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1) Zauberwort „Ortsmarke“: Lokalzeitungen wollen „lokalisierbare“ Autoren
ОглавлениеLokalblätter oder Heimatzeitungen, manchmal liebevoll oder geringschätzig „Käseblatt“ genannt, berichten über „Lokales“: Über das Dorffest in Hintertupfingen, über Hundekot auf den Straßen von Uhlenbusch oder über die Kaninchenzüchter-Jahreshauptversammlung in Kleinweltwinkel. Und sie berichten, wenn ihr ein Buch veröffentlicht habt, auch gern über euch – sofern ihr Einwohner von Hintertupfingen, Uhlenbusch oder Kleinweltwinkel seid. Denn nur in dieser Hinsicht seid ihr für die Lokalredaktion interessant.
Eine Lokalzeitung lebt davon, dass sie ihren Lesern Informationen und Geschichten aus ihrem direkten Nahbereich bietet. Dass Deutschland im WM-Finale verliert oder dass Angela Merkel dem amerikanischen Präsidenten die Hand schüttelt, das kann jeder, den es interessiert, am Fernseher, Radio oder Computerbildschirm live oder zumindest zeitnah miterleben. Wenn die Zeitung am nächsten Morgen auf dem Frühstückstisch liegt, sind das Spielergebnis und die Reise der Kanzlerin längst „kalter Kaffee“. Aber wenn Oma Trude aus der Goethestraße für 50 Jahre Mitgliedschaft im Roten Kreuz eine goldene Ehrennadel erhält, oder wenn die kleine Julia von nebenan beim Vorlesewettbewerb in der Grundschule den ersten Preis bekommt – diese Nachricht wird nie über den dpa-Ticker laufen, und die Tagesschau wird garantiert nicht über die beiden berichten.
Genau hier hat die Lokalzeitung ihre Nische beziehungsweise ihr Monopol. Sie bietet ihren Lesern Informationen von nebenan, die sie aus anderen Medien nicht bekommen. Und sie bietet dem Leser die Möglichkeit, eben nicht nur über Jogi Löw oder Angela Merkel zu lesen, sondern über Leute, die man persönlich kennt, und manchmal sogar über sich selbst.
Die Identifikation mit der Heimatzeitung ist dadurch sehr viel höher als bei den großen überregionalen Zeitungen. Medienfachleute nennen das eine „hohe Leser-Blatt-Bindung“. Für Nicht-Medienwissenschaftler: Eine Zeitung, in der regelmäßig mein Bild erscheint, bestelle ich nicht so leicht ab wie die Zeit oder die FAZ. Die Lokalzeitung gehört sozusagen zur Familie. Nicht umsonst nennen die Zeitungsleser in meiner Heimat zum Beispiel die Hildesheimer Allgemeine Zeitung ihre „Tante Gerstenberg“, nach dem herausgebenden Gerstenberg-Verlag. Es ist eine vielleicht etwas püttjrige und altmodische alte Tante, die einen Menschen oft von der Geburts- bis zur Todesanzeige durch sein gesamtes Leben begleitet. Und wer wirft schon seine Tante einfach so aus der Familie raus? So jemandem kündigt man nicht das Abonnement. Ein von mir sehr geschätzter Chefredakteur hat daher die Parole ausgegeben: „Jeder unserer Leser soll sich mindestens einmal pro Jahr in der Zeitung wiederfinden.“
Die Zeitungsredaktion hat also durchaus ein großes Interesse daran, euch und eure Bücher bekannt zu machen. Woran sie allerdings kein Interesse hat: an literaturwissenschaftlich-sachkundigen Interpretationen eures Werkes. Das ist Angelegenheit der überregionalen Zeitungen und Zeitschriften mit den angesehenen Feuilleton-Redaktionen oder der themenspezifischen Internet-Portale. Oder in zwanzig Jahren vielleicht der Literaturwissenschaftler, die sich mit eurem Werk auseinandersetzen. Für den Lokalredakteur seid ihr einzig und allein interessant als „lokalisierbare“ Personen. Vergesst einmal all eure hochfliegenden Pläne und literarischen Ideale. Wer seine Information einer Lokalzeitung schmackhaft machen will, muss sich auf die Interessen der Zielgruppe „Lokalredakteure“ einstellen. Wenn ich als Einwohnerin eines kleines Dorfes in der Nähe von Hildesheim also mit einem ausgefeilten Fantasy-Roman mit tausend literarischen und genreuntypischen Finessen an die Lokalredaktion herantrete, reduziert sich das in der Zeitung auf die Botschaft: „Silliumerin schreibt Buch.“
Ich selbst war als Lokalredakteurin der Neuen Deister-Zeitung in Springe für zwölf Dörfer und eine Stadt zuständig. Und genau diese 13 Ortsnamen waren die Zauberschlüssel, die einem Menschen die Tür zu meinen Zeitungsseiten aufschlossen. Wer also in dieses Blatt rein will, tut gut daran, bereits im Begrüßungssatz die Wörter Eldagsen, Bennigsen, Völksen, Altenhagen I, Gestorf, Lüdersen, Alvesrode, Mittelrode, Bockerode, Alferde, Holtensen, Boitzum oder Wülfinghausen zu verwenden.
Wer aus der Provinz kommt, ist hier ausnahmsweise einmal klar im Vorteil. Eine Silliumerin, die ein Buch schreibt, hat bei ihrer Heimatzeitung wesentlich größere Chancen als Autoren, die in Berlin oder Hamburg leben und mit Hunderten von anderen Schreibenden um die Aufmerksamkeit der Journalisten buhlen müssen. Etwas vergrößern könnt ihr eure Chancen aber auch hier, indem ihr möglichst kleinteilig arbeitet. Wenn die ganz großen Blätter euch ignorieren, schaut doch einmal nach, ob es nicht eine Stadtteilzeitung gibt, die ausschließlich über euer Viertel berichtet.
Pendler und Menschen mit zwei Wohnsitzen können hier übrigens auch gut die Anzahl der erreichten Zeitungen verdoppeln oder vervielfachen. Ihr studiert in einer anderen Stadt oder lebt jetzt weit entfernt von eurem Geburtsort? Ihr habt in eurem Roman eine Burgruine oder ein historisches Ereignis aus einer völlig anderen Gegend geschildert? Ihr lebt in Wolkenkuckucksheim und schreibt Lokalkrimis aus Neustadt? Sehr gut, auch dort gibt es Lokalredakteure, die auf eure Nachrichten warten. Ihr müsst nur in eurer Pressemitteilung deutlich machen, in welchem Zusammenhang euer Buch gerade mit dem Erscheinungsort ihrer Zeitung steht.