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II

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In diesem Sommer zog Roman Maria in die Gasse ein und nahm fast gegenüber dem Hause seine Wohnung. Roman Maria war ein Student. Ein harter und wilder Mensch, blass und verwüstet im Gesichte. Der die Dirnen schlug und mit Füssen trat, wenn er betrunken war vom Weine. Von dem die Leute nicht wussten, woher er sein Geld nahm und wie er lebte. Und der eine sehr alte und sonderbare Geige besass.

Am Abend war er in den Schänken und trank. Aber es kam vor, dass Roman Maria ganze Wochen zu Hause blieb. Dann lag er auf dem grünen, verschossenen Kanapee und starrte. Oder er schnitt seltsame und fremde Silhouetten aus Papier. Schwarze und arge Gesichter, die alle ein sehr böses Lachen um ihren Mund hatten. An solchen Tagen nahm er auch oft seine Geige. Und dann spielte er stundenlang. Wie verloren war er dann aus dem Leben. Er spielte alles was in ihm war und was er liebte und suchen gieng. Die wilden und geheimen Abenteuer der Stadt. Die heisern Lieder der Chansonetten und ihren geschminkten Mund. Ihre Geberden, die alles hinwarfen unter die Leute wie einen heissen Traum, den man von sich schüttelt. Die trotzig waren und resignirt und buhlerisch. Und das Lachen der Frauen in den Schänken spielte er, wenn sie auf seinen Knien sassen und der Rauch der Cigaretten ihre Augen verschleierte. Seine Sehnsucht nach der Schmerzen der andern und den grossen verschwiegenen Tragödien seiner Stadt. Wenn Roman Maria Geige spielte, dann konnte er Thüren und Fenster schliessen, man hörte ihn doch auf der Strasse. Seine Lieder drangen durch die Mauern der alten Häuser und wenn er seine einsame Woche hatte, dann hörte man sein Spiel bis im letzten Hause der dunklen Gasse. Ganz leise klang die Geige und traurig, aber deutlich und wild und trotzig dabei und unsagbar krank.

Auch die sieben Frauen im Hause gegenüber hörten nun Roman Maria oft seine Geige spielen. Und sie kannten ihn schon und warteten jeden Tag, bis er beginnen würde. Dann ward es ganz still in dem rothen Zimmer. Veronika schlug die Hände vor ihr Gesicht und blieb dann unbeweglich und rührte sich nicht. Und da kam dann von der Gasse und wie aus der Feme, tief, tief aus der Stadt, die Geige Roman Marias und drang durch die Scheiben mit der alten Legende und drang durch den Plüschvorhang beim Fenster. Und dann erzählte die Geige alle die Dinge wieder, die draussen im Leben geschahn. Und tolle Märchen wusste sie, heisse und schwermüthige von der Liebe der andern Menschen. Dann wurde sie dunkel und schwer wie der Abend. Sie sprach von den Strassen und den langen Tagen der Städte. Und von den Nächten, wenn die Lampen brannten und die Frauen rothe Seide am Leibe hatten und geschminkte Lippen. Wenn im Schaumwein die alten Geschichten des Lebens waren, toll und grotesk und wie ein Theaterstück. Seltsame Geschichten, wie Silhouetten der Wirklichkeit, aber mit einem Lachen um den Mund. Und wenn man dann mit ihnen sprach, von den Lampen verrauschter Nächte, vom Fasching des Lebens und du und du zu ihnen sagte – – – –

Das wusste die Geige. Und wenn sie das alles gesagt hatte, dann sahen die sieben Frauen sich an. Und sie dachten dann an den Abend, der kommen würde und jedesmal zu ihnen kam. Wo die Cigaretten die Augen verschleierten und im Schaumwein die alten Geschichten des Lebens waren. Des Lebens, das sie nicht wollten und das nicht herein konnte in das rothe Zimmer. Und das nur die Veronika manchmal tappen und tasten hörte und auf den Stiegen gehn.

Und einmal fragte eine, wem die Geige wohl gehören möge. Da sagte die Veronika zu ihr:

Ja weisst du denn nicht, dass Roman Maria in unsere Gasse gekommen ist und da wohnt?

Da staunten alle: Roman Maria? – Ja, Roman Maria, der Student. Habt ihr denn seine Geige nicht verstanden? Sie hat uns doch seinen Namen gesagt und sein Herz genannt. Es ist noch jung, aber schon sehr herbe geworden. Aber seine Geige spielt schön. –

Die Thüren des Lebens

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