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Gewiss sind viele Leute in bestimmten Provinzen Frankreichs einigen Chevaliers de Valois begegnet, denn es gab einen in der Normandie, ein anderer lebte in Bourges, ein dritter erfreute sich ums Jahr 1816 in der Stadt Alençon bester Gesundheit, und im Süden des Landes ließe sich vielleicht auch noch einer finden. Aber die Aufzählung dieses Stammes der Valois ist hier ohne Bedeutung. Alle diese Chevaliers, unter denen es sicher welche gab, die so Valois waren, wie Ludwig XIV. Bourbone war, kannten sich so wenig, dass es überflüssig gewesen wäre, ihnen voneinander zu erzählen. Im übrigen ließen sie alle Bourbonen vollkommen unbehelligt auf dem Throne Frankreichs, denn es ist nur allzusehr erwiesen, dass Heinrich IV. König wurde, weil es in der älteren, Valois genannten Linie der Orléans keinen männlichen Erben gab. Wenn es Abkömmlinge der Valois gibt, so stammen sie alle von Charles de Valois, Duc d'Angoulême, Sohn Karls IX. und der Marie Touchet, dessen männliche Nachkommenschaft, bis zum gegenteiligen Beweis, in der Person des Abbé de Rothelin erloschen ist; die Valois-Saint-Remy, die von Heinrich II. abstammen, haben gleichfalls bei der berüchtigten Lamothe-Valois, die in die Halsbandaffäre verwickelt war, aufgehört zu bestehen.

Jeder dieser Chevaliers war, wenn die Berichte zutreffend sind, wie der von Alençon, ein alter, langer, dürrer Edelmann ohne Vermögen. Der von Bourges hatte in der Emigration gelebt, der aus der Touraine hatte sich versteckt, der von Alençon hatte in der Vendée Krieg geführt und sich ein bisschen als Chouan aufgespielt. Der überwiegende Teil der Jugend dieses letzteren hatte sich in Paris abgespielt, wo ihn die Revolution inmitten seiner Eroberungen im Alter von dreißig Jahren überrascht hatte. Da der Chevalier de Valois aus Alençon bei der hohen Aristokratie der Provinz als echter Valois galt, so tat er sich, gleich seinen Namensvettern, durch ausgezeichnete Manieren hervor und trat als Mann der oberen Gesellschaft auf. Er dinierte alle Tage auswärts und spielte alle Abende Karten. Dank einem seiner Fehler, welcher darin bestand, eine Menge Anekdoten über die Regierung Ludwigs XV. und die Anfänge der Revolution zu erzählen, hielt man ihn für einen sehr geistreichen Menschen. Wenn man diese Histörchen zum erstenmal hörte, fand man, dass sie sehr gut vorgetragen waren. Der Chevalier de Valois hatte überdies die Tugend, niemals seine eigenen Bonmots zu wiederholen und niemals von seinen Liebesangelegenheiten zu reden; doch sein Schöntun und Lächeln begingen hierbei entzückende Indiskretionen. Dieser biedere Herr machte sich das Vorrecht der alten Voltairianer zunutze, niemals in die Messe zu gehen, welche Irreligiosität man ihm wegen seiner großen Hingebung an die Partei des Königs nachsah. Eine der auffälligsten seiner anmutigen Gesten war die, wahrscheinlich bei Mole abgeschaute Art, aus einer alten goldenen Tabaksdose zu schnupfen, die mit dem Porträt der Fürstin Goritza geschmückt war, einer reizenden Ungarin, die zu Ende der Regierung Ludwigs XV. wegen ihrer Schönheit berühmt gewesen war. Er war in seiner Jugend mit dieser berühmten Ausländerin sehr verbunden gewesen und sprach stets mit Rührung von ihr; auch hatte er sich um ihretwillen mit Monsieur de Lauzun geschlagen.

Um jene Zeit zählte er etwa achtundfünfzig Jahre, doch gab er nur fünfzig an, und er konnte sich diese harmlose Unterschlagung erlauben, denn von den Vorzügen, die mageren blonden Menschen häufig zufallen, erfreute er sich einer noch jugendlichen Gestalt, die sowohl Männern wie Frauen das Aussehen des Alters erspart. Ja, wisset, das ganze Leben oder vielmehr die ganze geschmeidige Haltung, die der Ausdruck des Lebens ist, hat ihren Sitz in der Gestalt. Zu den Eigentümlichkeiten des Chevaliers muss man die gewaltige Nase rechnen, mit der ihn die Natur ausgestattet hatte. Diese Nase teilte sein blasses Gesicht nachdrücklich in zwei Partien, die einander nicht zu kennen schienen und von denen sich die eine während der Verdauung stark rötete. Dieser Umstand ist erwähnenswert in einer Zeit, in der sich die Physiologie so sehr mit dem menschlichen Herzen beschäftigt. Dieses Erglühen ging auf der linken Seite vor sich. Obwohl die langen und dünnen Beine, der schmächtige Körper und der fahle Teint des Monsieur de Valois keine robuste Gesundheit verrieten, so aß er nichtsdestoweniger wie ein Menschenfresser und behauptete, wahrscheinlich um seinen ungeheuren Appetit zu entschuldigen, an einer Krankheit zu leiden, die man in der Provinz mit dem Namen »hitzige Leber« bezeichnet. Die flammende Röte bestätigte solche Behauptungen; allein, wo die Mahlzeiten aus dreißig oder vierzig Gerichten bestehen und vier Stunden dauern, muss man den Magen des Chevaliers als eine Wohltat betrachten, mit der die Vorsehung diese gute Stadt begnadet hatte. Nach der Meinung einiger Ärzte deutete die linksseitige Röte auf ein zu weites Herz.

Das galante Leben des Chevaliers machte diese wissenschaftlichen Feststellungen, für die sich der Historiker zum Glück nicht sonderlich verantwortlich fühlt, sehr wahrscheinlich. Trotz dieser Symptome war Monsieur de Valois von nerviger, infolgedessen äußerst lebhafter Natur. Wenn seine Leber hitzig war, so brannte sein Herz nicht weniger stark, um eine alte Redewendung zu gebrauchen. Wenn sein Gesicht einige Runzeln aufwies und seine Haare mit Silberfäden durchzogen waren, so erkannte ein kundiger Beobachter darin die Merkmale der Leidenschaft und die Spuren des Vergnügens. In der Tat waren die Krähenfüße und Stirnrunzeln von der eleganten Art, die am Hofe der Cythera so geschätzt wird. Alles ließ bei dem koketten Chevalier auf den Frauenhelden, den »ladies man«, wie die Engländer sagen, schließen: er wusch sich so sorgfältig, dass es ein Vergnügen war, seine Wangen anzuschauen; sie schienen mit einem wunderkräftigen Wasser abgerieben zu sein. Der Teil des Kopfes, den die Haare nicht mehr bedecken wollten, glänzte wie Elfenbein. Seine Brauen wie seine Haare täuschten durch die Regelmäßigkeit, die ihnen der Kamm verliehen hatte, die Jugend vor. Seine Haut, die schon von Natur so weiß war, schien durch irgendein Geheimmittel noch, weißer geworden zu sein. Ohne dass der Chevalier von Parfüm Gebrauch gemacht hätte, strömte er einen erfrischenden Duft von Jugendlichkeit aus. Seine Hände waren gepflegt wie die einer Modepuppe und zogen den Blick durch die Form ihrer rosigen Nägel auf sich. Kurz, ohne seine überragende, an Größe unvergleichliche Nase, hätte man ihn zierlich nennen können.

Doch kann man nicht umhin, dieses Porträt durch das Eingeständnis einer Schwäche zu beeinträchtigen: der Chevalier stopfte Watte in seine Ohren und trug überdies zwei kleine, sehr kunstvoll gearbeitete Ohrringe, die in Diamant gefasste Negerköpfe darstellten; doch legte er so großen Wert darauf, dass er dieses eigentümliche Anhängsel mit der Behauptung rechtfertigte, seitdem seine Ohrläppchen durchstochen seien, habe er keine Migräne mehr; er hatte also an Migräne gelitten. Wir geben den Chevalier also keineswegs für das Idealbild eines Mannes aus; im übrigen, muss man nicht den alten Junggesellen, denen soviel Blut vom Herzen ins Gesicht schießt, ein paar solche entzückend lächerliche Absonderlichkeiten, die vielleicht auf zarten Geheimnissen beruhen, nach sehen?

Der Chevalier de Valois machte übrigens diese Negerköpfe durch so viele andere Vorzüge wieder wett, dass die Gesellschaft sich dafür genügend entschädigt finden sollte. Er gab sich wirklich große Mühe, seine Jahre zu verbergen und seinen Bekannten zu gefallen. Da war in erster Linie die außerordentliche Sorgfalt, die er auf seine Wäsche verwandte, dieses einzige Mittel, mit dem sich heutzutage Leute von guter Lebensart in ihrer Kleidung auszeichnen können! Die des Chevaliers war stets von aristokratischer Feinheit und Weiße. Was seinen Rock anging, so war er zwar immer abgetragen, aber von bemerkenswerter Sauberkeit, ohne Flecken und Falten, Die Konservierung seiner Kleidungsstücke grenzte sogar ans Wunderbare für diejenigen, die die saloppe Gleichgültigkeit des Chevaliers für diese Seite der Mode bemerkten; er ging zwar nicht so weit, sie mit einem Stück Glas abzuschaben, ein Verfahren, das vom Prinzen von Wales erfunden worden ist; immerhin setzte Monsieur de Valois seine ihm eigene Geckenhaftigkeit darein, die Grundelemente hoher englischer Eleganz nachzuahmen, was von den Leuten von Alençon wohl kaum gebührend gewürdigt werden konnte. Ist die Welt nicht denen Achtung schuldig, die sich ihretwegen so sehr in Unkosten stürzen? Handeln solche Leute nicht nach jener schwierigsten Vorschrift des Evangeliums, die befiehlt, Böses mit Gutem zu vergelten? Dieses frische, gepflegte Äußere passte gut zu den blauen Augen, den blendend weißen Zähnen, der blonden Erscheinung des Chevaliers. Nur hatte dieser Adonis im Ruhestand nichts Männliches in seinem Auftreten, und die Künste der Toilette mussten ihm dazu dienen, die im Kriegsdienst der Galanterie erworbenen Schäden zu verdecken. Um nichts ungesagt zu lassen: die Stimme stand im Widerspruch zu der blonden Zartheit des Chevaliers. Ohne der Meinung einiger Kenner des menschlichen Herzens beizupflichten, welche sagten, die Stimme des Chevaliers entspräche seiner Nase, musste man sich doch über den Umfang und die Tragkraft seines Organs wundern. Die Stimme besaß zwar nicht das Volumen eines mächtigen Basses, gefiel aber durch eine hübsche Mittellage, war ausdauernd und zart, durchdringend und doch samtweich wie der Klang des Englischhorns. Der Chevalier hatte die lächerliche Tracht, die einige monarchisch gesinnte Männer beibehalten hatten, abgelegt und sich offen der herrschenden Mode angeschlossen; er trug stets einen kastanienbraunen, mit goldenen Knöpfen besetzten Rock, leicht anliegende Kniehosen aus einem festen, seidenartigen Stoff mit goldenen Schnallen, eine weiße Weste ohne Stickerei und als letztes Überbleibsel der vormaligen französischen Mode eine geknotete Krawatte ohne Hemdkragen, auf die er um so weniger hatte verzichten können, als sie ihm gestattete, den Hals eines weltlichen Abbé zu zeigen. Seinen Schuhen gereichten viereckige, bei der gegenwärtigen Generation in Vergessenheit geratene goldene Schnallen zur Zierde, die sich vom lackierten schwarzen Leder abhoben. Gleichfalls eine Reminiszenz an die Mode des achtzehnten Jahrhunderts, das die »Incroyables« unter dem Direktorium nicht missachteten, war die Gepflogenheit des Chevaliers, zwei Uhrketten zu tragen, die zu beiden Seiten aus seinen Westentäschchen heraushingen. Dieses Übergangskostüm, das zwei Jahrhunderte miteinander verband, trug der Chevalier mit jener Grazie eines echten Marquis, deren Geheimnis an dem Tage verlorenging, als Fleury, der letzte Schüler Molés, von der französischen Bühne abtrat. Das Privatleben dieses alten Junggesellen lag dem Anschein nach vor aller Augen offen da, war aber in Wirklichkeit sehr geheimnisvoll. Er bewohnte ein bescheidenes Logis – taktvoll ausgedrückt –, das in der Rue du Cours im zweiten Stock eines Hauses gelegen war, das Madame Lardot, der meistbeschäftigten Feinwäscherin der Stadt, gehörte. Das erklärte die auserlesene Feinheit seiner Wäsche. Das Unglück wollte, dass Alençon eines Tages Grund hatte anzunehmen, der Chevalier habe sich nicht immer so aufgeführt, wie es sich für einen Edelmann ziemt, und habe in seinen alten Tagen eine gewisse Césarine, die Mutter eines Kindes, das die Frechheit gehabt hatte, ungerufen zur Welt zu kommen, geheiratet.

»Er hatte«, sagte ein gewisser Monsieur du Bousquier, »derjenigen seine Hand gereicht, die so lange das Eisen für ihn heiß gemacht hat.«

Diese abscheuliche Verleumdung trübte die alten Tage des zarten Edelmannes um so mehr, als ihm dadurch, wie diese Geschichte zeigen wird, eine lang gehegte Hoffnung, der er manches Opfer gebracht hatte, vereitelt wurde. Madame Lardot vermietete an den Chevalier de Valois zwei Zimmer im zweiten Stock ihres Hauses für den mäßigen Preis von hundert Francs im Jahr. Der würdige Edelmann, der alle Tage auswärts speiste, kam nur zum Schlafengehen nach Hause. Seine einzige Ausgabe war daher sein Frühstück, das unabänderlich aus einer Tasse Schokolade bestand, der Butter und Obst, je nach der Jahreszeit, beigegeben waren. Er ließ nur im strengsten Winter heizen und dann auch nur zum Aufstehen. Zwischen elf und vier Uhr ging er spazieren, las die Zeitungen und machte Besuche. Gleich bei seiner Niederlassung in Alençon hatte er seine Armut hochherzig eingestanden und gesagt, dass ihm als einziger Überrest seines ehemaligen Reichtums eine Leibrente von sechshundert Livres geblieben sei, die ihm sein früherer Geschäftsführer, bei dem die Papiere lagen, in vierteljährlichen Raten übermitteln ließ. In der Tat händigte ihm ein Bankier der Stadt alle drei Monate hundertfünfzig Livres aus, die von einem gewissen Bordin in Paris, dem letzten Prokurator des Châtelet, abgeschickt waren. Jeder wusste diese Einzelheiten, dank der tiefen Verschwiegenheit, um die der Chevalier die erste Person, die sein Vertrauen empfing, gebeten hatte. Monsieur de Valois erntete die Früchte seines Missgeschicks: man deckte ihm den Tisch in den ersten Häusern Alençons und lud ihn zu allen Abendgesellschaften ein. Seine Talente als Spieler, Erzähler, liebenswürdiger und guter Gesellschafter waren so geschätzt, dass alles verfehlt schien, wenn er nicht zugegen war. Die Hausherren und die Damen konnten seine gutheißende Kennermiene nicht missen. Wenn der alte Chevalier zu einer jungen Frau auf einem Balle sagte: »Sie sind zum Entzücken gekleidet!«, so beglückte dieses Lob sie mehr als der Neid ihrer Rivalin. Monsieur de Valois war der einzige, der gewisse Wendungen der alten Zeit in der richtigen Weise aussprechen konnte. Die Worte ›mein Herz, mein Juwel, mein liebes Kind, meine Königin‹, alle die verliebten Kosenamen der Jahre um 1770, gewannen in seinem Munde einen unwiderstehlichen Reiz; kurz, er hatte das Vorrecht der Superlative. Seine Komplimente, mit denen er übrigens geizte, verschafften ihm die Gunst der alten Damen; sie schmeichelten aller Welt, selbst den Herren der Verwaltung, die er nicht brauchte. Sein Betragen beim Spiel war von einer Vornehmheit, die man überall anerkannt hatte. Er beklagte sich nie, er lobte seine Gegner, wenn sie verloren; er unternahm niemals, seine Partner zu erziehen, indem er ihnen zeigte, wie sie ihre Trümpfe hätten ausspielen sollen. Wenn sich beim Kartenmischen langatmige, abstoßende Auseinandersetzungen entspannen, zog der Chevalier mit einer Gebärde, die Molés würdig gewesen wäre, seine Tabaksdose hervor, betrachtete die Fürstin Goritza, öffnete würdevoll den Deckel, nahm seine Prise zwischen die Finger, hob sie in die Höhe, rieb sie, formte sie zu Klümpchen; wenn dann die Karten ausgegeben waren, hatte er die Höhlen seiner Nase vollgestopft und die Fürstin, immer zur Linken, in seine Westentasche gesteckt. Nur ein Edelmann des ›guten‹ Zeitalters – im Gegensatz zum ›großen‹ Zeitalter – konnte dieses Mittelding zwischen einem geringschätzigen Stillschweigen und einer boshaften Bemerkung, die nicht verstanden worden wäre, zuwege bringen. Er nahm mit den Stümpern fürlieb und wusste seinen Vorteil aus ihnen zu ziehen. Sein entzückender Gleichmut entlockte vielen die Äußerung: »Ich bewundere den Chevalier de Valois!« Seine Unterhaltung, seine Manieren, alles an ihm schien, wie seine Person, blond zu sein. Er bemühte sich, weder bei Herren noch Damen Anstoß zu erregen. Gleicherweise nachsichtig gegen organische Fehler wie geistige Defekte, hörte er mit Hilfe der Fürstin Goritza geduldig die Leute an, die ihm ihre kleinen Leiden des Provinzlebens vortrugen: das schlecht gekochte Frühstücksei, die sauer gewordene Salme im Kaffee, possierliche Einzelheiten, die die Gesundheit betrafen, das plötzliche Auffahren aus dem Schlaf, die Träume, die Besuche. Der Chevalier verfügte über einen schmachtenden Blick, ein klassisches Mienenspiel, um Mitleid zu fingieren, so dass er ein köstlicher Zuhörer war. Er konnte ein ›Ach!‹, ein ›Was!‹, ein ›Wie ging das zu?‹ im richtigen Moment verblüffend vorbringen. Er starb, ohne dass jemand auf den Verdacht gekommen wäre, dass er, während er diese albernen Ergüsse über sich ergehen ließ, sich die glühendsten Kapitel seines Romans mit der Fürstin Goritza ins Gedächtnis zurückrief. Hat man jemals bedacht, welche Dienste ein erloschenes Gefühl der Gesellschaft leisten kann, in welchem Maße die Liebe der Gesellschaft zugute kommt und ihr nützlich ist? Dies kann zur Erklärung dienen, warum der Chevalier, trotz seiner beständigen Gewinne, der Liebling der Stadt blieb, denn er verließ niemals einen Salon, ohne ungefähr sechs Livres gewonnen zu haben. Dass er verlor, kam sehr selten vor, und dann machte er immer viel Aufhebens davon. Alle, die ihn gekannt haben, gestehen ein, dass sie nirgends, selbst nicht im Ägyptischen Museum in Turin, eine so nette Mumie gesehen hätten. In keinem Lande der Welt nimmt das Schmarotzertum so angenehme Formen an. Nie hat sich der konzentrierteste Egoismus dienstfertiger, weniger verletzend gezeigt als bei diesem Edelmann; er war so viel wert wie eine aufopfernde Freundschaft. Wenn jemand Monsieur de Valois um eine kleine Gefälligkeit bat, die diesen Mühe gekostet hätte, so verließ dieser Jemand den guten Chevalier niemals, ohne von ihm entzückt zu sein, in keinem Fall aber ohne die Überzeugung, dass er in der Sache nichts tun könne oder sie durch seine Einmischung verdorben hätte.

Um die problematische Existenz des Chevaliers zu erklären, muss der Chronist, dem die Wahrheit, diese grausame Geliebte, das Messer an die Kehle setzt, bekennen, dass Alençon unlängst nach den ruhmreich traurigen Julitagen erfahren musste, dass die Summe, die Monsieur de Valois beim Spiel zu gewinnen pflegte, sich vierteljährlich auf ungefähr einhundertfünfzig Taler belief und dass der geistreiche Chevalier den Mut gehabt hatte, sich selbst seine Leibrente zuzuschicken, um in einem Lande, wo man das Habet liebt, nicht ohne Hilfsquellen zu erscheinen. Viele seiner Freunde – man beachte, dass er schon tot war – bestritten diese Behauptung steif und fest, hielten sie für eine Fabel und blieben dabei, dass der Chevalier ein achtbarer, würdiger Edelmann gewesen sei, den die Liberalen verleumdeten. Zum Glück für diese durchtriebenen Spieler gibt es in der Galerie immer Leute, die ihnen Beistand leisten. Sie leugnen hartnäckig ein Unrecht, weil sie sich schämen, ihm Vorschub geleistet zu haben; man betrachte dies nicht als Eigensinn, die Leute wissen, was sie ihrer Würde schuldig sind. Die Regierungen gehen ihnen mit gutem Beispiel in dieser Tugend voran, welche darin besteht, ihre Toten bei Nacht und Nebel zu begraben, ohne das ›Tedeum‹ ihrer Niederlagen zu singen. Wenn sich der Chevalier also wirklich diesen gerissenen Streich erlaubt haben sollte, der ihm übrigens sicherlich die Achtung des Chevaliers de Grammont, ein Lächeln des Barons de Faeneste, einen Händedruck des Marquis de Monçada eingetragen hätte, war er darum weniger der liebenswürdige Gast, der geistreiche Mann, der unverwüstliche Spieler, der reizende Erzähler, der das Entzücken von Alençon ausmachte? Inwiefern ist überhaupt diese Handlungsweise, die unter dem Gesetz des freien Willens steht, mit den eleganten Sitten eines Edelmanns unvereinbar? Wenn soundso viele Leute genötigt sind, andern Renten auszuzahlen, was ist natürlicher, als dass man seinem besten Freunde freiwillig eine zukommen lässt? Aber Laios ist tot... Nach etwa fünfzehn Jahren einer solchen Lebensweise hatte der Chevalier zehntausend und einige hundert Francs zusammengebracht. Bei der Wiederkehr der Bourbonen hatte ihm ein alter Freund, der Marquis de Pombreton, ehemaliger Leutnant bei den schwarzen Musketieren, wie man sagt, zwölfhundert Pistolen, die der Chevalier ihm geborgt hatte, damit er emigrieren könne, zurückgegeben. Dieses Ereignis erregte Aufsehen; es wurde späterhin den vom ›Constitutionel‹ erfundenen Spöttereien über die Art, wie manche Emigranten ihre Schulden bezahlten, entgegengehalten. Wenn jemand diesen edlen Zug des Marquis de Pombreton gegen den Chevalier erwähnte, errötete dieser bis zu seiner rechten Seite. Jedermann freute sich damals für Monsieur de Valois, welcher zu den Geldleuten ging und sich mit ihnen darüber beriet, wie er diesen Rest seines Vermögens verwenden solle. Er setzte seine Hoffnung auf die Restauration und legte das Geld in Staatspapieren an zu einer Zeit, da die Renten sechsundfünfzig Francs fünfundzwanzig Centimes betragen. Die Messieurs de Lenoncourt, de Navarreins, de Verneuil, de Fontaine und de La Billardière, mit denen er, wie er sagte, bekannt war, verschafften ihm eine Pension von hundert Talern aus der Schatulle des Königs und schickten ihm das Kreuz des heiligen Ludwig. Niemals erfuhr man, auf welche Weise der alte Chevalier zu dieser Auszeichnung gekommen war; aber es steht fest, dass das Patent des Kreuzes des heiligen Ludwig ihn befugte, sich auf Grund seiner in den katholischen Armeen des Westens geleisteten Dienste den Titel eines Oberst a.D. beizulegen. Außer seiner fingierten Leibrente, um die sich niemand mehr kümmerte, hatte der Chevalier also verbürgtermaßen tausend Francs Einkünfte. Trotz dieser Verbesserung seiner Lage änderte er in nichts seine Lebensweise oder seine Manieren; nur dass das rote Band sich prachtvoll auf seinem kastanienbraunen Rock ausnahm und sozusagen die Physiognomie des Edelmanns vervollständigte. Vom Jahre 1802 an verschloss der Chevalier seine Briefe mit einem sehr alten goldenen Siegel, das schlecht graviert war, aber auf dem die Castéran, die d'Esgrignon, die Troisville sehen konnten, dass sein Wappen in zwei Hälften geteilt war und auf der einen den Balkenstreifen in rotem Felde, auf der andern fünf goldene durchbrochene Rauten, die zu einem Kreuz zusammengefügt waren, führte; das Wappenbild hatte ein schwarzes Haupt mit silbernem Kreuz und war bekrönt mit dem Ritterhelm. Die Devise war: Valeo. Mit diesem edlen Wappen durfte und konnte der Bastard der Valois alle königlichen Karossen der Welt besteigen. Viele Leute haben die behagliche Existenz dieses alten Junggesellen, die an gutgespielten Boston-, Tricktrack-, Reversi-, Whist- und Pikettpartien, an gut verdauten Diners, anmutig geschnupften Tabakprisen und angenehmen Spaziergängen reich war, beneidet. Fast ganz Alençon glaubte, dass dieses Leben frei von Ehrgeiz und ernsteren Interessen gewesen sei; aber kein Mensch hat ein so ruhiges Leben, wie es die Neider hinstellen. Man wird in den weltvergessensten Winkeln menschliche Mollusken, anscheinend tote Rädertierchen finden, die eine Leidenschaft für Schmetterlinge oder Muscheltiere haben und sich unendlichen Leiden aussetzen, um irgendeinen Falter oder die Concha veneris zu erlangen. Der Chevalier führte nicht nur sein zurückgezogenes Muscheldasein, sondern er nährte auch einen ehrgeizigen Wunsch, den er mit einer Beharrlichkeit verfolgte, die des Papstes Sixtus V. würdig gewesen wäre: et wollte sich mit einer reichen alten Jungfer verheiraten, ohne Zweifel in der Absicht, sich auf diese Weise Zutritt zu den höheren Sphären des Hofes zu verschaffen. Dies war das Geheimnis seiner königlichen Haltung und seines Aufenthaltes in Alençon.

An einem Mittwoch zu sehr früher Stunde, gegen Mitte des Frühlings anno 16 – dies war seine Art zu reden –, hörte der Chevalier im Augenblick, als er seinen Schlafrock aus grüngeblümtem alten Damast anzog, trotz der Watte in seinen Ohren, den leichten Schritt eines jungen Mädchens, das die Treppe heraufkam. Drei sanfte Schläge ertönten an seiner Tür; dann glitt eine junge Schöne, ohne eine Antwort abzuwarten, wie ein Aal in das Zimmer des alten Junggesellen.

»Ach, du bist es, Suzanne!« sagte der Chevalier de Valois, ohne sich in seinem Geschäft, das darin bestand, dass er die Klinge seines Rasiermessers an einem Riemen abzog, zu unterbrechen. »Was willst du hier, kleiner süßer Schelm?«

»Ich komme, um Ihnen etwas zu sagen, was Ihnen vielleicht ebensoviel Vergnügen als Kummer machen wird.«

»Handelt es sich um Cesarine?«

»Ich kümmere mich viel um Ihre Cesarine!« versetzte sie mit einer Miene, die schmollend, ernst und sorglos zugleich war.

Diese reizende Suzanne, deren komisches Abenteuer einen so großen Einfluss auf das Schicksal der Hauptpersonen dieser Geschichte üben sollte, war eine Arbeiterin von Madame Lardot.

Ein Wort zuvor über die Topographie des Hauses. Die Arbeitsräume nahmen das ganze Erdgeschoss ein. Der kleine Hof diente dazu, dass dort auf Leinen die gestickten Taschentücher, die Kragen, Spenzer, Manschetten, die Hemden mit gefältelten Krausen, die Krawatten, die Spitzen, die gestickten Kleider, all die feine Wäsche der besten Häuser der Stadt zum Trocknen aufgehängt wurden. Der Chevalier behauptete, an der Zahl der Untertaillen der Frau des Obersteuereinnehmers ihre Liebesränke verfolgen zu können, denn bestimmte Hemden mit Krausen und Krawatten standen in Wechselbeziehung zu den Untertaillen und Spitzenkragen. Obwohl also der Chevalier an dieser wechselseitigen Übereinstimmung alle Rendezvous der Stadt erraten konnte, so beging er doch niemals eine Indiskretion; er bildete niemals ein verfängliches Epigramm, was ihm die Tür eines Hauses verschlossen hätte (und er hatte Witz!). Man muss Monsieur de Valois durchaus für einen Mann von überlegener Lebensart halten, dessen Talente sich nur leider, wie die vieler anderer, in der Enge der Lebensumstände verloren haben. Nur erlaubte sich der Chevalier – schließlich war er doch ein Mann – manchmal gewisse bedeutsame Blicke, die die Frauen erzittern machten; doch liebten sie ihn um so mehr, nachdem sie erkannt hatten, wie tief seine Verschwiegenheit und wie groß seine Vorliebe für die reizenden Schwächen war. Die Erste Arbeiterin, das Faktotum der Madame Lardot, ein altes Mädchen von fünfundvierzig Jahren, die zum Erschrecken hässlich war, wohnte Tür an Tür mit dem Chevalier. Über ihnen waren nur noch Dachstuben, wo die Wäsche im Winter trocknete. Jede Wohnung bestand, wie die des Chevaliers, aus zwei hellen Zimmern, von denen das eine auf den Hof, das andere auf die Straße ging. Unter dem Chevalier wohnte ein alter Paralytiker, der Großvater Madame Lardots, namens Grévin, ein ehemaliger Seeräuber, der unter dem Admiral Simeuse in Indien gedient hatte; er war taub. Was Madame Lardot anging, die die andere Wohnung im ersten Stockwerk bewohnte, so hatte sie eine so große Schwäche für Leute von Stand, dass sie in bezug auf den Chevalier für blind gelten konnte. Für sie war Monsieur de Valois ein absoluter Monarch, und alles, was er tat, war wohlgetan. Hätte eine ihrer Arbeiterinnen sich etwas mit dem Chevalier zuschulden kommen lassen, so hätte sie gesagt: »Er ist so liebenswürdig!« Obwohl also dieses Haus, wie übrigens alle Häuser der Provinz, gleichsam aus Glas war, so war es doch, bezüglich Monsieur de Valois', verschwiegen wie eine Diebeshöhle. Der Chevalier, der der geborene Vertraute der kleinen Intrigen der Plättstube war, ging nie an deren Tür vorbei, die größtenteils offenblieb, ohne seinen kleinen Kätzchen etwas zu schenken: Schokolade, Bonbons, Bänder, Spitzen, ein goldenes Kreuz, allerlei Tand, wonach diese kleinen Mädchen närrisch sind. Der Chevalier wurde darum auch von ihnen angebetet. Die Frauen haben einen Instinkt für jene Männer, die sie allein deswegen, weil sie einen Rock tragen, vergöttern, die glücklich in ihrer Nähe sind und nicht daran denken, töricht Vorteil aus ihrer Galanterie ziehen zu wollen. Sie haben in diesem Punkt den Spürsinn des Hundes, der in einer Gesellschaft geradeswegs auf den Mann zugeht, dem die Tiere heilig sind. Der arme Chevalier hatte sich aus seinem früheren Leben das Bedürfnis bewahrt, das den Grandseigneur verriet, die Frauen unter seinen galanten Schutz zu nehmen. Stets dem System des ›petite-maison‹ treu, liebte er es, die Frauen, die einzigen Wesen, die zu empfangen verstehen, weil sie immer vergüten können, zu bereichern. Ist es nicht seltsam, dass in einer Zeit, wo die Schüler, wenn sie die Schule hinter sich haben, sich daranmachen, Mythen und Symbole aufzustöbern und auszulesen, noch keiner daran gedacht hat, die Liebesspiele des achtzehnten Jahrhunderts zu erklären? Waren sie nicht das Turnier des fünfzehnten Jahrhunderts? Um 1550 schlugen sich die Ritter für die Damen; 1750 führten sie ihre Mätressen nach Longchamp; heute lassen sie ihre Pferde rennen; zu allen Zeiten ist der Edelmann bemüht gewesen, sich eine Lebensweise zu schaffen, die ihm allein zu eigen war. Die Schnabelschuhe des vierzehnten Jahrhunderts waren die roten Absätze des achtzehnten, und der Luxus der Mätressen von 1750 war eine ähnliche Zurschaustellung wie die Gefühle der fahrenden Ritter. Aber der Chevalier konnte sich nicht mehr für eine Geliebte ruinieren. Anstatt der in Banknoten eingewickelten Bonbons bot er galant eine Tüte mit frischen Pfeffernüssen. Zur Ehre Alençons sei es gesagt, dass dieses Gebäck mit größerer Freude entgegengenommen wurde, als die Duthé ihrerzeit vom Comte d'Artois eine Toilettengarnitur aus vergoldetem Silber oder eine Equipage empfing. All diese Grisetten hatten die gefallene Majestät des Chevaliers de Valois begriffen und wahrten die tiefste Verschwiegenheit über ihre gemeinsamen Heimlichkeiten. Wenn man sie in einigen Häusern der Stadt über den Chevalier de Valois befragte, so machten sie ihn alt und sprachen ehrbar von ›Monsieur‹, er wurde dann ein ehrwürdiger Edelmann, der ein geradezu heiliges Leben führte; aber zu Hause hätten sie sich auf seine Schulter gesetzt, wie Papageien. Er liebte es, die Geheimnisse zu erfahren, welche die kleinen Wäscherinnen in den Haushalten entdeckten; sie kamen daher des Morgens, ihm den Klatsch von Alençon zu hinterbringen. Er nannte sie seine Zeitungen im Unterrock, seine lebenden Feuilletons. Niemals hatte Monsieur de Sartine solche geschickten und so billige Spione, die gleichviel Spitzbüberei entfalteten und doch soviel Ehre bewahrten. Während seines Frühstücks amüsierte sich der Chevalier also auf eine unvergleichbare Weise.

Suzanne, einer seiner Lieblinge, klug, ehrgeizig, hatte das Zeug zu einer Sophie Arnould in sich und war überdies schön wie die schönste Kurtisane, die Tizian jemals auf schwarzen Samt zu betten gewünscht hätte, damit sie seinem Pinsel helfe, eine Venus zu schaffen; doch sündigte ihr Gesicht, das in der Bildung der Stirn und der Augen Feinheit hatte, durch die gewöhnlichen Umrisse seiner untern Partie. Es war die normannische Schönheit, frisch, blendend, strotzend, das Fleisch von Rubens, das mit den Muskeln des Herkules Farnese vermählt werden musste, und nicht die Venus von Medici, diese anmutsvolle Frau Apollos.

»Nun, meine Kleine, erzähle mir dein großes oder kleines Abenteuer!« sagte der Chevalier.

Was den Chevalier von Paris bis Peking ausgezeichnet hätte, war die väterliche Art seines Umgangs mit diesen Grisetten. Sie erinnerten ihn an die Dämchen von ehemals, jene berühmten Königinnen der Oper, die während eines guten Drittels des achtzehnten Jahrhunderts in ganz Europa berühmt waren. Es ist nicht zu leugnen, dass der Edelmann, der vormals mit dieser weiblichen Nation gelebt hatte, die, wie alle großen Dinge – die Jesuiten und die Freibeuter, die Abbés und die Steuerpächter – nunmehr in Vergessenheit geraten ist, eine unwiderstehliche Gutmütigkeit, eine graziöse Leichtigkeit, eine Ungeniertheit ohne allen Egoismus erlangt hatte. Es war das Inkognito Jupiters bei Alkmene, des Königs, den man foppen darf, der die Göttlichkeit seiner Blitze zu allen Teufeln fahren lässt und seinen Olymp mit Torheiten, kleinen Soupers, besonders aber, fern von Juno, mit allerhand Weiblichkeiten verjubeln will. Trotz seines alten Schlafrocks aus grünem Damast, trotz der Kahlheit des Zimmers, in dem er empfing, wo anstatt eines Teppichs eine schlechte Decke auf dem Boden lag, wo fettige alte Sessel standen, die Wände mit einer Herbergstapete beklebt waren, auf der hier die Profile Ludwigs XVI. und seiner Familie in einer Trauerweide eingezeichnet waren, dort die Heilige Schrift in Form einer Urne aufgedruckt war, kurz, alle Sentimentalitäten, die der Royalismus unter der Schreckenszeit erfunden hatte; trotz seiner Altersspuren atmete der Chevalier, der sich vor einem mit schlechten Spitzen gezierten alten Toilettentisch rasierte, achtzehntes Jahrhundert. Die ganze leichtfertige Anmut seiner Jugend tauchte wieder auf, er schien dreihunderttausend Livres Schulden reich zu sein und sein Vis-à-vis vor der Tür stehen zu haben. Er war so groß wie Berthier, der bei der Niederlage von Moskau seine Befehle den Bataillonen einer Armee erteilte, die nicht mehr existierte.

»Monsieur le Chevalier«, sagte Suzanne drollig, »mir scheint, ich habe Ihnen gar nichts zu erzählen, Sie brauchen nur zu sehen.«

Und Suzanne stellte sich so, dass ihre Seitenansicht: zu sehen war, um ihren Worten überzeugenden Kommentar beizugeben. Der Chevalier, der, man mag es glauben, ein geriebener Geselle war, senkte, während er das Rasiermesser schräg an seinen Hals hielt, sein rechtes Auge auf das Mädchen und tat so, als ob er sie verstünde.

»Nun, nun, mein kleines Herz, wir reden gleich darüber. Aber mir scheint, du führst etwas im Schilde!«

»Aber Monsieur le Chevalier, soll ich denn warten, bis meine Mutter mich schlägt und Madame Lardot mich wegjagt? Wenn ich nicht sofort nach Paris gehe, kann ich mich niemals hier verheiraten, wo die Männer so lächerlich sind.«

»Mein Kind, was willst du! Die Gesellschaft ändert sich; die Frauen sind nicht weniger als der Adel die Opfer der schrecklichen Unordnung, die sich verbreitet. Nach dem politischen Umsturz kommt der Umsturz in den Sitten. Ach, die echte Frau wird bald nicht mehr existieren (er nahm die Watte heraus, um seine Ohren sauberzumachen); sie wird viel dabei verlieren, dass sie sich in die Empfindsamkeit stürzt; sie wird ihre Nerven peinigen und nichts mehr von dem hübschen kleinen Vergnügen unserer Zeit wissen, das ohne Scham ersehnt, ohne Umstände hingenommen wurde, und wo die Grillen nur ein Weg waren, um ein gewisses Ziel zu erreichen (er putzte seine kleinen Negerköpfe); sie werden eine Krankheit daraus machen, die nur mit einem Aufguss aus Orangenblüten kuriert werden kann. (Er lachte.) Kurzum, die Ehe wird (er nahm die Pinzette, um ein paar störende Haare zu entfernen) etwas sehr Langweiliges werden, und sie war doch so lustig zu meiner Zeit! Die Regierung Ludwigs XIV. und Ludwigs XV., merke dir das, mein Kind, bedeuteten den Abschied der herrlichsten Sitten der Welt.«

»Aber Monsieur le Chevalier«, wandte das Mädchen ein, »es handelt sich um die Sitten und die Ehre Ihrer kleinen Suzanne, und ich hoffe, Sie werden sie nicht sitzenlassen.«

»Wie denn«, rief der Chevalier, der im Begriff war, seine Frisur zu beenden, »eher will ich doch gleich Jean heißen!«

»Ah!« atmete Suzanne auf.

»Höre mich an, kleine Heuchlerin!« sagte der Chevalier und streckte sich auf einer breiten Bergère aus, die einstmals ›Duchesse‹ genannt wurde und die Madame Lardot für ihn ausfindig gemacht hatte.

Er zog die prächtige Suzanne zu sich heran und nahm ihre Beine zwischen seine Knie. Das schöne Mädchen, das auf der Straße so hochmütig war, das zwanzigmal das Vermögen, das ihr mehrere Männer von Alençon angeboten, aus Stolz wie aus Geringschätzung gegen ihre Tölpelhaftigkeit ausgeschlagen hatte, ließ es geschehen, Suzanne bot dem Chevalier den Anblick ihres vorgeblichen Fehltritts so herausfordernd, dass dieser alte Sünder, der noch ganz andere Geheimnisse in weit arglistigeren Existenzen; ergründet hatte, die Sache mit einem einzigen Blick durchschaute. Er wusste sehr gut, dass kein Mädchen mit einer wirklichen Schande sein Spiel treibt; doch verschmähte er, das Gebäude dieser hübschen Lüge umzustoßen, indem er es berührte.

»Wir verleumden uns«, sagte der Chevalier und lächelte mit unnachahmlicher Feinheit, »wir sind brav wie das schöne Mädchen, dessen Namen wir tragen, wir können uns ohne Furcht verheiraten; aber wir wollen nicht hier vegetieren, wir dürsten danach, nach Paris zu kommen, wo die schönen Geschöpfe reich werden, wenn sie Verstand haben, und wir sind nicht dumm. Wir wollen uns also davon überzeugen, ob die Hauptstadt der Vergnügungen uns jungen Chevaliers de Valois, uns einen Wagen, Diamanten, eine Loge in der Oper vorbehalten hat. Die Russen, die Engländer, die Österreicher haben Millionen ins Land gebracht, auf die uns Mama eine Anweisung ausgestellt hat, indem sie uns schön machte. Kurzum, wir besitzen Patriotismus, wir wollen Frankreich dazu verhelfen, sein Geld aus den Taschen dieser Herren wiederzugewinnen. He, he, liebes kleines Teufelsschläfchen, all das ist nicht schlimm! Die Welt, in der du lebst, wird zwar ein kleines Geschrei erheben, aber der Erfolg wird alles rechtfertigen. Was aber sehr schlimm ist, mein Kind, das ist, kein Geld zu haben, und das ist unser beider Krankheit. Da wir ausnehmend klug sind, haben wir geglaubt, aus unserer allerliebsten Ehre einen Vorteil ziehen zu können, indem wir einen alten Knaben hereinlegen; aber dieser alte Knabe, mein Herz, kennt das A und O der weiblichen Listen, was heißen will, dass du eher einem Spatzen Salz auf den Schwanz streuen kannst, als mich glauben machen, ich sei im geringsten an deiner Sache beteiligt. Geh nach Paris, meine Kleine, geh hin auf Kosten der Eitelkeit eines alten Junggesellen, ich werde dich nicht daran hindern, ich werde dir sogar dazu verhelfen, denn der alte Junggeselle, Suzanne, ist der natürliche Geldschrank eines jungen Mädchens. Aber ziehe mich nicht da hinein! Höre, meine Schöne, die du das Leben so gut kennst, du würdest mir großes Unrecht und großen Kummer antun! Unrecht? Du könntest in einem Lande, wo man auf die Sitten hält, meine Verheiratung verhindern. Kummer? Wahrhaftig, selbst wenn du in Verlegenheit wärst, was ich leugne, Spitzbübin! Du weißt, mein Schatz, dass ich nichts mehr habe, dass ich arm bin wie eine Kirchenmaus. Ja, wenn ich Mademoiselle Cormon heiratete, wenn ich wieder reich würde, würde ich dich sicher Cesarine vorziehen. Du bist mir immer über die Maßen klug und gewitzt vorgekommen, du bist für die Liebe eines großen Herrn wie geschaffen. Ich halte dich für einen so pfiffigen Kopf, dass mich der Streich, den du mir da spielst, gar nicht überrascht, ich habe ihn erwartet. Für ein Mädchen heißt das, alles auf eine Karte setzen. Um so zu handeln, mein Engel, bedarf es geistiger Überlegenheit. Du besitzest also meine ganze Achtung.« Und er gab ihr nach Art der Bischöfe die Bestätigung auf die Wange.

»Aber. Monsieur le Chevalier, ich versichere Sie, dass Sie sich irren und dass ...«

Sie errötete und wagte nicht fortzufahren; der Chevalier hatte mit einem Blick ihren ganzen Plan erraten und durchschaut.

»Ja, ich höre dich, du willst, dass ich dir glaube! Nun gut, ich glaube dir. Aber folge meinem Rat, geh zu Monsieur du Bousquier! Bringst du nicht seit fünf oder sechs Monaten Monsieur du Bousquier die Wäsche? Also ich frage dich nicht, was zwischen euch vorgeht; aber ich kenne ihn, er besitzt Eigenliebe, er ist ein alter Hagestolz, er ist sehr reich, er hat zweitausendfünfhundert Livres Rente und gibt keine achthundert aus. Wenn du so klug bist, wie ich annehme, wirst du auf seine Kosten Paris zu sehen bekommen. Geh, mein Hühnchen, umgarne ihn, sei fein wie Seide, und bei jedem Wort mach eine doppelte Schlinge und einen Knoten! Er ist ein Mensch, der den Skandal fürchtet, und wenn er dir Veranlassung gegeben hat, ihn aufs Sünderstühlchen zu bringen ... nun, du verstehst, drohe ihm, dass du dich an die Damen des Wohltätigkeitsvereins wenden wirst! Überdies ist er ehrgeizig. Nun, ein Mann muss durch seine Frau alles erreichen können. Bist du nicht schön, nicht klug genug, um das Glück deines Mannes zu machen? Zum Teufel, du könntest einer Frau von Hof die Stirn bieten!«

Suzanne, der die letzten Worte des Chevaliers eine Erleuchtung gebracht hatten, brannte vor Begierde, zu Monsieur du Bousquier zu laufen. Um ihre Eile nicht gar so auffällig zu machen, befragte sie den Chevalier über Paris und half ihm beim Ankleiden. Der Chevalier sah die Wirkung seiner Fingerzeige und wollte Suzanne das Fortkommen erleichtern, indem er sie bat, Cesarine mit der Schokolade heraufzuschicken, die ihm Madame Lardot jeden Morgen bereitete. Suzanne entschlüpfte rasch, um sich zu ihrem Opfer zu begeben, dessen Biographie hier folgt.

Als Sprössling einer alten Familie Alençons hielt Monsieur du Bousquier die Mitte zwischen dem Bourgeois und dem kleinen Adligen. Sein Vater hatte das Amt eines Kriminalleutnants bekleidet. Als sich Monsieur du Bousquier nach dem Tode seines Vaters ohne Hilfsquellen sah, war er, wie alle verarmten Provinzler, nach Paris gegangen, um dort sein Glück zu machen. Zu Beginn der Revolution hatte er angefangen, Geschäfte zu machen. Sosehr sich auch die Republikaner alle mit ihrer revolutionären Ehrlichkeit aufs hohe Ross setzten, die Geschäfte jener Zeit waren undurchsichtig. Ein politischer Spion, ein Börsenspekulant, ein Proviantmeister, einer, der im Einverständnis mit dem Syndikus der Kommune Güter der Emigrierten einziehen ließ, um sie zu kaufen und wieder loszuschlagen, ein Minister und ein General, sie machten alle auf gleiche Weise Geschäfte. Von 1793 bis 1799 lieferte Monsieur du Bousquier den Proviant für die französischen Armeen. Er besaß zu jener Zeit ein prächtiges Haus, war einer der Matadore der Finanz, machte Halbpartgeschäfte mit Ouvrard, hielt offene Tafel und führte das skandalöse Leben der Zeit, eine Cincinnatus-Existenz mit Säcken voll Getreide, das ohne Mühe geerntet war, mit gestohlenen Rationen, mit Lustschlösschen voll leichter Mädchen, wo für die Direktoren der Republik große Feste veranstaltet wurden. Der Bürger Bousquier war einer der vertrauten Freunde von Barras, stand auf bestem Fuße mit Fouché, sehr gut mit Bernadotte und dachte Minister zu werden, indem er sich Hals über Kopf in die Partei stürzte, die bis Marengo gegen Bonaparte heimliches Spiel trieb. Wäre nicht der Sturmangriff Kellermanns und der Tod Desaix' dazwischengekommen, so wäre Monsieur du Bousquier ein großer Politiker geworden. Er war einer der hohen Beamten der niemals zur Macht gelangten Regierung, die das Glück Napoleons hinter die Kulissen von 1793 zurücktreten ließ. Der hartnäckig und überraschend errungene Sieg bei Marengo veranlasste die Niederlage dieser Partei, die fertiggedruckte Proklamationen in Bereitschaft hielt, um, falls der Erste Konsul unterlegen wäre, zum System der Bergpartei zurückzukehren. Vollständig von der Unmöglichkeit eines Sieges überzeugt, spekulierte Monsieur du Bousquier mit dem größten Teil seines Vermögens auf das Fallen der Wertpapiere und hielt zwei Kuriere auf dem Schlachtfeld in Bereitschaft: der erste ritt in dem Augenblick ab, da Melas siegreich war; aber in der Nacht kam der zweite vier Stunden später, um die Niederlage der Österreicher zu verkünden. Du Bousquier fluchte Kellermann und Desaix; dem Ersten Konsul wagte er nicht zu fluchen, denn der war ihm Millionen schuldig. Diese Alternative zwischen einem Gewinn von Millionen und dem völligen Ruin raubte dem Lieferanten seine sämtlichen Fähigkeiten, er war ein paar Tage wie blödsinnig. Er hatte mit dem Leben durch so schwere Exzesse Missbrauch getrieben, dass er diesen Schlag kraftlos auf sich herabfallen ließ. Er hoffte zwar noch auf die Begleichung seiner Schuldforderungen an den Staat; aber trotz seiner Bestechungsversuche traf ihn der Hass Napoleons gegen die Heereslieferanten, die auf seine Niederlage spekuliert hatten. Monsieur de Fermon, der so scherzhaft ›Fermons la caisse‹ (Schließen wir die Kasse!) genannt wurde, gab Monsieur du Bousquier keinen Sou. Die Unsittlichkeit seines Privatlebens, die Verbindungen dieses Lieferanten mit Barras und Bernadotte missfielen dem Konsul noch mehr als sein Spiel an der Börse; er strich ihn aus der Liste der Obersteuereinnehmer, in die er vermöge des letzten Restes seines Ansehens als Kandidat für Alençon hineingekommen war. Von seinem Reichtum behielt Du Bousquier zwölfhundert Francs Leibrente in Staatspapieren, eine zufällige Anlage, die ihn vor dem Elend bewahrte. Da seine Gläubiger nicht wussten, welches Resultat die Liquidation haben würde, ließen sie ihm nur tausend Francs konsolidierte Renten; aber sie wurden alle durch die Eintreibung der Rückstände und den Verkauf des Hotel de Beauséant, das Monsieur du Bousquier besaß, bezahlt. So blieb dem Spekulanten, nachdem er knapp am Bankrott vorbeigekommen war, sein Name unversehrt. Ein Mann, der vom Ersten Konsul ruiniert worden und dem der kolossale Ruf, den ihm seine Verbindungen mit den Spitzen der ehemaligen Regierung, seine Lebensweise und seine kurze Macht eingetragen hatten, vorangegangen war, interessierte die Stadt Alençon, wo heimlich der Royalismus herrschte. Der gegen Napoleon aufgebrachte Du Bousquier, der die Nöte des Ersten Konsuls, die Ausschweifungen Josephines und die geheimen Anekdoten aus zehn Jahren Revolution zum besten gab, wurde sehr gut aufgenommen. Zu dieser Zeit trat Du Bousquier, obwohl er gut und gern vierzig Jahre alt war, als ein Mann vor sechsunddreißig Jahren auf, der von mittlerem Wuchs, fett wie ein Heereslieferant war und mit seinen Waden, die eines zotigen Staatsanwalts würdig waren, paradierte; er hatte stark ausgeprägte Gesichtszüge, eine plattgedrückte Nase mit behaarten Nasenlöchern, schwarze Augen mit dichten Brauen, aus denen ein listiger Blick, wie bei Talleyrand, hervordrang, der aber etwas Erloschenes hatte; er behielt den republikanischen Backenbart bei und trug seine braunen Haare sehr lang. Seine Hände, die auf jedem Fingerglied mit einem kleinen Büschel Haare bewachsen waren, zeugten durch dicke blaue, vorspringende Adern von starker Muskelkraft. Er hatte einen Brustkasten wie der Herkules Farnese und Schultern, die die Staatsschuld hätten tragen können. Man sieht solche Schultern heutzutage nur noch bei Tortoni. Diese übermäßig ausgeprägte Männlichkeit fand sich ganz vortrefflich gekennzeichnet durch einen Ausdruck, der im vergangenen Jahrhundert gebräuchlich war, während man ihn heute kaum noch versteht: im galanten Stil der vorigen Epoche hätte Du Bousquier als ein wahrer ›rückständiger Zahler‹ gegolten. Aber so wie bei dem Chevalier de Valois fanden sich auch bei Du Bousquier Anzeichen, die zu dem Gesamteindruck der Person in Widerspruch standen. So hatte der ehemalige Lieferant nicht die Stimme seiner Muskeln. Nicht etwa, dass seine Stimme dünn und kreischend gewesen wäre, so wie sie manchmal aus dem Munde dieser zweibeinigen Robben herauskommt. Sie war im Gegenteil stark, jedoch dumpf; man wird am besten einen Begriff von ihr bekommen, wenn man sie mit dem Geräusch vergleicht, das eine Säge macht, die durch weiches, nasses Holz geht; kurz, es war die Stimme eines gehetzten Spekulanten.

Du Bousquier behielt noch lange das Kostüm bei, das zur Zeit seines Ruhmes Mode gewesen war: die Stulpenstiefel, die weißseidenen Strümpfe, die kurze Hose aus geripptem, zimtbraunem Tuch, die Weste à la Robespierre und den blauen Rock. Obwohl ihm der Hass des Ersten Konsuls ein Anrecht auf die Gunst der royalistischen Spitzen der Gesellschaft gegeben hätte, wurde Du Bousquier in sieben oder acht Familien, die den Faubourg Saint-Germain von Alençon bildeten und bei denen der Chevalier de Valois Zutritt hatte, nicht empfangen. Zuerst hatte er alles versucht, um Mademoiselle Armande, die Schwester eines der angesehensten Adligen der Stadt, zu heiraten, da er aus dieser Verbindung große Vorteile für seine anderweitigen Pläne, die in einer glänzenden Revanche gipfelten, zu ziehen hoffte. Er holte sich einen Korb. Er tröstete sich mit der Entschädigung, die ihm ein Dutzend anderer reicher Familien bot, die ehemals Alençonspitzen fabriziert hatten, jetzt Weiden und Rinder besaßen und einen Leinenhandel en gros betrieben, und er hoffte da gelegentlich zu einer guten Partie zu kommen. Der alte Junggeselle hatte in der Tat all seine Hoffnungen auf eine günstige Heirat gesetzt, und seine verschiedenen Fähigkeiten schienen ihm eine solche zu verbürgen. Er entbehrte in finanziellen Dingen nicht einer gewissen Geschicklichkeit, die sich viele Leute zunutze machten. Wie der ruinierte Spieler die Neulinge anleitet, wies er auf Spekulationen hin, empfahl die Wege, die Aussichten und die Durchführung. Er galt für einen guten Verwalter: es war oft die Rede davon, ihn zum Bürgermeister von Alençon zu ernennen. Aber die Erinnerung an seine Machenschaften zur Zeit der republikanischen Regierung schadete ihm; er wurde auf der Präfektur niemals empfangen. Alle Regierungen, die aufeinander folgten, selbst die der Hundert Tage, weigerten sich, ihn zum Bürgermeister von Alençon zu machen, und sein ganzer Ehrgeiz ging auf diese Stellung aus, da sie ihm zur Heirat mit einer alten Jungfer, auf die er schließlich sein Augenmerk gerichtet hatte, verhelfen hätte. Sein Hass gegen die kaiserliche Regierung hatte ihn zunächst der royalistischen Partei zugeführt, und er blieb darin, trotz der Beleidigungen, die er einstecken musste. Aber als er bei der ersten Wiederkehr der Bourbonen weiterhin von der Präfektur ausgeschlossen blieb, fasste er einen tiefen, wenn auch heimlichen Hass gegen die Bourbonen, denn er war seinen Anschauungen offenbar treu geblieben. Er wurde das Oberhaupt der liberalen Partei Alençons, der unsichtbare Leiter der Wahlen und fügte der Restauration durch die Geschicklichkeit seiner heimlichen Manöver und die Verschlagenheit seiner Umtriebe beträchtlichen Schaden zu. Du Bousquiers Hass war, wie es bei Personen zu sein pflegt, bei denen der Verstand vorherrschend ist, anscheinend ruhig. Er glich einem Bach, der zwar nicht mächtig, aber unversiegbar ist; er war wie der des Negers, so friedlich, so geduldig, dass er den Feind irreführte. Seine Rache, die er fünfzehn Jahre lang ausbrütete, wurde durch keinen Sieg, nicht einmal durch den Triumph der Julitage von 1830, gesättigt.

Nicht ohne Absicht hatte der Chevalier de Valois Suzanne zu Du Bousquier geschickt Der Liberale und der Royalist hatten sich gegenseitig durchschaut, trotz der klugen Verstellung, mit der sie ihre gemeinsame Hoffnung vor der ganzen Stadt verbargen. Diese beiden alten Junggesellen waren Rivalen. Jeder von ihnen hatte die Absicht, Mademoiselle Cormon zu heiraten, von der Monsieur de Valois soeben mit Suzanne gesprochen hatte. Beide erwarteten, in ihre Idee verbissen und nach außen mit Gleichgültigkeit gewappnet, den Augenblick, wo ihnen ein Zufall diese alte Jungfer ausliefern würde. Wenn also auch nicht die Systeme, deren lebendiger Ausdruck die beiden Hagestolze waren, eine unüberbrückbare Kluft zwischen ihnen gebildet hätten, so hätte sie ihre Nebenbuhlerschaft zu Feinden gemacht. Die Zeitläufte färben auf die Menschen, die sie durchleben, ab. Diese beiden Personen taten die Richtigkeit dieser Regel durch den Gegensatz der historischen Färbung dar, der in ihren Physiognomien, ihren Gesprächen, ihren Ideen und ihrer Kleidung ausgeprägt war. Der eine, kurz angebunden, energisch, mit breiten und plötzlichen Bewegungen, barsch und knapp in den Worten, dunkel in Teint, Haar und Blick, dem Anschein nach schrecklich, in Wirklichkeit ohnmächtig wie ein niedergeschlagener Aufstand, verkörperte treffend die Republik.

Der andere, glatt und höflich, elegant, geschmackvoll, gepflegt, verfolgte sein Ziel mit den langsamen, aber unfehlbaren Mitteln der Diplomatie, blieb dem guten Geschmack treu und war ein Bild des ehemaligen Höflings. Diese beiden Gegner trafen sich fast alle Abende auf dem nämlichen Terrain. Der Krieg war höflich und leutselig von seiten des Chevaliers; Du Bousquier befleißigte sich nicht so sehr der Form, obwohl er die von der Gesellschaft gebotenen Konventionen beachtete, denn er wollte sich nicht vom Schauplatz verjagen lassen. Gegenseitig verstanden sich die beiden sehr wohl. Trotz des Scharfsinns, den die Provinzler für die kleinen Angelegenheiten, die sich in ihrem Kreise abspielen, entfalten, ahnte niemand die Rivalität der beiden Männer, Der Chevalier de Valois hatte einen weitaus günstigeren Stand, er hatte niemals um die Hand von Mademoiselle Cormon angehalten; Du Bousquier hingegen, der, nachdem er in dem angesehensten Hause des Landes eine Schlappe erlitten hatte, in die Reihe der Bewerber getreten war, war abgewiesen worden. Doch musste der Chevalier seinem Rivalen noch bedeutende Erfolgsmöglichkeiten zutrauen, um ihm einen so wohlüberlegten tiefsitzenden Stich mit einer so geschärften Klinge, wie es Suzanne war, zu versetzen. Der Chevalier hatte die Sonde in das Gewässer Du Bousquiers gesenkt, und wie man sehen wird, hatte er sich in keiner seiner Vermutungen getäuscht.

Suzanne ging mit leichtem Schritt von der Rue du Cours durch die Rue de la Porte de Séez und die Rue du Bercail bis zu der Rue du Cygne, wo Du Bousquier seit fünf Jahren ein kleines Provinzhaus besaß, das aus grauem Kalkstein, ähnlich dem Bruchstein des normannischen Granits oder dem bretonischen Schiefer, gebaut war. Der ehemalige Lieferant hatte sich komfortabler als jeder andere in der Stadt eingerichtet, denn er besaß noch einige Möbel aus der Zeit seiner Herrlichkeit; doch die Sitten der Provinz hatten allmählich den Glanz des gefallenen Sardanapal verdunkelt. Die Spuren seines früheren Luxus wirkten in dem Hause wie ein Kronleuchter in einer Scheune. Die Harmonie, das bindende Element jedes menschlichen und göttlichen Werkes, fehlte in den großen wie in den kleinen Dingen. Auf einer schönen Kommode stand ein Wassertopf mit Deckel, wie man ihn nur in der Bretagne sieht. Ein hübscher Teppich bedeckte den Fußboden, doch an den Fenstern waren Vorhänge aus gewöhnlichem Kattun mit aufgedruckten Rosenbuketts. Auf dem hässlich bemalten steinernen Kamin stand eine prächtige Uhr, zu der wiederum zwei elende Leuchter schlecht passten. Die Treppe, die jeder hinaufstieg, ohne sich die Füße abzutreten, war nicht gestrichen. Die Türen, die von einem einheimischen Maler aufgefrischt worden waren, stießen den Blick durch schreiende Farben ab. Wie die Zeit, die Du Bousquier repräsentierte, enthielt dieses Haus einen zusammengewürfelten Haufen von schmutzigen und herrlichen Dingen. Du Bousquier galt für einen Mann von gutem Auskommen und führte das gleiche Schmarotzerdasein wie der Chevalier; wer sein Einkommen nicht ausgibt, wird immer reich sein. Als einzigen dienstbaren Geist hatte er einen tölpelhaften Jungen vom Lande, eine Art Jocrisse, den Du Bousquier allmählich wie einen Orang-Utan abgerichtet hatte, den Fußboden zu scheuern, die Möbel abzuwischen, die Stiefel zu wichsen, die Kleidung zu bürsten und ihn abends bei trübem Wetter mit der Laterne oder, wenn es regnete, mit Holzschuhen abzuholen. Wie gewisse Geschöpfe neigte der Junge nur zu einem einzigen Laster: er war gefräßig. Manchmal, wenn Du Bousquier ein Festmahl gab, ließ er ihn seinen blaukarierten baumwollenen Kittel, aus dem immer die Taschen, mit Taschentuch, Messer, einem Stück Kuchen oder einem Apfel vollgestopft, heraus standen, ausziehen, eine Livree anlegen und nahm ihn zum Servieren mit. René stopfte sich dann samt den andern Dienstboten mit Speisen voll. Diese Pflicht, die Du Bousquier als eine Belohnung dargestellt hatte, trug ihm die absoluteste Verschwiegenheit seines bretonischen Dieners ein.

»Was wollen Sie, Mademoiselle?« sagte René zu Suzanne, als sie eintrat; »es ist nicht Ihr Tag, wir haben heute Madame Lardot keine Wäsche zu schicken.« – .»Dummer Esel!« versetzte Suzanne lachend.

Das hübsche Mädchen stieg hinauf und ließ René seine Schüssel in Milch gekochter Buchweizenfladen weiteressen. Du Bousquier lag noch im Bett und käute seine Glücksprojekte wieder; denn wie allen denen, die die Drängen der Liebesfreude zu sehr ausgedrückt haben, blieb ihm nichts weiter übrig als der Ehrgeiz. Der Ehrgeiz und das Spiel sind unerschöpflich. Auch werden bei einem Mann von gesundem Organismus die Leidenschaften, die dem Gehirn entspringen, stets die Leidenschaften des Herzens überdauern.

»Da bin ich!« sagte Suzanne und setzte sich mit einer so ungestümen Bewegung auf das Bett, dass die Vorhänge an den Stangen knarrten. »Was ist denn, mein Engel?« fragte der alte Junggeselle und setzte sich im Bett auf. »Monsieur«, sagte Suzanne feierlich, »Sie werden erstaunt sein, mich hier zu sehen; aber ich befinde mich in Umständen, die mich nötigen, mich nicht darum zu kümmern, was man darüber redet.« – »Was ist denn los?« fragte Du Bousquier weiter und kreuzte die Arme über der Brust, »Aber verstehen Sie mich denn nicht?« erwiderte Suzanne. »Ich weiß«, fuhr sie fort und zog einen niedlichen Schmollmund, »dass es lächerlich von einem armen Mädchen ist, einem Manne Scherereien zu machen für etwas, was er für Lappalien hält. Aber wenn Sie mich kennen würden, wenn Sie wüssten, wessen ich für den Mann, der mir zugetan wäre, so wie ich ihm zugetan sein würde, fähig wäre, würden Sie es niemals bereuen, mich geheiratet zu haben. Hier freilich würde ich Ihnen nicht viel nützen können; aber wenn wir nach Paris gingen, würden Sie sehen, wohin ich einen Mann von Geist und Fähigkeiten, so wie Sie, zu einer Zeit, wo die Regierung von Grund aus umgewälzt wird und wo die Ausländer die Herren sind, führen könnte! Schließlich, unter uns gesagt, ist denn das, wovon hier die Rede ist, ein Unglück? Ist es nicht vielmehr ein Glück, das Sie sich eines Tages teuer erkaufen würden? Für wen sorgen Sie? Für wen arbeiten Sie?« – »Für mich!« rief Du Bousquier brutal.

»Altes Ungeheuer, Sie werden niemals Vater sein!« rief Suzanne im Ton einer dunklen Prophezeiung.

»Was soll das heißen? Keine Dummheiten, Suzanne; ich glaube noch zu träumen.«

»Aber welchen Beweis brauchen Sie denn?« rief Suzanne und erhob sich.

Du Bousquier schob seine baumwollene Nachtmütze auf seinem Kopf mit einer Energie hin und her, die bewies, dass eine wunderbare Klarheit in seinen Gedanken aufdämmerte. ›Er glaubt es wahrhaftig!‹ sagte Suzanne zu sich selbst, ›und es schmeichelt ihm. Mein Gott, wie leicht doch diese Männer auf alles hereinfallen‹.

»Suzanne, was zum Teufel soll ich tun? Es ist so merkwürdig ... Ich, der ich glaubte ... Es steht nämlich so, dass ... Doch nein, nein, es kann ja nicht sein ...«

»Was, Sie können mich nicht heiraten?« – »Oh, was das angeht, keineswegs! Ich habe Verpflichtungen.« – »So? Gegenüber Mademoiselle Armande oder gegenüber Mademoiselle Cormon, die Ihnen beide schon einen Korb gegeben haben? Hören Sie, Monsieur du Bousquier, meine Ehre hat keine Gendarmen nötig, Sie nach dem Standesamt zu schleppen. Es wird mir nicht an solchen fehlen, die mich heiraten wollen, und ich will keinen Mann, der mich nicht zu schätzen weiß. Eines Tages möchten Sie es bereuen, dass sie sich heute so zeigen, denn nichts in der Welt, kein Gold noch Geld, wird mich dazu bringen, Ihnen Ihr Gut wiederzugeben, wenn Sie es heute ausschlagen.«

»Aber, Suzanne, bist du sicher? ...« – »Aber Monsieur!« brauste das Wäschermädchen, in ihre Tugend gehüllt, auf. »Wofür halten Sie mich? Ich erinnere Sie nicht an die Versprechungen, die Sie mir gemacht haben und die ein armes Mädchen, das sich nichts anderes vorzuwerfen hat, als dass ihr Ehrgeiz so groß ist wie ihre Liebe, ins Verderben gestürzt haben.«

Du Bousquier war von tausend widerstreitenden Gefühlen, der Freude, des Misstrauens, der Berechnung, bestürmt. Er hatte seit langem beschlossen, Mademoiselle Cormon zu heiraten, denn die Charta, auf die er spekulierte, eröffnete seinem Ehrgeiz die glänzende Laufbahn eines Abgeordneten. Seine Heirat mit der alten Jungfer würde ihn bei der Stadt so hoch zu Ansehen bringen, dass er einen großen Einfluss erlangen würde. So stürzte ihn das von der boshaften Suzanne heraufbeschworene Gewitter in große Verwirrung. Ohne jene heimliche Hoffnung hätte er Suzanne ohne weitere Überlegung geheiratet. Er hätte sich offen an die Spitze der liberalen Partei von Alençon gestellt. Nach einer solchen Heirat verzichtete er auf die obere Gesellschaft und fiel in die bürgerliche Klasse der Kaufleute, der reichen Fabrikanten, der Viehmäster zurück, die ihn im Triumph als ihren Kandidaten aufstellen würden. Du Bousquier sah schon im Geiste die Linke. Er verbarg keineswegs dies feierliche innere Zurategehen. Er fuhr sich mit der Hand über den Kopf und ließ seinen unbedeckten Schädel sehen, denn die Mütze war herabgefallen. Wie alle, die über das Ziel hinausgehen und mehr finden, als sie erwartet haben, war Suzanne wie aus den Wolken gefallen. Um ihr Erstaunen zu verbergen, nahm sie die melancholische Pose eines missbrauchten Mädchens vor seinem Verführer an; aber innerlich lachte sie wie ein geriebenes Frauenzimmer, das ein schlaues Spiel gewinnt.

»Mein liebes Kind; ich lasse mich nicht auf solche Aufschneidereien ein!«

Dies war der kurze Satz, mit dem der ehemalige Lieferant seine innere Beratung schloss. Du Bousquier bildete sich etwas darauf ein, zur Schule der kynischen Philosophen zu gehören, die nicht auf die Frauen ›hereinfallen‹ wollen und für die alle derselben ›verdächtigen‹ Klasse angehören. Diese starken Köpfe, die gewöhnlich schwache Männer sind, haben einen Katechismus für den Gebrauch der Frau. Für sie sind alle, von der Königin von Frankreich bis zur Modistin, durchaus leichtfertig, spitzbübisch, mörderisch, sogar ein wenig betrügerisch, von Grund aus lügenhaft und unfähig, anderes als Nichtigkeiten zu denken. Für sie sind die Frauen heimtückische Bajaderen, die man tanzen, lachen und singen lassen muss; sie sehen in ihnen nichts Großes und Heiliges; sie kennen nicht die Poesie der Sinne, nur die grobe Sinnlichkeit. Sie sind wie die Fresser, die die Küche für den Speisesaal halten. Nach diesen Rechtsgrundsätzen erniedrigt die Frau, wenn sie nicht beständig tyrannisiert wird, den Mann zum Sklaven, In dieser Beziehung war Du Bousquier wiederum das Gegenstück des Chevaliers. Indem er seinen Satz aussprach, warf er seine Nachtmütze ans Bettende, ähnlich dem Papst Gregor, der die Kerze umstürzte, während er einen Bannfluch schleuderte, und Suzanne sah nunmehr, dass der alte Junggeselle ein Toupet trug.

»Denken Sie daran, Monsieur du Bousquier«, erwiderte Suzanne majestätisch, »dass es meine Pflicht war, zu Ihnen zu kommen; denken Sie daran, dass es geboten war, Ihnen meine Hand anzubieten und die Ihre zu verlangen; aber denken Sie auch daran, dass ich eine Frau bin, die weiß, was sich schickt, und mir nichts vergeben habe; ich habe mich nicht so weit erniedrigt, zu plärren wie eine dumme Liese, ich habe nicht darauf gedrungen, ich habe Sie keineswegs gequält. Sie kennen jetzt meine Lage! Sie wissen, dass ich in Alençon nicht bleiben kann, meine Mutter wird mich schlagen; Madame Lardot reitet auf ihren Prinzipien herum, als ob sie sie plätten wollte, sie wird mich davonjagen. Was bleibt mir armen Wäscherin anderes übrig, als ins Spital zu gehen? Soll ich betteln gehen? Nein! Lieber werfe ich mich in die Brillante oder in die Sarthe. Ist es denn aber nicht viel einfacher, wenn ich nach Paris gehe? Meine Mutter kann mich unter irgendeinem Vorwand hinschicken: ein Onkel kann mich brauchen, eine Tante kann im Sterben liegen oder eine Dame sich für mich interessieren. Es handelt sich also nur um das nötige Geld für die Reise und alles übrige...«

Diese Mitteilung hatte für Du Bousquier tausendmal mehr Bedeutung als für den Chevalier de Valois, aber er allein und der Chevalier wussten um das Geheimnis, das erst im Laufe dieser Geschichte enthüllt werden wird. Zunächst genügt es, zu sagen, dass die Lüge Suzannes eine so große Verwirrung in den Gedanken des alten Junggesellen hervorbrachte, dass er zu einer ernsthaften Überlegung unfähig war. Ohne diese Benommenheit und einen gewissen heimlichen Stolz – denn jeder Gimpel geht seiner Eigenliebe auf den Leim – hätte er geglaubt, dass ein anständiges Mädchen hundertmal lieber gestorben wäre, ehe es eine solche Auseinandersetzung angeknüpft und Geld von ihm verlangt hätte. Er hätte in dem Blick der Grisette die grausame Gier des Spielers gesehen, der imstande wäre, einen Mord zu begehen, um sich einen Einsatz zu verschaffen.

»Du willst also nach Paris?« fragte er. Als Suzanne diese Frage hörte, blitzte in ihren grauen Augen die helle Freude auf; aber der glückliche Du Bousquier sah nichts.

»Ja, gewiss, Monsieur!« Du Bousquier hub seltsame Klagen an: Er hatte soeben die letzte Zahlung auf sein Haus geleistet, er musste den Maler, den Maurer, den Schreiner befriedigen; doch Suzanne ließ ihn reden, sie wartete darauf, dass er die Summe nennen würde. Du Bousquier bot hundert Taler. Suzanne spielte, was man im Kulissenstil einen falschen Abgang nennt, sie ging auf die Tür zu.

»Nun, wo willst du hin?« rief Du Bousquier unruhig. »Da hast du dir was Schönes eingebrockt«, sagte er zu sich selbst; »der Teufel soll mich holen, wenn ich ihr mehr als den Halskragen zerdrückt habe! ... Verflucht! Sie macht sich einen Scherz zunutze, um auf dich einen Wechsel, mit der geladenen Pistole in der Hand, zu ziehen!«

»Aber Monsieur«, schluchzte jetzt Suzanne, »ich gehe zu Madame Granson, der Schatzmeisterin des Mütterfürsorgevereins, die, soviel ich weiß, ein armes Mädchen im gleichen Fall sozusagen aus dem Wasser gezogen hat.«

»Madame Granson?« – »Ja«, erwiderte Susanne, »die Verwandte von Mademoiselle Cormon, der Vorsitzenden des Mütterfürsorgevereins. Mit Verlaub haben die Damen der Stadt da eine Einrichtung geschaffen, die manches arme Ding davon abhalten wird, ihr Kind umzubringen, wofür man vor drei Jahren in Mortagne die schöne Faustine d'Argentan mit dem Tode bestraft hat.« – »Da, Suzanne«, sagte Du Bousquier und reichte ihr einen Schlüssel, »öffne selbst den Sekretär, nimm den angebrochenen Beutel, welcher noch sechshundert Francs enthält; es ist alles, was ich besitze.«

Der alte Lieferant bekundete durch seine Niedergeschlagenheit, wie schwer es ihm wurde, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

›Alter Gauner‹ sagte Suzanne im stillen, ›ich werde von seinem Toupet erzählen.‹ Sie verglich Du Bousquier mit dem köstlichen Chevalier de Valois, der nichts gegeben, aber der sie verstanden, ihr einen Rat erteilt und der die Grisetten in sein Herz geschlossen hatte.

»Wenn du mich zum besten hast, Suzanne«, rief da Du Bousquier, als er sah, dass sie ihre Hand in der Schublade hatte ... »Nun«, meinte sie mit einer grandiosen Unverschämtheit, »Sie würden sie mir doch auch geben, wenn ich Sie darum bäte?«

Der Lieferant, der sich an der Ehre seiner Galanterie gepackt fühlte und an seine gute Zeit zurückdachte, ließ ein Knurren der Zustimmung hören. Suzanne nahm den Beutel und verließ das Zimmer, nachdem sie sich von dem alten Junggesellen hatte auf die Stirn küssen lassen, der dabei aussah, als kombinierte er ungefähr folgendes: ›Das ist ein Zoll, der mich teuer zu stehen kommt. Immerhin ist es besser, als vor Gericht als Verführer einer Kindesmörderin zu erscheinen.‹

Suzanne verbarg den Beutel in einer Art Markttasche aus feinem Weidengeflecht, die sie am Arm hatte, und fluchte dem Geiz Du Bousquiers, denn sie hatte tausend Francs haben wollen. Wenn ein Mädchen erst von einer Begierde besessen ist und sich auf den Weg des Betrages begeben hat, geht sie weit. Als die schöne Plätterin die Rue du Bercail entlangging, überlegte sie, dass der Mütterfürsorgeverein, dessen Vorsitzende Mademoiselle Cormon war, ihr vielleicht die Summe, die sie sich zur Bestreitung ihrer Ausgaben ausgerechnet hatte und die für eine Grisette aus Alençon sehr beträchtlich war, ergänzen würde. Überdies hasste sie Du Bousquier. Es schien, als ob der alte Hagestolz Furcht davor hatte, dass man sein angebliches Verbrechen Madame Granson verriet. Suzanne beschloss, auf die Gefahr hin, von dem Mütterfürsorgeverein nicht einen Sois zu erhalten, den ehemaligen Lieferanten bei ihrem Weggang von Alençon in die unentwirrbaren Schlingen eines Provinzklatsches zu verwickeln. Es steckt in der Grisette immer etwas von der Bosheit des Affen. Suzanne setzte also eine recht trübselige Miene auf, als sie bei Madame Granson eintrat.

Madame Granson, die Witwe eines Oberstleutnants der Artillerie, der bei Jena gefallen war, besaß als ganzes Vermögen eine kärgliche Pension von neunhundert Francs, hundert Taler Rente für sich selbst, außerdem einen Sohn, dessen Erziehung und Unterhalt ihre Ersparnisse aufgezehrt hatten. Sie bewohnten in der Rue du Bercail eins der armseligen Erdgeschosse, die der Reisende mit einem Blick übersieht, wenn er in die Hauptstraße der kleinen Stadt einbiegt. Es hatte ein Halbtor, das sich auf drei mächtigen Stufen erhob; ein Gang, an dessen Ende sich eine von einer Holzgalerie überdeckte Treppe befand, führte in den inneren Hof. Auf der einen Seite des Ganges lagen das Esszimmer und die Küche, auf der andern ein Salon für alle Zwecke und das Schlafzimmer der Witwe. Athanase Granson, ein junger Mann von dreiundzwanzig Jahren, wohnte in einer Mansarde über dem ersten Stockwerk des Hauses. Er brachte dem Haushalt seiner armen Mutter den Zuschuss von sechshundert Francs, die ihm ein kleiner Posten beim Gemeindeamt eintrug, wo er bei den Zivilstandsakten beschäftigt war, und den er dem Einfluss seiner Verwandten, Mademoiselle Cormon, verdankte. Nach diesen Angaben wird jeder Madame Granson in ihrem kalten Salon mit gelben Vorhängen und Möbeln aus gelbem Utrechter Samt vor Augen haben, wie sie nach einem Besuch die kleinen Schilfmatten wieder zurechtrückt, die sie vor die Stühle zu schieben pflegte, damit der gebohnerte rote Steinfußboden nicht beschmutzt würde; wie sie dann wieder mit ihrer Näharbeit ihren mit Kissen ausstaffierten Lehnstuhl am Arbeitstisch, der zwischen den beiden Fenstern unter dem Bilde des Oberstleutnants der Artillerie steht, einnimmt, von wo aus sie die ganze Rue du Bercail mit allem, was da kommt und geht, übersehen kann. Sie war eine gute Frau, die in bürgerlicher Einfachheit gekleidet war, wie es zu ihrem blassen Gesicht, das der Kummer förmlich ausgedörrt hatte, passte. Die unerbittliche Bescheidenheit der Armut zeigte sich in allen kleinen Nebendingen dieses Haushalts, der die rechtschaffenen, strengen Sitten der Provinz spiegelte. In diesem Augenblick befanden sich der Sohn und die Mutter in dem Esszimmer, wo sie zum Frühstück eine Tasse Kaffee nebst Butter und Radieschen zu sich nahmen. Um zu begreifen, welches Vergnügen der Besuch Suzannes Madame Granson bereiten sollte, ist es nötig, die geheimen Interessen der Mutter und des Sohnes darzulegen.

Athanase Granson war ein magerer, blasser junger Mann von mittlerer Figur, mit hohlem Gesicht, in welchem zwei schwarze, geistsprühende Augen wie zwei Kohlen funkelten. Die etwas gequälten Linien seines Gesichts, die Krümmungen des Mundes, sein vorspringendes Kinn, der regelmäßige Schnitt der marmornen Stirn, ein Ausdruck der Melancholie, der von dem Gefühl des Elends herrührte, das im Widerspruch zu der innern Kraft stand, deren er sich bewusst war, bekundeten einen begabten Menschen in Gefangenschaft. Überall anderswo als in Alençon hätte ihm seine Erscheinung den Beistand bedeutender Männer oder Frauen, die das Genie in seinem Inkognito erkannten, verschafft. War es nicht das Genie selbst, so war es doch die Form, die es annimmt; war es nicht die Kraft eines großen Herzens, so doch ein Leuchten, das sie dem Blick verleiht. Obwohl er die feinste Sensibilität der Seele hätte ausdrücken können, so war seine Schüchternheit doch so groß, dass sie fast die Anmut der Jugend zerstörte; auch ließ der Frost der Armut nichts Kühnes in ihm aufkommen. Das Provinzleben, ohne Erfolg, ohne Beifall, ohne Ermutigung, zog einen Kreis um ihn, in dem jeder Gedanke in der Knospe welken musste. Überdies hatte Athanase den spröden Stolz, den die Armut bei erlesenen Menschen züchtet, einen Stolz, der sie in ihrem Kampf mit Menschen und Dingen wohl erhöht, ihnen aber bei ihrem Fortkommen hinderlich ist. Das Genie verfährt auf zwei Arten: entweder nimmt es, was ihm gehört, sobald es dessen ansichtig wird, wie es Napoleon und Molière gemacht haben, oder es wartet darauf, dass man zu ihm komme, wenn es sich in der Stille offenbart hat. Der junge Granson gehörte zu der Klasse begabter Menschen, die sich selbst nicht kennen und leicht mutlos werden. Seine Seele war beschaulich, er lebte mehr im Denken als im Tun. Vielleicht wäre er jenen, welche sich das Genie nicht ohne das leidenschaftliche Flackern des Franzosen denken können, unvollkommen erschienen; doch war er mächtig in der Welt des Geistes, und er sollte durch eine Reihe innerer Kämpfe, die sich dem gewöhnlichen Blick entziehen, zu jenen plötzlichen Entschließungen gelangen, die deren Abschluss bilden und die Dummköpfe zu dem Ausruf veranlassen: Er ist verrückt. Die Verachtung, welche die Welt über die Armut ergießt, lähmte Athanase; die entnervende Atmosphäre einer beklemmenden Einsamkeit erschlaffte seinen Geist, der sich immer wieder aufs neue anspannte, ein schreckliches Spiel ohne jeglichen Erfolg, das die Seele ermüdete. Athanase hätte sich den ausgezeichnetsten Männern Frankreichs an die Seite stellen können; aber dieser Adler, der in einen Käfig gesperrt war, wo er kein Futter fand, war im Begriff, Hungers zu sterben, wiewohl sein glühendes Auge an den Weiten des Himmels und den Höhen, in denen das Genie schwebt, geschweift hatte. Obwohl seine Arbeiten im Gemeindeamt bei den Zivilstandsakten der allgemeinen Aufmerksamkeit entgingen, vergrub er seine nach Ruhm begehrenden Gedanken in seiner Seele, denn sie hätten ihm schaden können. Jedoch in noch tieferer Verborgenheit hielt er das Geheimnis seines Herzens, eine Leidenschaft, die seine Wangen aushöhlte und seine Stirn welk machte. Er liebte seine entfernte Verwandte, jene Mademoiselle Cormon, die seine unbekannten Rivalen, der Chevalier de Valois und Du Bousquier, umlauerten. Diese Liebe war von der Berechnung erzeugt worden. Mademoiselle Cormon galt für eine der reichsten Personen der Stadt: der arme Junge war also durch das Begehren nach materiellem Glück, durch den tausendmal gehegten Wunsch, die alten Tage seiner Mutter zu verschönen, durch die Sehnsucht nach einer behaglichen Existenz, die für geistig arbeitende Menschen so notwendig ist, dahin gebracht worden, sie zu lieben, und dieser recht unschuldige Ausgangspunkt entehrte seine Liebe in seinen Augen. Er fürchtete überdies, dass die Welt sich über die Liebe eines jungen Mannes von dreiundzwanzig Jahren zu einer Vierzigjährigen lustig machen würde. Trotzdem war seine Leidenschaft echt; denn alles, was auf diesem Gebiete sonst überall unpassend erscheinen muss, ist in der Provinz möglich. In der Tat, da die Sitten dort ohne Gewagtheiten, ohne Bewegung, ohne Geheimnis sind, machen sie die Heiraten notwendig. Keine Familie nimmt einen jungen Mann von lockeren Sitten auf. So natürlich in einer großen Stadt ein Liebesverhältnis zwischen einem jungen Mann wie Athanase und einem schönen Mädchen wie Suzanne erscheinen würde, in der Provinz ist es von Übel. Ein anstößiges Vorleben vereitelt von vornherein die Heirat eines armen jungen Mannes, während bei einer reichen Partie natürlich ein Auge zugedrückt wird. Zwischen der Verderbtheit gewisser Verhältnisse und einer echten Liebe kann ein vermögensloser gemütvoller Mann nicht zaudern: er zieht die Leiden der Tugend den Leiden des Lasters vor. Aber in der Provinz sind die Frauen, in die sich ein junger Mann verlieben kann, selten: ein schönes, reiches junges Mädchen würde in einem Lande, wo alles Berechnung ist, nie die Seine werden; ein armes schönes Mädchen zu lieben ist ihm untersagt, denn das hieße, wie die Provinzialen es ausdrücken, den Hunger mit dem Durst vermählen; eine mönchische Einsamkeit ist jedoch der Jugend unzuträglich. Diese Gründe geben die Erklärung, warum das Provinzleben so vornehmlich auf der Ehe begründet ist. Daher müssen glühende, heftig begehrende Naturen, die gezwungen sind, sich aus ihrer Notlage eine Unabhängigkeit zu schaffen, aus jenen kalten Regionen fliehen, wo das Geistesleben von einer brutalen Gleichgültigkeit verfolgt wird, wo keine Frau das Los eines Mannes der Wissenschaft oder eines Künstlers teilen möchte oder könnte. Wer vermag die Leidenschaft, die Athanase für Mademoiselle Cormon hegte, zu begreifen? Weder die Reichen, diese Sultane der Gesellschaft, die ihre Harems dort finden, noch die Spießbürger, welche auf der ausgetretenen Landstraße der Vorurteile einhertrotten, noch die Frauen, die der Leidenschaft der Künstler verständnislos gegenüberstehen und ihnen als Erwiderung ihre Tugenden entgegenhalten, weil sie glauben, dass die beiden Geschlechter von denselben Gesetzen regiert werden. Hier muss man sich wohl an die jungen Menschen wenden, die in der Zeit, wo alle ihre Kräfte sich spannen, unter ihren ersten unterdrückten Begierden leiden; an die an ihrem Genie krankenden Künstler, die in der Umklammerung der Not ersticken; an die mit Talenten Begabten, die oft jeden Halts und aller Freunde entbehren und über die doppelte Pein des Leibes und der Seele, welche gleiche Schmerzen verursachen, schließlich doch Sieger geblieben sind. Alle diese kennen die nagenden Schmerzen, die Athanase verzehrten; sie alle haben angesichts der großen Ziele, zu denen ihnen die Wege abgeschnitten waren, lange, ratlose Erwägungen in ihrem Hirn hin und her gewälzt; sie alle haben das Verdorren der Hoffnungskeime erfahren, wenn der Same des schaffenden Genies auf dürren Sand fällt. Sie wissen, dass die Kraft der Begierden im Verhältnis zu der Größe der Phantasie steht. Je höher sie sich aufschwingen, desto tiefer fallen sie; und wie viele Bande reißen nicht bei solchem Sturz! Ihr glühendes Auge hat wie Athanase eine Zukunft voll Glanz erblickt, die sie erwartete und von der sie sich nur durch einen dünnen Flor getrennt glaubten; diesen Flor, der ihre Blicke nicht aufhielt, hat die Gesellschaft in eine Mauer aus Erz verwandelt. Von einer Berufung, von der Liebe zur Kunst getrieben, haben sie wohl auch manchmal versucht, sich Gefühle, die die Gesellschaft fortwährend materiell ausnützt, zweckdienlich zu machen. Was! In der Provinz werden die Heiraten ganz und gar zu dem Zweck geschlossen, sich ein behagliches Dasein zu schaffen, und einem armen Künstler, einem Mann der Wissenschaft sollte es verboten sein, der Ehe eine doppelte Bestimmung zu geben, sie als Mittel zu gebrauchen, sich durch eine sichere Existenz die Möglichkeit der Gedankenarbeit zu schaffen? Von solchen Ideen bewegt, betrachtete Athanase Granson anfangs die Heirat mit Mademoiselle Cormon von dem Gesichtspunkt, dass er dadurch in den Stand gesetzt würde, seinem Leben eine bestimmte abschließende Richtung zu geben; er würde den Weg des Ruhms einschlagen, seine Mutter glücklich machen können, und er hielt sich für fähig, Mademoiselle Cormon treulich zu lieben. Bald schuf sich sein eigener Wille, ohne dass er dessen gewahr wurde, eine echte Leidenschaft: er beschäftigte sich eingehend mit dem alten Mädchen, und schließlich, durch den Zauber, den die Gewohnheit webt, kam er dazu, nur noch das Schöne in ihr zu sehen und ihre Fehler zu vergessen. Bei einem jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren haben die Sinne einen so großen Teil an der Liebe! Ihre Glut erzeugt eine Art Prisma zwischen seinen Augen und der Frau. In dieser Hinsicht ist die Umarmung, in der sich Cherubin auf der Bühne Marcellines bemächtigt, ein genialer Zug bei Beaumarchais. Aber wenn man bedenkt, dass in der tiefen Einsamkeit, in welche die Not Athanase versenkte, Mademoiselle Cormon das einzige Wesen war, das seine Blicke anhaltend auf sich zog, und dass sie vom vollen Tageslicht beschienen war, wird man da nicht diese Liebe begreiflich finden? Das so sorgfältig verborgene Gefühl wuchs von Tag zu Tag. Die Wünsche, die Leiden, die Hoffnung, die Überlegung ließen den See, der sich in Athanases Seele ausbreitete und den jede Stunde um einen Tropfen Wassers vermehrte, still und allmählich anschwellen. Je mehr der innere Kreis, den die durch die Sinne gesteigerte Phantasie beschrieb, sich erweiterte, desto unnahbarer wurde Mademoiselle Cormon, desto mehr nahm die Schüchternheit Athanases zu. Die Mutter hatte alles erraten. Als echte Frau der Provinz berechnete sie naiv im Innern alle Vorteile dieser Sache. Sie sagte sich, dass sich Mademoiselle Cormon sehr glücklich schätzen müsste, einen hochbegabten jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren, der der Familie und dem Lande Ehre machen würde, zum Gatten zu bekommen; aber die Hindernisse, die die Armut von Athanase und das Alter Mademoiselle Cormons in den Weg legten, schienen ihr unübersteigbar: sie wusste kein anderes Mittel, sie zu überwinden, als die Geduld. Wie Du Bousquier, wie der Chevalier de Valois, hatte wie ihre Politik, sie lauerte den Umständen auf, sie wartete mit der ganzen Schlauheit, die der mütterliche Eigennutz verleiht, auf den günstigen Moment. Dem Chevalier de Valois misstraute Madame Granson keineswegs, aber sie war der Meinung, dass Du Bousquier, obwohl er einen Korb bekommen hatte, noch Ansprüche gehend machte. Madame Granson war die geheime und sehr gewandte Feindin des alten Lieferanten und fügte ihm erhebliches Übel zu, um ihrem Sohn, dem sie übrigens noch nichts von ihren heimlichen Umtrieben gesagt hatte, zu nützen. Wer begriffe jetzt nicht, welche Bedeutung die Lüge Suzannes, wenn sie sie erst einmal Madame Granson anvertraut hatte, erlangen musste! Welche Waffe in den Händen der Wohltätigkeitsdame, der Schatzmeisterin des Mütterfürsorgevereins! Wie sie die Neuigkeit leise herumtragen und mitleidig frömmlerisch für die keusche Suzanne Almosen sammeln würde!

Die alte Jungfer

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