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2 Die Essenz von Teilhards Entwicklungsvision

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1. Je komplexer, desto bewusster

Im Lauf der Erdgeschichte entstanden immer komplexere Formen: Atome, Moleküle, Zellen, Mehrzeller. Indem sich so die Materie immer stärker verdichtete, zeitigte sie immer höhere Formen bewussten Seins. Die ganze Evolution ist geprägt durch ein kontinuierliches Streben nach ‚Mehr-Sein‘, gemäß der Formel: je komplexer, desto bewusster.

2. Selbstbewusstsein als vorläufiger Höhepunkt

Mit dem menschlichen Gehirn erreichte die Komplexität der Materie ihren vorläufigen Höhepunkt. Sie ermöglichte ein Bewusstsein, das sich selber bewusst ist, das über sich selber reflektieren kann.

3. Die Evolution geht weiter

Physisch scheint die Evolution mit dem homo sapiens sapiens abgeschlossen zu sein. Aber sie geht in einer anderen Weise weiter, nämlich auf der seelisch-geistigen, kulturellen und sozi­alen Ebene des Menschen.

4. Eine Geistsphäre rund um die Erde

Während einer längeren Expansionsperiode besiedelte der Mensch sämtliche Kontinente und Landstriche, selbst die unwirtlichsten. So entstand allmählich, zusätzlich zur Biosphäre, eine ‚Geistsphäre‘ rund um die Erde.

5. Ansteigen der psychischen Temperatur durch Verdichtung

Durch die ständige Zunahme der Weltbevölkerung (gegenwärtig 80 Millionen jährlich) wird es wegen der gekrümmten, nicht ausdehnbaren Erdoberfläche immer enger auf der Erde. Es kommt zu einer neuen Art Verdichtung, diesmal der Menschen untereinander. Dadurch erhöht sich die ‚psychische Temperatur‘ der Menschheit. Das führt zu großen Spannungen und Konflikten.

6. Verstärkung des globalen Bewusstseinsfeldes

Diese ungemütliche Situation ist ein notwendiges Durchgangsstadium, denn die obige Formel gilt auch hier: je komplexer, desto bewusster. Durch die Verdichtung verstärkt sich auch das glo­bale Bewusstseinsfeld. Die Menschen werden einsichtiger, die Wissenschaft erkennt immer größere Zusammen­hänge. So wird uns allmählich bewusst, dass im Universum alles mit allem zusammenhängt, dass die Zukunft offen und gestaltbar ist, und dass das Potenzial und die Verantwortung für die Weiterentwicklung bei uns liegen.

7. Die Menschheit ist ein Organismus

Daraus erwächst die Einsicht, dass die Menschheit nur überleben kann, wenn sie sich als ganzheitlichen Organismus organisiert. Diese Einsicht führt zu glo­balem Denken und zu einem Gefühl der Zusammengehörigkeit.

8. Der Sinn fürs Ganze

Die ganze kosmische Entwicklung muss sinnvoll, irreversibel und unvergänglich sein, sonst würden die Menschen nicht nach ‚Mehr Sein‘ streben und ihr Engagement für eine gemeinsame Zukunft würde rasch erlahmen. Mit dem Bewusstsein, eine spezialisierte Zelle im Menschheitskörper zu sein, wächst in immer mehr Menschen ein ‚Sinn fürs Ganze‘, das Bedürfnis, diesem Ganzen zu dienen und Mitverantwor­tung zu übernehmen. Das kosmische Streben nach ‚Mehr sein‘ drückt sich im Menschen aus als Glaube an etwas Ganzes, Vollkommenes. Dahinter stecken die Ur-Sehnsucht nach Vereinigung und das Verlangen, selber ganz zu werden.

9. Die Entwicklung ist konvergent

Die kosmischen Entwicklungen sind konvergent; alles tendiert dazu, zusammenzustreben. Die Menschheit macht da keine Ausnahme; sie strebt zu einem konvergenten Zielpunkt: Omega. Das heißt, das Drängen von unten und eine Anziehungskraft von oben zieht und treibt die Menschheit in einem sich verjüngenden Spiralen­gang auf ein höchstes Zentrum hin zu ihrer Vollendung.

10. Gemeinsame Ganzwerdung

Individuelle Vervollkommnungsversuche führen in die Vereinzelung. Nur das Bemühen um die gemeinsame Ganzwerdung bringt uns weiter. Doch der einzelne Mensch wird nicht untergehen in diesem Ganzen, sondern darin aufgehen; er wird darin aufgehoben sein, aber nicht damit verschmelzen, sondern sich darin sogar weiter differenzieren.

11. Ein personales Über-Menschliches

Sich hingeben kann der Mensch nur einem Größeren als er selbst, einem Über-Menschli­chen. Aber dieses Größere kann nicht ein Etwas sein, sondern muss ein Jemand, also personhaft im Sinn von höchst-bewusst sein.

12. Das personhafte Göttliche

Dieses Personhafte kann man als göttlich bezeichnen; es offenbart sich im Menschen, und so kann er zu ihm in Bezie­hung treten. Für Christen ist es der ‚kosmische Christus‘ als Kraftquelle und Anziehungskraft zugleich.

Naturwissenschaftliche Entwicklungstheorie und christliche Heilslehre sind so gesehen nur zwei verschiedene Ansichten desselben Prozesses.

13. Vollendung durch Liebe

Dadurch findet der Mensch zu einer neuen Form der Liebe, zu wahrer Nächstenliebe. Seine egozentri­schen Bedürfnisse vermindern sich allmählich. Das ist ein ebenso schmerzlicher wie freudiger Prozess. So fügt sich der Mensch immer mehr dem mystischen Leib Christi ein, und durch diese Eingliederung wird er voll­endet. Denn im Verlauf dieses Prozesses verwandelt sich sein ganzes We­sen.

14. Die Wiederkunft Christi

Durch die liebevolle Vereinigung einer zunehmender Zahl verwandelter Men­schen verstärkt sich die Anziehungskraft des über-menschlichen Brennpunkts immer mehr, bis in einem kosmischen Moment ein gewaltiger Impuls alle Menschen guten Willens blitzartig erfasst (= die Wiederkunft Christi) und sie als Einheit in eine neue, göttliche Dimension durchbrechen.

PGB 2010

Einblicke ins Universum von Pierre Teilhard de Chardin

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