Die Wut wächst

Die Wut wächst
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Die Globalisierung schafft einen Wohlstand, der die Reichen reicher und die Armen ärmer macht, statt dem Wohle der ganzen Welt zu dienen. Oskar Lafontaine kritisiert die deutsche und die internationale Politik, die diese Tendenzen noch verstärkt anstatt ihnen entgegenzuwirken. Faktenreich und leidenschaftlich attackiert er Unternehmen, die den höchsten Renditen hinterherjagen, ohne sich um die Umwelt und die Menschen zu kümmern; die Finanzmärkte, die Billionen um den Erdball schleudern, sowie IWF, WHO und Weltbank, die alle auf die Menschen in der Dritten Welt wenig Rücksicht nehmen; außerdem die USA, die immer skrupelloser ihre militärische und ökonomische Vormachtstellung zur Durchsetzung eigener Interessen nutzen.
Die Entwicklungen, vor denen er warnt ‒ Entfesselung der Finanzmärkte, Privatisierungswahn, Militarisierung der deutschen Politik, neue Kriege und wachsende Verarmung als Ursache von Terrorismus und Flucht, sowie das Erstarken rechtspopulistischer Parteien ‒ sind mittlerweile Realität. Im Vorwort zur jetzt erscheinenden Neuausgabe seines zum Bestseller gewordenen politischen Manifestes schreibt Oskar Lafontaine daher zu Recht: «Der Titel des im Jahre 2002 geschriebenen Buches 'Die Wut wächst – Politik braucht Prinzipien' war rückblickend nicht falsch gewählt.»
Das Gesetz des Marktes und das Recht des Stärkeren, so Lafontaine, können nicht die Maxime für unsere Zukunft sein ‒ wir brauchen eine Politik für eine gerechtere Welt.

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Oskar Lafontaine. Die Wut wächst

Die Wut wächst

Vorwort zur Neuauflage

Links und rechts – ohne Standpunkt geht es nicht

Die Aufgaben der Weltinnenpolitik

Anschlag auf Amerika

Die Schwurfinger des Geldes

Keine eigenen Toten

Apocalypse Now – ABC-Waffen bedrohen die Menschheit

Den Irak im Visier

Die UNO ist die Weltpolizei

Die Zukunft der Nato

Der Terrorismus fordert uns heraus

Der Afghanistankrieg

Waffenexporte – Aufrüstung der Feinde

Morde, für die kein Gericht zuständig ist

Internationaler Strafgerichtshof

Kampf der Kulturen

Säkularisierung – Grundlage moderner Staaten

Große oder kleine Nationen?

Deutschlands Rolle in der Welt

Wir sind wieder dabei

Das große Spiel um Gas und Öl

Die Tränen des Teufels

Die reichen Länder müssen teilen

Wir brauchen eine Weltwirtschaftspolitik

Eine Tobin-Steuer gegen die Spekulanten

Internationaler Währungsfonds im Dienst der Finanzhaie

Unabhängige Zentralbank: Staat im Staat

Ausbeutung der Dritten Welt – Freihandel heute

Attac – Gegner des fatalen Neoliberalismus

Das Kapital ist ein scheues Reh

Die neuen Sparapostel

Umverteilung von unten nach oben

Der Privatisierungswahn

Der Sozialstaat muss von allen finanziert werden

Der Mensch ist keine Ware

Lohnzurückhaltung ist Betrug

Alles für uns

Eine andere Welt ist möglich

Personenregister

Отрывок из книги

Oskar Lafontaine

Politik braucht Prinzipien

.....

Der Mensch lebt nicht nur vom Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt, lesen wir in der Bibel. Wer ist der Gott unserer Zeit und welche Wörter bietet er uns zur geistigen Nahrung an? Die Sprache formt die Gedanken, weil wir in vorgegebenen, uns vertrauten Begriffen zu denken gelernt haben. »Die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unserer Welt«, schrieb der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Immer neue Wörter entstehen und prägen das Denken auch in den sozialen und politischen Auseinandersetzungen. Wenn die Linke nicht wachsam ist, hat sie schon verloren, einzig weil sie in der Sprache der Herrschenden denkt. Das ist eine entscheidende, bisher zu wenig beachtete Ursache für das Versagen der Linken in der Politik. Die tägliche Gehirnwäsche wird gar nicht bemerkt. Greifen wir mitten hinein. »Lohnzurückhaltung«, das Unwort der verteilungspolitischen Auseinandersetzung der letzten Jahre, ist keine Wortschöpfung der Arbeitnehmer. Der Begriff ist heute in aller Munde und wird in vielen tausend Wirtschaftskommentaren heruntergebetet. Warum gibt es das Wort »Gewinnzurückhaltung« nicht? Wenn sie einen Arbeitnehmer auf die Straße setzen, dann sprechen sie von »Freisetzung«. Ich habe oft vernommen, wie Gewerkschaftsfunktionäre dieses Wort gedankenlos nachplappern. Es klingt dann so, als entließe man den betroffenen Arbeitnehmer in die Freiheit. Deregulierung und Flexibilisierung? Es hieß doch immer, der Mensch braucht Regeln und einen festen Grund, um sein Leben zu gestalten.Wenn die Begriffe in der deutschen Sprache zu eindeutig sind, flüchtet man in Fremdwörter. Deregulierung und Flexibilisierung hört sich besser an, als keine Gesetze und keine geregelten Arbeitszeiten. »Du Protektionist« ist für die Neoliberalen aller Länder ein Schimpfwort. Die deutsche Übersetzung, du willst Schutzrechte für Menschen und Kulturen, klingt nicht wie ein Vorwurf, sondern wie ein Kompliment. Noch ausgeprägter ist das Unterfangen, die militärischen Intentionen mit Hilfe von Fremdwörtern zu verschleiern: »Intervention«, »Militäraktion« oder »Schlag gegen Serbien und den Irak« hört sich humaner an als »wir bringen Serben und Iraker um.« Der Mensch muss aus der Sprache des Militärs verschwinden. Unschuldige Kinder, Frauen und Männer, die Opfer der Bomben werden, nennt die Kriegspropaganda »Kollateralschäden«. Die Wörter dienen oft nicht nur zur Verschleierung der Gedanken, sondern zur Verzerrung der Wirklichkeit. Für die politischen Fehlentwicklungen der letzten Jahre war es entscheidend, dass die Linke sich ihren Reformbegriff klauen ließ. Unter Reform verstand man lange Jahre die Besserstellung des Volkes. Heute heißt Reform Abbau des Sozialstaates, Beseitigung von Arbeitnehmerrechten und Umverteilung von unten nach oben. Rentenreform, Steuerreform, Arbeitsmarktreform und Gesundheitsreform – das klingt so verführerisch, aber mittlerweile wissen die Menschen, dass sie bei solchen Ankündigungen den Geldbeutel zuhalten müssen.

Neben dem zentralen Anliegen der sozialen Gerechtigkeit ging es der Linken immer um die Demokratisierung der Macht und die Veränderung von Herrschaftsstrukturen.Als sie noch echten Kaisern und Königen gegenübertrat, brauchte das nicht erläutert zu werden. Aber längst gibt es neue Kaiser. Sie beherrschen die großen Finanzhäuser und multinationalen Konzerne, die in der Welt eine wichtigere Rolle spielen als viele Staaten. Vor diesen neuen Kaisern, die oft nackt sind und ohne Kleider dastehen, verharren die Mächtigen der Politik in unterwürfiger Demut.Manchmal stehen sie auch auf ihrer Spendenliste oder auf ihrer Gehaltsliste.Die Demokratisierung der Unternehmen und die Schutzrechte der Arbeitnehmer bleiben zentrale Anliegen der Linken, auch wenn der Zeitgeist dem entgegensteht. Mitbestimmung, Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung drücken nach Meinung der neoliberalen Glaubensgemeinde den Aktienkurs und halten angelsächsische Unternehmer davon ab, in Deutschland zu investieren.

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