Adler und Leopard Teil 3
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Peter Urban. Adler und Leopard Teil 3
Kapitel 1 Das Oberkommando
Kapitel 2 Sieg oder stirb!
Kapitel 3 Der Krieg im Dunkeln
Kapitel 4 Verräter
Kapitel 5 Die Befreiung von Oporto
Kapitel 6 ...und den Feind in seinem eigenen Blut ertränken
Kapitel 7 Schwert und Schild
Kapitel 8 Leere Kriegskassen und andere Sorgen
Kapitel 9 Das Geheimnis der Tempelritter
Kapitel 10 Blutiges Talavera
Kapitel 11 Verzweifelter Sieg
Kapitel 12 ...und eine weitere Schlacht wäre unser Ende
Epilog Wellington
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Kapitel 1 Das Oberkommando
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Arthur war dieser ganze Aufruhr um seine Person zuwider. Er dachte zynisch. “Erst heben sie Dich auf ein Podest, nur um Dich bei nächstbester Gelegenheit vom Sockel zu schmeißen und in die Hölle zu schicken. Wenn Du nur ein einziges Mal versagst, dann werden sowohl die Verbündeten, als auch England Dich in Stücke reißen.” Er hatte bewusst keine Uniform angezogen, um von Bord zu gehen und die Begrüßung durch den portugiesischen Kronrat und die Abgesandten der verschiedenen lokalen Widerstandsbewegungen über sich ergehen zu lassen. In seiner einfachen, dunkelblauen Feldjacke, ohne Orden und Rangabzeichen verließ er die Kabine. Colin Campbell hielt ihm zwar sein Schwert hin, doch Arthur schüttelte nur wortlos den Kopf. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es am vernünftigsten war, jede Form martialischen Auftretens vorerst zu unterlassen. An Land schloss der alte Bischof von Oporto ihn herzlich in die Arme und entlockte ihm ein kleines, stummes Lächeln. Vor den anderen Mitgliedern des Empfangskomitees beugte der General kurz den Kopf zur Begrüßung. Ein knappes “ Wir haben viel Arbeit, meine Herren! Lassen Sie uns zur Sache kommen und ersparen Sie mir die Formalitäten.”, beendete den Empfang des neuen, britischen Oberkommandierenden im Hafen von Lissabon. Auf dem Weg in den Stadtpalast der Braganza zischte Arthur Colin Campbell ins Ohr. “Heute Abend möchte der Bürgermeister ein Bankett geben, um meine Ankunft gebührend zu feiern. Gehen Sie hin und repräsentieren Sie England. Ich muss so schnell wie möglich mit Beresford reden und Craddock schonend beibringen, dass er nicht mehr Chef der britischen Truppen in diesem Land ist. Unsere Männer stehen in Leyria und Alcobaça. Ich werde spätestens um fünf Uhr morgen früh im Sattel sitzen und mich zu unseren Soldaten begeben.” Campbell reagierte erstaunt. “Aber Sir Arthur. Sie können doch nicht so einfach verschwinden...” Wellesley zog die Augenbrauen hoch und blickte seinen Adjutanten finster an. “ Und ob ich so einfach verschwinden kann, Colin. Mein Job ist es Soult zu schlagen und nicht auf das diplomatische Feingefühl unserer lieben Verbündeten Rücksicht zu nehmen.” Damit war die Diskussion für den General beendet. “ Wozu habe ich zwei Adjutanten, wenn ich selbst meine Zeit bei nutzlosen Empfängen verschwenden muss “, dachte er, “und außerdem werde ich auf dem diplomatischen Parkett sowieso nur ausrutschen und wieder einmal irgendjemanden vor den Kopf stoßen oder in irgendein Fettnäpfchen treten!” Mit ungerührter Miene ließ er die Formalitäten im Stadtpalais der Braganza über sich ergehen. Als der Tag zu Ende ging, war er offiziell nicht nur Oberkommandierender des britischen Expeditionskorps sondern ebenfalls Generalissimus der portugiesischen Streitkräfte. Die wenigen Stunden die ihm noch in Lissabon blieben, reichten aus um mit John Beresford zu sprechen. Craddock erwies sich als weniger problematisch, als Arthur geglaubt hatte. Der Mann war froh, die Verantwortung für den iberischen Kriegsschauplatz abzugeben und nach England zu verschwinden.
Nach kurzer Nachtruhe saß Wellesley im Sattel von Kopenhagen. John Dunn begleitete ihn. Seine beiden verwirrten Adjutanten hatte der General mit dem Auftrag “ Macht Gut Wetter bei unseren Verbündeten und kommt irgendwann später nach. “, in Lissabon zurückgelassen. Als die beiden Männer die portugiesische Hauptstadt verließen, erwachte diese gerade zu neuem Leben. Ochsenkarren versperrten die engen Straßen. Fischhändler brachten den Fang der letzten Nacht zum Markt. In den kleinen Gassen mussten Arthur und der alte John immer wieder ausweichen, wenn von oben der Schrei “ Agoa Vai! “ ertönte und eine portugiesische Hausfrau ihr schmutziges Wasser aus dem Fenster kippte. Als sie endlich die Stadtgrenzen erreichten, tat sich dann allerdings eine wunderbare Landschaft vor ihnen auf. Überall blühten Blumen und es roch stark nach wilden Kräutern und Flieder. Sie ritten an der Tejo-Mündung entlang ins Landesinnere. Auf dem Fluss konnte man kleine, weiße Dreiecke ausmachen, die Segel von Frachtbarkassen. Ihr Weg führte an Sacavem, Alverca de Ribatejo und Vila Franca de Xira vorbei. Bei Carregado, das sie bereits früh um sieben Uhr erreichten, lenkte Arthur seinen Hengst von Weg hinunter in die Hügel. “ Wohin reiten wir, mein Junge?” Dunn war etwas verwundert über diese Richtungsänderung, denn sein General hatte ihm lediglich mitgeteilt, er wolle so schnell wie möglich nach Leyria. “ Wir machen einen kleinen Ausflug in die Berge, John! Ich möchte mir ein wenig die Ecke hier ansehen. Vielleicht fällt mir dabei etwas Vernünftiges ein!” Die Gegend vor Lissabon war sehr schwer zugänglich. Die Pferde mussten sich gewaltig anstrengen, um das weglose Gelände zu bewältigen. Drei Stunden später, die Sonne stand bereits hoch am Himmel und brannte gnadenlos, stieg Wellesley von seinem schwitzenden und schwer atmenden Hengst. Dunn war mit Elmore zurückgeblieben und würde noch eine Weile brauchen, um die Spitze der Hügelkette zu erreichen. Der General nahm seinem Tier Sattel und Kandare ab und lies den Hengst frei laufen. Kopenhagen hatte gelernt, auf einen Pfiff hin zurückzukommen und entfernte sich sowieso nie außer Sichtweite. Zu sehr war das Pferd auf seinen Herren fixiert. Kopenhagen rieb zutraulich seinen Kopf an Arthurs Schulter. “ Was willst Du, Dicker? “ Der General kramte bewusst langsam in seiner Jackentasche, während das Pferd ihn aufmerksam und mit gespitzten Ohren beobachtete. Er holte einen Bleistift hervor und zeigte ihn dem Hengst, “ Nicht gut, was?”, dann einige gefaltete Blätter, “ Auch nichts für Dich!”. Kopenhagen stieß seinen Herren energisch mit dem Kopf und brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht. “ Ganz ruhig, Du Vielfraß ! Ich werde schon noch was finden!” Wenige Augenblicke später hatte Arthur eine harte Brotkruste auf der Handfläche liegen und der Hengst schnappte sich mit spitzen Lippen den Leckerbissen. Dann bekam er einen freundschaftlichen Klaps auf die Hinterhand. “ So, jetzt verschwinde. Ich muss ein bisschen arbeiten.” Arthur setzte sich ins Gras und breitete ein Stück Papier auf seiner Satteltasche aus. Er begann zu skizzieren. Die Gegend zwischen Sobral de Monte Agraco und Torres Vedras war eine natürliche Befestigungsanlage. Er wollte jedes Detail festhalten, bevor er aufbrach, um sein Expeditionskorps von Leyria und Alcobaca aus auf Oporto zu führen. Leise murmelte er vor sich hin “ Wer Lissabon hält, der hält Portugal. Und hier haben wir die gesamten Verteidigungslinien, die die Franzosen von Lissabon fernhalten werden.” Inzwischen war auch der alte John eingetroffen und band Elmore an einen Baum. Schweigend setzte er sich neben Wellesley ins Gras und sah ihm beim Zeichnen zu. Zwei Stunden später waren alle Seiten Papier, die der General in der Tasche gehabt hatte mit Ausschnittszeichnungen der Landschaft zwischen dem Tejo und Torres Vedras bedeckt. Zufrieden faltete Arthur die Blätter zusammen und verstaute sie wieder in einer seiner Satteltaschen. Dann sah er fragend zu Dunn hin. “ Mein Magen knurrt, John. Wie wäre es mit irgendetwas Essbarem.” Der alte Mann schüttelte den Kopf. “ Wir sind so früh aufgebrochen, mein Junge. Ich habe nichts eingepackt. Aber während Sie hier hoch geritten sind, wie vom Teufel verfolgt, habe ich mir ein bisschen Zeit genommen. Auf halber Strecke nach Arruda dos Vinhos habe ich einen Landgasthof gesehen...es roch nicht schlecht, als ich vorbeiritt.” Arthur pfiff durch die Finger und Kopenhagen kam angetrabt.“ Na los.“ Enthusiasmus lag in seiner Stimme. „Sehen wir uns die ländliche, portugiesische Speisekarte mal an.” Kurze Zeit später banden die beiden Männer ihre Tiere vor einem langgezogenen, flachen Haus aus Naturstein an. Im Inneren standen zwar nur einfache Holzbänke und roh gezimmerte Tische, doch aus der Küche kam ihnen, wie von Dunn angekündigt, ein verführerischer Duft entgegen. Eifrig eilte der Wirt zu seinen beiden neuen Gästen hin. In seinem ungelenken und rudimentären Portugiesisch erkundigte Arthur sich nach dem Tagesmenü. Der Wirt erklärte langsam und deutlich und es gelang Arthur mit einiger Mühe ein Mittagessen für Dunn und sich selbst und Wasser für die Pferde draußen vor der Tür zu bestellen. Als eine dicke Portugiesin in einem bunten Kleid zwei Teller mit einem dampfend heißen und fein duftenden Gericht vor die beiden Briten stellte, atmete der General auf. “ Es scheint also doch nicht so unverständlich zu sein, mein Portugiesisch. Sieht ganz danach aus, als ob dies tatsächlich Kaninchen in Knoblauchsoße ist. Und jetzt werde ich die Dame hier überreden, uns auch noch einen Krug Wein zu bringen!” Wieder mühte Arthur sich die richtigen Worte zu finden, während die Portugiesin ihn geduldig und freundlich anlächelte. Die anderen Gäste sahen interessiert zum Tisch hinüber. Es war nur selten der Fall, dass Ausländer sich hier in die Berge verirrten und sich dann auch noch bemühten, mit den Leuten zu sprechen. Ein bärtiger Mann mit wildem Gesichtsausdruck, der am Tresen Wein trank, beobachtete den General und seinen Sergeanten besonders intensiv. Dann verließ er durch die Küche unbemerkt das Landgasthaus und verschwand im nahen Wald. Weder Dunn noch Wellesley hatten diesen schweigsamen Gast bemerkt. Zufrieden füllten sie ihre leeren Mägen mit dem köstlichen Kaninchen und ihre Steinguthumpen mit einem gehaltvollen, wenn auch herben roten Landwein. Dann bezahlte Sergeant Dunn den Wirt mit ein paar Münzen und dankte ihm höflich für die freundliche Aufnahme. Auch er hatte während des Feldzuges im Vorjahr ein wenig Portugiesisch aufgeschnappt. Arthur stand bereits neben Kopenhagen und hatte eine große Landkarte über den Sattel gebreitet. Die Jesuiten von Loures hatten sie auf Bitten des Bischofs von Oporto für ihn gezeichnet. Jeder noch so kleine Waldweg und Schmugglerpfad in den Bergen war auf ihr wiederzufinden.“ Wir können jetzt über Carregado durch den Wald bis Rio Major reiten und von dort aus durch die Sierra dos Candeeiros nach Leyria.“ Überlegte er laut vor sich hin und zog dabei einen kleinen Kompass aus der Jackentasche, um ihn auf die Karte zu legen. Ein Augenpaar beobachtete ihn durch die Bäume. Er schien es nicht zu bemerken. Kurze Zeit später saßen die beiden Briten wieder auf ihren Pferden und verließen im ruhigen Schritt das kleine Bergdorf. Dunn ritt trotz seines fehlenden Unterschenkels sicher und gut. Doch die morgendliche Hetzjagd über Berg und Tal hatte den alten Mann sichtlich angestrengt. Aus diesem Grund beschloss Arthur, an diesem Tag nur noch bis Rio Major zu reiten und dort zu übernachten, um John die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen. Die nächsten Wochen würden anstrengend werden, denn sein Feldheer würde sofort auf Oporto marschieren und die Stadt von Marschall Soult befreien, noch bevor dieser sich auf einen englischen Angriff einstellen konnte. Nur mit einem gezielten Überraschungsangriff konnte man die sieggewohnten Franzosen demoralisieren. Es musste vermieden werden, dass Marschall Viktors Armee vom Guadiana her zu Soult stieß und ihn verstärkte. Und das Korps von General Lapisse hatte bereits bei Alcantara die Grenze zu Portugal überquert und würde bald über den Tejo setzten und eine große Bedrohung für Wellesleys Flanke darstellen. Soweit wollte er es nicht kommen lassen, denn er konnte sich gleichzeitig noch nicht mit so vielen Feinden messen. Viele Stunden lang ritten die beiden Männer schweigend durch den Wald, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Nur von Zeit zu Zeit knackte es leise im Gebüsch hinter ihnen. Als es anfing dunkel zu werden, konnte Arthur sich nicht mehr des Gefühls erwehren, dass sich Augen in seinen Rücken bohrten. Zuerst hatte er auf das leise Knacken der Äste nicht geachtet, doch dann meldete ihm sein Unterbewusstsein die Regelmäßigkeit dieser Geräusche. Er fing an das Spiel der Ohren seines Hengstes zu beobachten. Kopenhagen drehte sie bei jedem Knacken nach hinten und hob leicht den Kopf. Irgendjemand folgte ihnen durch den Wald. Er zupfte John Dunn leicht am Ärmel und legte gleichzeitig den Finger der anderen Hand auf die Lippen. Dann zog er vorsichtig seine Pistole aus dem Halfter, das vorne am Sattel angebracht war und entsicherte die Waffe. „Bringen Sie sich in Sicherheit, John. Man folgt uns.“ Flüsterte er leise seinem Sergeanten zu. Der alte Mann wollte etwas erwidern, doch Arthurs kalten Augen geboten ihm zu schweigen und zu gehorchen. Er stieß Elmore die Sporen in die Flanken und das Tier stürmte mit gewaltigen Galoppsprüngen den Waldweg entlang. Wellesley hielt Kopenhagen zurück und ließ ihn auf der Hinterhand wenden. Als Dunn los galoppierte, stürmte auch der Verfolger der beiden Männer aus dem Gebüsch. Arthur versperrte ihm mit seinem Hengst den Weg und richtete die Pistole auf ihn. Das andere Pferd scheute und stieg. Der unbekannte Reiter fiel zu Boden. Der General wollte gerade den Abzug seiner Pistole durchdrücken, als der auf dem Boden Liegende mit schwerem Akzent auf Englisch rief. “Schießen Sie nicht, ich bin ein Freund.” Arthur glitt vom Pferd und kniete mit immer noch entsicherter Pistole neben dem Mann nieder, um ihn zu entwaffnen. Er zog ihm zuerst mit der Linken eine Pistole und ein Messer aus dem Gürtel und warf beide in die Büsche. Dann bedeutete er ihm, aufzustehen.
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