was ihre Bestimmung für sie vorsah. Sie war in Gegenwart ihres Bruders Louis, in der sie größtes Seelenheil verspürte.

„Du, ich soll heiraten!“, rief sie.

„Wen denn?“

„Longueville.“

„Dann hast Du doch eine große Zukunft vor Dir.“

„Was soll ich?“

„Du musst doch sowieso heiraten, warum grämst Du Dich?“

„Was will ich?“

„Ängstige Dich doch nicht, wenn der Vater es will, muss es so sein.“

„Und was will ich?“

„Ich ging auf die Schule der Jesuitenmönche und auf die Kriegsakademie. Es ist das Wissen und die Weisheit der Ehrenwerten. Sie sind würdig, in ihren Talaren und Uniformen. Es ist die Erfahrung der Macht.“

„Was weißt Du?“

„Sie lehren, was ich benötige, wenn ich dem folge, wohin mich mein Wille leitet.“

„Sei doch lieb!“

„Ich verehre Dich doch!“

„Mein Bräutigam wird mich an der Hand nehmen und dann sehen alle auf mich und dann gehe ich durch die Reihen auf den Priester zu und alle denken dann, wie sehr er sie wollte und dann blasen Instrumente und alle sehen auf mich und denken, jetzt ist das Vorherbestimmte geschehen und dann bin ich sein Geschöpf.“

„Aber diese Feier ist doch herrlich!“

„Was will er mit mir?“

„Er wird nicht unbedingt einen stolzen Willen haben, er kann auch sanft sein.“

„Stell Dir vor, wenn ich mit ihm allein bin, was will er mit mir?“

„Sei zuerst schamvoll und spüre seine Seele.“

„Wird er mir seinen Willen aufzwingen?“

„Wenn Du nicht weißt, was Dein Wille ist.“

„Ich denke, dass er einen Willen hat, den ich nicht kenne.“

„Er wird wohl sehr stark sein.“

Ich habe ja auch eine Kraft. In mir spüre ich Kraft. Ich bin bewegt, ich denke, ich habe eine eigene Kraft, die stark in mir drängt. Ich denke, sie wird mich weit treiben. Was will ich. Ein Drang ist noch vor einer Erkenntnis da. Mein Gemüt hat vor allem einen Drang, vor anderen. Mein Leben wird dadurch bewegt, wie wird es. Es wird wohl auch Bedrängnisse enthalten, vor denen ich auf Gnade hoffen muss.“

„Du kennst die Kraft anderer, gewaltiger Willen noch nicht.“

„Bibibibibi!“

„Dir gefällt doch die Verkleidung. Sie werden Dir ein funkelndes Kleid machen, das die Augen aller blendet. Es wird das Kleid Deines Lebens sein. So wird er Dich in der Hochzeitskathedrale führen.“

„Aber was hat er vor?“

„Da wird es doch überall glitzern! Von den Pfeilern der Kathedrale wird das Licht zurückgeworfen werden wie von Geschmeide.“

„Ach!“

„Und beim Bankett werden Edle zu Dir strömen aus allen Ländern und Blicke werden auf Dich treffen…“

„Ach, ob ich da meinen heilsamen Frieden finde?“

„Das wird doch eine Lust!“

Bei diesen Vorkommnissen hatte sie den Eindruck von Bangigkeit. Ihr Vater, Henri de Bourbon-Condé war eine Macht. Er erzählte ihr dann von schrecklichen Ereignissen, die jenen zustießen, die von ihr angezogen wurden.

„Wie viele Möglichkeiten es gibt!“

„Ich verstehe nicht.“

„Wie viele Liebende ich für Dich finden könnte!“

„Wen?“

„Es gab majestätische Häupter, die von Dir fasziniert waren.“

„Wen denn?“, fragte sie mit mehr Zorn und Nachdruck.

„Es gab bereits zwei Hoffende, die sich nach einem Zusammensein mit Dir sehnten.“

„Ja wen!“

„Fühle Dich geehrt, dass es Liebende aus der Familie Guise gab.“

„Aber bitte nicht, dass ich mich ekle. Ich kann Grobschlächtigkeit nicht leiden. Ich kann Rohlinge nicht leiden. Iiiiiiiiiih! Nicht, dass er wirres Haar hat und riecht. Vielleicht hat er auch einen Bart und ist stachlig. Vielleicht hat er auch Haare am Körper und vielleicht ist er auch unrasiert und vielleicht schaut er aus wie ein Waldmensch. Dann ist er vielleicht täppisch wenn er um mich wirbt und vielleicht unbeholfen, wenn er mich bezirzt und vielleicht grunzt er, wenn er mir den Ring übergibt.“

„Es wird in Zukunft höchste Ehren für Dich geben.“

„Da darf man ja gespannt sein!“

Du wirst die Würden unserer Familie ja erben.“

„Oh! Oooooh! Oooooooooh! Gell, ich bekomme auch die zauberhaften Juwelen von der Mama? Die ziehe ich dann alle an!“

Du bist die glorioseste Prinzessin unserer Familie.“

„Sie hat ja auch den herrlichen Ring, den ich immer so liebte…“

„Ich hoffe, Du weißt mir zu danken, wie ich mich immer um Dich mühte.“

„Was ist mir vorhergesehen?“

„Der Schein des Duc de Lorraine fiel ja schon auf Dich. Du hättest durch die Ehe unendlich an Nimbus gewonnen. Ich hatte sie für Dich erreicht. Die Familie Guise, deren Prinz der Monsieur de Joinville war, hätte uns dafür geliebt. Welche Mächte, welche Majestäten hätten sich dadurch vereinigt. Wir wären in den Himmel der Majestät vorgestoßen. Wie habe ich mich für diese Einung aufgezehrt, bis ans Ende meiner Kräfte. Eure Anziehung hatte schon zu einer Verlobung geführt. Wie hättet Ihr Euch geliebt! Doch eine Vorsehung zerstörte meine Vorstellung - der Prinz von Joinville starb in der Fremde.“

„Er liebt mich, er liebt mich nicht…“

„Diese Willensleistungen kosteten mich unendlich Energie…“

„Wer soll es dann sein?“

„Wie hätte mich de Maillé, der Herzog von Brézé, fasziniert!“

„Ach, der war ein Juwel!“

„Ein wirklicher Herzog, so tapfer zur See!“

„Warum bekam ich ihn nicht, Papa?“

„Ich musste mich einer höheren Macht beugen.“

„Ooooooooooh!“

Ich hatte die Eheschließung schon beschlossen. Ich stellte dem Ratgeber der Königin, Kardinal Richelieu, diese Idee vor. Ich unterwarf mich völlig seiner Weisheit. Ihm gegenüber gab ich mich selbst auf, da der Glaube an ihn gut für alle war. De Maillé war sein Neffe; ich hielt es für edel, sich mit dieser Macht zu vereinen. Warum nur? Als er mir die Ehre erwies, mich zu empfangen, stieß er meine Idee zurück. Ich musste mich einem höheren Willen beugen.“

Dann wurde der Herzog von Beaufort-Vendôme bei ihr vorstellig. Es spukte auch die Idee, dass sie sich mit ihm einen könnte. Alles bestrickte ihn, so dass er in einem enormen Lebensdrang, der in ihm steckte, sie aufsuchte.

„Prinzessin, ich bitte um die Ehre, sie besuchen zu dürfen.“

„Monsieur, welche Freude!“

„Welche Sehnsucht, Sie einmal zu sehen.“

„Man spricht so viel von Ihnen!“

„Welche Mannigfaltigkeit uns die Welt bietet!“

„Ich spürte, man liebt sie geradezu!“

„Auch ich liebe die Welt!“

„Man sieht Sie ja fast überall!“

„Der Charme der Menschen bestrickt mich so, dass ich liebend gern Feste und Schlösser und Gärten besuche.“

„Man sagt, auch das hölzerne, geradezu grobe Volk?“

„Madame, in diesen Unbezähmten vibriert doch auch der Taumel des Lebens…“

„Und das ist das Wesen eines Herzogs?“

„Aber, sie spüren doch, dass ich alle liebe, jeden!“

„Und es ekelt Sie nie?“

„Spüren Sie die Verehrung nicht gern?“

„Will ich in mein Gärtlein gehen,

Will die Zwiebeln gießen,

Steht ein bucklicht Männlein da

Fängt gleich an zu niesen, hahahahahahaha!“

„Sie verspotten mich doch nicht?“

„Ist Ihnen denn das nicht zu roh?“

„Spüren Sie die Anbetung denn nicht gern?“

„Fühlen Sie wirklich eine Anbetung? Ist das nicht eine Illusion?“

„Ooooooooh, Madame, wussten Sie denn nicht, dass ich eine solche enorme Kraft in mir spüre, dass ich keine Erniedrigungen mehr erleben werde? Ich fühle, dass mein Geist umher getrieben wird von einer Stärke. Manchmal fühle ich mich auf einer Klippe stehend, auf einem Felsvorsprung, und bin mir sicher, nie zu stürzen.“

„Welche Ruhe!“

„Wussten Sie denn nicht, dass ich an Feldzügen teilnahm, wo ich vom übermächtigen Gegner jederzeit hätte getötet werden können?“

„Welche Furchtlosigkeit im Angesicht der Gefahr!“

„Wissen Sie nicht, dass ich im Volke von Widersachern jeden Moment getötet werden könnte?“

„Zu einem Fürsten gehört solch ein Geist, der nicht gebeugt wird.“

„Wissen Sie denn nicht, dass ich aus einer Familie, den Vendômes, entstamme, die über Leben und Tod entschieden?“

„Das ist herrlich!“

„Ich fühle in mir Leben…“

„Ist Ihr Gemüt nie beruhigt?“

„Etwas tobt in mir, ich stehe nie still!“

„Sie sind ein Eroberer, Sie haben einen Geist, der weiter will!“

„Folgen Sie mir!“

„Wohin?“

„Zu den Wasserspielen!“

„Welchen Wasserspielen?“

„Begleiten Sie mich zu den Wasserspielen und Kanälen vor dem Schloss!“

„Dahin?“

„Ja, es ist Wasser, das solche Erquickung spendet! Dort zu lustwandeln, das ist größte Freude, so etwas haben Sie in Ihrem Leben noch nie erlebt!“

„Aber - da ist doch nichts!“

„Madame, es weckt doch den Geist und belebt das Gemüt!“

„Monsieur, da sind doch nur Bäume, ich denke nicht, dass mich das anzieht.“

„Oooooooooooh!“

„Haben Sie eigentlich meinen Vater schon kennen gelernt?“

Ihr Gemüt war aber noch von einer unbedachten Faszination besessen. Sie fühlte Heil vor allem in der Anwesenheit ihres Bruders. Er verzauberte sie, die die Welt noch nicht wirklich erlebt hatte. Ihr Gefühl war hauptsächlich ihm zugerichtet.

„Du wirst bald gezwungen, die Welt zu erobern.“

„Der Herzog von Beaufort suchte mich auf.“

„Ich möchte Dich darauf vorbereiten, Dich warnen. Dein Wille könnte Gefahren ausgesetzt sein.“

„Gefahren?“

„Er darf sich nicht verrennen.“

„Was wird geschehen?“

„Bereite Dich vor, dass ihm Gewalt angetan wird.“

„Was soll mir geschehen?“

„Der Wille des Vaters ist fest.“

„Mir wird doch Gnade zuteil!“

„Die Majestät des Vaters verlangt es, Dir eine Ehepartie zu bestimmen.“

„Auch ich fühle doch einen Willen.“

„Er hat den Herzog von Longueville ausersehen.“

„Oh!“

„… der sich eine Geliebte hält, die Herzogin von Montbazon.“

„Gott, warum tut man mir das an?“

Ich verspreche, mich für Dich einzusetzen, glaub’ es!“

„Das tust Du?“

„Mit aller Kraft, die ich habe.“

„Du bist herrlich.“

„Was immer auch geschieht.“

„Mein Gemüt - wenn ich bei Dir bin, ist es bezirzt.“

Nur ich schütze Dich.“

„Nimm mich in den Arm!“

„Nein!“

„Wenn ich bei Dir bleiben könnte!“

„Aber nein!“

„Küss mich doch!“

„Zurück!“

„Nur Du kannst mich beschützen!“

„Ich verspreche es!“

„Wenn Du mich in den Arm nehmen könntest!“

„Man braucht Kraft!“

„Blablablablabla!“

„Du wirst in die Welt hinaus gehen!“

„Wo bist Du dann?“

„Ich weiche nie von Deiner Seite!“

„Wenn niemand bei mir ist?“

„Man braucht Kraft!“

„Wenn niemand bei mir ist, wenn mein Geliebter bei den Streitkräften ist irgendwo auf einem Feldzug?“

„Ich sende Dir immer gute Wünsche. Die Liebe, die ich für Dich fühle.“

„Wenn man mich dann verlässt! Wenn ich dann allein bin, wenn ich in einem dunklen Schlosse abgeschieden bin und der Einsamkeit ausgeliefert?“

„Dann eile ich zu Dir!“

„Wenn es dann in der Finsternis Tock! Tock! Tock! macht?“

„Dann wehre Dich mit voller Kraft! Aber durch unsere Erhabenheit sind wir bestimmt, die Welt nach unseren Ideen zu bauen. Gehe in Dich und spüre Deinen Willen.“

„Gell, ich darf ihn spüren.“

„Wir werden uns trennen müssen.“

„Ich will mich aber nicht trennen. Bleib!“

„Ich will mich auch nicht trennen. Aber es ist notwendig. Wenn Dein Wille gedemütigt wird, darfst Du ihn nicht wegdrängen.“

„Gott, was sagt der Vater?“

Eine Verpflichtung rückte näher. Etwas würde ihr ihr Leben fügen, ohne dass sie sich wehren könnte. Ihr Vater sah seine Macht als unbeugsam.

„Was weiß ich? Mein Bruder sagt, er besitzt eine große Gewissheit. Was seine Magister am Lyzeum sagen, dem vertraut er.“

„Er kennt seinen Willen.“

„Welche Sicherheit er besitzt! Er hat keinen Zweifel an der Weisheit seiner Lehrer.“

„Er hat etwas, was ihm den Weg vorgibt.“

Ich hab doch einen Drang. Ich habe doch auch eine Kraft. Ich habe etwas, was mich treibt. Ich glaube, dass es mich bald an etwas herandrängen wird, denn ich bin stark. Mir bangt! Dann wird es zu einem Kampf kommen.“

„Sinne nicht, wohin es Dich treibt!“

Ich bin gespannt, wohin es geht. Es ist ein Überlegen, ein Zweifeln. Wann werde ich sehen, wohin es geht. Wer begleitet mich dann? Es treibt mich, es ist unbekannt, wohin es geht.“

„Es wird eine sonnige Bahn sein, die Dich in den Glorienschein führt!“

„Aber es darf doch kein Monster sein, wo mein Weg endet! Mich fürchtet doch so vor der Rohheit!“

Jetzt brauchst Du Stärke!“

„Wenn ich es doch nur wüsste, mit wem ich mich vereine! Mir droht Qual und Erniedrigung! Welcher Alptraum!“

„Denke an Dein Glück!“

„Welcher Alptraum, der mich bedrückt! Man darf mir keine Vorschriften machen, wen ich eheliche!“

„Vergiss Deine Majestät nicht!“

„Aber ich weiß ja nichts! Mein Leben ist mir unbekannt! Welche Bangigkeit darüber, was in meiner Zukunft geschieht!“

„Verlass Dich auf Deine Eltern! Halte Dich an den Gedanken, wie herrlich Deine Bahnen laufen! Welches Heil Dir bevorsteht! Verlasse die Idee nicht, dass es Dir höchsten Gewinn bringt, wenn Du meinen Vorstellungen folgst!“

„Ich weiß nichts! Gib mir kund, was Deine Idee ist, damit ich mir ein Bild machen kann!“

„Frag nicht!“

„Du hältst mich für zu niedrig, um mir Kunde zu geben. Mir bangt darum, dass alles im Fluss bleiben soll.“

„Du wirst es noch früh genug erfahren!“

„Wenn es mich aber ekelt - ich habe auch einen Willen. Wenn ich darauf beharre und nicht nachgebe?“

„Denke nicht daran!“

„Ich kann mich weigern. Ich kann in einer Zuflucht Frieden finden. Was, wenn ich einfach stehen bleibe?“

„Hahahahahahaha!“

„Aber wenn ich gehe - O Gott! Mir bangt! Verliere ich dann nicht meine Glorie?“

„Bumm! - Dann fällt die Tür hinter Dir zu!“

„Aber wenn ich gehe - dann bin ich allein und ohne Schutz und Hilfe und Unterstützung!“

„Pfffffffff!“

„So allein war ich noch nie!“

„Was ich will, ist Deine Pflicht!“

„Gott! - So allein will ich nie sein!“

„Darauf kannst Du Dich schon mal gefasst machen!“

„Ich hoffe, dass mir dies nie widerfährt!“

Ich bin Dein Wille!“

Dann war sie erregt, als sie den Besuch von Henri d’Orléans-Longueville bekam, den man vielleicht als ihren Ehemann vorsah. Seine Anwesenheit versetzte sie in Spannung. Ihr war unklar, ob sie ihn fürchten oder von ihm fordern sollte.

„Ooooooooooh, Monsieur!“, rief sie.

„Welche Freude, Sie zu sehen!“

„Sie haben mich aber erschreckt!“

„Endlich sehe ich Sie!“

„Ich bin ja ganz erregt!“

„Ich habe lange darauf gewartet, einmal mit Ihnen zu sprechen!“

„Ich bin ja in solcher Bewegung!“

„Endlich lerne ich Sie kennen!“

„Welches Leben schlagartig in mich einzieht, da rast ja der Atem!“

„Nun sitzen wir uns von Angesicht zu Angesicht gegenüber!“

„Wenn Sie mich immer in solchen Drang versetzen…“

„Ich freue mich auf ein lebhaftes Gespräch!“

„Welche Bewegung ich plötzlich in mir spüre…“

„Aber Madame…“

„Da ist plötzlich ein solches Leben in meinem Gemüt…“

„Pschpschpschpschpsch…“

„Wenn Sie mich immer in solche Seelenlust zu bringen vermögen…“

„Wollen Sie mir denn gar keine Beachtung schenken?“

„Ich hörte, Sie haben eine Geliebte?“

„Ooooooooooh!“

„Na?“

„Oooooooh! Woher haben Sie denn das? Aber da bin ich doch unschuldig!“

„Was machen Sie denn mit der? Etwas Bsbsbsbsbs?“

Sie ahmte das Geräusch eines Kusses nach.

„Madame, Sie bringen mich in Verlegenheit.“

„Oder etwa…?“

Sie drehte sich um und überkreuzte die Arme vor ihrem Körper und legte die Handflächen auf ihren Rücken, so dass es von hinten wie eine Umarmung aussah.

„Also! Zweifeln Sie an meiner Dignität?“

„Müssen Sie denn da sehr schwitzen, hahahahaha?“

„Madame, welcher Spott! Ich hätte mir doch etwas mehr Achtung ausgebeten.“

„Wenn das Leben in Ihnen tobt, läuft Ihnen denn da das Wasser hinunter?“

„Nehmen Sie mich doch etwas ernster!“

„Ich will einen Gatten, für den ich alles bin.“

„Glauben Sie es denn nicht, dass Sie es für mich wären?“

„Ich will einen Gatten, für den ich das Eine bin.“

„Sie können sich meiner Bewunderung doch sicher sein!“

„Ich sehe Sie jetzt an!“

„Aaaaaaaaah!“

„Ich mag Männer, die mich zähmen können!“

„Ich gefalle Ihnen doch? Sehen Sie doch meine Haarpracht! Ist das denn keine Löwenmähne?“

„Sind Sie denn zahm oder wild?“

„Das beeindruckt Sie doch sicher!“

„Ich mag aber auch Männer, die zahm sind.“

„Halten Sie mich denn für unbeherrscht?“

„Wenn man mich quält, werde ich zornig.“

„Madame, ich bitte Sie, nicht an meiner Würde zu zweifeln.“

„Wenn man mich reizt, schreie ich Aaaaaaaaah!“

„Sie kennen doch die Vornehmheit eines Herzogs.“

„Respektieren Sie mein Leben?“

„Ich bin ein Herr!“

Dann wurde über sie bestimmt. Andere Willen erlangten die Macht. Sie wurde vor eine Pflicht gestellt, die für eine erste Aufwallung ihrer Wut sorgte. Der Herzog von Bourbon-Condé, ihr väterlicher Herr, erschien in ihrem Palais.

„Deine Bestimmung ist nun entschieden. Du wirst den Herzog von Longueville heiraten. Majestäten, Deine Vorfahren, Herren bestimmen Dein Geschick.“

„Ist es wahr? Kann ich das glauben?“

„Du musst es glauben.“

„Gott, welcher Stich… es ist wie ein Stachel in meinem Fleisch…“

„Glaube es…“

„Als ob man in mich sticht!“

„Fürchte Dich nicht.“

„Ist das ein Tod?“

„Man kennt ihn.“

„Schmerz, den ich ganz tief spüre, quält mich an meinem Leibe.“

„Er wird für kraftlos gehalten.“

„Als ob es eine Unzahl von Stichen wäre.“

„Er ist das Gespött der Gesellschaft.“

„Und wenn ich zurück steche?“

„Er ist in der Noblesse verstoßen.“

„Auch ich kann stark werden.“

„Ich sehe, dass Du stark werden wirst!“

„Wenn man mich sticht, kann ich zum Löwen werden!“

„Durch eine Kraft wirst Du unverletzlich werden!“

„Mein Wille ist dann tödlich!“

„Du wirst allen trotzen!“

„Aber wen trifft mein Wille?“

„Dein Gatte kann Dich nicht beherrschen!“

„Wen trifft mein Trotz?“

„Du wirst ihm trotzen!“

Ich steche dann selbst!“

„Dein Wille ist wie ein starkes Schild.“

„Ich mag dann auch selbst verletzen!“

„Dich mag anschreien, wer will.“

„Ich werde um mein Leben kämpfen müssen, wie gegen den Tod.“

„Aber Du wirst gewinnen.“

„Es wird Bedrohungen und Verletzungen geben.“

„Du wirst Gefahren sehen, aber nicht den Tod.“

„Ich hoffe, dass ich ihm entgehen kann.“

„Dein Gatte ist machtlos gegen den Zorn, den Du fühlst.“

„Aus den Verletzungen werde ich mich wieder erheben!“

„Öffne Deine Augen! Sieh, wo die Majestät ist!“

„Dann bin ich wieder stark.“

„Sieh dort genau hin!“

„Dann bin ich wieder gesund!“

„Bewege Dich in Richtung einer Glorie, die hell strahlt!“

„Dann mögen andere mich fürchten!“

„Etwas Erregendes wird Dich in Bewegung setzen.“

„Dann könnte ich eine Rachbegier verspüren.“

„Das Königshaus strahlt die hellste Glorie ab!“

„Rachbegier, die mich in Bewegung setzt und antreibt.“

„Siehe, wohin Du gesandt bist!“

„Ich spüre etwas Gewaltiges in mir!“

„Aber Demut vor der Majestät!“

„Ich spüre Zerstörung in mir.“

„Aber nicht das Edelste!“

„Da ist Furcht und Zittern.“

„Aber blicke auf das Wertvollste, den Thron!“

„Wird es ein Beben?“

Nachdem sie die Verpflichtung durch die Majestät erfahren hatte, verlor sie jede Demut. Schamlos erniedrigt sie die Geliebte des Mannes, den man als ihren Gatten vorherbestimmt hatte. Als ihr Bruder, der sie verzauberte, anwesend war, spielte sie ein trügerisches Spiel.

„Ach!, es heißt, sie soll alle bezirzen!“

„Die Sinne derer, die sie sehen, seien betört!“

„Sie betört ja die Sinne meines Gatten!“

„Sie ist wahrhaft schön!“

„Ach! Was sie für Poesien ruft!“

Der Herzog von Condé sah ihr entrückt zu.

„Weis’ alle ab!“, ruft sie. „Weis’ alle ab! Weis’ alle ab!“

Der Herzog, ihr Bruder, sah ihr begeistert zu. Sie ging zu einer Tür, öffnete sie und warf sie wieder zu.

„Bumm!“, rief sie. „Bumm! Bumm! Bumm! Jetzt ist sie draußen!“

Der Herzog sah erstaunt, wie sie sich dann gegen die Türe stemmte.

„Weis’ alle ab!, ruft sie! Weis’ alle ab!, ruft sie zu meinem Gatten! Aber jetzt weise ich dich ab! Hahahahaha!“

Ihre Bewegung wurde intensiver.

„Und wenn sie jetzt herein will, weise ich sie ab! Und dann klopft sie Bumm! Bumm! Bumm! Aber dann weise ich sie ab, und dann darf sie nicht mehr rein, hahahahaha!“

Sie stemmte sich fortwährend gegen die Türe.

„Weißt Du Geheimnisse von ihr?“, fragte ihr Bruder.

„Ja, ich weiß Geheimnisse von ihr“, antwortete sie. „Man sagt, sie flüstere ihm zu, sie wolle die Welt verlieren. Bsbsbsbsbs, tuscheln, hahahahaha! Tür zu!“

Sie hielt die Türe weiterhin fest geschlossen.

„Und wenn die Türe zu ist, bleibt sie draußen. Und dann ist die Welt nämlich sicher für sie verloren. Und dann sitzt sie allein in einem Schlosse und sitzt fest und weiß nichts mit sich anzufangen, weil sie wartet.“

„Du bist eine Prinzessin, es ist angemessen, dass Du auf sie herabsiehst.“

„Dass sie die Welt verlieren will, sagt sie! Ha! Ich werde ja auch Herzogin, denke ich, und wenn meine Glorie strahlt, dann wird es sonst überall dunkel! Und dann verliert sie die Welt wirklich, weil sie in tiefstem Schatten steht!“

„Oh, welcher Stolz!“

„Und: Bin ich denn nicht die Strahlendste bei Hofe?, Sag!, sagt sie, aber wenn ich strahle, mon chéri, mein Liebster, dann werden alle blind, weil sie dann im Dunkel tappen, weil es nur bei mir hell ist!“

„Welcher Wille!“

„Man sagte, sie behaupte, dass nur in ihrem Fleische Leben sei, aber ist sie wirklich eine Schönheit? Sie wird runzlig! Und wenn sie dann alt ist, dann wird ihr Gesicht schrumpelig wie ein Apfel, so!“

Sie zog eine Grimasse, indem sie in ihrem Antlitz die Nase nach oben rümpfte und mit den Händen die Wangen zu Falten formte.

„Bääääääääääh! Und wenn sie dann immer älter wird, dann werden ihre Falten immer mehr und sie wird dann ein Schrumpfkopf und dann schaut sie aus wie ein verdorbener Apfel.“

„Meine Schwester!“, rief der Herzog.

„Und dann ist sie vergangen und hässlich wie die Nacht finster und dann will sie keiner mehr! Wer will sich so einen Schrumpfkopf denn anschauen?“

„O meine herrliche Schwester!“

„Und ihre Ringe und Klunckern machen ja immer Bling-bling, Bling-bling, Bling-bling, aber die helfen ihr dann auch nichts mehr!“

„Oh, einen Kuss!“, rief der Herzog und gratulierte ihr auf diese Weise.

Die Majestät ihres Vaters hatte ihr ihre Bestimmung offenbart. Der Weg, den zu gehen sie sich nicht weigern konnte, war klar. Obgleich sie ihn nicht selbst gewählt hatte, stieß ihr Gang auf Hindernisse, und Zorn begann zu stechen. Der Herzog von Beaufort suchte sie abermals auf.

„Ich hörte, man hat über ihre Bestimmung entschieden.“

„Meine Heirat mit dem Herzog ist beschlossen. Mein Vater, der Herzog von Condé, suchte einen Ehemann.“

„Ihr Vater ist Ihr Herr?“

„Er wählte einen Ehegatten nach seiner Weisheit.“

„Wie groß ist seine Weisheit?“

„Er erhielt seine Würden von Majestät und von Gott.“

„Sie vertrauen seiner Weisheit?“

Ich besitze keine größere.“

„Sie fühlten keinen Zorn ob der Wahl?“

„Ich fühle mein Seelenheil.“

„Sie fühlen keinen eigenen Drang?“

„Ich fühle mich in der Familie Condé so geborgen.“

„Sie fügen sich?“

„Ich füge mich der Majestät?“

„Und Ihr Wille?“

„Ich werde noch warten müssen.“

„Sie sinnen noch?“

„Ich werde mich noch beraten und in mich gehen müssen.“

„Sie grübeln?“

„Zwingen Sie mich nicht!“

„Was ist denn Ihr Wille? Was wollen Sie denn?“

„Lassen Sie mir Zeit zur Beratung!“

„Und Ihr Wille!“, schrie der Herzog.

„Bedrängen Sie mich nicht!“

„Jetzt raus damit!“

„Ich bin überwältigt!“

„Überwältigt von Ihrem Vater?“

„Nein, überwältigt von Longueville!“

„Er beeindruckt Sie?“

„Er fasziniert mich!“

„Wie kann der Sie beeindrucken?“

„Ich bin begeistert!“

„Das ist eine Demütigung!“

„Aber nein!“

„Ich bin nicht bereit, mich so demütigen zu lassen!“

„Seien Sie nicht so heftig!“

„Das ist ein Anschlag auf meine Ehre!“

„Welcher Zorn!“

„Ich bin beleidigt!“

„Welche Wut!“

„Das hat ein Nachspiel!“

„Aaaaaaaaaah!“

„Das werden Sie noch bereuen!“

„Sie machen mir Angst!“

„Zittern Sie!“

„Sie bedrängen mich!“

„Erschrecken Sie!“

„Hilfe! Hilfe!“

„Sie werden Gefahren ins Auge sehen müssen!“

„Mir ist bang!“

„Bereiten Sie sich!“

Sie litt dann unter einer Furcht und suchte nach Schutz. Die Drohung des Herzogs tauchte sie in einen beständigen Schrecken. Bei ihr erschienen ihr Bruder, bei dem sie sich behütet fühlte, und der Graf Maurice de Coligny.

„Gott!, meine Würde!“

„Wie siehst Du aus!“

„Mein Glorienschein strahlte doch so hell!“

„Dein Antlitz ist voller Erniedrigung!“

„Mir ist bang… der Herzog von Beaufort-Vendôme drohte mir Rache an für mein Leben!“

„Hab’ keine Angst!“

„Meine Ehre ist durch seinen Zorn bedroht!“

„Er kann Dir nichts tun!“

„Mein Lebensweg wird durch Angst bedroht!“

„Denk’ an meine Stärke!“

„Wer schützt mich?“

„Nur wir können Dich schützen! Wir sind mächtig!“

„Wer hält mich?“

Wir sind bei Dir!“

„Gottseidank bist Du bei mir!“

„Wir wehren ab, der Böses will!“

„Louis!“

„Anne!“

„Nimm mich in den Arm!“

„Aaaaaaaaaaah!“

„Ich habe solche Angst!“

„Warte!“

„Nimm mich doch!“

„Stärke! Willensstärke!“

„Welcher Drang! Man bedroht mein Leben! Ich brauche Deine Arme, die mich vor Mord bewahren! Ich sehne mich nach Deiner Begleitung! Schreckliche Dämonen greifen mich an!“

„Widersetze Dich!“

„Nimm mich in den Arm und halte mich!“

„Leiste Widerstand!“

„Lulu!“

„Du bist kräftig!“

„Ich bin angegriffen!“

„Sei stark, geliebte Schwester!“

„Tschack, Tschack, Tschack!“

Der Graf von Coligny spürte ihre Furcht. Er sprang ihr bei, und sein Gemüt war voll von Hilfsbereitschaft.

„Keine Angst! Sie haben starke Helfer! Der Herzog und ich sind wie Löwen, die Sie nicht allein lassen und Feinde abwehren!“

„Ja! Wir schlagen zurück!“, brüllte der Herzog.

„Ihr müsst zur Stelle sein, wenn ich bedroht werde!“

„Wir haben solche Macht, dass wir Gemeinheiten überwinden werden! Glauben Sie an unsere Stärke!“

Der Herzog fühlte aber nun Bedrängung. Er glaubte nicht an die Stärke des Admirals, dessen Leib vom Verfall angegriffen war.

„Haben Sie Kraft?“

„Keiner kann uns schlagen!“

„Spüren Sie wirklich Kraft?“

„Zweifeln Sie?“

„Sie wird sehr schnell enden!“

„Sie zweifeln!“

„Sind Sie wirklich stark? Sie sind hinfällig!“

„Sie zweifeln an meiner Majestät? Meiner Fähigkeit? Meinem Willen?“

„Ich wehre mich gegen ihre Spielerei!“

Die Insurgenten. Die Longueville.

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