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Ein Wort zuvor

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Die folgende Erzählung entstand im Sommer des Jahres 2008 in einem Ferienhaus in Cuxhaven. Tagsüber einfach ein schöner Sommerurlaub – Meer, Sommer, Sonne, Sand und gutes Essen –, nachts aber drehte sich im CD-Player die Silberscheibe mit Beethovens einziger Oper. Ich hatte mir Arbeit mitgebracht an die Küste. Aber ist das Schreiben wirklich Arbeit?

Es war mir vorgekommen, als hätte ich das große Los gezogen an jenem Nachmittag, als ich die eMail eines Lektors in meiner Mailbox fand. Sein Verlag plane eine Reihe von Hörbüchern zu bekannten Opern, schrieb der Mann. Ob ich nicht Interesse hätte, einige Prosanacherzählungen beizusteuern. Ich war begeistert. Schließlich hatte ich meine Magisterarbeit über Mozarts Don Giovanni geschrieben, betrachtete mich also geradezu als Opern-Fachmann. Und da ich gerade meine große Liebe zu Beethoven entdeckt hatte, war schnell klar, dass ich eine Fidelio-Novelle schreiben würde.

Ich sagte also zu, versprach, nach meinem Urlaub eine Probearbeit abzuliefern, packte meinen Fidelio ein (Deutsche Grammophon; Leonard Bernstein, Wiener Philharmoniker und Wiener Staatsopernchor, mit Gundula Janowitz als Leonore, René Kollo als Florestan, Dietrich Fischer-Dieskau als Don Fernando und Hans Sotin als Don Pizarro) und fuhr an die Küste.

Frei sollte, ja musste die Erzählung sein. Vieles, was, gestützt durch die Musik Beethovens und das direkte Erlebnis der Aufführung durchaus funktioniert, klingt in der Prosafassung unlogisch oder braucht zumindest einige Erklärung. So habe ich versucht, ein wenig zur Vorgeschichte von Leonores Suche und ihren Vorbereitungen zur Befreiung ihres Mannes zu erzählen. Viel Spaß machte es mir zum Beispiel, ein Vorstellungsgespräch zu erfinden, das die erste Begegnung Roccos mit dem jungen Gefängnisgehilfen Fidelio zeigt. Das Ende freilich, in dem als Deus ex machina der Minister erscheint, habe ich nicht ganz abmildern können. Auf der Bühne mag es hingehen, in der Erzählung wirkt es ungelenk. Dies ein erzähltechnischer Makel, der nicht zu beseitigen war. Freunde der Oper werden es verstehen.

Etwa 20 Seiten waren abgemacht. Damit kam ich gut aus. Als ich wieder zu Hause war, konnte ich ein 21-seitiges Manuskript vorweisen, das ich stolz an den Verlag schickte.

Dann passierte nichts. Ich wartete. Aber es passierte noch immer nichts. Nach ein paar Monaten fragte ich nach. Eine neue Lektorin schrieb mir, mein Gesprächspartner sei inzwischen aus dem Verlag ausgeschieden. Ob es sich um eine Auftragsarbeit gehandelt habe? Ich bestätigte und schickte ihr das Manuskript noch einmal zu. Der Rest ist Schweigen.

Sommer 2014, Urlaub in Balkonien. Am Stadttheater Hildesheim läuft Fidelio. Eine Aufführung, die begeistert. In meinem CD-Player liegt die Scheibe von damals. Und irgendwo in den Tiefen der Festplatte muss doch noch die Datei meiner Fidelio-Erzählung schlummern. Ob ich sie noch einmal hervorholen und auf Reisen schicken sollte?

Das Ergebnis dieser Grübeleien liegt nun vor. Ich habe die Geschichte an einigen Stellen noch einmal sanft überarbeitet, habe die Rechtschreibeung nun endgültig auf die ungeliebte „NDR“ umgestellt und ansonsten versucht, dem Text den Charme der „Nuller Jahre“ zu erhalten.

Alle, die sich nun mit mir zusammen in Roccos Gefängnis wagen möchten, heiße ich herzlich willkommen in meiner Fidelio-Geschichte. Ich wünsche viel Vergnügen!

Fidelio

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