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ОглавлениеIn jedem dieser drei Gesichtspunkte hat Origenes Etwas, was ihn vor seinen sowohl Vorgängern als Nachfolgern auszeichnet, und das wir noch besonders im Verhältniß zu seinem nächsten Vorgänger Clemens hervorheben wollen.
1. Festgehalten wird von Beiden die Vorstellung des Einen Gottes in der Idee der unendlichen Schöpferkraft, mit Unterordnung aller andern Eigenschaften und persönlichen Gestaltungen der Gottheit; daher Clemens fast immer Gott „παντοκρατωρ„ nennt. Dieß geschieht im Gegensatz gegen den Polytheismus im Allgemeinen; gegen die Vorstellungen der philosophischen Secten von der Gottheit; besonders aber gegen die Häretiker, die den Weltschöpfer des Moses (δημιουργος) von dem höchsten, allmächtigen Gott trennen: (ουδε τον θεον λεγουσι παντοκρατορα, Ep. Cor. ad Paulum Rößler Bibl. d. K. V. IV. S. 357.). Was aber Clemens über den Logos, den Sohn, in der Hauptstelle Strom. VII, 2. sagt, das sind ideologische Floskeln, die ebensowenig einen klaren Begriff geben, als sonst wo, so oft auch der Buntweber von seinem Logos redet, ein Begriff zu Stande kommt. Die universelle Richtung des Origenes geht vorzüglich von der Idee der absoluten Geistigkeit Gottes aus: und hierin hatte er eine große Parthei unter den Orthodoxen zu bekämpfen, die Massiv- gläubigen (s. die Anm. zu I, 1.). In dieser Idee begreift Origenes auch das Grundwesen des Logos; Vernunft ist nichts anderes, denn Offenbarung des Geistes: also der Logos ist die Vernunft, der Ausdruck, das Wort des absoluten Geistes, wie hinwiederum, das Urbild, die ideale Einheit alles Vernünftigen (I, 3. 6.), insofern Alles λογικον nur ist als μετεχον του λογου (θειου). Daher Methodius in ev. Joann. aus Origenes die Erklärung von λογος gibt: μετα την αναρχον αρχην τον πατερα αρχη αυτος των αλλων γινεται. Eine τριας im Sinne der spätern Homousie ist dem Origenes gänzlich unbekannt, so wie dieser Terminus selbst. Ja auch, das Wort τριας (αγια) kommt weder c. Celsum, noch in Joann. vor; und in Jerem. hom. XVIII, 9. deutet Origenes allegorisch auf die Dreigestalt der Gottheit ohne das Wort τριας zu gebrauchen. Nur in Matth. XV, 31. ist beziehungsweise von αρχικη τριας die Rede, und in der Glosse zu Ps. 144, 3., welche Grabe aus einer Catena eines Cod. angl. aushebt, heißt es: παντων μεν των γεγονοτων η θεωρια πεπερασθαι, μονη δε η γνωσις της αγιας τριαδος εστιν απεφαντος. Hier ist die Authentie zweifelhaft; einige solche Sätze in den Catenen gehören dem Didymus an, oder der Sammler der Catene kann den Ausdruck der Kürze wegen oder in anderer Absicht substituirt haben. Derselbe Fall ist bei der Stelle in Basil. περι πν. α. aus Origenes in Joh. VI., wo sie sich nicht findet: τῃ θεοτητι της προσκυνητης τριαδος. Schon das Beiwort ist verdächtig. Vielmehr scheint der Ausdruck τριας von der Trinität zuerst von Theophilus von Antiochia (Apol. ad Antol. II, §. 22.) gebraucht worden zu seyn. Immerhin ist der Ausdruck bei Origenes höchstselten.
Der Sohn ist durchaus abhängig vom Vater die Manifestation der absoluten Geistigkeit, und so die ewige Zeugung: der heilige Geist wieder eine Entfaltung der absoluten Heiligkeit; daher immer die successive Unterordnung bei Origenes „Vater, Sohn, heiliger Geist.“ Nur die Bezeichnung dieser dritten Hypostase mit dem allgemeinen Namen πνευμα hinderte ihn, den Begriff in seiner ganzen Schärfe darzustellen. Damit hängt denn die in der ascetischen Schrift περι ευχης ausgesprochene Ansicht von bloßer Anrufung des Vaters zusammen, weil ihm in der Andacht die ganze Fülle der Gottheit urwesentlich nahe zu seyn, und die Anbetung des Herausgetretenen, menschgewordenen Sohnes vielleicht zu anthropomorphistisch schien. Auch der Begriff der Schöpfung ist unter dem angegebenen Princip schärfer gefaßt. Εξ ουκ οντων im Gegensatz zu dem μη ον welches Nichtseyn (die παλαια αταξια des Clem. str. VI, 16.) immerhin ein Chaos, die äußere Bedingung des Seyns wäre, ist dem Origenes bloße Bestimmung des Anfangs der Zeit, (worüber eine ziemlich spitzfindige Erklärung Comment. in Joh. II, 7. 8.). Der Grund aber und die Macht der Schöpfung ist die Vernunft Gottes (λογος). 2. In der Lehre von der Weltordnung und den Weltzwecken stimmen sie nur insofern überein, als beide in dem Weltablauf einen Erziehungsplan, einen Läuterungsprozeß der Geister, zum Zwecke der Vergeistigung erkennen. Origenes gieng hierin um Vieles weiter als der ängstliche, geheimthuende, ohne Zweifel sich selbst unklare Clemens (strom. VII, 2. τα δ’αλλα σιγω, δοξαζων τον κυριον und I, 2. α λεγειν εφυλαξαμην). Er adoptirt hierin unbedingt den platonischen Idealismus. Es gibt eine erste und zweite Schöpfung, die geistige und die materielle; welche letztere nur durch die erstere nothwendig gemacht wurde. Alle Körper sind von gefallenen Geistern bewohnt, auch die Gestirne sind belebt. Die Körper bilden eine Stufenreihe von Reinigungsorten: die feinsten und glänzendsten sind die höchste, die groben und finstern die niedrigste Stufe. Diese Einrichtung und Mannigfaltigkeit der physischen Welt ist nach den Willensrichtungen der ersten Schöpfung der Geister, die gefallen oder erkaltet sind, der Psychen (ψυχη von ψυχος). Da aber alle Geister durch ihre Freiheit mehr oder weniger von Gott abgekommen sind, so ist im jetzigen Weltzustand ψυχη auch der Inbegriff der geistigen Schöpfung, IV, 2, 16.
Jede Welt enthalt immer die Keime einer neuen: zu gewissen Zeitfristen kann auch alles Daseyn vernichtet werden, und die Schöpfung beginnt von neuem, εξ ουκ οντων. Die Reihe der Welten ist daher unendlich, weil immer wieder Geister abfallen, die eine materielle Welt zu ihrer Reinigung nöthig machen. Das Ziel der Welten, die reine Geistigkeit auch der geschaffenen Wesen, oder die Rückkehr in ihren Ursprung (αποκαταστασις των ολων) steht in unendlicher Ferne. Demnach ist der ewig zeugende, im Sohne, auch der ewig schaffende Gott, in der Welt. Doch ist die erste Schöpfung endlich, der Zahl nach bestimmt, weil eine unendliche Geisterwelt auch der unendliche Geist (Gott) nicht umfassen könnte. Die Erlösung ist allgemein (universal), und geschieht an den Menschen durch die Vermittlung der Seele, mit der der Logos schon in der ersten Schöpfung (προϋπαρξια) sich verbunden (Christus); daher die Christologie bei Origenes in die Kosmologie fällt. Dieß sind die Hauptsätze des zweiten Buchs. Auffallend ist hier, wie ihn das System in der Christologie zu so ganz scholastischen Wendungen nöthigt, und ich möchte behaupten, daß in seiner Darstellung die ganze scholastische Begriffsbestimmung des Deushomo, der communio naturarum bereits in ihren Elementen vorgebildet liege.
3. Der dritte Punkt ist derjenige, über welchen Clemens, ungeachtet seiner praktischen und pädagogischen Tendenz, am wenigsten eine klare, konsequente Ansicht hat. Zwar geht er von dem freien Willen des Menschen aus; nimmt aber, der allegorischen Auslegung der Genesis ganz vergessend, (Str. III, 16.) eine Erbsünde und (11, 19.) den Tod als Folge der ersten Sünde an; und behauptet endlich mit stoischem Ernste, daß der wahre γνωεικος völlig heilig und rein sey, und keinem Uebel unterworfen. (VII, 11—13.) Ganz anders Origenes. Er findet die einzig mögliche Theodice in der Annahme einer, diesem Daseyn vorangegangenen Schuld des Einzelnen, welche Jedem in dem jetzigen Daseyn seine Stelle anweist. Neben dieser Schuld des Einzelnen behauptet er den unverwüstlichen Besitz der Freiheit des Willens, welche zugleich die Ursache aller Veränderungen der Geister- und Körperwelt und der Haupthebel ist, den gefallenen Geist (Menschen, Dämonen, oder thierische Seele) zu seiner Würde zurückzubringen. Die Heiligung ist die Unterstützung dieser Rückkehr durch Christus und durch die Mittel der Gnade (das πνευμα αγιον), welche jedoch dem freien Willen nie vorgreift. Geistige und physische Uebel (Verstockung. z. B. und leibliche Drangsal) sind Besserungsmittel nach dem Plane der göttlichen Erziehung. Es gibt überall keine göttliche Strafe. Wer durch alle Reinigungsstrafen hindurch an keine Rückkehr denkt, der trägt die ewigen Strafen in seinem Gewissen. Doch ist der Funken des Göttlichen, die sittliche Freiheit, in dem verderblichsten Wesen noch mächtig genug, daß alle zur Rückkehr in Gott gelangen und selbst der Teufel selig wird (III, 6, 5. 6.).