Читать книгу Reisender - über das Reisen in Asien und das Leben in China - Philipp Schiffers - Страница 6
ALLEINE NACH INDIEN
ОглавлениеDie Zeit vor der Abreise verbrachten meine Freundin und ich meist nicht miteinander, da sie ihre Freunde und Verwandten besuchte und ich meine. Sie ließ es sich nicht nehmen, eine große Abschiedsfeier zu veranstalten, da wir dachten, wir würden eine lange Zeit in Asien sein. Wir wollten zuerst einige Wochen durch Sri Lanka reisen und dann nach Indien fliegen.
Mittlerweile hatten wir bereits eine Rucksackreise durch Malaysia gemacht und waren mit der Grundidee des Backpackings vertraut. Zu den Malaysiahighlights gehörten das Schnorcheln auf Inseln an Malaysias Ostküste, einfache Hikingwege im Taman Negara Regenwald und die verschiedenen kulturellen Viertel von Kuala Lumpur zu erkunden.
Auf der Reise lief es mit meiner damaligen Freundin noch sehr harmonisch. Wir wollten so viel wie möglich erleben und ausprobieren. Auf Perhentian Island wohnten wir in einer kleinen Holzhütte. Dahinter war ein Fluss, der sich über die Insel schlängelte. Das war auch der Ort, wo einiger Abfall entsorgt wurde.
Relaxed ging ich hinter die Hütte, um einen Blick auf den Fluss zu werfen, und bekam erst einmal einen Schreck. Ich dachte, ich sei von Krokodilen umzingelt. Es waren aber nur Warane, die völlig ungefährlich für mich waren und sich ein Festmahl aus dem Weggeworfenen der Inselbesucher machten.
Auch gab es einen verrückten Affen auf der Insel, der sich einmal vor unserer Hütte aufbaute und uns mit Riesenzähnen drohte für den Fall, dass wir herauskämen.
Ein weiteres Erlebnis war das Schnorcheln an den Korallen, als ich zum ersten Mal einen Haifisch sah. Er wirkte riesig, schwamm mehrmals auf mich zu und drehte dann ganz plötzlich um. Vermutlich war er ziemlich klein, aber das Wasser ließ ihn größer erscheinen und na ja, die Angst fügte eben auch noch ein paar Meter hinzu.
Harmonischer war da schon das Schnorcheln mit Riesenschildkröten im Südosten. Eines der Tiere wartete immer, bis ich näher kam, und schwamm dann fünfzig Meter weiter, um dort wieder auf mich zu warten. Es war einer von vielen magischen Momenten, in denen ich auf meinen Reisen Tieren begegnen sollte.
Auf der kleineren der Perhentian Islands hatten wir ein weiteres interessantes Erlebnis. Als wir dort ankamen, war der Strand voll von Frauen, die wie Models aussahen und auch so gekleidet waren. Sie alle sollten kurz nach unserer Ankunft abreisen, wollten aber vorher noch Gruppenfotos mit uns machen. Erst als alle „Cheese!“ riefen, fiel mir auf, dass es Ladyboys waren.
Als wir später zu zweit unsere große Reise antreten wollten, war das Reiseverhalten meiner Freundin stark verändert. Sie war nicht so sehr aufgeregt und unternehmungslustig wie noch in Malaysia. Das landestypische Essen war für mich eine Offenbarung und sie schob es zur Seite. Wir machten noch einige tolle Erfahrungen, wie eine erste Begegnung mit wilden Elefanten an einem See, an dem sich zur Trockenzeit alle Elefanten der umliegenden Nationalparks versammelten, aber aus unserer Beziehung war irgendwie etwas Anstrengendes geworden.
Wir fuhren entgegen der Warnungen in den Nordosten des Landes, wo ich erstmals im Leben Straßensperren sah, an denen Soldaten hinter Sandsäcken Maschinengewehre auf uns anlegten.
An einem Abend nahmen wir eine Autorickshaw in die eigentlich gütliche Stadt Trincomale. Wir hatten zwei Backpacker aus Israel dabei. Irgendwann wurde unser Fahrer sichtlich nervös und als wir fragten, was los sei, sagte er, er wolle um diese Zeit nicht dort unterwegs sein, es sei zu gefährlich. Wir wurden ebenfalls nervös, nur das Pärchen aus Israel blieb lässig entspannt. „Das kennen wir vom Gazastreifen!“
Ein Fischer erklärte uns, als wir die vielen Häuserruinen sahen, diese seien zur Hälfte das Ergebnis des Tsunamis im vergangenen Winter und zur Hälfte des Bürgerkriegs.
Wir verbrachten ein paar Tage in der Nähe von Trinco in einem Hotel, das wir uns ohne Bürgerkrieg wohl nicht hätten leisten können. Meine Freundin fühlte sich plötzlich krank und erbrach sich des Öfteren. Da sie auch starke Stimmungsschwankungen hatte, riet ich ihr, auf unserer Reise in den Westen des Landes in einer Apotheke einen Schwangerschaftstest zu holen. Wir hatten ja vor Reisebeginn nicht viel Zeit miteinander verbracht, also war es unwahrscheinlich, aber die Symptome waren eindeutig.
Sie kam aus dem Badezimmer und sagte, ich solle mich bitte mal setzen, sie habe mir etwas zu sagen. Tobi hieß er, irgendein Student aus Bamberg, mit dem habe sie es getrieben und von ihm sei sie schwanger. Sofort wollte sie zurückfliegen.
Anstatt wütend zu werden, hatte ich nur Sorgen um sie. Ich begleitete sie nach Colombo, half ihr, einen Rückflug zu buchen, und brachte sie zum Flughafen.