Читать книгу Halt mir nur still - Peter Zimmermann - Страница 5
ОглавлениеTanzende Skelette. Eines zupft am Gewand der Äbtissin, ein anderes gießt Wasser über den Kopf des Gärtners, ein drittes wirbt um die Gunst der jungen Frau und hält eine Sichel hinter dem Rücken versteckt. Wer die Spreuerbrücke in Luzern überquert und zu den bemalten Holztafeln im Dachgebälk hochblickt, mag sich wundern. Darf der Tod so unverfroren in Szene gesetzt werden?
Der Totentanz auf der Spreuerbrücke ist einer von zahlreichen Bilderzyklen, die sich im europäischen Kulturraum seit dem 14. Jahrhundert verbreitet haben. Üblicherweise erscheint der Tod in personifizierter Gestalt, tritt Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Stände gegenüber und weist sie mehr oder weniger sanft darauf hin, dass die Zeit gekommen ist, sich vom irdischen Dasein zu verabschieden. Die Angesprochenen antworten mit Klagen oder gestehen reumütig Fehler ein, die sie in ihrem Leben begangen haben. Es hilft nichts. So reich oder mächtig oder jung sie auch sein mögen: Am Ende müssen sie gehen.
Auch die dreizehn Erzählungen von Halt mir nur still handeln von der Grenze unseres Daseins. Dabei greifen sie Motive und Elemente aus verschiedenen historischen Totentänzen auf. Sie sind jedoch freier gestaltet, zeigen nicht nur den Moment des Todes, sondern erzählen vor allem vom Leben, das die jeweiligen Menschen geführt haben.
Zur Tradition der Totentänze gehört das Zusammenspiel von Bild und Text. So wie sich zum typischen Totentanz-Bild jeweils einige Zeilen Text gesellen, werden die hier versammelten Geschichten durch sechs Illustrationen aus der Feder von Karin Widmer ergänzt.
Peter Zimmermann
Bern, im Juli 2021