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Büro: PR-Agentur Schumel & Ay

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Susanne McKleen sitzt an einem wunderbaren Freitagmorgen in ihrem Büro. Das Wetter ist grossartig und sie ist gut aufgelegt. Das ist nicht immer so. Ihre Kollegen schätzen und fürchten Susanne zugleich. Sie ist eine Perfektionistin, die ihre Kugelschreiber akribisch auf dem Tisch sortiert, bevor sie in einem Meeting etwas notiert. Ihre Unterlagen sind derart präzise sortiert und angeordnet, dass es einen verwundert und beeindruckt.

Sie legt grössten Wert auf Ordnung, Disziplin und Sauberkeit. Sie duldet keine Ausnahmen. Früher gab es immer mal wieder Streitigkeiten um falsch verräumte Tassen in der Teeküche oder Krümel auf den Tischen.

Seit Susanne vor 8 Jahren die Abteilung übernommen hat, ist alles strukturiert und ordentlich. Rauchen ist nur noch hinter dem Haus möglich, genauso wie Essen und Trinken. Es ist fast unheimlich mit welcher Konsequenz Susanne, das durchsetzen konnte. Aber sie konnte.

Nachdem sie mit einem Geniestreich einen riesigen Deal an Land gezogen hatte, bekam sie Narrenfreiheit. Das Team hat sich schon lange daran gewöhnt.

Die Mitarbeiter der Abteilung, die das nicht konnten, sind nicht mehr in ihrem Team. Na ja so kann es gehen.

Dumminik, was zum Teufel soll das?“, fragt sich Susanne.

Seit ihrem Geniestreich sind schon einige Jahre vergangen. Damals kam Susanne auf die geniale Idee, die Werbung für ein Reinigungsspray sehr progressiv anzulegen. Das Produkt hatte den vollkommen dämlichen Namen „Dirt-Killer“. Aber der Werbetrailer schlug ein wie eine Bombe. Susanne liess eine Ehefrau, den nicht mehr so geliebten Ehemann im Wohnzimmer auf dem Boden zerstückeln. Danach hat sie die Leiche im Müll entsorgt und das Haus mit Dirt-Killer gereinigt.

Der Slogan war: „Nicht mal die Spurensicherung wird etwas finden. Immer zur Stelle, wenn man ihn braucht: Dirt-Killer“.

Das Produkt hat sich verkauft wie, na ja wie halt etwas, das sich besonders gut verkauft. Die Firma und die PR-Agentur sind über Nacht reich und erfolgreich geworden und auch Susanne hat von den Lorbeeren etwas abbekommen.

Nun aber ist es ruhig geworden. Alle Werbestrategien die Susanne und ihr Team weiter erfunden und ausprobiert haben waren alle ein Desaster.

Der gute gelaunte Plüschbär, welcher singend Werbung für Katzenfutter gemacht hat, war noch die beste Idee. Der Rest war so schlecht, dass es fast verboten sein müsste darüber zu berichten.

Dumminik“, sinniert Susanne nochmals. „Was soll der Typ nur bei mir?

Dominik Ay ist der vollkommen untalentierte Sohn eines der Firmengründer. Er wurde heute Morgen unter grossem Tamtam und mit riesigen Erwartungen in Susannes Abteilung versetzt. Er soll die Kreativität ankurbeln und die Mitarbeiter wieder motivieren. Susanne nannte ihn schon immer Dumminik, nun ja, weil sie ihn für einen vertrottelten Hohlkopf hält, wie alle anderen auch, ausser seinem Vater.

Er hat Glück, das der Vater der Inhaber ist, was für ein Glück“, denkt sich Susanne während der Trottel die Tür aufreisst.

Guuuuuten Moooooorgen – was geht ab? Alle guuut drauffffff?“, brüllt Dominik ins Büro.

Die übliche korrekte Stille ist dahin. Er purzelt von Tisch zu Tisch, schwankt fast betrunken in übermütiger Begeisterung von Kollege zu Kollege und schüttelt allen die Hände.

Wie schön war doch das Corona-Virus, als Händeschütteln noch verboten war“, denkt Susanne.

Endlich kommt er bei Susanne an.

Hallo, Susi – ich freue mich so, dass wir endlich zusammen arbeiten. Mach dir keine Sorgen, du bist natürlich immer noch der Chef hier. Nun ja, obwohl das natürlich eigentlich mein Papa ist, weisst du?“, spuckt Dumminik ihr ins Ohr.

Susi?“, denkt Susanne empört. „Habe ich mich verhört?

Leider nein. Zu allem Überfluss bringt er auch noch etwas für die Kaffeepause mit. Seit Susanne, die Ordentliche, das Zepter übernommen hat, waren Speisen im Pausenraum strikt verboten und die Tische zu jeder Zeit blitzblank geputzt. Nun bringt der neue Trottel doch tatsächlich krümelige Kekse mit, wirklich schrecklich krümelige.

Die hat meine Mutter gebacken“, ruft er fröhlich in die Runde.

War ja klar, zu dämlich um selber zu backen oder einzukaufen. Und der soll die Firma retten. Warum überhaupt retten, alles lief doch so gut“, denkt Susanne als die ersten Krümel den Tisch und dann auch noch den Boden berühren.

Sie startet eine Rettungsaktion und fängt an die Keks-Splitterbomben einzuräumen und wegzupacken.

Hey, die sind nicht nur für dich, die sind für alle. Lass mal stehen“, ruft Dumminik in den Pausenraum, während er über Susannes Bürotisch gebeugt die strenge Sortierung der Stifte und Utensilien vernichtet.

Das war der erste Tag in Susanne McKleens neuem Leben. Sie sehnte sich sehr nach der Zeit vor Dominik zurück.

Zwei Wochen später ist Kommissar Petkovic das erste Mal im Büro der PR-Agentur. Der Senior Partner Herr Ay hat seinen Sohn als vermisst gemeldet. Normalerweise ist das nach 12 Stunden noch kein Fall für einen guten Kommissar, aber Petkovic ist ja kein Guter.

Der alte Herr Ay ist mit dem Polizeichef der Stadt bekannt und hat diesen sofort angerufen, als der junge

Herr Ay nicht zum Frühstück erschienen war. In den letzten 23 Jahren die Domi nun schon auf der Welt ist, hat er scheinbar noch nie ein Frühstück mit seinen Eltern versäumt. Er ist jeden Abend pünktlich zu Hause und hat einen guten Charakter. Es muss also etwas Schwerwiegendes passiert sein.

Sauber, ruhig und sehr strukturiert kommt das Büro daher, das hatte sich Stefan etwas lebhafter vorgestellt. Er traut sich kaum, jemanden in der Ruhe zu stören, aber wo er schon mal da ist, fragt er lieber mal nach. Immerhin hat sich der Chef noch nie persönlich wegen eines Falles bei ihm gemeldet. Es muss also fürchterlich wichtig sein.

Hallo?

Wer sind Sie?“

Ich bin Kommissar Petkovic, Stefan Petkovic“, er liebt es, sich selbst wie James Bond anzukündigen.

Und warum stören Sie uns dann bei der Arbeit? Fangen Sie doch mal ein paar Verbrecher“, erwidert Susanne.

Hmm ja, mache ich ja auch manchmal. Aber heute wissen wir noch gar nicht, ob es ein Verbrechen gibt“, stammelt der Kommissar sichtlich eingeschüchtert.

Dann kommen Sie wieder, wenn sie sich sicher sind! Danke und schönen Tag noch!“, erklärt Susanne resolut.

Sie versucht angestrengt beschäftigt auszusehen, aber eigentlich hat sie die letzten 8 Jahre nur damit verbracht, ihren Desktop aufzuräumen und die Festplatte zu defragmentieren.

Ich suche …“, sagt Stefan, bevor ihn Susanne unterbricht: „ ... den Ausgang, eine gute Idee“.

Hmmm, nein ich suche Dominik Ay, der arbeitet doch sonst hier, oder?

Der ist noch nicht da, kommt mal wieder zu spät, nicht ungewöhnlich. Was hat der Trottel den angestellt, dass sie ihn suchen?“, fragt Susanne etwas aufmerksamer und zum Kommissar zugewendet.

Nichts, denke ich. Er wird vermisst.“

Schön, dass die Polizei heute sogar schon denken kann“, äussert Susanne und verlässt den Raum. Nicht ohne beim Hinausgehen noch zu bemerken, dass der Typ sicherlich irgendwo gefeiert hat und demnächst mit seinem Kater hier auftaucht oder auch nicht.

Was soll man schon von Mitarbeitern halten, die den Job Papa zu verdanken haben.

Der Kommissar ist in seiner Durchschnittlichkeit erschüttert. Selbst für ihn war zu spüren, dass diese Situation etwas Skurriles hatte. Er fühlt sich nicht sonderlich willkommen und Sorgen macht sich die Chefin scheinbar auch nicht. Merkwürdige Dame, denkt er und nimmt die weiteren Ermittlungen auf.

Zum Glück ist das Team nicht besonders gross, 6 PR-Fuzzies und ein Goldfisch, der allerdings auch nichts zu seinen Ermittlungen beitragen konnte. Im Grossen und Ganzen halten die meisten Mitarbeiter Dominik für Papas Sohn und denken das Gleiche wie ihre Chefin. Er hatte die Schnauze voll und hat mal ordentlich die Puppen tanzen lassen. Der kommt wieder. Irgendwann.

Am selben Tag gegen Mittag sitzen der alte Ay, der Chef von Petkovic und dieser selbst am Tisch und beraten sich. In der Firma ist Dominik immer noch nicht aufgetaucht. Sein Auto steht in der Garage und das Bett wurde zwar benutzt, aber der Junior muss sich irgendwann in der Nacht herausgeschlichen haben. Die Alarmanlage war am Morgen in Betrieb, sodass es keine Anzeichen für eine gewaltsame Entführung gibt.

Eine Frau“, sagt der Polizeichef. „Es ist immer eine Frau“.

Könnte das möglich sein? Laut der Kollegen und einiger Freunde von Dominik konnte Petkovic sich mittlerweile ein vorsichtiges und unvollkommenes Bild machen und eine Frau passt da nicht ganz ins System. Dominik hatte nicht sehr viele Freunde und eine Freundin war bisher beim besten Willen nicht erkennbar.

Ein sauberer Mord

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