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Wir fuhren die Küstenstraße entlang. In den Tunneln nebenan verlief die Eisenbahnlinie nach Marseille, und manchmal hörte man die schrillen Warnpfiffe der Lok, weil ein Bahnübergang aus den Bergen zum Meer hinunterführte. Um diese späte Stunde, kurz nach Mitternacht, war die Grenzabfertigung bloß noch eine Farce.

Der Zöllner am Schlagbaum verließ nicht einmal sein Häuschen, er hob nur müde den Kopf und tastete nach seiner nicht vorhandenen Uniformmütze, als wir vorüberfuhren. Ernie grüßte freundlich zurück.

Kramer lag hinten auf der Ladefläche unter Francescas Pferdedecke, Hand- und Fußgelenke so eng zusammengebunden, dass er in den Kurven auf der Seite liegen musste.

Er schnaufte unwillig, wenn sein Kopf gegen die gepolsterten Wände des Laderaums stieß. Das Gefährt schien früher als Leichenwagen gedient haben; in der Ablage über dem Schaltknüppel war ein kleine Madonna aus Porzellan montiert. Ernie hatte seine Verbindungen zur Unterwelt von Toulon und Marseille spielen lassen und einen richterlichen Einweisungsbescheid erwirkt. Er würde in der Pförtnerloge des Pflegeheims bereitliegen, das er für Kramer als künftiges Domizil ausgesucht hatte.

Dabei verlor er kein einziges Wort darüber, ob er gefälscht oder durch Bestechung erlangt worden war; es gehörte in den weitgezogenen Kreis seiner Betriebsgeheimnisse, die er mir erst viel später anvertrauen würde – wenn er das Gefühl gewonnen hatte, ich sei ein gelehriger Schüler und vertrauenswürdig genug, um zu lernen, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Hinter Antibes bogen wir in die Berge der Provence ab. Einmal sah ich schemenhaft aus dem Dunst neben der Straße das Hinweisschild Grasse auftauchen – die berühmte Parfümstadt. Als ich schon annahm, Kramers künftiges Heim liege mitten im Ort, umrundeten wir die von schwachen gelben Scheinwerfern angestrahlte Kathedrale. Es ging durch eine unbeleuchtete Toreinfahrt mit Regenpfützen, und gleich darauf befanden wir uns auf einer elenden Piste, die ein paar hundert Meter weiter zu einem von Pflastersteinen und Schlaglöchern durchsetzten Asphaltweg wurde.

Ernie stieg aus, seine auseinandergefaltete Straßenkarte in der Hand, um im Nieselregen den verschmierten Wegweiser über einem rosafarbenen Bougainvilleastrauch zu lesen. Er leuchtete das Schild mit der Taschenlampe an.

"Verfahren?“, fragte ich, nachdem er wieder eingestiegen war.

"Ich war zum letzten Mal hier, um meine Mutter abzuholen. Die alte Dame hatte sich wieder so weit gefangen, dass ich sie in ein Sanatorium am Zürichsee einliefern konnte. Die Pfleger in Südfrankreich verstehen ihr Handwerk. Es ist die mediterrane Ausgeglichenheit, die sie weniger unduldsam mit Kranken umgehen lässt als in unseren Breiten."

"Sie haben Ihre eigene Mutter in diese elende Gegend verfrachtet?"

"Weil sie die Provence liebte. Sie hatte ein Zimmer mit Blick aufs Meer. Es ist zwar weit entfernt, aber an klaren Tagen glaubt man die Küste von Korsika zu erkennen. Vielleicht sind es ja nur dunkle Wolken, die wie Berge aussehen", meinte er bekümmert, als übermanne ihn bei diesen Worten die Erinnerung.

Wir rumpelten weiter über den Asphaltweg. In den Kehren glommen unter uns die Lichter der Küstenstraße auf. Sie waren wie ein Bandwurm, der sich im Dunst der Halbinsel von Hyeres verlor.

"Verraten Sie mir Ihr Geheimnis, Leo – wie haben Sie das Ungeziefer abgerichtet?"

"Oh, wenn man ihre Zuneigung gewonnen hat, sind sie ganz lernwillig."

"Zuneigung bei Kakerlaken?" Er lächelte unmerklich.

"Ich glaube, sie mögen mich. Sie geben es mir dadurch zu verstehen, dass sie aufgeregt mit den Fühlern winken, wenn ich ihre Schachtel öffne. Bei Fremden würden sie in Panik geraten."

"Bewusstsein besteht immer aus der gleichen Substanz", sagte er. "Die Gefühle sind überall dieselben: Freude, Angst, Entsetzen ..."

"Ja, da mögen Sie recht haben. Eine bemerkenswerte Einsicht."

"Sobald wir das verstanden haben – ich meine, wirklich im tiefsten Innern realisiert und nicht bloß als kalte intellektuelle Einsicht wie ein Insektenforscher, der ein paar Fühler abtrennt, um hinter das Geheimnis ihrer Mechanik zu gelangen – werden wir die Tötung eines Tieres nur noch als Mord bezeichnen können."

"Deshalb leide ich mit ihnen, wenn sie krank sind oder im Restaurant vom Kellner zertreten werden."

"Sie sprechen mir aus der Seele, Leo. Aber diese ... Kakerlaken sind doch nicht Ihre Freunde geworden, weil Sie sie einfach als Partner betrachten? Sie müssen doch irgendeinen einen Dreh gefunden haben, um sie zu domestizieren? Erkennen die Viecher Sie überhaupt?"

"Manchmal sind sie ungehorsam. Dann zeige ich ihnen meine Sammlung aufgespießter Artgenossen. Das bringt sie wieder zur Räson."

"Hallo, Schwester Annette", sagte Ernie weit vorgebeugt in das Glasfenster der Pförtnerloge hinein. "Das ist aber eine Überraschung, Sie altes Unikum immer noch unter den Lebenden zu sehen! Sind Sie denn gar nicht tot zu kriegen?"

Ein uraltes Mütterchen mit weißer Schwesternhaube trat aus der Tür, um einen Blick auf mich und Kramer zu werfen – auf Kramer, der, von grün-roten Pillen aus Ernies Handschuhfach betäubt, kraftlos zwischen uns hing und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Ihr zahnloser Mund bewegte sich, um einen französischen Fluch auszustoßen – aber ihre alten Augen waren voller Wiedersehensfreude.

"Das ist unserer neuer Patient. Er weigert sich, französisch zu sprechen. Versucht den Leuten weiszumachen, er sei Deutscher. Kümmern Sie sich nicht darum! Von diesen Pillen täglich eine", sagte Ernie und legte das Glas mit den grün-roten Kapseln in Schwester Annettes Hand (ich bemerkte, dass darunter eine größere Franc-Note lag). "Vergessen Sie um Gottes willen nicht seine Pillen, es würde seine epileptischen Anfälle nur verschlimmern."

Ernie bekam einen Briefumschlag ausgehändigt, den ein Bote vor zwei Stunden mit dem Motorrad abgeliefert hatte. Er musterte die Tafel mit dem Namen des Bereitschaftsarztes, dann wurden wir in die Aufnahme geführt. Ich versuchte Kramer davon abzuhalten, aus dem ebenerdigen Fenster in die Rosensträucher zu springen.

"Haben Sie das gesehen, Dr. Musseau?“, fragte Ernie den jungen Arzt, der mit einem Stethoskop um den Hals hereinkam. "Der Ärmste versucht sich wahrhaftig das Leben zu nehmen." Er reichte ihm Kramers neue Papiere, den Einweisungsbescheid und ein psychiatrisches Gutachten, das aus Toulon stammte. "Willem phantasiert in fremden Sprachen. Kümmern Sie sich nicht darum. Sein Vater ist ein Gemüsehändler aus Marseille, seine Mutter stammt aus Holland."

"Wir werden ihn erst mal in die geschlossene Abteilung bringen", sagte Doktor Musseau. "Später kam man weitersehen."

Ernie nickte bekümmert und schlug eine Fluse von seinem Hosenbein. "Ich halte es für dringend erforderlich, ihn vor seinem eigenen Zerstörungsdrang zu beschützen. Willem macht momentan die schwierigste Phase seines Lebens durch. Er glaubt, er sei Detektiv. Er hat alles, was er bei sich selbst nicht akzeptieren kann, in seine Umwelt projiziert, und versucht es auf diese Weise – im Namen des Gesetzes, als Streiter irgendeiner dubiosen Agentur für Recht und Ordnung – zu bekämpfen."

"Wir hatten schon schwierige Fälle hier als ihn", sagte Doktor Musseau. Dabei versuchte er seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu geben, aber angesichts seiner Jugend – er schien eben dem Hochschulalter entwachsen zu sein –, wirkte sein Bemühen eher rührend als überzeugend. "Ist Willem Ihr Verwandter?"

"Ich versprach seinem Vater, meinem verstorbenen Freund, am Totenbett, für Willem zu sorgen."

"Was ist mit seinen Händen?"

"Eine ansteckende Hautkrankheit. Halten Sie ihn lieber von den anderen Patienten fern."

"Wir werden für ein schönes Zimmer im geschlossenen Trakt der Anstalt sorgen", sagte Doktor Musseau und griff freundlich nach seinem Arm. "Nicht wahr, Willem – mit Aussicht auf die Küste?"

Willem warf ihm einen düsteren Blick zu, der alles mögliche bedeuten konnte, aber sicher keine Zustimmung. Ich war überzeugt, dass er weniger als fünf Worte Französisch verstand.

Auf der Rückfahrt kamen wir am frisch renovierten Kasino vorüber. Ein weißer Würfel mit Begonien an den Seitenkanten und einem Portal wie ein orientalischer Torbogen. Ernies Kinn deutete zu den dunkel getönten Türscheiben. Er sagte, er würde gern auf unseren gemeinsamen Erfolg einen Perron-Perdon (irgendeine selbst erfundene Mischung) mit mir trinken, aber die Bar sei noch nicht wieder geöffnet. Sein Gesicht hatte beim Anblick des weißen Würfels einen geradezu heiligen Glanz bekommen – als sei er ein frommer Muslim, der sich der Kaaba näherte. Vielleicht war Ernie ja Spieler und nur hier um die Neueröffnung des Kasinos abzuwarten?

"Da drinnen gibt es keine Uhren, Leo – und keine Fenster. Nur Glaskuppeln auf dem Dach, damit man in den Büros natürliches Licht hat. Die Spieler dagegen sind von der Zeit und vom Tageslicht abgeschnitten, um sich ganz ihrer Leidenschaft widmen zu können."

"Ich bin nicht sehr erfolgreich im Glücksspiel."

"Das lässt sich leicht ändern. Was halten sie davon, wenn ich Sie unter meinen Fittiche nehme und Ihnen ein paar kleine Tricks beibringe?" Er war rechts an den Bordsteinrand herangefahren. Vor uns lag das Portal des Kasinos. Die steinernen Löwen zu beiden Seiten der Treppe musterten uns in der Dunkelheit wie eine leicht zu jagende Beute.

"Vielen Dank für das Angebot, Ernie. Aber ich weiß nicht, ob ich zum Kasinolöwen tauge. Bei so vielen Menschen bekomme ich immer Platzangst."

"Wir sollten Sie gründlich durchstylen, Leo. Innerlich und äußerlich. Sie müssen neues Selbstvertrauen gewinnen, jetzt, wo Sie überall in Europa so erbärmlich aufgelaufen sind mit Ihrer Dressurnummer. Ich bin gerade in der glücklichen Lage, etwas Zeit für Sie erübrigen zu können – bis zur Eröffnung des Kasinos. Deswegen bin ich nämlich hier."

"Wenn Sie das für mich tun wollen ...?"

"Hand drauf."

Er stieg aus, und ich folgte ihm langsam um den Kasinobau. "Sehen Sie sich das an", sagte er, als wir an der Rückseite angelangt waren. "Glatte Wände, keine Fenster, keine Lieferanteneingänge. Nur ein paar Lichtkuppeln auf dem Dach. Die einzige Zufahrt außer dem Hauptportal ist über dem Häuschen des Wachpostens, wie bei einer mittelalterlichen Burgwache. Von dort aus wird das eiserne Schiebetor bedient. Ist man erst mal drin, dann sitzt man in der Mausefalle, weil die Betonwände der Einfahrt viel zu hoch sind, um wieder herauszukommen. Das Ganze ist besser gesichert als mancher sogenannte Hochsicherheitstrakt."

"Aber von vorn spaziert man einfach ungehindert hinein, oder?"

Er blieb stehen, musterte mich anerkennend und lächelte breit. Von einer der Dachlampen fiel etwas Licht auf sein Gesicht und seinen halbgeöffneten Mund und ließ den kleinen goldenen Adler mit ausgebreiteten Schwingen aufblitzen. "In die Kasinoräume, ja. Aber vor den Zugang zum Tresorraum haben die Götter die ausgefeilteste elektronische Sicherungsanlage des ganzen Kontinents gesetzt."

"Sind Sie denn auf den Tresor scharf, Ernie?"

"Na, sagen wir mal, es gehört zu meiner Lebensphilosophie, auf alles scharf zu sein, was mir einen sorgenfreien Lebensabend verschaffen könnte."

"Sie haben nichts in die Rentenversicherung eingezahlt?"

"Ich war zuviel unterwegs in der Welt. Außerdem widerspricht es meinem Grundsatz, dass jeder für sich selber sorgt. Sehen Sie mal, Ernie, ich habe lange darüber nachgedacht, warum das Nehmen zur vorherrschenden Haltung in unserer Zivilisation werden konnte. Es gibt nur drei Möglichkeiten: Geben, Nehmen und ein armer Schlucker sein. Der größte Teil der Menschheit gehört zur Kategorie drei, obwohl sie alle verständlicherweise wenig Wert darauf legen, dieser Klasse anzugehören. Geben kann man nur, wenn man hat. Also ist Nehmen Voraussetzung von Geben. Können Sie mir soweit folgen, Leo?"

"Ja, natürlich ..."

Wir umrundeten die Wasserspiele im Kasinopark. Er blieb zwischen den Heckenbögen stehen, zeigte über das blinkende Wasser der Teiche, in dem Seerosen schwammen, und fuhr fort: "All diese Reichtümer hätten niemals von einem allein angehäuft werden können. Aber sie gehören einem einzigen Menschen: Sheila Annaxos. Seit ihr Mann, der bekannte griechische Reeder, bei einem Sturm in der Karibik ertrunken ist, darf sie sich seines großen Vermögens erfreuen. Dieses Kasino ist nur ein neues Stück von vielen in ihrer Perlenkette. Und was schließen Sie daraus, Leo?"

"Dass Sheila Annaxos eine gute Partie gemacht hat?"

"Bleiben wir lieber bei meiner Definition. Sie muss es sich genommen haben. Genauer gesagt: sie hat es von ihrem Gatten bekommen, und der hat es sich genommen. Er hat genommen, was er kriegen konnte.

Niemand zahlt für ein Schiff voller Container oder eine Ladung Öl so viel, dass man dadurch zum Tankermillionär werden könnte. Er hat es sich auf andere Weise genommen. Durch Spekulationen und weil er seine Konkurrenten in den Ruin trieb. Durch Druck, Nötigung, durch Verpflichtungen, die andere ihm gegenüber besaßen, durch Absprachen.

Das Prinzip des Nehmens beherrscht die Welt, Ernie. Nicht der Wille zur Macht, wie mal jemand behauptet hat, der sich für klüger als alle anderen hielt. Das Nehmen ist die wahre metaphysische Struktur der Wirklichkeit.

Und nun sind wir schon einen guten Schritt weiter in unseren Überlegungen!

Etwas zu bekommen für etwas anderes wäre ein bloßes Tauschgeschäft. Arbeit für Ware, Geld für geleistete Arbeit, Äpfel für Birnen. Jemand benötigt ein Fahrrad und gibt dafür einen Anzug her.

Resultat: Man bleibt immer auf dem gleichen Stand. Nur die Art der Besitztümer ändert sich. Erst wenn wir mehr nehmen als wir gegeben haben, gelangen wir zu Reichtum. Aber woher stammt dieses Mehr eigentlich, Leo? Der andere ist in Not, sein Verlangen ist größer als seine Sparsamkeit. Also gibt er, mit oder gegen seinen Willen, etwas von dem her, was er hat, und der andere profitiert davon. Hier haben wir die letzte, die eigentliche Struktur des menschlichen Zusammenlebens. Es wird gegeben und genommen."

"Waren Sie mal Philosophieprofessor, Ernie?"

"Nein, ich hatte einen Lehrstuhl für Theologie in Frankfurt. Man warf mich aus dem Dienst, weil ich im Bahnhofsviertel ein paar Pferdchen laufen ließ."

"Kein Wunder, das verträgt sich nicht mit einem so gottesfürchtigen Beruf."

"Meine damalige Geliebte entdeckte, dass sie unter meinem Schutz sicherer arbeitete als ohne mich. Ich meinerseits begriff endlich, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Aber da ich deswegen noch lange nicht bereit war, meiner Liebe abzuschwören, als wenn das vom Beruf eines Menschen abhinge, kamen bald noch ein paar ihrer Freundinnen hinzu, die dringend desselben Schutzes bedurften."

"Getreu dem christlichen Motto, keine ausgestreckte Hand zu übersehen?"

"Das Bahnhofsviertel ist wirklich der reinste Raubtierkäfig."

"Sie waren ein waschechter Zuhälter, Ernie?"

"Nur im platonischen Sinne. Ideell, nicht materiell. Als Lehrstuhlinhaber für katholische Theologie war ich nie auf ihre Einnahmen angewiesen."

Wir stiegen in seinen Leichenwagen mit der kleinen Madonna aus Porzellan über dem Schaltknüppel, um rechtzeitig zu "Mamas Mitternachtspizza" im Salerno einzutreffen. Ein besonderer Service des Hauses, der die Traditionen der Armen im Lande weiterführt: Resteverwertung wie der Ursprung der ersten Pizza in Neapel. Ich wusste, dass Francesca – die göttliche, die unerreichbare Madonna – um diese Zeit das Essen servierte, während Mama sich mit dem Backkamin abplagte und Ströme von Schweiß über den gerollten Teig, die Salami und den geriebenen Käse vergoss. Ernie sagte, er wolle sich mal ansehen, wie ich mit Frauen umginge (warum ich so wenig Chancen bei Madonna hätte, um es genau zu sagen) und mir dann das Ergebnis seiner Analyse mitteilen. Ich dachte, es werde nicht viel zu analysieren geben dabei, außer dass ich mich in ihrer Gegenwart in ein stotterndes Wrack mit rotem Kopf und feuchten Händen verwandelte.

Aber bevor wir anhielten, kam er auf sein altes Thema zurück: "Es wird gegeben und genommen", sagte er. Und nun fragen wir uns mal, welche Unterschiede in der Methode es dabei gibt. Na, Leo? Jetzt sind Sie am Zuge!"

"Sie meinen, erlaubte und unerlaubte Methoden?"

"Es gibt keinen Unterschied", erklärte er im Brustton der Überzeugung. "Das Prinzip ist immer illegal. Ob Sie Kaufmann sind oder ihre Arbeitskraft anbieten. Sie nehmen etwas mehr, als Sie bekommen dürften, oder man nimmt Ihnen etwas mehr, als Sie freiwillig hergeben wollten. Sonst bleiben wir alle auf dem alten Stand. Es gebe keine Anhäufung von Reichtümern, Leo. Sie werden immer ausgenommen, wenn Sie auf der Seite der Verlierer stehen. Nur die Gesetze machen da einen Unterschied. Das Gesetz hat aus einigen Arten des Nehmens Gewohnheiten gemacht. Wir haben uns daran gewöhnt, ausgenommen zu werden, wir sehen es als normal an und denken nicht mehr darüber nach. Natürlich wird dieser Umstand verschleiert. Nur: warum stehen am Ende ihres Lebens ein paar ganz Pfiffige mit Segeljachten, Hotelketten und Swimmingpools da?"

"Vielleicht, weil sie bessere Kaufleute sind, Ernie?"

"Glauben Sie wirklich, dass es möglich ist, mit Ihrer Hände Arbeit und einem cleveren Verstand eine Million zu verdienen. Leo? Das geht nur, wenn Sie den anderen etwas wegnehmen."

Roulett

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