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1. AKT

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BRUDERSCHAFT

Ein Drama in 3 Akten

Als Theaterstück Dauer: ca. 100 Minuten.

Die aus dem Tempel von Jerusalem vertriebenen Geldwechsler sammeln 30 Silberlinge für die Ergreifung des Nazoräers, während vermutet wird, dass er vor der Stadt ein stehendes Heer hat.

Es spielen:

SARAH – 26, Frau von Geldwechsler Daniel

SAMUEL – 27, Taubenhändler, liebt Sarah

ISAAK – 44, Vertreter der Devotionalenhändler, älter

NOAH – 45, Vorsteher der Geldwechsler, Vater von Simon und Thomas

SEIN DIENER

SIMON – 25, Sohn von Noah, Verbindungsmann

THOMAS – 23, Bruder von Simon, will Rache

RUTH – 35, Witwe, Dienerin von Sarah

JUDITH – 40, Beste Freundin von Ruth

Da sie damals mit ca. 12-13 erwachsen waren, geheiratet haben, und sogleich Kinder gekriegt haben und hart arbeiten mussten, können auch ältere Schauspieler eingesetzt werden. Vom Alter her sind also großzügig einige Jahre zum Aussehen dazuzugeben. (Noch im Mittelalter war ein Mensch mit 30 oft schon stark abgearbeitet.)

Anmerkung:

Dieser Text entstand als eine Art freie Interpretation mit Aussagen insbesondere für die heutige Zeit. Hohe Achtung vor dem jüdischen Volk sind mir als Nürnberger (Stadt der Reichsparteitage, Kriegsverbrechertribunal) sehr wichtig. Die hier dargestellten Grausamkeiten dürfen daher nicht als antisemitische Äußerungen aufgefasst werden.

1. AUFZUG

Sarahs Haus

Sarah

Das Theaterstück spielt in Jerusalem ca. 33 nach unserer Zeitrechnung. Das Pessah-Fest steht vor der Tür, die beste Zeit für Geschäfte von Geldwechsler und anderer Verkäufer religiöser Waren.

SARAH (steigt in den Mantel): Ich spiele ein falsches Spiel. Mein Mann liegt im Sterben und ich ging für ihn in den Tempel als Geldwechsler für die Pilger. Während sich die Dienerin um die Kinder und meinen Mann kümmert. Aber habe ich nicht die Verantwortung für die Kinder auch? Ich sage den Kindern schon, kaut jeden Bissen zwanzig Mal, das führt zu schnellerer Sättigung. Probiert es aus, es ist so. Wenn man wenig zu Essen hat. Habe ich von einem Dicken, bei dem ich auf der Hochzeit war, meine vergangenen Tage helfen mir jetzt.

(Pause)

Mein Mann. Man kennt doch die Männer, und Geldwechsler sind da keine Ausnahme: junge Frauen braucht der alte Mann. Und gesund leben die Männer auch nicht. Sie bringen das Geld nach Hause – und sie entscheiden, wie sie es ausgeben. Nicht zu wenig für sich und ihre Gelage. Und so kam es, die Kinder wurden älter, der Mann wurde älter und dann erkrankte er. Einen Sohn haben wir, 10 ist er geworden, die beiden Mädchen sind noch klein, 8 und 7, noch ein Junge, 6. Danach konnte der alte Mann gar nicht mehr. Und es wurde schlimmer, er ging zu Quacksalbern deswegen. So ging das Geld drauf.

(Pause)

Und nun muss ich schauen, wie ich das Geld verdiene, bis mein Ältester 12 wird. Das ich nicht so verdienen darf. Und selbst wenn ich die Mädchen jetzt verspreche, in diesem viel zu jungen Alter, wovon soll ich die Aussteuer zahlen?

(Pause)

Ich verstehe die Gesetze des Himmlischen, Elohims. Der Mann soll für seine Frau sorgen. Aber ich sehe auch, wie sich die Männer daran halten – gar nicht, teilweise. Und dann treffe ich diesen Taubenverkäufer Samuel, der von seinem eigenen Acker träumt. Und er sieht meine Notlage. Und er ist nicht selbstgerecht, ich sagte zuerst nein, er erpresste mich nicht, er verriet mich nicht. Stattdessen will er die Kinder und mich aufnehmen. Was ein Glück, dass ich noch eine einigermaßen junge Frau bin, auch wenn die harte Arbeit auch mich als 26Jährige bereits arg zusetzt. Wenigstens hatte mein Mann für eine Dienerin gesorgt, sonst wäre ich noch viel schlimmer dran, ein Buckel oder so. Nein, mein Mann Daniel ist kein schlechter Mann. Aber ihm war die Heilung seiner Männlichkeit wichtiger als unsere Zukunft. Und als Waschfrau eigne ich mich nicht, mein Vater war gebildet, er brachte mir das Zählen und das Lesen bei und das Schreiben. Ich sollte eine gute Haushälterin werden. Aber das geht nicht mit vier Kindern. Und siehe da, Samuel kann kaum zählen, er kann meine Erfahrung als Wirtschafterin auf seinem Hof später gut gebrauchen. Und weil ich dann auch was kann, wird er mich achten und gut behandeln.

(Pause, sinkt auf die Knie)

Bitte, lieber Elohim. Lass mich nicht auffliegen. Lass mich Mittel und Wege finden, mich um meine Kinder kümmern zu können. Nur darum bitte ich. Wenn Noah den Schwindel mitkriegt, dann wirft er mich raus, er behandelt, wie man hört, seine Sklaven schlecht, Männer sogar, die Frauen erst. Der wird mit mir keine Gnade haben.

Sie klebt sich Bart und Maske auf, wirft sich die Kapuze um. Geht auf die Straße.

Ein verhüllter Mensch geht (in etwa Mitte der Bühne), Sarah. Von rechts kommt ein zweiter, SAMUEL. Samuel hat die Kapuze offen, man sieht, dass er ein Mann ist.

SAMUEL: Sarah!

Verhüllter Mensch geht schneller.

SAMUEL (flüsternd laut): Sarah!

Samuel holt ihn ein.

SAMUEL (dreht sie um): Sarah. Warum läuft du vor mir weg?

SARAH: Mich darf niemand erkennen, das weißt du doch? Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass ich mich von einem gemachten Bett ins andere lege.

SAMUEL: Aber du liebst mich und ich liebe dich!

SARAH: Dieser Eindruck wäre tödlich! Ein Unglück. Es muss eine gewisse Zeit des Alleinseins vergehen. Dann langsam angehen lassen.

SAMUEL: Auf der Versammlung kennen die Hälfte der Leute deinen Mann. Ist das nicht zu gefährlich?

SARAH: Er hatte sich zum Negativen verändert. Er hat es sich mit allen Freunden verscherzt, das ist meine Chance. Da will keiner mehr viel mit ihm zu tun haben.

SAMUEL: Vielleicht hat er alte Schulden? Wenn jemand ihm Geld schuldet, wird er ihn nicht ansprechen wollen. Aber wenn ER jemandem Geld schuldet?

SARAH: Ich habe dem Tempel mehr als den Zehnten gegeben. Ich hoffe auf den Herrn. Mein Mann hat nämlich eine kleine Schatztruhe. Von der hoffe ich, zu leben, falls mein Sohn mich auf die Straße setzt. Seit wann folgst du mir?

SAMUEL: Ich musste dich sehen. Ich wollte dich abholen, ich hätte mich schon versteckt gehalten.

SARAH: Wir dürfen nicht gesehen werden.

SAMUEL: Mit dem Bart und den kurzen Haaren hält dich keiner für eine Frau. Warum soll ich nicht mit Daniel einen Plausch halten?

SARAH: Elohim macht nichts ohne Grund. Meine männliche Stimme ist mir auf meine alten Tage noch zu einer Hilfe geworden. Und diese Blutmaske, seine Krankheit hat ihn stark verändert.

SAMUEL: Es fällt niemandem auf, dass dein Mann seit Monaten nicht mehr arbeitet. Aber was ist mit deinem kleinen Dämon?

SARAH: Danke auch für deinen Hinweis mit dem Klebstoff für den Bart und die Maske. Aber ich werde die Kräuter von dieser Heilerin nicht nehmen! Sie verändern mich auf eine Art, die ich nicht mag.

SAMUEL: Ich kannte mal einen Barbier. Und ich habe die Ausbildung verloren, weil ich den gleichen Dämon hatte. Mir haben diese Kräuter sehr geholfen.

SARAH: Du kanntest anscheinend viele. Auch viele Frauen?

SAMUEL: Sei nicht so abweisend! Verstehe doch, ich will dir nichts wegnehmen. Nicht deine Freunde, nicht deine Kinder, nicht deine Freizeit. Ich will mich nur an dich anlehnen, mich gewissermaßen ankleben. Und dich dabei stützen. Ich verstehe dich, und ich verstehe deinen Dämon. Aber ich verstehe deine Widerspenstigkeit nicht.

SARAH: Gib mir einen Kuss. Ich will jetzt einen Kuss!

SAMUEL: Du lenkst nicht vom Thema jetzt ab!

SARAH: Na gut. Dann eben nicht. Was anderes: was hältst du eigentlich von diesem Nazoräer? Ich habe ihn gehört. Außer dass er sich mit allen Leuten von oben anlegt, tut er nichts Böses. UND er heilt viele Menschen. Wenn er mich so heilen könnte, dass ich die Kräuter nicht nehmen muss… Aber das wird so nicht sein.

SAMUEL: Du hörst dich bald an wie das Volk. Bald ist das Pessah-Fest. Und wenn dieser Zustand anhält, verlieren wir die beste Zeit des Jahres für Einnahmen. Ich brauch nur noch dieses eine Fest, dann habe ich genug, um mir meinen ersehnten Acker zu kaufen. Ich lasse mir das nicht kaputt machen!

SARAH: Und wenn das nicht reicht, dann ist da noch die kleine Truhe. Sobald mein Mann tot ist, sind wir über alle Berge. Ich übertrage den restlichen Besitz an einen Verwalter. Diese Zeit ist wertvoll, ich werde mich bald von meinem Sohn trennen müssen. Ich brauche diese Zeit für mich. Danach bin ich ganz für dich da! Wir haben unser ganzes restliches Leben Zeit!

SAMUEL: Wir werden nur noch arbeiten und essen und Liebe machen. Ich kann es nicht abwarten, bis ich deinen ganzen Körper küsse. Sogar deine zarten Arme. Deinen wunderbaren Bauch. Deinen schönen Rücken. Ich werde sogar deine Beine küssen. Ich küsse dich jeden Tag erst einmal ausgiebig am ganzen Körper, ehe wir uns vereinigen. Ich werde dich täglich verwöhnen!

SARAH (lächelnd): Ja, das würde mir schon gefallen. Zu wenig Frauen auf dieser Welt werden so verwöhnt, wie es ein Frauenkörper verdient hat. Wir Frauen haben nur wenig Zeit, in der wir schön sind. Und dann sind wir von der harten Arbeit so geschunden, dass wir alt und faltig werden.

SAMUEL: Und selbst dann werde ich deine Falten noch einzeln streicheln.

SARAH: Schmeichler!

SAMUEL: Nein. Verliebter. Nenne mich: Verliebter.

(sie küssen sich kurz)

SARAH: Da kommt jemand.

SAMUEL: Das war eine Ratte. Und das war auch dein kleiner Dämon. Du überreagierst. Nimm die Kräuter, bitte.

SARAH: Hör zu. Mein Mann muss noch ein halbes Jahr durchhalten, dann ist mein Ältester alt genug. Ob ich das Geld für den Verwalter oder für nutzlose Medizin ausgebe, bleibt sich gleich.

SAMUEL: Du kannst ja deinen todkranken Mann zu diesem Nazoräer bringen, er heilt alle.

SARAH: Der hat uns vertrieben! Das würde mir Noah nie verzeihen. Ich muss ihm weiterhin die nutzlose Medizin kaufen. Sonst wird der Arzt das allen Leuten erzählen und ich kann nach dem Tod nicht mehr auf Hilfe hoffen. Ich habe doch meine Kinder. Ich weiß ja nicht, ob der Älteste sie nicht rauswirft?

SAMUEL: Ich werde deine Kinder adoptieren. Alle drei. Und dann machen wir noch 3.

SARAH: Ich weiß. Ich freue mich schon darauf. (küsst ihn noch einmal) Aber jetzt heißt es, Ruhe bewahren.

SAMUEL: Richtig. Weil Glück ist Härte zeigen gegenüber dem Wind. Wenn dir der Wind entgegen weht, zeige Härte.

Sie gehen aus dem Schutz heraus. Gehen weiter.

SAMUEL: Noah wird schon dafür sorgen, dass wir bald eine Zukunft haben.

SARAH: Ich weiß nicht, ob ich die Hilfe von jemanden will, der seine Sklaven schlecht behandelt.

SAMUEL: Ich als ehemaliger Lohnsklave kann da nur zustimmen. Aber wir hören uns das Ganze erst einmal an.

SARAH: Bleib zurück. Nicht, dass die anderen Verdacht schöpfen.

Sarah geht weiter, von der Bühne. Samuel bleibt stehen.

Auf einmal kommt Simon.

SIMON: Samuel, lange nicht gesehen.

SAMUEL: Simon, Sohn des Noah.

SIMON: Ich hoffe, du willst meinen Vater nicht schon wieder zum Glücksspiel verführen, jetzt wo du ihn wieder siehst.

SAMUEL: Ich habe damit aufgehört.

SIMON: Ich kenne diese Sucht. Man hört nicht einfach so damit auf.

SAMUEL: Ich habe die Liebe zu einer Frau entdeckt. Sie hat mich davon weggebracht. Habe schon ein halbes Jahr nicht mehr gespielt.

SIMON: Wer ist denn die Holde? Wann soll die Hochzeit sein?

SAMUEL: Das ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Deswegen kann ich da noch nichts sagen.

SIMON: Lass die Finger von meinem Vater! Gehen wir rein…

Bruderschaft

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