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Ich helfe einer Freundin

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Wir schreiben das Jahr 2011 und befinden uns in einem kleinen, beschaulichen Schweizer Dorf. Der Bus fährt nur einmal die Stunde und zu Fuß ist die nächste Stadt einen gefühlten Tagesmarsch entfernt. Clara hat mich eingeladen, eine Weile bei ihr zu wohnen, weil sie mit ihrem gewalttätigen Ehemann und ihrer zuckersüßen kleinen Tochter maßlos überfordert ist. Mit einem unguten Gefühl komme ich also grade in Lauerz an und betrachte meine vorläufige Wohnung. Im eigentlichen Kinderzimmer darf ich mich ausbreiten. Silke, das 2 1/2 jährige Mädchen, schläft sowieso bei den Eltern. Georg, der Mann des Hauses, ist erwartungsgemäß abwesend. So setzen Clara und ich uns entspannt ins geräumige Wohnzimmer und sie schüttet mir ihr Herz aus, während Silke friedlich spielt: ,,Ach, was bin ich froh, dass Du hier bist, Petra. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Es ist alles so schlimm und Silke kriegt es ja auch mit." ,,Warum trennst Du Dich nicht von Deinem Mann? Er tut Dir nicht gut," ich frage, da mir bekannt ist, dass die Probleme nicht neu sind und sich immer mehr zuspitzen. ,, Aber meine Tochter braucht doch ihren Vater!" entgegnet Clara energisch. Ich verdrehe meine Augen und erwidere mit sanfter Stimme: ,,Bist Du sicher, dass Georg besser für sie ist, als gar keiner? Was machst Du denn, wenn er plötzlich auch sie schlägt?" ,,Er liebt sie, das wird er niemals tun!" nach dieser entrüsteten Aussage enthalte ich mich besorgt eines weiteren Kommentars. Wir reden noch einige Zeit über belangloses, über dies und dass, über Gott und die Welt. Am späteren Abend verschwindet Clara in die Küche und kocht uns ein leckeres Abendessen, während ich Silke bei Laune halte.

Nach dem späten Essen versucht die gestresste Mutter schon bald erfolglos, ihre Kleine ins Bett zu stecken. Doch die Prinzessin will nicht und sie hat bereits gelernt, dass sie alles bekommt und alles machen kann, was sie will, wenn sie nur laut genug kreischt. Erwartungsgemäß gibt Clara wirklich schnell auf. Silke ist wieder glücklich und tobt weiter herum. Es ist schon spät... eigentlich viel zu spät für so ein kleines Kind um noch wach zu sein, aber Mama erträgt lieber ihr Spiel, als ihr Gekreische. Andererseits kommt sie so aber selber auch nicht zur Ruhe, doch sie fühlt sich machtlos. Clara und ich setzen uns schließlich vor den Fernseher. Natürlich will Silke direkt mitschauen. Es läuft eine Serie, die von Clara wohl für Kindertauglich befunden wird. Entsetzt bitte ich sie umzuschalten. Mit diesen kleinen, witzigen "Trickfilmfiguren" mag es zwar niedlich aussehen, doch wer auch nur ein paar Minuten zuhört, merkt, dass es eine amerikanische Erwachsenenserie ist. Nebenbei versucht Clara andauernd Georg zu erreichen, der aber nicht rangeht. Sie brodelt vor Eifersucht. Mit dem letzten Bus, um 23.45 Uhr, kommt der Ehemann endlich doch noch nach Hause. Silke ist noch wach und begrüßt ihren Vater stürmisch, während Clara ihn direkt ankeift, warum er erst jetzt kommt. Der Streit wird lauter und lauter. Die beiden beschimpfen und provozieren sich aufs Übelste. Ich schnapp mir Silke, verschwinde mit ihr ins Kinderzimmer, schließe die Türe hinter mir und unterhalte mich zur Ablenkung mit der Kleinen. Nach einer gefühlten Ewigkeit beruhigen sich die beiden Streithähne wieder. Clara holt ihre Tochter und sie muss nun doch ins Bett. Der genervte Vater duldet keinen Widerspruch.

Die meisten Tage verlaufen nach demselben Schema. Ich helfe Clara im Haushalt, kümmere mich aber hauptsächlich um Silke, um meine Freundin zu entlasten. Georg beehrt uns vorwiegend nur nachts mit seiner Anwesenheit und jedes Mal wird es laut. Körperliche Auseinandersetzungen habe ich, Gott sei Dank, bisher noch nicht miterlebt. Die Tochter tut mir, aber auch so, unendlich leid. Jeden Abend das Gezanke der Eltern. Jeden Tag die überforderte, inkonsequente Mutter. Dauernd erklärt Clara ihr gegenüber alles zur Gefahr. Nie weiß Silke woran sie ist, weil die Regeln von heute, morgen vielleicht nicht mehr gelten, weil die Regeln der Mutter nicht die des Vaters sind, weil ihr das Gefühl des Schutzes in vielen Situationen komplett fehlt. Es sollte so nun auch niemanden mehr erstaunen, dass das kleine Mädchen sich immer öfter hinter mir versteckt, wenn die anderen streiten, oder mich gar bei der Hand nimmt und ins Kinderzimmer zieht, um mit mir zu spielen. Traurig... sie kennt mich grade mal ein paar Tage, doch scheine ich in ihren Augen, vertrauenswürdiger zu sein als ihre Eltern... auch wenn diese sich ausnahmsweise mal nicht zoffen.

Immer wieder rede ich Clara ins Gewissen, erläutere die Gefahr für sie... aber auch für ihr Kind. Rate ihr, die Ehe endlich zu beenden. Doch sie will nicht. Sie liebt ihren Mann. Wie ich nun erfahre, hat der eigentlich Hausverbot und dürfte daher gar nicht mehr auftauchen. Doch Clara lässt ihn immer wieder rein und die Nachbarn haben zu viel Angst vor ihm, als dass sie ihn verpfeifen. Immer öfters kippt die Stimmung jetzt auch dermaßen, dass Clara mich als lebendes Schutzschild missbraucht. Mich fasst Georg nicht an, mich respektiert er. Manchmal verbarrikadieren wir uns auch im Kinderzimmer. Clara stapelt Sachen hinter der Türe, damit ihr Mann sie nicht aufbrechen kann. Sie hat Angst... genau wie ihr Mädchen, das alles mit ansieht.


Ehehölle-Doch Du liebst ihn

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