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1. Einleitung

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In den allermeisten Situationen unseres Lebens neigen wir dazu, menschlichem Leben den Vorrang vor tierischem zu geben, falls eine entsprechende Entscheidung von uns gefordert wird. Fast niemand würde, wenn er die Wahl hätte, einen Hund aus einem brennenden Haus retten, ein Kind aber dafür sterben lassen. Neue Medikamente und andere Produkte werden zunächst am Tier erprobt; die versuchsweise Anwendung am Menschen, die viel genauere Ergebnisse verspricht,1 erfolgt – wenn überhaupt – erst dann, wenn die Tierversuche ein geringes Risiko für den menschlichen Organismus nachgewiesen haben.2

Im Allgemeinen denken wir über die Gründe, die zu dieser Präferenzhaltung führen, nicht weiter nach. Zwingen wir uns zu einer entsprechenden Reflexion, so bemerken wir einen erstaunlichen Kontrast zwischen der Bereitwilligkeit, die menschliche Existenz jeder anderen vorzuziehen, und der Schwierigkeit, eine wirklich überzeugende moralische Begründung für unser Handeln zu formulieren.

Gerne wird die Vorrangstellung des Menschen aus dessen höherem „Wert“ abgeleitet, der ihm gestatte, mit nicht-menschlichen Seinsformen anders umzugehen als mit anderen Menschen. Diese Argumentation mag vielen unmittelbar einleuchten, birgt jedoch mehr Schwierigkeiten, als es zunächst den Anschein hat.

Zum einen müssen wir hinterfragen, ob unser spontanes Empfinden einer genauen Prüfung standhält: Lässt sich der vermeintlich höhere Wert des Menschen rational begründen, oder spüren wir nur, was wir spüren wollen?

Zum zweiten bleibt es fraglich, ob sich aus einem höheren oder niedrigeren Wert irgendwelche Konsequenzen für eventuelle Berechtigungen oder Berücksichtigungen ergeben; vielleicht ist der Mensch wertvoller als ein Regenwurm, doch wissen wir damit noch nicht, ob ihm sein höherer Wert das Recht gibt, den Wurm zu zertreten.

Im Zusammenhang mit diesen Überlegungen ergeben sich weitere Probleme.

Zwar gehen wir von der genannten Intuition aus, die der menschlichen Existenz einen höheren Wert als dem übrigen Seienden zuschreibt, doch räumt etwas in uns zumindest den tierischen Lebensformen ebenfalls einen Wert ein. Wir legen lediglich eine Werthierarchie fest, nicht aber eine absolute Entwertung der nichtmenschlichen Existenz: Der Mensch steht über dem Tier und ist in Entscheidungssituationen gegenüber dem Tier zu begünstigen; das Tierleben an sich sollte aber auch geschützt werden – solange die menschlichen Belange eine solche Rücksichtnahme zulassen. Grundlose, d. h. nur zum Zwecke des Vergnügens geschehende Tierquälerei wird von den meisten Menschen abgelehnt;3 und selbst wenn ein unserer Meinung nach triftiger Grund besteht, ein Tier zu töten (z. B. einen Hund, der Tollwut hat), so ist den meisten von uns nicht wohl, wenn wir dieses Leben beenden.

Die Werthierarchie ist komplexer, als es zunächst den Anschein hat: Wir stellen nicht nur den Menschen als in jedem Falle zu berücksichtigendes Lebewesen dem Tier als bedingt zu berücksichtigendem Lebewesen gegenüber; innerhalb der zweiten Gruppe sorgen unsere Empfindungen für die Herausbildung einer weiteren Rangfolge: Gewisse Tiere erregen unser Mitleid eher als andere. Die meisten Menschen töten ohne große Bedenken oder Gewissensbisse eine lästige Mücke; einen Schimpansen oder einen Delphin hingegen möchte man nicht umbringen, wenn nicht die Not uns dazu zwingt. Manche Menschen spüren zudem eine Nähe zum „eigenen“ Tier, z. B. zu einem Hund oder einer Katze. In einigen Religionen werden bestimmte Tiere sogar als heilig verehrt wie z. B. Kühe oder Affen.4

Diese Ordnung gestaltet sich bei näherem Hinsehen noch facettenreicher. Pflanzliches Leben erscheint uns in vielen Fällen weniger wertvoll als tierisches: Einen Hund werden wir eher vor dem Tod retten als eine Blume. Warum? Noch komplizierter wird diese Vorrangstellung dadurch, dass wir sie nicht konsequent anwenden: Manchen Pflanzen gewähren wir nämlich doch den Vorzug vor manchen Tieren. Wohl kaum jemand wird behaupten, eine Fliege verdiene mehr moralische Berücksichtigung als die Eiche, auf der sie lebt.

Allgemein sind wir uns in den meisten Fällen wohl darüber einig, dass Belebtes irgendwie einen höheren Wert darstellt als Unbelebtes: Ein Pferd oder einen Baum berücksichtigen wir eher als einen Kieselstein. Eine Spinne allerdings, die auf einem Gemälde von Picasso sitzt, töten wir ohne Bedenken, um den Wert des Bildes zu bewahren. Ebenso bereitwillig werden Tauben vergiftet, die auf alten Kirchen sitzen und mit ihrem Kot die Bausubstanz beschädigen. Sogar die Empfindungen gegenüber ein und demselben nichtmenschlichen Lebewesen sind unter Umständen Schwankungen unterworfen, die von der jeweiligen Lebenssituation des Besitzers und dem damit einhergehenden Wandel seiner Prioritäten bestimmt werden: Viele Menschen schätzen und verwöhnen Hunde, die ihnen Gesellschaft leisten und unser Haus bewachen – dennoch werden jedes Jahr viele von ihnen an Autobahnraststätten ausgesetzt, wenn ihre Herrchen in den Urlaub fahren wollen.

Obwohl wir dem lebenden Seienden einen Wert attestieren, tun wir dennoch alles in unser Macht Stehende, um bestimmte Lebensformen zu vernichten, und zwar nicht einzelne Exemplare, sondern möglichst alle Vertreter ihrer Gattung. Es gibt wohl kaum Menschen, die bedauern, dass der modernen Medizin die fast vollständige Ausrottung der Pestbakterien gelungen ist.

Unsere Meinungen und Überzeugungen hinsichtlich des Werts der belebten und unbelebten Materie sind, wie wir sehen, zum Teil chaotisch und inkonsequent. Wir wollen sie im Folgenden genauer betrachten und versuchen, zu größerer Klarheit zu gelangen.

Zunächst soll der Versuch unternommen werden, den Begriff „Wert“ näher zu bestimmen, von dem im Zusammenhang mit den eben besprochenen Präferenzhaltungen die Rede ist. Es lässt sich wahrscheinlich nicht genau sagen, was ein Wert an sich tatsächlich ist;5 offensichtlich hängt seine Bedeutung vom Zusammenhang ab, in welchem er verwendet wird.

Wert bedeutet im vorliegenden Kontext demnach etwas anderes als in anderen Situationen. Im Satz Der Mensch hat einen höheren Wert als das Tier bezieht sich Wert auf eine andere Größe als in Diese goldene Halskette ist von außerordentlichem Wert, aber auch eine andere als in Dieses Foto hat für mich einen sehr hohen Wert. Die Halskette erachten wir wahrscheinlich wegen des Materials, aus dem sie besteht, für wertvoll. Der hohe Wert manifestiert sich in diesem Fall im Kaufpreis.

Das Foto ist nur für einen bestimmten Menschen wertvoll, da er Erinnerungen an die Situation, die Landschaft, die Stadt, den oder die Menschen hat, die auf ihm zu sehen sind. Er würde es anderen Fotos vorziehen, die aus demsel-

ben Material oder teurerem bestehen.6

Wert in unserem Zusammenhang ist kein materieller (Die chemischen Elemente, aus denen sich ein Mensch zusammensetzt, also größtenteils Kohlen- und Kohlenwasserstoffe, sind zum einen nicht besonders teuer, zum zweiten sind es mehr oder weniger dieselben wie die, aus denen manche Lebewesen bestehen, denen ein geringerer Wert attestiert wird, z. B. Gorillas, Schimpansen oder Schweine). Auch über einen ideellen Wert kann der Mensch an sich nicht verfügen, denn es liegt im Wesen des ideellen Werts, dass er die Eigenschaft eines Einzelobjekts darstellt; der Wert, den wir suchen, hebt aber den Menschen als Spezies – das bedeutet hier: jeden einzelnen Menschen – von der übrigen Schöpfung ab.

Der Wert, von dem von nun an die Rede ist, kann also nur einer sein, der Hierarchien im Umgang miteinander regelt, der Aussagen darüber trifft, wem mehr, wem weniger Rechte einzuräumen sind, wer zugunsten eines anderen auf Dinge, die ihm eventuell lieb sind, zu verzichten hat. Der gesuchte Wert legt den Modus des Zusammenlebens der menschlichen und der nichtmenschlichen Existenzformen fest; mithin ist er ein moralischer:

„Moral values ‘summon’ or ‘command’ us. They are not matters of choice, of take it or leave it, but what we ought to consider, to respect, cherish, realise, protect and enhance.“7

Unter Wert wollen wir auf der Basis dieser Überlegungen eine Eigenschaft verstehen, die die moralische Berücksichtigung ihres Trägers bedingt, d. h. die Nichteinmischung in seine Interessen, das Nichtverhindern seiner Selbstentfaltung:8

„The assertion that an entity has inherent worth is here to be understood as entailing two moral judgments: (1) that the entity is deserving moral concern and consideration, or, in other words, that it is to be regarded as a moral subject, and (2) that all moral agents have a prima facie duty to promote or preserve the entity’s good as an end in itself and for the sake of the entity whose good it is.“9

In unserem Zusammenhang ist also ein Wert gemeint, über den Angehörige der Spezies Mensch eventuell in so hohem Maße verfügen, dass ihre privilegierte Stellung innerhalb der Gesamtheit des Seienden gerechtfertigt ist.

Nachdem wir nun den Begriff des Werts bestimmt haben, wollen wir jetzt unsere Empfindungen genauer untersu-chen, die mit diesem Begriff zusammenhängen. Aus dem Gemenge unserer ungeordneten und einander teils widersprechenden Wertempfindungen ragen zwei Überzeugungen heraus, die sich – in vorläufiger und vereinfachender Darstellung – folgendermaßen darstellen lassen:10

1. Menschen sind jeder anderen Existenzform vorzuziehen.

2. Allgemein verdient jedes Leben größtmöglichen Schutz und ist nichtbelebten Existenzformen vorzuziehen.

Aus der Formulierung der Überzeugung 1 wird deutlich, dass sie in Entscheidungssituationen im Allgemeinen stärker ist als Überzeugung 2 und sie deshalb auch überwiegt. In uns arbeiten also zwei Überzeugungen, die nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sind, deren eine im Konfliktfall aber ziemlich regelmäßig den Sieg über die andere davonträgt.11 Diese Vorrangstellung hat aber nicht zur Folge, dass Überzeugung 2 zu existieren aufhört, sobald sie mit Überzeugung 1 kollidiert, so wie in bestimmten Fällen ein Gesetz ein anderes außer Kraft setzt12 und das zweite dann für den entsprechenden Fall nicht anwendbar und damit nicht mehr vorhanden ist: Überzeugungen lassen sich nicht „ausschalten“, sondern nur von anderen überlagern. Überzeugung 1 ist stärker als Überzeugung 2, aber Überzeugung 2 wird dennoch mit der ihr eigenen Intensität auch dann empfunden, wenn sie Überzeugung 1 den Vortritt lässt. Fast alle Menschen würden, wenn keine andere Nahrung zur Verfügung stünde, ein Schwein töten, um ein kleines Kind zu versorgen, doch würde den meisten der Vorgang des Schlachtens keine Freude bereiten.

Im Folgenden sollen die Argumentationsstrategien, die zur Legitimierung der beiden Überzeugungen entworfen wurden und werden, auf ihre Glaubwürdigkeit geprüft werden. Als wichtigste Frage wird zu klären sein, ob es wirklich statthaft ist, der ersten Überzeugung den Vorrang vor der zweiten zu gewähren, d. h. ob ein Satz, der einen entsprechenden Sachverhalt zum Ausdruck bringt, entweder selbst als bedingungslos wahr gelten kann oder ob er sich mit den gängigen Regeln des logischen Schließens von einem anderen Satz ableiten lässt, der seinerseits als richtig anerkannt wird. In diesem Zusammenhang werden wir später auf das reflective equilibrium nach Rawls und auf Quines holistisches Verfahren zur Überprüfung wissenschaftlicher Sätze eingehen.

Zunächst erscheint es aber notwendig, die Forderungen an unser Verhalten, die in den Überzeugungen mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck kommen, inhaltlich genauer zu fassen.

Die Dramatik und Eindeutigkeit der eingangs geschilderten Situation des brennenden Hauses hatte höchstwahrscheinlich Auswirkungen auf die Bereitschaft, schnell und kategorisch eine Entscheidung für das Kind und gegen den Hund zu treffen – eben weil jede andere Wahl den für die meisten Menschen völlig inakzeptablen Tod des Kindes zur Folge gehabt hätte. Im Allgemeinen kommen wir jedoch selten in die Lage einer – zumindest auf den ersten Blick – einfachen und unkomplizierten Entscheidungsnotwendigkeit. Die Bevorzugung der menschlichen Existenz vor der nichtmenschlichen ist zwar manchmal eine Frage von Leben und Tod, aber nicht immer. Oft werden Tiere auch ohne zwingende Notwendigkeit getötet, insbesondere, damit wir sie verzehren können (obwohl eine vegetarische Ernährung durchaus möglich wäre13), aber auch zu anderen Zwecken, z. B. auf der Jagd, die zum Teil keinen Hegecharakter hat, sondern ausschließlich dem Vergnügen dient, oder bei religiös motivierten Tieropfern. Genmanipulierte Tiere werden wahrscheinlich in näherer Zukunft zum Zwecke der so genannten Xenotransplantation als Ersatzteillager für menschliche Organe dienen.14 Wir töten Tiere bisweilen auch, um ihre Haut oder andere Organe zur Herstellung von Kleidungsstücken, Kosmetika, Medikamenten oder Schmuck zu nutzen. Auch zur „Marktbegradigung“ werden Tiere umgebracht; nur so erreicht die Fleischindustrie eine künstliche Verknappung des Überangebots und damit die gewünschten Preise.15 Um der Kaufzurückhaltung der Konsumenten infolge des BSE-Skandals zu begegnen, veranlassten die EU-Agrarminister die Tötung tausender von Rindern, um so den Preis für Rindfleisch zu stützen.16 Um die Ausdehnung der Vogelgrippe einzudämmen, wird das gesamt Nutzgeflügel im Umkreis eines Kilometers von einem infizierten Tier getötet; entsprechende Prophylaxemaßnahmen werden nicht unternommen, wenn Menschen gefährliche Krankheiten übertragen könnten.17

Unsere Präferenzhaltung gegenüber der menschlichen Spezies manifestiert sich aber auch in der Tatsache, dass wir manchen Tieren – ohne sie zu töten – Dinge zumuten, die bei der Anwendung am Menschen einem Straftatbestand entsprächen oder zumindest als Unverschämtheit gälten. Tiere werden von Menschen eingesperrt, direkt körperlich gequält (zum Beispiel für medizinische Experimente); wir rauben ihre organischen Erzeugnisse wie Wolle, Milch und Eier und machen sie zu Nutzprodukten zu unserem Gebrauch; wir nehmen uns das Recht, sie in einem Zustand sklavenähnlicher Abhängigkeit als Haustiere zu halten, nur weil wir uns einsam fühlen18 oder sie für unsere Zwecke brauchen (zum Beispiel als Zugtiere,19 Polizei- oder Blindenhunde); wir dringen in ihre Privatsphäre ein, um sie zur Befriedigung unserer Neugier zu beobachten und zu erforschen. Solche Verhaltensweisen gelten als verpönt und werden entsprechend geahndet – wenn sie Menschen zum Objekt haben.20

Die „Bevorzugung“ des Menschen erschöpft sich demnach nicht allein in unserer Bereitschaft, Angehörige anderer Existenzformen zu töten, sondern sie auch sonst irgendwie in ihrer Entfaltung einzuschränken.

Somit stehen auch diese weniger lebensbedrohenden Umgangsformen des Menschen mit allen ihn umgebenden Wesen – lebend oder nichtlebend – auf dem Prüfstand. Die Frage, ob der Mensch vor bestimmten Existenzformen Vorrang genießen soll, ist eng verknüpft mit der Frage, wie sich dieser Vorrang – vorausgesetzt, er ist legitimiert – auswirken soll – vor allem, wenn wir von eindeutigen „er-oder-ich“-Situationen absehen, die uns eine Antwort in oftmals unrealistischer Weise erleichtern. Anders formuliert: Worin besteht die moralische Relevanz, die der streng anthropozentrische Standpunkt nur dem Menschen zugesteht? Dieselbe Frage lässt sich auch aus der Perspektive des Patho- und Biozentrismus und des Holismus stellen: Falls wir als Menschen (doch) nicht legitimiert sind, eine Vorrangstellung innerhalb der uns umgebenden Welt zu proklamieren, was dürfen wir den uns umgebenden Tieren, Pflanzen, Steinen (oder jedenfalls den Wesen, die irgendeinen Anspruch auf Gleichbehandlung vorweisen könnten), nicht antun?

Wir spüren also, um das Problem kurz zu skizzieren, zwei Überzeugungen in uns, die beide eine Art von Rücksichtnahme gegenüber uns umgebenden Seinsformen fordern. Die erste hat Menschen zum Gegenstand, die zweite nichtmenschliche Existenzformen, besonders Tiere. Geraten diese beiden Überzeugungen in Konflikt miteinander, so scheint regelmäßig die erste stärker zu sein als die zweite. Die Legitimität dieser Vorrangstellung soll geprüft werden.

Zunächst müssen wir untersuchen, welcher Art die Überzeugungen sind. Fragt man einen Vertreter des Anthropozentrismus, worin der höhere Wert des Menschen liege, so begründet dieser sein Urteil in der Regel mit vermeintlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, die angeblich nur oder jedenfalls nur in dieser Extensität am Menschen zu beobachten sind; es ist die Rede von Gottesähnlichkeit, Vernunft, Verantwortungs- und Moralbewusstsein u. a.21

Es ergibt sich folgende Argumentationskette:

(1) Menschen verfügen als einzige Lebewesen (zumindest in diesem Maße) über die Eigenschaft X.

(2) Menschen sind deshalb wertvoller als die übrigen Seinsformen.

(3) Menschen genießen weitergehende Rechte als alle anderen uns bekannten Existenzen.

Sollte es gelingen, diese Eigenschaft X zu finden, dürften der höhere Wert und damit auch die Vorrangstellung des Menschen bewiesen sein, an deren Existenz wir ohnehin glauben.

Manche mögen diese gesamte Untersuchung für überflüssig halten, da die Richtigkeit der Überzeugung 1 in ihren Augen absolut evident ist und ihre Legitimität damit außer Frage steht. Ehe wir ins Detail gehen, sollten wir deshalb darüber nachdenken, ob der Intuitionismus eine akzeptable Antwort auf unsere Fragen geben kann.

Unter der Voraussetzung, dass die Grundannahmen des Intuitionismus von der Existenz von uns unabhängiger Werte und Normen und ihrer Verstehbarkeit durch uns22 richtig sind, trägt die Offensichtlichkeit, mit der sich vielen Menschen die Überzeugung 1 aufdrängt, wesentlich zur Klärung des Problems bei.

Es bleiben allerdings einige beträchtliche Schwierigkeiten.

Auf unsere Intuitionen ist nur bedingt Verlass, wie schon Moore formuliert:

„In order to shew that any action is a duty, it is necessary to know both what are the other conditions, which will, conjointly with it, determine its effects; to know exactly what will be the effects of these conditions; and to know all the events which will be in any way affected by our action throughout an infinite future. (…) we can never be sure that any action will produce the greatest value possible.“23

Diesen Einwand könnte man (wie auch Moore selbst argumentiert24) durch die Entgegnung entkräften, intuitives Werten und Handeln könne zwar zu Irrtümern führen, dass aber Intuitionen dennoch eine Hilfe darstellten, die zumindest in der Regel mit recht großer Wahrscheinlichkeit zu brauchbaren Resultaten führte.

Ist intuitives Wissen wirklich von einer anderen Qualität als festes Glauben? Es mag durchaus etwas geben, das Menschen als Intuitionen spüren, doch bleibt zu fragen, ob die derart zustandegekommenen Einsichten sicherer sind als das, was wir als gut durchdachte Überzeugungen oder Meinungen bezeichnen.25

Vielleicht ist der Intuitionismus als Instrument der Begründung moralischer Aussagen nicht abwegig; einige Argumen-te sprechen für ihn, vor allem die Tatsache, dass oft Gegner in einer Debatte über richtiges Handeln sich auf dieselben Grundüberzeugungen berufen.26 Fraglich bleibt dann aber dennoch, ob es bestimmte unhinterfragbare Intuitionen gibt, insbesondere solche, die uns hinsichtlich des vorliegenden Problems weiterhelfen.27 Mit anderen Worten: Selbst wenn wir den Intuitionismus und die ihm zu Grunde liegenden Voraussetzungen hinsichtlich der Existenz objektiver Werte akzeptieren, hilft er uns im vorliegenden Fall nur bedingt weiter, da wir, wie wir gesehen haben, zwei unvereinbare Intuitionen spüren, deren eine die andere zwar überlagert, von denen die schwächere aber trotzdem weiterhin existiert und uns den Eindruck vermittelt, verwerflich zu handeln, wenn wir der ersten folgen.

Wir werden uns also mit beiden Überzeugungen auseinandersetzen müssen.

Lässt sich Ethik überhaupt rational legitimieren, oder müssen wir uns der Kritik von Kutscheras anschließen:

„Eine solche (rationale; P. D.) Begründung hätte (…) nur dann eine Chance, wenn man die Zuständigkeit der Vernunft nicht auf die Konstatierung von Fakten beschränkt, sondern ihr im traditionellen Sinn auch die Fähigkeit zuspricht, Werte und Ziele zu bestimmen.“28

Zur konkreten Vorgehensweise:

Zunächst soll die Überzeugung I („Menschen sind jeder anderen Existenzform vorzuziehen“) untersucht werden, die sich zugleich als die „traditionelle” Sichtweise erweisen wird. Die Überzeugung II („Allgemein verdient jedes Leben größtmöglichen Schutz und ist nichtbelebten Existenzformen vorzuziehen“) hat, wie wir sehen werden, im Laufe der Zeit, vor allem in den letzten zwei Jahrhunderten, die Moralvorstellungen der Menschen in zunehmendem Maße geprägt. Sie führte in den letzten dreißig Jahren sogar zu Vorstellungen, nach denen auch der unbelebten Materie gewisse Existenzrechte einzuräumen sind. Obwohl diese letztgenannten Überlegungen nicht oder nur zu einem kleinen Teil zu allgemeinen Ansichten geworden sind, wird eine gewisse – nur zum Teil experimentelle – Denkrichtung deutlich, die die absolute Suprematie der Überzeugung I angreift – wenn diese auch für unser tägliches Leben bestimmend bleibt.

Die Zielrichtung dieser historischen Entwicklung soll auch die der vorliegenden Untersuchung bestimmen: Ausgehend vom reinen Anthropozentrismus (der der Überzeugung I absolute Gültigkeit einräumt) wird der Kreis der zu berücksichtigenden Existenzformen ständig vergrößert,29 d. h. die Überzeugung II emanzipiert sich zusehends über die Stationen des Pathozentrismus, des Biozentrismus bis zum Holismus.

Wenn es gelingt, gute Gründe für die Richtigkeit dieser sich eventuell anbahnenden Änderung in unseren Moralvorstellungen zu finden, muss überlegt werden, ob die These 1 tatsächlich die Vorrangstellung verdient, die wir ihr trotz allem noch einräumen.

Die Frage, wie ein Intuitionskonflikt zu bewältigen sei, ist nicht neu und wurde schon gründlich durchdacht. Es wird insbesondere auf die Möglichkeiten einzugehen sein, die John Rawls in der Behandlung dieser Problemstellung eröffnet hat.

Zweifellos ist es schwierig, zum Themenbereich Wert des Menschen – Wert der Tiere etwas wirklich Neues zu sagen, zumal gerade in letzter Zeit einige diesbezügliche Untersuchungen erschienen sind.30 Gerade diese Tatsache zeigt aber vielleicht auch, dass die axiologischen Bestrebungen des Menschen nichts von ihrer Aktualität verloren haben und zu keinem Abschluss gekommen sind.

1 Auch Singer weist auf diese Inkonsequenz hin (Singer, Peter: Praktische Ethik. Stuttgart 1984, S. 109). Er merkt außerdem zu Recht an, dass vie- le Tierversuche dem Menschen nicht einmal Leid ersparen, da die getesteten Produkte entweder schon in ausreichender Qualität auf dem Markt sind (Shampoo, Lippenstifte) oder gar unser Leben gefährden (Zigaretten, Waffen) (ebd., S. 96 ff.).

2 „Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, soweit sie zu einem der folgenden Zwecke unerlässlich sind:

1. Vorbeugen, Erkennen und Behandeln von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Beschwerden oder Erkennen oder Beeinflussen physiologischer Zustände oder Funktionen bei Mensch und Tier,

2. Erkennen von Umweltgefährdungen,

3. Prüfen von Stoffen oder Produkten auf ihre Unbedenklichkeit für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf ihre Wirksamkeit gegen tierische Schädlinge,

4. Grundlagenforschung.“

(§ 7, Abs. 2 des Tierschutzgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 12. August 1986.) Zahlenmaterial zu Tierversuchen findet sich bei U. Wolf (Wolf, Ursula: Das Tier in der Moral. Frankfurt am Main 1990, S. 9 ff.), J. C. Wolf (Wolf, Jean-Claude: Tierethik. Neue Perspektiven für Menschen und Tiere. Freiburg, Schweiz 1992, S. 105 f.) und Ach (Ach, Johann: Warum man Lassie nicht quälen darf: Tierversuche und moralischer Individualismus. Erlangen 1999, S. 16 ff.). Weitere Beispiele bei Frey (Frey, Raymond G.: Ethics, Animals, and Scientific Inquiry. In: Gluck, John P. (Hrsg.): Applied Ethics in Animal Research. Philosophy, Regulation, and Laboratory Applications. West Lafayette, Indiana 2002, S. 21).

3 Allerdings geschieht diese Ablehnung weniger heftig als die Ablehnung der Quälerei von Menschen (S. dazu Schedel-Stupperich, Alexandra: Die Würde des Tieres als Kriminalitätsopfer am Beispiel des Hauspferdes. In: Liechti, Martin (Hrsg.): Die Würde des Tieres. Erlangen 2002).

4 Die beiden letztgenannten Phänomene lassen sich vergleichsweise leicht erklären: Das geliebte Haustier fungiert als Gegenstand der Zuneigung und wird damit gewissermaßen zu einem Teil der Persönlichkeit des Be- sitzers – der ja nicht die Spezies Hund oder Katze als solche liebt, sondern das ihm gehörende Exemplar. Die Verehrung mancher Tierarten in bestimmten Religionen wird nicht durch den objektiv beweisbaren moralischen Wert dieser Spezies begründet, sondern durch Glaubensgrundsätze, die nur Anhängern der jeweiligen Religion einleuchten. (Siehe dazu auch den Abschnitt über das imago-dei-Argument des Anthropozentrismus!).

5 Diesen Schluss legen alle gescheiterten Definitionsversuche nahe. Siehe dazu Allen, der zu dem Ergebnis kommt: „Value, I conclude, eludes formal definition.“ (Allen, Richard T.: The Structure of Value. Aldershot etc. 1993, S. 5).

6 Diese Einteilung deckt sich weitestgehend mit der Dworkins, der folgende Unterscheidung vornimmt:

a) instrumental wichtig = nützlich, brauchbar

b) subjektiv wichtig = nur für Leute, die Freude daran haben

c) wertvoll an sich = unabhängig von zufälligen Interessen und Brauchbarkeit (Dworkin, Ronald: Die Grenzen des Lebens. Reinbek b. Hamburg 1994, S. 105 ff.).

7 Allen (wie Anm. 5), S. 127.

8 „Wert“ (als neutrales Substantiv „werd“ seit dem 8. Jahrhundert im Althochdeutschen) und „Würde“ (als Substantiv „wirdi“ seit dem 8. Jahrhundert im Althochdeutschen) entstammen wahrscheinlich beide demselben indoeuropäischen Stamm *uert- „drehen, wenden“ (vgl. lat. „vertere“). Die Bedeutung entwickelte sich analog zu „-wärts“ im Sinne von „gegen etwas gewendet, zugewandt“ zu „einen Gegenwert habend“. (Zentralinstitut für Sprachwissenschaft: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Berlin 1993 (2. Auflage), S. 1559; S. 1584).

9 Taylor, Paul: Respect for Nature. A Theory of Environmental Ethics. Princeton, New Jersey 1986, S. 75. Auf moral agents und moral subjects werde ich später eingehen.

10 Die Problematik sieht auch Singer (wie Anm. 1, S. 357). Wolf (wie Anm. 2, S. 15 ff.) nennt diesen Konflikt „die doppelte Alltagsmoral“.

11 Neumann sieht diesen Antagonismus ebenfalls, weist aber zu Recht darauf hin, dass auch innerhalb der Überzeugung 1 inkonsequent gefühlt und gehandelt wird, da „der Mensch fähig ist, mit seinesgleichen wie mit Tieren umzugehen. Er sperrt seine Artgenossen in Gefängnisse und Lager, quält und entwürdigt sie, macht sie zu geschundenen Arbeitskräften und zwingt sie zu einem Leben, das auf ein instinktgesteuertes Überlebensverhalten reduziert ist.“ (Neumann, Josef N.: Sind Tiere Personen? In: Tiere ohne Rechte? Hrsg. von Joerden, Jan C. Berlin – Heidelberg 1999, S. 13).

Um unsere Untersuchung nicht ausufern zu lassen, müssen wir diesen Aspekt außer Acht lassen und gehen von einer einheitlichen Behandlung des Menschen durch den Menschen aus.

12 Bundesrecht bricht Landesrecht. (Art. 31 Grundgesetz).

13 Die Umstellung der gesamten Menschheit auf eine vegetarische oder veganische Lebensweise wäre mit Problemen verbunden. Schlachter würden ihre Arbeit verlieren, es müssten neue Kochbücher geschrieben werden, in manchen Kulturen müsste man von liebgewonnenen Traditionen Abschied nehmen. Eskimos müsste man mit Obst versorgen oder in anderen Regionen ansiedeln, etc. Diese Belastungen wären aber zumutbar, wenn man das tierische Leben als wirklich schützenswert einstufen würde; der Verzicht, den wir von Menschen mit anthropophagischen Neigungen fordern, erscheint schließlich auch legitim.

14 S. dazu: de Falco, Arz : Die Würde des Tieres: Tierethische Aspekte in der Xenotransplantation. In: Liechti, Martin (Hrsg.): Die Würde des Tieres. Erlangen, 2002. (Dort auch weitere Literatur zur Xenotransplantation). Der Autor sieht die Würde der Tiere durch die Xenotransplantation verletzt.

15 S. dazu z. B. Tagesspiegel, 14.02.2001.

16 Die industrielle Schlachtung von Tieren wurde sogar mit dem Genozid an den Juden im Nationalsozialismus verglichen (Patterson, Charles: Für die Tiere ist jeder Tag Treblinka. Über die Ursprünge des industrialisierten Tötens. Frankfurt a. Main 2004). Eine derartige Argumentation erscheint fragwürdig, da die historische Dimension des Ausrottungsbemühens im Falle der Tiere nicht zu beobachten ist (vgl. die entsprechenden Rezensionen in der Süddeutschen Zeitung v. 30.11.2004 sowie in der Frank-furter Allgemeinen Zeitung vom 27. und 28.1.2005); dennoch macht der Autor eindrucksvoll deutlich, wie bereitwillig und radikal das Wohl mancher Wesen den Interessen der Menschen untergeordnet wird.

17 Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat nochmals bestätigt, wie weit der Schutz des Individuums geht: Entführte Passagierflugzeuge, die von Terroristen auf Hochhäuser gelenkt werden, dürfen nicht zum Schutz der eventuell von der Kollision Betroffenen abgeschossen werden. (Bundesverfassungsgericht. Pressestelle. Pressemitteilung Nr. 11/2006 vom 15. Februar 2006. Zum Urteil vom 15. Februar 2006. 1 BvR 357/05).

18 Vgl. Nowak, Damian: Die Haltung von Haus- und Hobbytieren. In: Joerden, Jan C. (Hrsg.): Tiere ohne Rechte? Berlin – Heidelberg 1999.

19 Vgl. Busch, Bodo: Die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere. In: Joerden, Jan C. (Hrsg.): Tiere ohne Rechte? Berlin – Heidelberg 1999

20 Zu diesem Widerspruch siehe auch Singer (wie Anm. 1, S. 93 und 98).

21 Wolf teilt diese Ansicht nicht uneingeschränkt; sie hält die traditionelle Vorrangstellung des Menschen in erster Linie für das Ergebnis historischer Konvention: „Sie (die Einschätzung des Menschen als der wertvollsten Existenzform; P. D.) stammt (…) aus anderen Kontexten, die das Christentum beeinflußt haben, wobei insbesondere der stoische Rationalismus eine Rolle gespielt haben dürfte, vielleicht auch das römische Rechtsdenken, das die Tiere als Sachen einstuft. Diese Entwicklung verstärkt sich mit dem Aufkommen von Naturwissenschaft und Technik, die mit zunehmendem Wissen und Können zu einer Selbstüberschätzung der Menschen führen.“ (wie Anm. 2, S. 141 f.).

22 „»Emotionale Ethik« im Unterschiede zu »rationaler Ethik« ist durchaus nicht notwendig »Empirismus« im Sinne eines Versuchs, die sittlichen Werte aus der Beobachtung und Induktion zu gewinnen. Das Fühlen, das Vorziehen, das Lieben und Hassen des Geistes hat seinen eigenen apriorischen Gehalt…“ (Scheler, Max: Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik. Neuer Versuch eines ethischen Personalismus. Halle a. d. Saale 1921, S. 61).

„Nicht durch »innere Wahrnehmung« oder Beobachtung (in der ja nur Psychisches gegeben ist), sondern im fühlenden lebendigen Verkehr mit der Welt (sei sie psychisch oder physisch oder was sonst). Im Lieben und Hassen selbst, d. h. in der Linie des Vollzugs jener intentionalen Akte blitzen die Werte und ihre Ordnungen auf!“ (Scheler 1921, S. 64). In eine zumindest in diesem Punkt vergleichbare Richtung gehen auch die Überlegungen Prichards: „…for the goodness of the act itself seems more closely related to the obligation to do it than of its mere consequences or results, and therefore, if obligation is to be based on the goodness of something, it would seem that this goodness should be that of the act itself.“ (Prichard, Harold Arthur: Does Moral Philosophy Rest on a Mistake? In: ders. (Hrsg.): Moral Obligation. Oxford 1949, S. 5. S. dazu auch Ross, William D.: The Right and the Good. Oxford 1930).

Auch Hartmann argumentiert auf der Basis des Intuitionismus: „…sie (die Ethik; P. D.) kann dem sittlichen Bewusstsein nichts aufdrängen, sondern es nur auf seine eigenen Inhalte und Prinzipien hinlenken. Sie kann nur aus ihm herausholen, was in ihm enthalten ist. (…) … sie kann sie (die Prinzipien; P. D.) nicht von sich aus erdenken, erfinden; sie kann nur zu Bewusstsein bringen, was als Prinzip in der Menschenseele angelegt ist, oder richtiger – denn gerade der „Anlage“-Begriff ist zweideutig – was an sich ethisches Prinzip ist. Es muß eben ein solches Sein der ethischen Prinzipien geben – mögen diese nun Gebote, Normen oder Werte schlechthin sein.“ (Hartmann, Nicolai: Ethik. Berlin – Leipzig 1926, S. 27).

23 Moore, George Edward: Principia Ethica. Cambridge 1993, S. 198 f. Ähnlich formuliert Mackie sein argument from queerness hinsichtlich unabhängig von uns existierender Werte: „If there were objective values, then they would be entities or qualities or relations of a very strange sort, utterly different from anything else in the universe. Correspondingly, if we were aware of them, it would have to be by some special faculty of moral perception or intuitions, utterly different from our ordinary ways of knowing everything else.“ (Mackie, John Leslie: Ethics. Inventing Right and Wrong. London 1990, S. 38). Im Zusammenhang mit der Behandlung von Tieren hält Johnson den Intuitionismus für besonders problematisch (Johnson, Edward: Life, Death and Animals. In: Miller, Harlan B.: Ethics and Animals. Clifton, New Jersey 1983, S. 123).

24 Moore (wie Anm. 23), S. 199 ff.

25 So Warnock, Geoffrey James: Contemporary Moral Philosophy. London etc. 1967, S. 14 f.; derselben Ansicht ist auch Hudson, W. Donald: Modern Moral Philosophy. Basingstoke etc. 1983, S. 101 ff.

Sterling entgegnet, wohl nicht ganz zu Unrecht, dass Hudson die Frage außer Acht lässt, wie gerechtfertigt Glaubenssätze im Vergleich zu Intuitionen sind: Es sei ein Unterschied, ob ich glaubte oder ob ich gerechtfertigt ( = intuitiv) wisse. (Sterling, Grant C.: Ethical Intuitionism and Its Critics. New York – Berlin 1994, S. 77 ff.) Sehr deutlich formuliert in diesem Sinne auch Audi: „A mere inclination to believe is not an intuition; an intuition tends to be a “conviction” (…) and to be relinquished only through such weighty considerations as a felt conflict with a firmly held theory or with another intuition.“ (Audi, Robert: Intuitionism, Pluralism, and the Foundations of Ethics. In: Sinnott-Armstrong, Walter (Hrsg.): Moral Knowledge? New Readings in Moral Epistemology. New York – Oxford 1996, S. 110). Diese Einwände ändern aber nichts an der Grundproblematik, da wirkliche Intuitionen (d. h. so, wie z. B. Scheler sie sieht) ihrem Wesen nach nicht weiter zurückführbar sind auf andere Sätze, keine empirische Bestätigung erfahren und gewissermaßen allein in unserem Bewusstsein stehen. Woher sollen sie Berechtigung finden, wenn nicht durch unser Dafürhalten? Und wenn das so ist: Was unterscheidet sie dann von Glaubenssätzen?

26 Sterling (wie Anm. 25), S. 129. Auf der anderen Seite können verschiedene Menschen durchaus auch verschiedene Intuitionen spüren. S. dazu de Beaufort, I.: Your Intuition or Mine? In: van der Burg, Wibren (Hrsg.): Reflective Equilibrium. Essays in Honour of Robert Heeger. Dordrecht 1998.

27 Auf diese Frage werden wir bei der Besprechung des Holismus im Zusammenhang mit der offenen Rationalität eingehen.

28 Kutschera, Fanz von: Drei Versuche einer rationalen Begründung der Ethik: Singer, Hare, Gewirth. In: Fehige, Christoph (Hrsg.): Zum moralischen Denken. Bd. 1. Frankfurt am Main 1995, S. 75.

29 Quine führt die Veränderung der Moralität ganz in diesem Sinne auf die Erweiterung unseres Horizonts zurück, sieht als Betroffene dieser Entwicklung jedoch lediglich „...die Familie, Sippe, Nation, Kultur, Spezies, bis hin zum Phylum und zu künftigen Generationen...“, bleibt also im Bereich der Menschen. (Quine, Willard Van Orman: Unterwegs zur Wahrheit. Konzise Einleitung in die theoretische Philosophie. Paderborn etc. 1995, S. 159 f.).

30 Flury, Andreas: Der moralische Status der Tiere: Henry Salt, Peter Singer und Tom Regan. Freiburg – München 1999. Balzer, Philipp/Rippe, Klaus Peter/Schaber, Peter: Menschenwürde vs. Würde der Kreatur. Begriffsbestimmung, Gentechnik, Ethikkommissionen. Freiburg – München 1998.

Der moralische Status von Tieren

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