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Kapitel 1

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Die Sommersonne in Sallyview Springs war zu dieser Mittagsstunde unerträglich und ebenso heiß genug, um ein Spiegelei direkt auf dem Bürgersteig zu braten. Es wehte an diesem Tag keine einzige kühle Brise, und auch war die stickige Sommerluft derart warm, dass es einen beinahe irrewerden ließ. Es ließ einem annähernd vermuten, dass die Kriminalitätsrate in dieser Stadt aufgrund der Hitze ansteigen würde, denn die Menschen verhielten sich bei derart heißen Temperaturen meist zunehmend ungeduldig bis hin zu aggressiv. Man konnte als Fußgänger im Straßenverkehr beobachten, wie sich die Menschen schwitzend und hupend anschrien. Meist aufgrund eines Staus im Feierabendverkehr.

Mein Partner und bester Freund Jamal saß bei der Sommerhitze in der Fensterbank am geschlossenen Fenster. Dieses ließen wir bewusst geschlossen, denn uns kam die Luft drinnen kühler vor, als es dort draußen der Fall war. Während er nun dort in der Fensterbank saß, hatte er im Duett mit dem Radio gesungen, während wir gemeinsam auf etwas Besonderes warteten. Es war eine schöne Eigenschaft meines besten Freundes, denn er hatte stets zu singen angefangen, wenn für eine Weile nichts gesagt worden war.

Ich saß derweil in meinem ledernen Bürostuhl mit meinem Laptop am Schreibtisch, während meine Hände sich verzweifelt darin versucht hatten, ruhig zu bleiben. Jamal wanderte nun stattdessen wie ein Tiger im Raum umher. Derzeit ruhig zu bleiben war besonders schwierig für uns beide, denn wir wollten unbedingt etwas zu tun haben. Meinen Füßen auf dem Schreibtisch nach und Jamals Auf-und-ab-Wandern im Raum hätte man behaupten können, dass wir uns zu Tode langweilten. Die Langeweile nagte förmlich wie eine kleine Ratte an unserer Geduld.

Unsere kleine Agentur war seit Langem nicht mehr in einem Fall konsultiert worden, und nun begannen wir uns ernsthaft zu fragen, ob dieses Ermittlerleben wirklich was für uns war. Wir hofften inständig, dass unser gemeinsamer Traum eines Detektivlebens nicht ausgeträumt war, und beteten deshalb darum, dass uns bald ein Fall zugeteilt wurde.

Jamals Magen demonstrierte vor Hunger laut über die Musik hinweg, sodass ich es vom Bürostuhl aus hören konnte. Mein verträumtes Bewusstsein kehrte sofort aus seinen tiefen Gedanken zurück.

„Hey, Kumpel, ich verhungere gleich“, erklärte Jamal jammernd und befeuchtete dabei seine Lippen, bevor er daraufhin zum Telefon auf seinem Schreibtisch griff. „Hast du auch Hunger?“

„Einen Riesenhunger“, erwiderte ich aufgeregt und richtete mich neugierig auf, um herauszufinden, was genau er mit dem Telefon vorhatte.

„Mir ist nach Pizza. Wie steht es bei dir?“, erkundigte er sich und spielte mit seinen Fingern bereits an der Tastatur des Telefons.

„Auf jeden Fall!“, erwiderte ich ihm erneut zustimmend und stellte dabei fest, dass eine warme Pizza an einem heißen Sommertag nicht völlig absurd klang, sondern mir es geradezu egal war. Die Hauptsache war, dass wir Hunger hatten und nun etwas essen wollten.

„Ich möchte eine große … nein, eine extra große mit Peperoni drauf.“

„Peperoni soll es sein“, bestätigte er und hielt seine Finger auf der Telefontaste gedrückt.

„Brenda, könnte ich bitte eine extra große Pizza ins Büro bekommen“, sagte er zu der Rezeptionistin.

„Mit extra Käse!“, rief ich dazwischen.

„Mit extra Käse“, wiederholte Jamal meinen Zwischenruf.

„Bei genauerer Überlegung möchte ich auf mein Gewicht achten. Lass uns Pilze dazubestellen!“, erwähnte ich scherzhaft gemeint und sprang nun super-hyperaktiv in meinem Ledersitz herum.

„Eigentlich, Brenda, könnten wir zusätzlich …“

Er wollte Brenda, der Rezeptionistin, noch meinen Wunsch nach Pilzen am Telefon mitteilen, als die einzige Tür zum Büro plötzlich aufschlug und zwei stämmige Sicherheitsbeamte durch die enge Öffnung hereintraten.

Zwischen den beiden Kerlen in einem grünen Dreiteiler-Anzug befand sich Rezeptionistin Brenda, während sie mit ihren langen, gepflegten Fingernägeln auf uns beide verwies.

„Da sind sie!“, rief Brenda mit ihren ausdrucksstarken Augenbrauen in einer Mischung aus Wut und Frustration zugleich.

„Verdammt“, murmelte ich, als ich erkannt hatte, wer die beiden vom Wachdienst waren – und vor allem, wie groß sie zudem wirkten. Die beiden Herren waren uns vermutlich durch ein anderes Ermittlungsbüro auf den Hals gehetzt worden, da wir ihnen Wochen zuvor einen Fall vor der Nase weggeschnappt hatten. Nun störten sie sich daran, dass zwei junge Typen wie wir uns in ihrem Territorium umgesehen und Klienten abgeworben hatten.

Es beschlich mich das Gefühl, dass wir unsere Pizza heute nicht mehr bekommen würden. Dabei hatten wir einen großen Appetit darauf.

Heimlich hob ich meine Beine an meine Brust heran und trat dann mit aller Kraft, die ich nur aufbringen konnte, den Schreibtisch vor mir in die Richtung der beiden Wächter. Der Schreibtisch schob sich über den hölzernen Boden und hatte die beiden Männer zunächst an der Wand festgepinnt.

„Nicht übel, Derek!“, rief Jamal mir aufmunternd sowie begeistert zu und drehte sich dann zum Fenster hinter ihm. Die heiße Sommerluft trat herein, als er es öffnete. Er sah dabei hinunter auf den Boden, der sich schwindelige fünf Stockwerke weiter unten befand. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er zur Verwunderung der Anwesenden, außer mir selbst, aus dem Fenster sprang. Ich nahm daraufhin ohne weitere Überlegung einen kräftigen Anlauf, füllte mit meinem Körper das gesamte Fenster aus, ohne dabei die Fensterbank zu berühren, und sah mich nun selbst in Richtung der Gasse neben dem Hauptgebäude fallen.

Ich lachte hysterisch den ganzen Weg nach unten und musste nur noch mehr lachen, als, unten angekommen, mein Rücken auf den weichen Matratzen aufkam, welche Nachbarn zuvor am frühen Tag für den Sperrmüll dort abgelegt hatten. Diese waren vermutlich von den Anwohnern von ihren Balkonen aus zunächst auf ein Vordach geworfen worden, welches sich nur eine Etage tiefer befand. Jamal und ich wussten daher, dass wir auf die Art und Weise zumindest ein Stockwerk weit sicher auf ein Vordach fallen würden. Für die weiteren vier Stockwerke nach unten nahmen wir dann die Feuertreppe.

Ich schaute noch rechtzeitig hoch, um die vor Wut schäumenden Wachleute zu sehen, wie sie verdattert zu uns hinuntersahen, bevor sie dann schließlich aus dem Sichtfeld des Fensters verschwanden.

„Sie sind noch nicht mit uns fertig“, stellte ich wissend gegenüber Jamal fest, ohne einen Zweifel zu hegen, dass sie uns nun jagen würden.

Brenda erschien nun mit einem irritierten Gesichtsausdruck am Fenster.

„Kommt nie wieder hier vorbei, ihr Betrüger!“, schrie sie mit einer schrillen Stimme. „Ihr seid beide keine echten Detektive!“

Die arme Brenda war so gütig und hatte uns beiden Studierenden ihr Büro vermietet. Die Bedingung dafür war lediglich gewesen, dass sie als Rezeptionistin bleiben durfte. Jamal und ich vermuteten, weil sie eine Witwe war und eine Beschäftigung brauchte. Ein weiterer Grund für ihre Anwesenheit konnte jedoch auch sein, dass sie ihr Eigentum bewachen und beschützen wollte. Unser leidenschaftliches Hobby als Detektive wurde hauptsächlich durch meinen Vater finanziert, der ebenfalls im Bereich Strafrecht tätig war. Sein Traum war es, dass unser Traum sich erfüllen würde. Nun, vielmehr der Traum seines eigenen Sohnes als das meines farbigen Freundes Jamal, der in seinen Augen nichts als ein Herumtreiber war. Vermutlich war mein Vater einfach nur froh darüber, dass wir einer Beschäftigung nachgingen und dass ich einen treuen Freund wie Jamal hatte.

„Das sagt ja genau die Richtige!“, schrie Jamal mit einem großen spöttischen Lächeln auf seinem Gesicht die fünf Stockwerke zu Brenda hinauf.

Eine Katze kreischte laut im Hintergrund und unterbrach die schreiende Konversation mit Brenda. Der Klang von sich bewegendem Geröll war nun aus einer Ecke der Gasse zu hören. Meine Augen weiteten sich, als sich uns die beiden Wachmänner mit triumphierenden Blicken in ihren breiten Gesichtern näherten.

„Stopp, ihr Dreckskerle!“, riefen sie wie ein einziges Wesen.

„Warum, weil ich schwarz bin?“, erkundigte sich Jamal mit einem lauten spöttischen Lachen, bevor er davonrannte. Ich folgte ihm blitzschnell und überlegte, ob die Wachmänner einst Linebacker im Football-Team der Highschool waren, was aufgrund ihrer extremen Geschwindigkeit trotz der riesigen Körpergröße beinahe zu vermuten war.

Die Gasse war gepflastert mit Gegenständen und Geröll, welches wir unseren Verfolgern zum Stolpern vor die Füße geworfen hatten, doch nachdem sie sich leichtfüßig um einen Karton manövriert hatten, bemerkten wir, dass wir im Begriff waren, solange laufen zu müssen, bis dass die beiden endlich erschöpft und müde wurden. Zunächst mussten wir uns trennen, um beim Abhängen unserer Verfolger erfolgreich zu sein.

„Ich sehe dich später, Kumpel“, verabschiedete ich mich von Jamal, bevor ich einen seitlichen Sprung an die Graffitiwand neben mir machte. Meine Füße landeten an der Wand, woraufhin ich mich dann von dieser abstieß und mein Körper sich dann wie eine Schraube in der Luft drehte, damit ich die Leiter der Feuertreppe hinter mir ergreifen konnte. Die Leiter rutschte nach unten, als meine Hände auf ihr landeten, und obwohl ich jetzt in der Lage dazu war, die Treppe hinaufzulaufen, war es dennoch niedrig genug, sodass einer der Männer zu mir hinaufklettern konnte, um meine Verfolgung aufzunehmen.

Hektisch rannte ich die Treppenstufen einzeln hinauf, als ich mit Verblüffung sah, wie mein Verfolger sportlich die Stufen mit vier Schritten auf einmal bewältigte. Wir befanden uns nun auf dem Dach und rannten an Obdachlosen und ihren Rückständen vorbei. Der Wachmann vom Sicherheitsdienst, welcher mich verfolgt hatte, bekam endlich große Schweißflecken auf seinem Shirt. Er kämpfte darum, sich an mich zu heften, und keuchte laut genug, sodass ich es hören konnte, dass er allmählich außer Atem kam. Ich tanzte innerlich einen kleinen Siegestanz, wohl wissend, dass ich ihn bald abgehängt haben würde.

Ein großer Auslass eines Klimaanlagenaggregates blockierte meinen Fluchtweg, dennoch wollte ich nicht um diesen herumgehen, um diesem Kerl keine Chance zu geben, mich letztendlich doch noch einzuholen. Daher sprang ich stattdessen so hoch, wie ich nur konnte, und glitt über die stählerne Außenseite hinweg. Mein Verfolger, der außer Puste war, ging stattdessen um das Hindernis herum, genau so, wie ich es von ihm erwartet hatte. Daher wurde der Abstand zwischen uns größer. Ich blickte beim Laufen zurück, um ihn erspähen zu können, und hatte mich noch rechtzeitig vor dem umgedreht, was sich nun plötzlich vor mir befand. Es zwang mich dazu, auf meinen erreichten Vorsprung zu meinem Verfolger zu verzichten. Meine Füße standen regungslos an der Dachkante des Gebäudes, während sich in den Straßen unter mir ein großes Verkehrsaufkommen darbot.

„Hab ich dich endlich“, sagte der Wachdienst mit einem Ton der Vollendung.

„Davon träumen Sie nachts, nicht wahr?“, erwiderte ich ihm kess.

„Mach jetzt keine Dummheiten“, erklärte er und zog einen Taser aus seiner Tasche hervor. „Brenda hatte uns mitgeteilt, dass wir diesen Apparat nutzen könnten, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen.“

„Nun, das ändert die Dinge erheblich“, entgegnete ich und war über das Verhalten von Brenda enttäuscht. Vermutlich hatte sie versucht, uns aus ihrem Büro zu entfernen, weil sie bereits zuvor geahnt hatte, dass wir in Wirklichkeit keine echten Detektive waren. Dennoch versuchte ich, mutig zu wirken, als ich auf die Straße hinabblickte. Meine Augen erspähten eine weitere Gelegenheit zur Flucht, und mein Verhalten wechselte daraufhin in ein übermütiges Vertrauen.

„Wissen Sie was?“, fragte ich, während ich meine Hände in die Luft nahm. „Sie haben gewonnen.“

„Du wirst nun ganz ruhig hierherkommen?“, erkundigte er sich mit einem Hauch von Zweifel in der Stimme.

„Ich bin doch auf dem direkten Weg zu Ihnen, nicht wahr?“, erklärte ich ihm, als ich mit vorsichtigen Schritten seiner sperrigen Silhouette näher kam.

„Versuche keine Dummheiten …“, hatte er kaum den Satz beendet, als ich mich von ihm wegdrehte und mit einem Hechtsprung vom Dachrand gestürzt hatte. Ich flog durch die Luft mit einer Brise um mein verschwitztes Gesicht. Der Wind blies mir um die Ohren, kurz bevor meine Füße die Dachpappe zum Vordach eines niedrigeren Gebäudes berührten. Diese Stadt war in der Tat gepflastert von aneinander stehenden Hochhausgebäuden. Danach klammerte ich mich mit meinen Beinen an einer Straßenlaterne fest und ließ ich mich eine weitere Etage hinabsinken, um danach wie durch Glück und wie extra dafür bestellt auf der Rückseite eines Tiefladers einzuschwenken. Selbstverständlich gab es staunende Passanten und welche, die schimpften, dennoch war diese Stadt voll mit Verrückten. Zudem kam ich mir beinahe vor wie Spiderman, der sich mühelos zwischen die hohen Gebäude einer Großstadt hechten konnte.

Oben auf dem Dach bildeten die Finger des Wachmannes eine unfreundliche Geste, die mich derart zum Lachen brachte, dass mein Bauch wehtat.

Spurlos in Sallyview

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