Читать книгу Come back to me - Pearl Blakes - Страница 6

Оглавление

Kapitel 2

Opal

Ein Tag ging nahtlos in den nächsten über. Ich nahm keine Notiz von Zeit oder Geschehnissen. Meist lag ich auf dem Bett und starrte ins Nichts. Ich wusste, ich musste zwischendurch etwas gegessen haben, zur Toilette gewesen sein oder so, doch ich konnte mich nicht erinnern. Man ließ mich allein. Oder ich konnte mich an keine Besuche erinnern. Ich hatte keine Ahnung. Es war mir egal. Alles war egal, denn ich war taub. Tot. Zumindest in allem was zählte. Dass mein Körper weiterhin funktioniert, Atem holte, Blut durch meine Venen pumpte – es war egal. Ich lebte friedlich und ohne Erinnerungen in meiner süßen Blase des Nichts. Bis ich erneut aus meinem Zustand der Taubheit gerissen wurde.

„Steh auf!“, befahl die herrische Stimme meines Vaters.

Er schlug mir ins Gesicht. Ich riss erschrocken die Augen auf. Mein Herz raste. Ich fühlte mich orientierungslos. Wo war ich? Was war geschehen? Wieso war mein Vater so wütend?

„Ich sagte: STEH! AUF!“, fuhr er mich an und zerrte mich grob aus dem Bett.

„Was ...?“, krächzte ich, meine Stimme so schwach, als hätte ich sie seit Jahren nicht benutzt.

„Heute ist dein Hochzeitstag und es wird Zeit, dich vorzubereiten.“

Ich starrte Dad verwirrt an. Hochzeitstag? Ich war mit Paul verlobt, doch eine Hochzeit war noch nicht geplant gewesen. Warum hatte ich das Gefühl, als hätte ich Zeit verloren? Tage, Wochen, Monate? Zeit, die ich nicht mit Erinnerungen füllen konnte.

Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, ließ ich mich von meinem Vater aus dem Zimmer zerren. Orientierungslos stolperte ich hinter ihm her durch die Flure, bis er eine Tür aufriss und mich in ein Zimmer schubste.

„Seht zu, dass sie vorzeigbar aussieht“, sagte mein Vater zu jemandem, ehe er die Tür hinter sich zu schlug.

Ich wandte mich um und fand mich meiner Mutter und einer älteren Frau gegenüber. Mums Augen waren geschwollen und gerötet, so als hätte sie Stunden geweint.

„Mum?“, brachte ich zittrig hervor. „Was ...?“

„Shhht. Komm, setz dich hierher, dass wir dich herrichten können“, sagte sie, als wäre alles in Ordnung, doch ich sah Trauer und Angst in ihrem Blick.

Was zum Teufel ging hier vor?

Eine ganze Weile später war ich in ein aufwendig mit Spitze und Strass verziertes Hochzeitskleid gekleidet und ein Schleier saß auf meinen aufgetürmten Haaren. Die ältere Frau hatte mich geschminkt und das Gesicht, welches mir aus dem Spiegel entgegen blickte, war mir fremd. Noch immer hatte ich keine Ahnung, was hier vor sich ging, doch etwas stimmte nicht. Nicht nur, dass ich mich offenbar nicht an die vergangenen Wochen oder gar Monate erinnern konnte, auch die Wut meines Vaters und Mums Angst und Verzweiflung, die sie zu verbergen versuchte, sagten mir, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich konnte mich nicht erinnern wann ich Paul das letzte Mal gesehen hatte. Alles in mir rebellierte gegen den Gedanken, ihn heute zu heiraten. Ich konnte mir zwar nicht erklären warum, doch ich hatte ein ungutes Gefühl wenn ich an ihn dachte. Ein Bild erschien in meinem Kopf – eine Erinnerung? – das so flüchtig war, dass ich es nicht schaffte, es mir erneut ins Gedächtnis zu rufen. Doch der Mann den ich kurz vor meinem inneren Auge gesehen hatte, war weder Paul, noch mein Dad gewesen und aus irgendeinem Grund war ich plötzlich von einem schmerzlichen Verlustgefühl erfüllt. Es fühlte sich an, als risse eine unsichtbare Hand mir das Herz aus der Brust. Unwillkürlich krümmte ich mich zusammen. Übelkeit stieg in mir auf und ich spürte, wie sich Panik in mir ausbreitete. Ich konnte Paul nicht heiraten. Dies war Wahnsinn.

Die Tür öffnete sich, und Dad trat ins Zimmer.

„Fertig?“, fragte er barsch.

„Ja, sie ist fertig“, erwiderte Mum mit zittriger Stimme.

Dads Augen fielen auf mich. Da war eine Härte in seinem Blick, wie ich es nie zuvor bei ihm erlebt hatte. Ja, Dad war nie ein warmer oder herzlicher Mann gewesen, doch diese Kälte, die Brutalität, die er jetzt ausstrahlte war mir fremd und es ängstigte mich. Noch mehr so, weil ich nicht wusste, was diese Seite in ihm hervor gebracht hatte. Hatte ich etwas getan? Warum war ich bei ihm in Ungnade gefallen? Ich wollte ihm sagen, dass ich Paul nicht heiraten würde, doch die Angst die mich auf einmal befiel, schnürte mir die Kehle zu und machte es mir unmöglich, auch nur ein Wort hervor zu bringen.

„Komm! Wir wollen deinen Bräutigam nicht warten lassen“, sagte er an mich gerichtet und streckte eine Hand nach mir aus.

Mit weichen Knien erhob ich mich von dem Stuhl auf dem ich gesessen hatte und ging zögerlich auf ihn zu. Als ich nah genug war, fasste er mich schmerzhaft hart am Arm und zog mich aus dem Zimmer. Ich meinte, meine Mutter hinter mir schluchzen zu hören, doch als ich den Kopf wendete, waren wir bereits aus dem Raum und in den Flur abgebogen.

„Du wirst dich gefügig zeigen und brav ja sagen“, knurrte Dad, schmerzhaft den Griff verstärkend. „Wenn du aufmuckst, werde ich dafür sorgen, dass Paul neben mir wie ein Heiliger aussieht. Denk nicht, ich würde dir nicht wehtun, nur weil du meine Tochter bist.“

Ich stolperte geschockte neben ihm her, unfähig zu begreifen, was dazu geführt hatte, dass mein Leben plötzlich die Hölle zu sein schien.

Dad führte mich die Stufen zum Erdgeschoss hinab und raus in den Garten, wo alles für die Zeremonie und Feier hergerichtet worden war. Die Sitzreihen waren mit Gästen gefüllt, doch ich nahm keines der Gesichter wahr. Alles was ich sah war die Gestalt, die mit dem Priester auf einem Podest stand. Paul. Mein Herz fing bei seinem Anblick an zu rasen, doch nicht vor aufgeregter Freude, sondern voller Panik. Gut, ich kannte meinen Verlobten kaum und es war vielleicht auch verständlich, eine gewisse Unruhe oder Zweifel bei der so plötzlichen Eheschließung zu empfinden, doch das war es nicht. Was ich empfand war purer Terror. War es der harte Blick, mit dem er mich musterte oder die kaum verhüllte Gier in seinen Augen? Mit jedem Schritt, den ich auf ihn zu machte war ich mir sicherer als zuvor, dass der Mann, der mich zu seiner Frau machen würde ein Monster war. Ich wollte mich von meinem Vater losreißen und fliehen, doch er hielt mich noch fester und raunte mir warnend ins Ohr: „Ich warne dich ein letztes Mal! Wenn du nicht kooperierst, dann werden ich dich meinen Männern übergeben, dass sie mit dir verfahren können wie es ihnen beliebt. Und glaube mir, einige von ihnen haben wirklich abartige Neigungen wenn es um Frauen geht.“

Tränen schossen mir in die Augen. Wie war ich nur in diese Situation gelangt? Entweder heiratete ich ein Monster oder mein Vater würde mich den Wölfen zum Fraß vorwerfen. Ich brauchte nicht viel Fantasie, um mir auszumalen, dass ich die Vergewaltigung durch mehrere gewalttätige und abartig veranlagte Männer nicht überleben würde. Verzweifelt fügte ich mich meinem Schicksal. Sagte Ja an der richtigen Stelle, ohne dass ich wirklich irgendetwas von der Zeremonie mitbekam. Ich fühlte mich wie in Trance. Als Paul den Schleier lüftete und mich brutal küsste, fühlte ich mich, als würde ich in einen bodenlosen Abgrund stürzen. Wieder – für den Bruchteil einer Sekunde – erschien das Bild des fremden Mannes vor meinem inneren Auge. Ich kannte ihn nicht und doch – etwas an ihm schien vertraut. Erneut wurde ich von diesem schmerzlichen Verlustgefühl heimgesucht. Ich wimmerte, als ein scharfer Schmerz mich plötzlich aus meinen Gedanken zurück in die Wirklichkeit beförderte. Paul hatte mir auf die Lippe gebissen und ich schmeckte Blut. Er hatte sich von mir gelöst und schaute mich hasserfüllt an.

„Ich werde dafür sorgen, dass du deinen Verrat bitter bereust“, sagte er so leise, dass nur ich ihn hören konnte.

Verwirrt starrte ich in sein gut aussehendes, hartes Gesicht. Verrat? Was meinte er damit? Was hatte ich getan? War, was immer ich offenbar getan hatte, auch der Grund für meines Vaters Ärger? Wieso konnte ich mich nicht erinnern?

Die Feier ging vollkommen an mir vorbei. Als Paul schließlich aufstand und mich ebenfalls auf die Füße zog um den Gästen zu verkünden, dass wir uns nun zurückziehen würden, stieg Panik in mir auf. Ich wollte nicht mit ihm gehen, wollte nicht mit dem Mann allein sein, der jetzt alle Macht über mich und mein Leben besaß.

„Nein!“, rief ich, verzweifelt bemüht, mich von ihm los zu reißen, doch sein Griff war eisern.

„Sie ist ein wenig ängstlich wegen der Hochzeitsnacht“, sagte Paul scherzend und einige der männlichen Gäste lachten und gaben ihm Ratschläge, wie er mich zu händeln hätte.

Ich begegnete über den Tisch hinweg dem Blick meiner Mutter. Sie hatte Tränen in den Augen und wollte sich ebenfalls erheben, doch mein Vater zerrte sie brutal auf ihren Platz zurück und zischte ihr etwas zu, was wie eine Warnung klang.

Tränenblind und panisch stolperte ich hinter meinem frisch angetrauten Ehemann hinterher, bis wir außer Sichtweise der Gäste waren. Dann stemmte ich mich mit allem was ich hatte gegen sein Zerren, und wir kamen zu einem kurzen Halt.

„Nicht!“, flehte ich, verzweifelt gegen seinen festen Griff ankämpfend.

Der Schlag kam so schnell, dass ich ihn nicht hatte kommen sehen. Diesmal hatte er nicht die flache Hand benutzt, sondern mir seine Faust direkt ans Kinn geschlagen. Schmerz explodiert in meinem Kiefer. Ich schmeckte Blut. Ein weiterer Schlag traf mich in die Magengrube, und ich krümmte mich vor Schmerz. Mit brutalen Griffen hob Paul mich auf und trug mich ins Haus. Ich schrie und wehrte mich, doch weder konnte ich etwas gegen ihn ausrichten, noch kam mir jemand zu Hilfe. Ich war verloren. Was immer ich getan hatte, um Pauls Wut auf mich zu ziehen, er würde mich heute Nacht büßen lassen. Ganz wie er versprochen hatte.

Come back to me

Подняться наверх