Читать книгу Arizona Gunfighter - 10 Western: Sammelband Januar 2018 - Pete Hackett - Страница 72
15.
ОглавлениеPaul Millard drängte Dan zur Eile. Man musste damit rechnen, dass Stuart Jugens mit seinem Sohn Jim etwas verabredet hatte und nach einer gewissen Zeit zurück sein wollte. Wenn er nun nicht eintraf, würde Jim Verdacht schöpfen und diesen Verdacht bestätigt bekommen, wenn sein Bruder Larry ihn aufgesucht hatte. Jede Minute war kostbar. Es ging um das eigene Leben, und so konnte man sich nicht die Zeit nehmen, die Toten zu beerdigen. Man würde sie liegenlassen müssen bis Jims Crewmitglieder sie entdeckten und ihnen ein christliches Grab geben würden.
Kan Palmer war bei vollem Bewusstsein. Er schien nicht sterben zu können, bevor sein letzter Wunsch erfüllt war, mit Dan zu sprechen.
„Endlich“, sagte der alte Mann, dessen Gesichtshaut grauweiß geworden und mit kaltem Schweiß bedeckt war, bei Dans Eintritt in die Hütte. „Es ist gut, dich zu sehen. Du lebst und wirst alles tun, dass Ann nichts geschieht?“
„Gewiss.“
Dan hockte sich neben dem Sterbenden nieder. Er schluckte, denn die Kehle schien ihm zu eng geworden zu sein. Er nahm die Hand, die ihm der Alte entgegenstreckte und hielt sie fest umklammert.
„Wir hätten Freunde sein können“, sagte Palmer nachdenklich. „Du und Ann, ihr seid nicht schuld, ich allein war es. Reite zu ihr, sie liebt dich und erwartet das gleiche von dir. Vor meinem Stamm brauchst du dich nicht zu fürchten, ich habe mein Amt als Stammesältester niedergelegt.“ Dan musste sich tiefer beugen, um den Sterbenden zu verstehen. Seine Partner Lee und Paul, die bei Stuart Jugens im Hintergrund standen, verhielten sich still. „Das Sterben fällt mir nun gar nicht schwer“, sagte Palmer nach einer Pause. Er musste schwer nach Luft ringen. „Sage Ann, dass ich ihr verzeihe und dass ich euch alles Gute für das weitere Leben wünsche.“
Die Stimme von Kan Palmer verlöschte.
„So long, Kan Palmer“, hörte Dan Pauls heiser klingende Stimme. „Er braucht keine Kerbe mehr zu schnitzen, er hat es hinter sich. Er hat nun den Frieden, den wir alle auf dieser Welt erhoffen. So long auf der letzten großen Fahrt, Kan Palmer!“
Paul nahm mit einer langsamen Bewegung den Stetson ab, Lee und Dan folgten seinem Beispiel. Dan erhob sich und blickte mit verlorenen Augen auf den Mann nieder, dem diese Insel im Moor wie schon so vielen anderen den Tod gebracht hatte.
Ich hätte wie er daliegen können, dachte Dan. Er fühlte, wie ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken rann. Je länger ich ihn ansehe, um so grauenvoller wird mir der Tod. Ich kann seinen Anblick kaum ertragen.
„Gehen wir“, hörte er Paul sagen und fühlte sich an der Schulter gefasst und sanft aus der Hütte geschoben. Er nahm die Dinge um ihn herum wie im Traum wahr, und doch prägte sich alles in ihm mit größter Schärfe ein. Es war ihm, als hätte er in Kan Palmer einen guten alten Freund verloren und nicht einen Mann, der ihn als Gegner verfolgt hatte.
„Sitz auf!“, forderte Lee ihn auf, ihn jäh aus seinen Gedanken reißend. „Oder willst du, dass wir dich in den Sattel hineinheben?“
Nein, das wollte Dan nicht, und obwohl ihm sehr elend zumute war und er sich am liebsten irgendwo verkrochen hätte, musste er seinen Partnern zeigen, dass er die Zähne zusammenbeißen und seine Gefühle in sich niederkämpfen konnte. Kein Wunder, dass er sich jetzt fragte, wie viel ein Mann eigentlich ertragen konnte. Das Maß für ihn schien voll zu sein. Seine Partner hingegen taten so, als wäre es erst der Anfang. Dan nagte an der Unterlippe und schwang sich auf Blacky. Er ritt den anderen nach, die bereits angeritten waren.
Die tiefe Verkrampfung in Dan löste sich nicht so schnell. Er war froh, dass Paul und Lee keine
Fragen stellten. Erst, als man ohne Schwierigkeiten den Zugang zur Teufelsinsel überwunden hatte und aus dem Moorgebiet herauskam, entspannte er sich ein wenig. Jetzt erst dankte er Lee.
Dieser wehrte den Dank ab.
„Wozu, Dan? Wenn man Gegner wie die Jugens vor sich hat, dann gibt es nur eins, sich seiner Haut zu wehren. Es heißt dann: entweder du oder ich! Es sind nun weniger Schufte auf der Welt, und niemand wird ihnen eine Träne nachweinen, im Gegenteil, wenn es erst bekannt wird, werden viele Menschen aufatmen. By Gosh, jeder Revolverkampf mit tödlichem Ausgang haftet einem an, und wenn jemand glaubt, dass der Tod eines Gegners eine tiefe Befriedigung auslösen kann, so irrt er sich gewaltig. Der Tod endet einen Streit, er löst Konflikte, aber er schafft keine Erleichterung. Du wirst noch darüber hinwegkommen. Was du brauchst, sind einige Stunden Ruhe und Entspannung. Wir werden uns nach einem geeigneten Lagerplatz umschauen.“
Dan hatte dem nichts entgegenzusetzen. Er war im Gegenteil erleichtert, als man gegen Mittag ein Lager fand, das für ihre Zwecke gut geeignet war.
Stuart Jugens, der bisher mit gefesselten Händen schweigend geritten war, fing an zu fluchen. Er hatte die erste Angst überwunden und wurde den Brüdern mit seinen Flüchen langsam lästig.
„Höre auf damit!“, riet Lee ihm mit rauer Stimme. „Du wirst weiterhin unser Gast bleiben.“
„Nicht lange, man wird alles tun, um mich herauszuhauen“, erwiderte Stuart Jugens. „Man weiß jetzt schon, dass etwas nicht stimmt. Ich bin sicher, dass Jim das ganze Land in Alarmbereitschaft hat. Was das heißt, werdet ihr bald genug erfahren. Alles ist so organisiert, dass ihr nicht weit kommen werdet. Ihr seid jetzt schon so gut wie sicher eure Skalps los!“
Er lachte blechern. Der Tod seines Sohnes Red schien in diesem verhärteten Mann keine innerliche Reaktion auszulösen. Er setzte sich darüber hinweg, als wäre es ein Fremder, der tot zurückgeblieben war.
„Du widerst einen an, Jugens“, sagte Paul zu ihm. „Die Jahre haben dich nicht gebessert, sie haben dich im Gegenteil immer schlechter gemacht.“
„Lasst mich frei, und ich garantiere euch, dass ihr davonkommt. Nur die dreißigtausend Dollar werdet ihr mir zurücklassen müssen“, machte Jugens das Angebot.
„Für das lumpige Geld bist du bereit, dich gegen das Gesetz in der Öffentlichkeit zu stellen und deine weiße Weste für immer auszuziehen? Großer Gott, einen solchen Schuft mag ich nicht einmal anspucken“, sagte Lee erbittert und bog die Zweige auseinander, um einen Blick auf die Stadt zu werfen, die vom Versteck aus sichtbar war. Gerade die Tatsache, dass man das Camp in der Nähe der Stadt aufschlug, zeigte deutlich an, dass die beiden Brüder die Nerven nicht verloren hatten. Man würde sie vermutlich überall suchen, nur nicht in der Nähe der Stadt. Auf dem Weg zum Camp hatte man die Augen offen gehabt und so manches gesehen, das dem Land den Stempel aufdrückte. Es waren Ruinen niedergebrannter Siedlerhütten und Kleinranchen zu sehen, niedergerissene Corrale und verlassene Siedlungen. Die Zeichen von Gewalt waren selbst für einen ungeübten Beobachter nicht zu übersehen. Viele Menschen hatten das Land verlassen, hatten aufgeben und einsehen müssen, dass sie gegen die Hartgesottenen keine Chance hatten. Bevor sie aufgaben, waren ihnen die Rinder gestohlen und irgendwohin getrieben worden, und keine Zeichen waren zurückgeblieben, die die Diebe hätten entlarven können. Jugens hatte ein gut funktionierendes System gehabt und hatte allen Verdächtigungen zum Trotz nicht überführt werden können. Das alles hatte ihn völlig kalt gelassen. Er vertraute darauf, dass seine Helfer nicht untätig sein würden. Was er nicht wissen konnte, war, dass am frühen Morgen, der ihm hörige Sheriff durch einen Staatenreiter abgesetzt und auch durch diesen Mann abgelöst worden war, der in Begleitung von einem Rangertrupp aus dem Nachbardistrikt gekommen war.
Man war nicht nahe genug an der Stadt, um beobachten zu können, was sich dort tat. Immerhin, das war schon eine ganze Menge. Schon seit dem frühen Morgen wurden die Sheriffsakten überprüft. Leute aus der Stadt wurden von den Rangern zum Verhör geholt. Die ganze Stadt glich einem aufgestörten Bienenstock, und wenn Stuart Jugens noch immer glaubte, dass die Rückkehr seiner beiden ältesten Söhne und des Revolvermannes Hannigan keinen großen Wirbel verursachen würde, da er die Stadt völlig unter Kontrolle zu haben glaubte, so überschätzte er sich und seinen Einfluss erheblich. Es zeigte sich auch, dass er seinem jüngsten Sohn Jim zutraute, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden.
„Lege dich nieder, Dan“, riet Paul. „So wie du dich jetzt fühlst, wirst du dich wenig einsetzen können. Wir können im Augenblick nichts tun. Also lege dich hin! Mein Bruder und ich werden achtgeben. Vor Einbruch der Dunkelheit können wir weiter nichts tun, als hierzubleiben und zu beobachten. — Wie fühlst du dich jetzt?“
„Schon besser“, erwiderte Dan und versuchte Paul anzulächeln. „Ich kann es kaum erwarten, der Stadt Pelcon einen Besuch abzustatten. Auf dem Stiefelhügel der Stadt ist mein Vater begraben worden, und ich weiß nicht einmal wo. Als man ihn beerdigte, saß ich durch diesen Gentleman veranlasst im Gefängnis.“
„Mit dem Stadtbesuch wirst du dir Zeit lassen müssen, Dan“, sagte Lee, der aus dem Vorratspacken einige Biskuits herausnahm. „Bevor du dich hinlegst, iss und trink erst einmal etwas. Leider können wir nichts Warmes herrichten, der Rauch eines Lagerfeuers würde in der Stadt sichtbar sein. Es muss wieder einmal eine trockene Mahlzeit sein.“ Dan winkte ab. Er war so müde, dass er keinen Bissen herunterbringen konnte. Er machte sich ein Lager zurecht und war bald eingeschlafen.
„Stuart Jugens, unser junger Freund wird bald seine Ansprüche auf die Ranch geltend machen, die dein treuer Freund Hannigan auf den Namen seines Vater eintragen ließ. Du bist ein gerissener Bursche, und es ist dir und deinem Sohn Jim zuzutrauen, dass ihr jetzt schleunigst den Verkauf anmelden werdet und dann heimlich, still und leise verschwindet.“
„Nein, niemals, wir haben zu viel in der Ranch stecken“, unterbrach Jugens. „Ich gebe zu, dass Hannigan, dieser verteufelte Schuft, Jim und mich in eine Klemme brachte, doch was bedeutet das schon? Setzen wir uns doch alle an einen Tisch und versuchen wir das Beste aus der ganzen Angelegenheit zu machen. Euer Schützling, das verspreche ich euch, wird zufriedengestellt werden.“
„Jetzt bläst der Wind auf einmal aus einer ganz anderen Richtung“, stellte Lee grinsend fest. „Es ist erstaunlich, wie anpassungsfähig du doch sein kannst, Jugens. Es fehlt nur noch, dass du uns die geraubten dreißigtausend Dollar, großzügig wie du nun einmal bist, als Abstandssumme überlässt.“ „Genau so habe ich es mir gedacht, Freunde“, erwiderte Jugens mit unverschämter Dreistigkeit. „Ich würde meinen Sohn Larry schon dazu bewegen können. Seien wir doch offen, ihr wollt das
Rennen machen, und wir sollen ausgebootet werden. Zu diesem Zweck habt ihr Dan Flemming eingespannt. Ich kenne euch beide, ihr seid vom gleichen Schlag wie ich. Der Junge dient euch nur zum Vorwand, damit ihr selbst abschöpfen könnt. Wir sollten uns jetzt verständigen, solange er noch schläft.“
Paul und Lee sahen sich einen Augenblick lang an. Die Augenbrauen Pauls hoben sich, und seine Nasenflügel bebten, dann spuckte er aus. Lee folgte seinem Beispiel und weder der eine noch der andere gab Stuart Jugens Antwort.
„Hebt euch beide nicht aufs hohe Ross!“, fauchte Jugens. „Nun, ihr habt euren Mann auf die raue Art vorgestellt, doch jetzt sollten wir mit offenen Karten spielen. Teilen wir! Jim wird mein Angebot akzeptieren.“
„Hör auf!“, unterbrach Lee ihn, „ich kann es nicht mehr anhören!“
„Ihr wollt das Geschäft allein machen!“, schrie Jugens, der nicht begreifen konnte, was in den beiden Brüdern wirklich vorging. „Eure Trümpfe sind nicht stark genug, wenn ich auch zugeben muss, dass ihr euer Spiel sehr geschickt aufgezogen habt. Ich weiß doch genau, dass ihr mich nur als Geisel gefangen haltet, als Druckmittel gegen meinen Sohn. Ihr irrt aber, wenn ihr glaubt, dass ihr ihn dadurch einschüchtern könnt. Er wird sich im Gegenteil mit Larry verbunden haben, und hinter beiden steht eine starke Mannschaft. Ohne meine Vermittlung seid ihr drei so gut wie tot.“
„Jugens, du gehst von ganz falschen Voraussetzungen aus“, sagte Paul, der sich nur noch mühsam beherrschen konnte. „Ich möchte es dir am liebsten mit meinen Fäusten ins Gesicht hämmern. Das wäre aber nur Vergeudung meiner Kräfte. Du bist so schmutzig, dass du mir an den Fäusten kleben würdest. Du wirst vor ein Gericht gebracht, vor eine Jury, die nicht von dir bestochen werden kann. Du wirst dem Gesetz überantwortet.“
Jugens wurde bleich. Seine Augen weiteten sich. „Lüge ist das! Ausgerechnet ihr wollt mich ans Messer liefern? Dass ich nicht lache! Ihr habt selbst genug auf eurem Konto!“
„Richtig, das bestreiten wir nicht einmal! Aber es ist kein Mord dabei, Jugens“, unterbrach Lee ihn rau. „Mit dir stellen wir uns nicht auf die gleiche Stufe. Du hast verloren und darauf solltest du dich einstellen. Dein Spiel ist aus, Jugens!“
„Noch nicht, noch lange nicht, ihr werdet es sehen!“, schrie der alte Mann und zerrte an seiner Fesselung.
Paul und Lee betrachteten Jugens, wie man etwa eine gefangene Raubkatze betrachtet. Lee hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Er spähte zur Stadt hin, aus der ein starker Reitertrupp hervorquoll. Der Staub wirbelte unter den Pferdehufen auf.
„In der Stadt ist etwas nicht in Ordnung“, sagte er. „Über einigen Häusern steht zu viel Rauch. Ein Trupp reitet eilig wie auf der Flucht aus der Stadt heraus und verschwindet schon zwischen den Hügeln. Wie Dan mir andeutete, liegt doch dort die Drei-Stäbe-Ranch, oder täusche ich mich?“
Paul trat zu seinem Bruder und spähte ebenfalls zur Stadt hin. Ein zweiter Reitertrupp löste sich von dort und ritt in Richtung des Moores. Auch diese Reiter waren schnell aus dem Blickfeld entschwunden.
„In der Tat, da stimmt wirklich etwas nicht“, sagte Paul. „Der Rauch über den Häusern ist Feuerrauch, einige Häuser stehen in Brand. Jim Stuart scheint in der Stadt Schwierigkeiten bekommen zu haben. Man müsste sich informieren.“