Читать книгу Die Insurgenten. Die Montbazon. - Oliver Geischberg - Страница 2

Erstes Kapitel

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Als sie und ich noch in der Welt waren, war sie ja verfallen. Sie hatte ihre Wirkung entdeckt, und sie weidete sich an ihr. Ich sah sie auch, und verfiel ihr auch. Die Obsession und die Geschlechtsliebe erfüllten sie ja, sie sah nicht nach innen, nicht tief.

Sie war ja vom Herzog von Rohan erblickt worden, so dass sie aus dem Kloster, in dem man sie erzogen hatte, genommen wurde. Die Obsession überfiel sie dann… Bald aber kam sie aus der Obhut in die Welt, wo sie der Begierlichkeit und Entblößung verfiel. Sie lockte ja den Herzog von Longueville, und besaß ihn. Sie war der Sehnsucht nach Größe ergeben. Er nächtigte immer bei ihr. Die Geschlechterliebe erfüllte sie, das Vergängliche war ihr das Höchste. Sie lebte ihm völlig, der Geltung und dem Ansehen ergeben.

Er war beständig auf ihrem Lager.

„Weis alle ab!“, sagte sie.

„Ich will Dich doch!“, sagte er.

„Weis’ alle ab!“, sagte sie.

„Deine Liebe ist doch eine Stärke für mich.“

„Liebe doch nur mich!“, sagte sie, mit der Idee, ihn zu beseligen.

„Schatz, aber eine andere Liebe winkt…“

„Sieh mich doch“, sagte sie, „leuchte ich denn nicht heller als all’ die anderen?“

„Schatz, die Charlotte-Marguerite de Montmorency will mich doch für ihre Tochter. Sie ist die Erbin der Condés.“

„Weis’ alle ab, bin ich denn nicht die Strahlendste unter den Frauen bei Hofe?“

„Schatz, meine Familie war doch immer schon unter den Prinzen des Blutes. Wir bekamen den Titel… Wenn Anne-Marguerite de Montmorency mir ihre Tochter jetzt gibt, bin ich in der Thronfolge der Spitze näher.“

„Schweig, sprich jetzt nicht mehr davon, ich will es nicht mehr hören!“

„Madame, soll ich nicht auch an meine Dignität denken…?“

„Ach!, umarme mich doch!“

Für sie ist es jetzt eine Drohung. Sie will jetzt den Abfall des Herzogs von Longueville von ihrer Liebe verhindern.

„Aber heute ist doch heute! Wir sollen doch heute leben! Siehe, wir sind jetzt im Bett und wir bleiben doch im Bett, wir drängen uns aneinander…“

„Was magst Du denn so an mir? Gefällt Dir meine Würde…“

Sie unterbricht ihn, drängt ihn, sie zu hören.

Eros war ja so eine Gewalt für sie. Es trieb sie fort.

„Ja, warum willst du denn auf meine Seligkeit verzichten?“

„Es gibt viele, die mich heiraten wollen, wegen des Titels…“

Ihr Blut wallt auf, da ihr Wille missachtet wird. So ist ihr Wesen, immer.

„Dann will ich dich nicht mehr!“

Sie wollte aber auch seine Ehren… Sie hätte aber auch den Titel der Prinzessin des Blutes gewünscht.

Ihre Verworfenheit kam dann noch stärker hoch. Ich lebte ja damals auch in der Verworfenheit, noch bevor ich mit ihr war.

„Es ist eine Verleumdung, die ich nicht dulden werde! Sei Dir im Klaren, wen Du heiratest!“

„Schatz, versuche nicht, mich zu demütigen!“

„Schatz, es ist eine Frage des Respekts vor der, die dich liebt, die dir folgt…“

Sie sieht es als Demütigung. Es ist für sie schwer. In ihrer Erregtheit will sie es hintertreiben. Sie besucht die Prinzessin Antoinette von Luynes, Hofdame des Königs Ludwig XIII. und der Königin Anna von Österreich. In ihrem Überschwang will sie überzeugen. Sie zweifelt nicht, dass die Hofdame, in der Nähe der Königin, ihren Willen ausführt. Es liegt in ihrem Wesen, daran nicht zu zweifeln.

„Hören Sie, ich bin verleumdet. Ich bin erniedrigt. Es soll eine Verhexung, Dämonie stattfinden… Man will mir meinen Geliebten nehmen…“

„Wer ist es?“

„Anne de Bourbon-Condé. Diese Frau ist geisterhaft, spirituell, nicht existent, wie ein Lufthauch“.

„Sie gehört zu einer großen Familie.“

„In ihr ist kein Leben!“

„Ich sah ihre hohe Weisheit und Schönheit.“

Ich bin das Leben!“

„In jeder Schönheit ist doch das Leben!“

„Fleisch ist doch das Leben!“

„Sie ist eine Prinzessin königlichen Geblüts.“

„Sie liest Poeme - man betet sie dafür an - sie steht doch in Apathie und Phantasie - wie soll sie die Kraft des Begehrens kennen? Ihre Seele gibt keinen Drang - sie lebt in eitlen Träumen.“

„Das Blut, das in ihr fließt, ist das einer großen Dynastie.“

„Ich bin an die Kraft des Lebens gewöhnt.“

„Sie ist eine Prinzessin, die mit großer Kraft in das Leben hineinwächst und es beherrschen wird.“

„Ich bin an die Gewalt des Eros gewöhnt.“

Die Erquickung in einer Stille fühlt sie nicht. Ich fühlte sie damals auch nicht.

„Es ist nur Schein, dass er sie liebt.“

„Wie blendend ist ihre Schönheit!“

„Es ist grausam, wenn das Fleisch vergeht.“

Das ist ihre Furcht hinter ihrem Glanz.

„Welche Angst, wenn das Fleisch vergeht!“

„Die Königin liebt auch, aber stille.“

„Hören Sie… ich benötige eine schlechte Meinung der Königin über Anne de Bourbon. Sehen Sie doch ihre Nichtswürdigkeit! Sie darf nicht nahe der Macht bleiben.“

Es ist zu viel wesenloser, unwahrer Wunsch in ihrem Gemüt.

„Sehen Sie nur zu, dass Sie die Wahrheit, Wesen sehen.“

„Majestät muss wissen, dass sie zu müßig ist.“

„Aber die Majestät liebt das Maß!“

„Wer lebt denn vom Wesenlosen?“

Die Erbauung von Bildern, Muße fühlt sie nicht.

„Dann finden Sie Maß!“

„Sie verlangen von mir, dass ich einer leidenschaftlichen Liebe fliehe?“

„Die Prinzessin Condé kann vielleicht Fügung, Stille geben!“

„Sie töten mich! Das Miteinander mit Heinrich ist doch mein Leben!“

Nur eine erschütternde Bewegung fühlt sie.

„Dann würde ich mich töten! Ich habe auch ein Interesse - ich habe das Interesse, dass Majestät mich wertschätzt! Sie wissen, wie gefährlich es ist, zu widersprechen. Die Königin begehrt in ihrer Nähe Fromme, die hören können, fühlen!“

„Weigern Sie sich nicht!“

„Dann hassen mich die Condés! Ich kann die Begier der Königin nicht zurückweisen, andere können, wollen ihr eher willfahren!“

Da war aber auch Anne-Genevieve de Bourbon-Condé, brillant und hochedel. Sie war die Tochter des Fürsten von Condé, Henri II., und Charlotte de Montmorency, im dreiundzwanzigsten Jahr. Sie war gebildet und angesehen. Sie musste heiraten, und der Fürst suchte einen Partner für sie. Man erwog, als sie kaum geboren war, sie mit dem Prinz von Joinville, einem Mitglieder der Familie Guise, zu verheiraten. Es hätte zu einer Vereinigung der Familien Guise, Montmorency und Condé geführt. Der Edle starb jedoch früh. Dann zog man Armand de Maillé, den Herzog von Brézé, in Erwägung. Er wurde in der Schlacht von Orbitello von einer Kanonenkugel getötet. Wurde auch an eine Vermählung mit Richelieu gedacht?

Henri II. von Condé rief jetzt Antoinette de Luynes - ihre Herrlichkeit lag in der Nähe zur Macht.

„Die Prinzessin von Bourbon-Condé ist bezaubert - ein tiefer Blick in eine noch trübe Seele - sie will lieben, und in ihrem Alter muss sie lieben - ihr Geist drängt voran, aber es ist noch trübe, wohin. Sie ist verwirrt. Etwas unklares lenkt sie“

„Ihre Tochter wird heiraten.“

„Sie schwankt in ihren Heiratsabsichten, der Geist weht, wohin er will. Sie forscht nach ihrem Schicksal, Inneres treibt sie um, wohin muss, soll, will sie, fragt sie sich… Ein starker Glaube treibt sie, das Feuer von Beaufort!“

„Sie wollen, dass ich ihre Wege lenke?“

„Sie verstehen meine Sorge?“

„Sie kennen mein kohlenschwarzes Gemüt.“

„Demut ist von ihm gefordert - er soll der Macht entsagen. Er kann Majestät in einen Abgrund von Sorge stürzen. Bitte, sprechen Sie mit Majestät.“

„Springen Sie über ihre Angst hinweg - zeigen Sie Sorge.“

„Sie haben Interessen.“

„Auch ich habe Interessen - wenn ich weiß, wem die Königin Wertschätzung bezeugt…“

„Von was sprechen Sie?“

„Der König ist zum Sterben-.“

„Es ist natürlich, wer wund ist, steht vor einer Furcht.“

„Die Königin wird bald Witwe sein-.“

„Ich zähle auf Sie.“

„Die Königin braucht dann Berater-.“

„Ich denke, Sie handeln in meinem Sinne.“

„Sie braucht treue Berater, die ihr im Angesicht des Todes und der Trauer an einem Wendepunkt, vor dem sie steht, Trost spenden…“

„Nach der Rangfolge steht diese Familie an der Stelle, die sie zur Nähe an der Majestät bestimmt.“

„Aber es gibt noch jemanden…“

„Wen kann es noch geben, außer Beaufort, die sie fehlleiten?“

„Ich weiß, um was sie sich sorgt, was sie umtreibt.“

„Verweigern Sie sich mir?“

Mich hört sie - ich habe die Gunst ihrer Aufmerksamkeit - wen ich begünstige, der kann vielleicht bei ihr steigen!“

„Hüten Sie sie vor dämonischem Einflusse!“

Viele Familien suchen Einfluss. Der Staat kann in viele Richtungen gelenkt werden. Sie wünschen, in Ihre. Auch der von Ihnen genannte - ich weiß, dass Sie ihn verachten - mag bei mir Aufmerksamkeit finden - auch andere Interessen traten an mich heran.“

„Wer?“

„Die Herzogin von Montbazon - die mit dem Herzog von Beaufort eng verbunden ist. Sie kennen seinen Mut.“

Selbst trifft auf Selbst, Seele trifft auf Seele. Jetzt entstand Grauen und Grausen. Die Prinzessin von Luynes fühlte dadurch solche Kraft, dass sie in der Nähe der Majestät war.

Man rief nach Ideen, wer Anne de Bourbon lieben möge. Der Vater, Henri de Bourbon-Condé, war sich sicher, dass sie den Herzog von Longueville heiraten müsse. Auch er versuchte, Macht über sie auszuüben. Das Gemüt der Anne de Bourbon erwachte gerade. Sie war voller Kraft. Eine herrliche Bewegung lag tief in der Seele, die bald ganz zu Tage treten würde. Sie würde so herrlich scheinen, dass sicher bald andere Willen abgedrängt werden mussten.

„Du musst jetzt eine Heirat akzeptieren.“

„Aber wen soll ich denn heiraten?“

„Wir haben den Herzog von Longueville erwählt…“

„Warum soll ich denn ihn heiraten?“

„Er ist ein Prinz des Blutes, in der Thronfolge gerade hinter uns.“

„Was hat Gott denn mit mir vor?“

„Du musst einsehen, dass es der Longueville sein muss!“

„Ich könnte mich auch.. ich kann eigene Liebe fühlen, wie, wenn ich…“

„Er liebt dich, und die Herrschaft ist in einer schlechten Verfassung.“

„Ich schwanke doch, mein Wille schwankt wie im Wind…“

„Deine Vorfahren liegen auf dem Friedhof des Schlosses - geh hin, sie zu sehen, und zu spüren, was Deine Bestimmung ist…“

„Mein Geschmack lässt mich vor dem Alter ekeln… es wirkt weich… ich schwanke…“

„Schau in dieses Schloss. Schau in diese Gräber. Die Toten, die Ahnen sind Dein Schicksal.“

„Der Herzog Beaufort wirbt doch, seine Kraft ist für mich wie ein Taumel, der mich betört…“

Der Fürst besprach sich mit der Madame de Montmorency.

„Aber es muss doch einer sein, der ihr den höchsten Titel bietet. Wenn der Guise nicht zugänglich ist… Wer ist es denn, der in Frage kommt?“

„Es ist jetzt keine Zeit mehr! Sie muss zustimmen! Sonst breche ich ihren Willen!“

„Beaufort ist für sie interessant! Er ist für sie nicht ohne Reiz! Werde strenger! Werde schneller!“

„Sicher, seine Locken faszinieren sie…“

„Sie zögert immer, es ist ein Ekel, den sie vor dem Alter Longuevilles empfindet.“

„Wir dürfen ihr jetzt keine Zeit mehr geben!“

„Sie muss doch einsehen, dass es der Longueville sein muss!“

„Wenn der Thron ledig wird, ist er doch der nächste, der folgt. Wenn er jemals uns zufiele, ist er die Herrlichkeit… Wir müssen die Majestätsfolge doch absichern!“

Die Prinzessin verweigerte die Demut, die man von ihr verlangte.

„Man wollte mich mit dem Joinville und Maillé verheiraten. Beide starben…Warum hatten sie dieses Schicksal? Was wirkt über mir?“

Ich bin Dein Schicksal…“

„…Der König war Dein Schicksal… Ich weiß, dass der König Mutter wollte, aber Du entzogst sie ihm.. Ich würde das Meine ja so gerne lenken… aber was tun?“

„Ich bin deine Bestimmung…“

„Weiß ich denn, wofür ich denn bestimmt bin?“

Die Vitalität und Schönheit der Prinzessin, ihre Empfänglichkeit für den Geist… ließen sie prophezeien. Feine Sinne ließen sie die Wege der Welt voraussehen. Sie spürte eine Intuition ihrer Zukunft, ihres Glanzes, die sie fügsam, aber auch begierlich und unkeusch machte.

Sie rief ihm nochmals zu: „Weis’ alle ab!“ Dann lief sie zur Prinzessin von Luynes. Sie nahm sich vor, ihre Gnade zu erbitten.

„Sie sehen eine Frau, die trauert…“

„Was ist Ihnen?“

„Können Sie einen Schmerz nachvollziehen?“

„Meine Freundin!“

„Wenn ich ihn nicht gewinne, geht er - helfen Sie!“

„Es ist des Herzogs wegen?“

„Wie liebe ich es, zu lieben, wie gerne liebe ich doch. Welchen Fall sehe ich, wenn er mich verlässt.“

„Haben Sie eine Rivalin?“

„Ich sehe in einen Schmerz, der mich vernichten könnte. Haben Sie Mitleid!“

„Sie sehen in eine Trauer!“

„Ich sehe in einen Abgrund - welcher Druck lastet auf mir - ich verzweifle nach einer Lösung - Was, wenn ich sie nicht finde?“

„Madame, ich empfinde, wie Sie empfinden.“

„Ich fühle eine Last auf mir. Wenn Freundschaft, Liebe geht - haben Sie so etwas schon empfunden? Es scheint mir wie eine Erniedrigung….“

Sie sandte Hilfe suchende Zeichen, die nicht wirkten, weil ihnen jede Wahrheit fehlte.

„Ich fühle mit Ihnen.“

„Helfen Sie mir! Helfen Sie mir! Sie haben Eingang bei Majestät! Ich bitte Sie - abermals - abermals bitte ich Sie, Anne de Bourbon, deren Gatte er werden soll, muss die Abneigung der Majestät erleiden.“

Sie verstand die Bestrickung, Fähigkeit von Montbazons Gemüt.

„Madame - Freundschaft - auch ich… die Freundschaft, von der ich abhänge, auch ich kann Vertrauen und Treue nicht verraten…“

„Lieben Sie nie?“

„Selbstverständlich!“

„Sie stürzen mich in eine Verlegenheit… Wenn Sie nicht folgen, wie kann ich leben, mein Wohlsein hängt von Ihnen ab. Ich flehe - ich flehe um ein Verständnis für eine Betrogene.“

„Madame…“

„Tun Sie, was ich verlange…“

„Vermessne!“

„Sie wagen es, mir eine Güte zu verweigern?“

Antoinette de Luynes war sich bewusst, dass es unabdingbar war, sich der Königin in Unwürde und Nacktheit zu nähern.

„Welche Anmaßung wagen Sie?“

„Anmaßung? Es ist eine Bitte, aus Sorge entstanden.“

„Madame, auch ich stehe in Abhängigkeiten, auch ich in Freundschaften - Sie erkennen nicht, dass Sie von mir Verwerfliches, Niederträchtiges fordern?“

„Mitleidlose!“

„Madame - viele Familien treten an mich heran, viele, die Gnade nötig haben. Mäßigen Sie Ihren Wunsch…“

„Meine Anmaßung…?“

„Ich muss mich von Ihnen verletzen lassen - kann das nicht Ihre Gnade vermindern - Ihre Gnade bei Hofe, bei der Königin, die Sie so bitter nötig haben, um die Sie flehen… Majestät wird erfahren…“

Wenn stark bewegter Wille auf stark bewegten Willen trifft, entstehen Entzweiungen. Antoinette de Luynes wollte auch ihre Größe behauptet sehen. Ihre Herrlichkeit lag in ihrer Nähe zur Macht, was ihr Selbstbewusstsein ausmachte.

Der Herzog von Longueville lag wieder bei der Montbazon. Ihr Fleisch wollte ihn behalten, zum Spiel und wegen seines Geldes. Sie liebten sich dann wieder auf die Art, die sie so genossen, indem sie ihre Mundschleimhaut mit seinem Penis reizte.

„Weis alle ab!“

„Ja, die Welt wird mich verlieren!“

„Aber das ist doch ein Reiz! Ich spüre doch… Ach!, auf die Wollust doch nicht verzichten!“

„Ach, ist jetzt endlich eine Erfüllung da? Es ist doch dieselbe Abfolge von Zuneigung, Außer-sich-sein…“

„Ich bin der Welt verloren! Hast Du mich jetzt endlich? Habe ich Dich jetzt endlich? Gib mir das Versprechen!“

„Ach, was kümmert mich die Verlorenheit…!“

„Fühlst Du denn nicht einen warmen Körper, da ich Dich halte?“

„Alle meine Sinne sehnen nach Dir.“

„Fühlst Du denn nicht eine Liebe, die eine Traurigkeit vertreibt?“

„Alles, was ich spüre, richtet sich nach Dir aus.“

„Ja, die Betäubung des Verlangens…“

„Nur noch wir…“

„Die Welt werden wir jetzt abweisen.“

Mit der Notwendigkeit, die Welt zu vergessen, vergessen sie auch Gott.

„Hinweg mit der Enthaltsamkeit der Nonnen!“

„Man sagte mir, meine Tugend würde bezweifelt.“

Um den Gedanken an das Ende der Erfüllung nicht wahrnehmen zu müssen, verwünschen sie nun die Kirche.

„Hinweg mit den Reden der Bischöfe!“

„Nur Taube fühlen nicht so wie wir.“

Sie steigern sich nun in einen Rausch hinein.

„Kein Gewissen!“

„Der Geist der Anne de Bourbon ist so angesehen.“

„Alle hinweg! Kein Engelglaube mehr!“

„Unsere Liebe ist Unsers! Ohne die Welt!“

Aus Angst vor einer Leere nach der Entrückung drängen sie den Gedanken an die Welt hinweg, den Taumel intensiver erleben zu können.

„Vergiss doch die Phantastin Bourbon, die in der Welt der Worte lebt!“

„Es ist Entkörperung!“

Es ist der Fehler beider, in einer Erregung Zeit und Welt, Raum und Umgebung zu verdrängen.

„Komm, wir werden doch immer zusammen sein, wohne doch in meinem Palais, dann bist Du doch immer da! Ja, ich verspreche es! Wir werden zusammen essen, uns gottselig fühlen...“

„Jetzt werden wir doch der Bourbon eine auswischen! Komm, nimm mich, ich weiß doch jetzt, wie es immer war…“

Dem Hof war klar, dass der Herzog von Longueville eine Jammergestalt ohne Wahrheit war. Um sich seiner Willenlosigkeit zu bemächtigen, suchte der Fürst von Bourbon-Condé ihn auf.

„Wie kann ich Ihren Wankelmut schätzen?“

„Wankelmut?“

„Monsieur, Ihre Treue, Ihr Gehorsam - die gesamte Noblesse zweifelt an Ihnen.-“

„In einer Zeit, in dem man dem Throne kritisch gegenübersteht?“

„Wer?“

„Vendôme, dessen Sohn Beaufort wieder an Gnade zu gewinnen scheint…“

„Was schätzt man denn bei Hofe?“

„Verständnis… für eine Königin, die bald ohne Mitgefühl stehen wird. Verständnis - welches zeigte ich denn, als ich für Majestät Verhandlungen in Westfalen führte…“

„Die Sie verloren… Man goss Schande über Sie. Sie verstehen nicht: Ein Kreis um Seine Majestät sieht Sie als den Gefahrvollen… den Unsicheren… Man spricht: Welche Ehre gebührt dem noch…“

„Versündigen Sie sich nicht!“

„Sagen Sie sich von Ihrer Mätresse los!“

„Hören Sie: Ich schätze die Herzogin hoch, deren Charakter nur ich kenne.“

„Die Kokotte, deren Verworfenheit Sie ja am besten kennen müssten.“

„Der Adel eines Gemüts bezirzte mich immer…“

„Sie kennen ihre Liebhaber, zu denen Le Comte, Guise gehörten.“

Der Herzog, dessen Ehre verletzt ist, kann nur schweigen.

„Lassen Sie die Verworfne! Der Hof zweifelt an Ihrer Verlässlichkeit, die Sie in den Staub warfen…“

„Aber welcher Verlust an Huld... sie zu verlassen… das soll ich?“

„Sie stürzen unsere Familien ins Unglück - wir sind verwandt - die Thronfolge kann infolge einer Verfehlung uns verlustig gehen… man muss uns vertrauen!“

„Mein Geist bürgt dafür, dass man uns vertrauen kann.“

„Bei der Prinzessin de Bourbon treffen Sie auf ein Herz, das noch sucht, aber maßvoll ist.“

Im Herzog arbeitete etwas. Fleisch stritt in seiner Seele gegen Fleisch.

„Durch Sie kommen wir der Macht näher.“

„Der zu dienen ich nie zögerte.“

„Ihre Hure ist Ihr Verderben.“

„Nehmen Sie meine Tochter Anne de Bourbon - nur dann sind Sie angesehen - unsere Familien sind dann herrlicher…, um den Einflüsterungen der Herzogin von Chevreuse, die eine Dämonin ist, zuvorzukommen…“

Als Fleisch gegen Fleisch stritt, wurde sein Gemüt schwächer. Kein Glaube, kein Charakter stabilisierte es. Er dachte an Wirkungen in der Welt, die sein Handeln herausfordern würden, und sah, dass seine Dignität, seine Verehrung von der Vermählung mit Anne de Bourbon abhing. Der Kosmos, dessen Gesetzmäßigkeiten von Königin Anne gelenkt wurden, würde zurückschlagen. Der Herzog willigte dann ein. Die Hochzeit sollte stattfinden.

Sie schliefen dann doch wieder auf die Art miteinander, die sie so genossen, indem sie ihre Mundschleimhaut mit seinem Penis reizte.

„Weis’ alle ab!“, rief sie wieder.

Der Marschall von Bassompierre suchte sie auf. In der Benommenheit, die durch die Überraschung hervorgerufen wurde, war sie wie betäubt.

„Sie sahen mich schon?“

„Ja, sicher.“

„Wann?“

„Erinnern Sie sich nicht?“

„Bei Hofe?“

„Natürlich bei Hofe.“

„Und Sie erinnern sich an mich?“

„Natürlich.“

„Wodurch lernten wir uns kennen?“

„Ich kannte Ihren Gatten, den Herzog von Rohan.“

„Da traf ich Sie?“

„Ja, und auf Bällen.“

„Und wie war ich da?“

„Bezaubernd. Anziehend.“

„Und wie erscheine ich Ihnen jetzt?“

„Abermals bezaubernd. Anziehend.“

In ihrer Betäubung suchte sie, wer sie war. Langsam erinnerte sie sich an François de Bassompierre. Er wurde von ihrem Gatten und von ihrer Stieftochter Marie de Rohan vergöttert.

„Wenn Sie die Herzogin von Chevreuse kennen, die mich begeistert, müssen Sie lieben können.“

„Ja, das kann ich.“

„Gott!, ich fürchte mich.“

„Sie werden doch geliebt!“

„Ich erinnere mich nicht.“

„Ja, der Adel, viele Edle, Herzöge, man liebt Sie…“

„Jemand sagte mir, dass er mich nicht liebe. Es ist wie ein Nichts. Er wird mich jetzt hassen. Es ist wie ein leerer Himmel.“

„Nein, Madame, Sie werden geliebt.“

„Der mich verstieß, scheint mich nicht mehr zu lieben. Wie lebe ich ohne ihn… ich habe Angst, dass ich arm werde.“

„Alle lieben Sie… ich liebe Sie doch auch.“

„Sie lieben mich?“

Sie spürt dann ein Leben wieder, als er sie umarmt.

„Es ist lieblich, bestrickend.“

„Es ist die Tröstung eines Fleisches.“

„Ich spürte ein Drängen, Treiben, als Sie mich nahmen.“

Er führt sie dann aufs Bett, sie sinkt nieder. Er entkleidet sie nackt, er entkleidet sich ebenfalls. Er liebt sie dann auf eine Art, die sie erregte, indem er sie vor dem Akte andachtsgleich fortwährend ansah.

Er nimmt Geld und gibt es ihr. Sie kost ihn und bedankt sich.

„Sie werden nicht arm“, sagt er.

Alle bei Hofe gaben sich dem Taumel hin. Er tröstet sie dann, indem er ihr die Angst vor der Verlorenheit nimmt, indem er ihr lehrt, wie viele sich lieben.

„Man stößt mich aus, weil ich liebe“, bangt sie.

„Ihre Angst ist unnötig“, sagt er.

„Der Graf von Coligny liebt die Herzogin von Longueville, der Herzog von Buckingham liebte die Königin Anna, der Graf Holland liebt die Herzogin von Chevreuse, ich liebe die Prinzessin von Lorraine-Guise. Der Herzog von Orléans liebte die Louise-Roger de la Mardelière. Wer liebt, der will nicht bedrängen.“

„Werde ich so immer geliebt werden?“

„Jemand wird Sie immer lieben.“

Das Fleisch zog aber den Herzog von Longueville wieder zur Madame de Montbazon. Eine Idee konnte ihn nicht davon abhalten.

„Was, Du nimmst sie wirklich?“

„Ich sprach mit dem Fürsten… Meine Wünsche sind doch bei Dir.“

„Weis’ alle ab!, sagte ich Dir doch.“

„Gott, der Herzog hat mich doch auf Gefahren …“

„Weis’ alle ab!“, und er nahm sie dann wieder auf die Art, die sie so liebten, und die auch ich so oft mit ihr erfühlte, indem er seinen Schwanz in ihren Anus einführte.

„Genießt Du es denn nicht?“

„Ja!“

„…Wem ich gebe und nehme, der genießt es, dem gereicht es doch zur Lust.“

„Ich weiß Deine Güte zu schätzen.“

„Aber ich will meine Güte, meine Gabe, die ich liebe, auch verweigern, ich mag auch speien, geifern, wer mir nicht willfährt.“

„Bist Du böse, ich verabscheue es, wenn Du nicht zartfühlend bist…“

„Aber ich kann auch zur Furie werden, wer meine Gabe nicht zu schätzen weiß und mich abweist…“

„Wir werden Freundschaft weiter pflegen können…“

„Aber da ich immer Liebe gab, dich hegte, kennst Du mich nicht, wenn ich hasse.“

„Ich kenne Dich nur, wenn Du liebend sprachst.“

„Anne de Bourbon ist ein Küken, keine Frau… was an ihr kann Dich trunken machen…“

„Ich sah sie, hörte sie rezitieren…“

„Höre, ich denke über Pläne nach, Rachepläne, die sie stürzen können…“

„Ihr Zauber ist nicht gering.“

„Ich werde Schmutz über sie ausgießen, Kübel von Schmutz, in denen ihr reines Wesen stirbt…“

„Madame, ich hasse Dich nicht.“

„Aber ich beginne zu hassen.“

„Ich verstoße Dich nicht.“

Ich kann zur Dämonin werden, die dir deine neue Liebe, die Dir nicht bleiben soll, verdirbt.“

„Ich genoss es doch, wie Du mir wohl tatest.“

„Ich werde Teufel herholen, die sie nachts quälen, Einflüsterer, die ihr bei Hofe das Leben verderben…“

„Schatz, ich verstoße Dich nicht, wir bleiben uns…“

„Glaube ich es Dir?“

„Die Gefahr quält mich, bei Hofe abzufallen, wenn der Herzog von Bourbon-Condé mich verleumdet, aber glaube: Ich bleibe bei Dir.“

„Ich fordere, dass Du schwörst!“

„Ja, er darf es nicht wissen, ich schwöre: Ich bleibe bei Dir.“

Sie schliefen dann wieder auf die Art miteinander, die sie so genossen, indem er seinen Schwanz in ihren Anus einführte. Seine Betörtheit hatte ihn dann wieder in seiner Macht und stach das Fleisch aus. Sein Fleisch war mächtiger als sein Geist. Da das Streben nach Größe den ganzen Adel betraf, bangte er, ins Hintertreffen zu geraten. Ihn bewegte eine Furcht vor Schande und Ausstoßung. Der Thronfolger, Sohn der Königin Anna, war noch minderjährig. Er übte die Majestät nicht aus, bis sein Geist voll entwickelt war… Seine Glorie war Gegenstand der Willen und des Spiels. Er erkannte, dass andere Geschlechter näher an der Majestät der Krone standen.

Da sein Geist keine Stabilität hatte, schwor er auch der Montbazon seine Treue.

Der Herzog von Beaufort suchte sie auf, zwei bis zum Zorn gereizte Gemüter Leib an Leib. Beide hassten, der Herzog wegen der Abweisung, sie, weil sie einen Geliebten verloren hatte.

„Habe Mut! Ich habe Mut! Es brennt ein Mut!“

„Nein!“

„Kämpfe gegen Longueville, der Dich hinterging!“

„Nein! ich behalte ihn, er wird mir bleiben, er kann ohne mich nicht selig sein…“

„Habe den Mut, ich sehe, du hasst, ich sehe Deine Bitternis, lass Dir Deinen Stolz nicht nehmen!“

„Nein, er wird mir bleiben, ich spüre die Sicherheit in seiner Seele, ich spüre die Verachtung gegen Anne de Bourbon! Ist sie charakterlos, sie setzte sich nicht ein bis zur Besinnungslosigkeit…“

„Ich hasse sie ebenfalls, es war ein Eros, der mich betrog, ich stellte mich ihr vor und wurde erniedrigt.“

„Sie soll erniedrigt werden! Ich hasse sie! Gott, wie ich hasse! Es ist tiefste Verachtung. Ich werde sie erniedrigen! Erreiche die Königin!“

„Ich erreiche die Königin nicht! Im Palast steht der Tod vor der Tür! Sie wird in Trauer verfallen. Wenn der Tod den Palast bewohnt, benötigt sie Mitstreiter.“

„Sei dann zur Stelle! Gewinne ihre Gunst, sie wird dann auf Dich hören! Sie ist dann allein!“

„Ich werde der Königin meinen Willen aufzwingen!“

„Gott! Der Eros betrog mich!“

„Die Glut ist so stark, dass sie uns zusammenschweißt! Wenn ich wüsste, wer in der Gunst der Königin steht! Mich fragte sie Hilfe suchend - wer ist der Weiseste?“

„Nun brauchen wir notwendig den Mut, den Du beschworst! Gott, der Eros betrog uns, der uns so besaß - ich genoss, was ich besaß, und was eine Verhasste jetzt erfährt… Es waren Ekstasen - welche, spürte nur ich. Es war sprachloses Glück, es war Glück, welches mir nun fehlt. Ich benötige Güte, die mich versteht.“

„Unsere Seelen sind wie aus Maische.“

„Gott, sie heiratet.“

„Es soll ihr für ihr Leben zur Schande gereichen!“

„Wenn der Tod eingekehrt ist, handle!“

„Auf die Gefahr der Verstoßung hin, auf die Gefahr der Ungunst, des Abfalls.“

„Er ist Dir sicher, wenn Du scheiterst.“

„Anne de Bourbon soll keinen Schritt mehr über die Schwelle des Louvre tun.“

„Beherrsche die Majestät! Auf die Gefahr, dass ihr Wankelmut, ihre Unschuld sie fehlleitet. Die zauberkräftige Luynes, die Einflüsterungen der Magierin…“

„Unser beider Seligkeit!“

Sie umfingen sich jetzt, sie vereinten sich für ein Verhängnis.

„Unser Zusammensein!“

„Unser Pakt!“

„Vorsicht! Gib acht auf Luynes! Gib acht auf Neider!“

„Wenn Marie de Rohan wieder da ist!“

Die Insurgenten. Die Montbazon.

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