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4. Kapitel

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Sie trafen sich am Nachmittag um zwei Uhr an ihrem Treffpunkt.

»Was hast du denn da in deinem Rucksack?«, fragte Lucie.

»Meine Mutter hat uns beiden was zu Trinken und ein paar Leckereien eingepackt. Und dann noch etwas altes Brot für die Pferde.«

»Na, dann los.«

Die Sonne stand hoch am Himmel. Keine Wolke war zu sehen und die Hitze war drückend. Kirsten und Lucie hatten nur ein T-Shirt und eine kurze Hose an. Es war viel zu heiß, um die Reiterhose schon vorher anzuziehen. Die Reiterstiefel, die Reiterhose und den Helm trugen sie beim Reiten aber immer. Die beiden Mädchen waren froh, als der Weg durch den Wald führte. Hier war es besser auszuhalten. Die Bäume ließen die Hitze nicht durch und es war deutlich angenehmer auf dem schönen Waldboden in der kühlen, frischen Luft. Sie radelten zügig. Lucie immer etwas vor Kirsten. Sie machte Tempo und wollte so schnell wie möglich im Reitstall sein.

»Nun hetz doch nicht so«, rief Kirsten, die mit ihrem Rucksack auf dem Rücken deutlich mehr ins Schwitzen kam als Lucie.

Am Reitstall angekommen stellten Sie ihre Fahrräder hinter einen Schuppen. Sie schlossen sie nicht ab und gingen direkt in das große Gebäude. Hier waren die meisten Besucher und Reiter gut bekannt, so dass die Mädchen keinen Diebstahl befürchteten.

»Hallo, ihr Zwei.«

»Hallo«, antworteten die beiden gleichzeitig. Rolf war der Sohn der Eigentümer und mit seinen fünfzehn Jahren zwei Jahre älter als die Mädchen. Wann immer er konnte, hielt er sich im Reitstall auf und half überall dort, wo es nötig war. Der Umgang mit den Pferden machte ihm Spaß und er hatte ein gutes Händchen für die Tiere. Rolf sprang schon zwischen den Pferden herum, als Lucie zum ersten Mal den Reitstall besuchte.

Kurz bevor die beiden Mädchen die Pferdeboxen betraten, drehte sich Kirsten noch einmal um.

»Was glotzt der uns denn so nach?«

»Das ist mir die letzten Male schon aufgefallen. Und irgendwie kam es mir so vor, als ob er sich immer dort aufhielt, wo ich auch gerade war.«

»Komm jetzt«, sagte Lucie und hielt Kirsten die Tür zu den Pferdeboxen auf.

Die Box von Ramon war auf der rechten Seite, ungefähr in der Mitte des langen Stalls.

»Hallo Ramon«, begrüßte Lucie ihn freudig. Der große Hengst kam sofort zur Tür, und als Lucie die Box betrat, stieß er sie mit seiner Nase an. Lucie und Kirsten streichelten ihn.

»Ich freue mich schon. Wir werden heute gemeinsam springen«, flüsterte Lucie ihm liebevoll ins Ohr, während sie seinen Hals streichelte.

Ramons Ohren waren steil nach oben gerichtet. Seine Augen glänzten. Lucie spürte, dass er sich jedes Mal sehr freute, wenn sie kam. Seine Augen verrieten die freundschaftliche Nähe zu Lucie. Beide waren einander vertraut und merkten sofort, wenn sich der andere nicht wohlfühlte.

Wenn Lucie mal ein paar Tage nicht in den Reitstall konnte, was nur selten vorkam, nahm ihr Ramon das gleich übel.

»Dann schaut er mich gar nicht mehr an«, erzählte sie daheim immer ihren Eltern. Doch schnell war ihr Verhältnis wieder das alte und Ramon freute sich, dass Lucie bei ihm war.

Lucie ging den Sattel holen während Kirsten ihm das Fell bürstete. Ramon hatte sich erst kurz vor ihrem Besuch in seiner Box im Stroh gewälzt. Sein Fell war staubig und überall hingen noch einzelne Strohhalme.

»So können wir dir ja keinen Sattel auflegen«, sagte Kirsten zu ihm, während sie ihn von oben nach unten striegelte und dazwischen immer wieder die Bürste abstreifte.

Lucie kam mit dem Sattel zurück. Kirsten führte Ramon aus seiner Box. Im Gang banden sie ihn an und begannen ihn zu satteln.

»Ich werde mal nach Rolf sehen«, sagte Kirsten, »er hat uns versprochen, beim Aufbau der einzelnen Hindernisse zu helfen.«

Sie ging nach draußen, um Rolf zu suchen.

Nachdem Ramon fertig war, nahm ihn Lucie am Zügel und führte ihn vor den Reitstall. Neben dem Tor war eine lange Stange angebracht. Hier konnten die Reiter vor oder nach einem Ausritt ihre Pferde anbinden.

Lucie band Ramon an und ging auf die Koppel neben der Halle. Dort sah sie Kirsten und Rolf beim Aufbau der Gestelle. Sie stellten drei Hindernisse mit der Höhe von maximal 50 cm in einem großen Kreis auf. Mehr hatte Dr. Merz nicht erlaubt. Lucie und Kirsten waren froh, überhaupt mit ihm springen zu dürfen und dachten auch nicht daran, seine Fesseln durch höhere Hindernisse zu gefährden.

»Seid ihr soweit?«, rief Lucie.

»Du kannst uns ruhig noch helfen«, hörte sie Kirsten antworten.

»Ihr seid doch sowieso gleich fertig. Ich hole Ramon«, sagte Lucie und war schon wieder verschwunden. Kurze Zeit später kehrte sie mit dem Pferd zurück.

Kirsten und Rolf saßen jetzt auf der Umzäunung der Koppel im Schatten der Halle. Beide hatten Schweißperlen auf der Stirn.

»Abbauen darfst aber du«, sagte Kirsten verärgert.

»Ich habe die Hindernisse aus dem rechten Schuppen geholt. Dorthin müsst ihr sie nachher wieder bringen. Wenn ihr zwei Stunden mit Ramon springen wollt, müsst ihr sie danach direkt in die Halle bringen. Dort werden sie ab vier Uhr gebraucht«, erklärte ihnen Rolf.

»Ich dachte, du hilfst uns wieder beim Abbauen?« Lucie klang enttäuscht.

»Ich muss gleich noch zum Zahnarzt. Seit gestern habe ich starke Schmerzen unten rechts. Wenn ich rechtzeitig zurück bin, helfe ich euch natürlich. Das habe ich versprochen. Doch im Moment muss ich etwas gegen meine Zahnschmerzen tun. Mir wäre es anders auch lieber. Bis später«, rief er ihnen zu. Er sprang von der Umzäunung und verschwand.

Der Ärmste, dachte Lucie. Sie hatte unheimlichen Bammel vor dem Zahnarzt und Zahnschmerzen waren ihr ein Graus.

»Hoffentlich schafft er es, bis vier hier zu sein.«

Auch Kirsten hoffte auf Rolfs rechtzeitige Rückkehr. Da man die Hindernisse nicht alleine wegräumen konnte, blieb sonst diese Aufgabe wieder an ihr hängen. Dabei hatte sie doch schon beim Aufbau geholfen.

Lucie stellte den linken Fuß in den Steigbügel und schwang gekonnt das rechte Bein über Ramons Rücken.

Sie saß aufrecht im Sattel. Wenn man sie beobachtete, sah man gleich, dass sie nicht zum ersten Mal auf einem Pferd saß. Sie hatte das Reiten schnell gelernt und bewegte sich schon nach kurzer Zeit sicher im Sattel.

»Darf ich nicht doch anfangen?«, bettelte Kirsten.

»Nein, wir haben gelost und ich habe gewonnen«, gab Lucie zurück.

Nachdem Dr. Merz den Mädchen das Springen mit Ramon erlaubt hatte, fingen sie an darüber zu diskutierten, wer zuerst mit ihm raus durfte. Sie konnten beide sehr gut reiten und jede wollte natürlich die ersten Sprünge mit ihm machen. Ramon gehörte zwar den Eltern von Kirsten, Lucie hatte aber die Patenschaft für ihn übernommen und versprochen, sich immer um ihn zu kümmern. Natürlich wurde Ramon von Kirsten und Lucie gleichermaßen geritten, er hatte aber von Anfang an ein wesentlich tieferes Verhältnis zu Lucie entwickelt als zu Kirsten.

Da sie sich nicht einigen konnten, hatten sie schließlich gelost. Lucie hatte gewonnen und Kirsten war im ersten Moment enttäuscht gewesen. Aber das hatte sich bald wieder gelegt.

Kirstens Eltern waren froh, jemanden wie Lucie für Ramon gefunden zu haben. Da sie ja auch noch die Mutter von Ramon besaßen, hielt sich so der Aufwand für sie in Grenzen. Und Kirsten konnte sich auch nicht immer um beide Pferde gleichermaßen kümmern.

Kirsten öffnete den Eingang zur Koppel und Lucie ritt auf Ramon herein. Sie machte zuerst einen großen Bogen über das Gelände, indem sie bis in jede Ecke des umzäunten Bereichs ritt. Dabei variierte sie wiederholt das Tempo. Auf diese Art sollte Ramon warm werden für das Springen. Vor allem sollte durch das großzügige Warmreiten das Verletzungsrisiko für seine anfälligen Fesseln verringert werden.

Kirsten saß auf der Umzäunung im Schatten. Ihr ging das Warmreiten natürlich viel zu lang. Sie konnte es kaum erwarten, selbst mit Ramon über die Hindernisse zu springen.

Sie rutschte auf dem Holzbalken hin und her. Bei jeder Richtungsänderung, die Lucie mit Ramon machte, hoffte sie, dass sie nun endlich die Hindernisse ansteuerte.

»Willst du nicht mal anfangen mit Springen?«, rief sie ihrer Freundin ungeduldig zu.

»Wir sind gleich so weit.«

Lucie beendete noch diese Runde auf der Koppel und zog dann am linken Zügel, um Ramon in einen engeren Kreis zu bringen. In den Kreis, in dem die Hindernisse aufgebaut waren.

Kirsten hielt unbeabsichtigt die Luft an. Sie war wie Lucie gespannt, ob Ramon problemlos die Hindernisse überspringen konnte. Wegen der Höhe hatten sie keine Bedenken. 50 cm waren für ein großes Tier wie Ramon kein Problem. Hoffentlich machten seine Fesseln mit.

Lucie beschleunigte und ritt auf das erste Hindernis zu. Noch drei Schritte, zwei, eins.

Ramon sprang, zog die Beine an und flog elegant über das Hindernis. Er kam auf den vorderen Hufen auf und ritt locker weiter.

Kirsten atmete erleichtert aus und klatschte Beifall. »Super, Ramon, super.«

Auch die nächsten Hindernisse meisterte Ramon problemlos.

Lucie ritt zu Kirsten und hielt an. Kirsten streichelte ihm über der Nase und sagte: »Das hast du toll gemacht. Darf ich jetzt?«, fragte sie und sah Lucie hoffnungsvoll an.

»Eine Runde mache ich noch, dann darfst du.«

Lucie ritt wieder los und Ramon schaffte auch die nächste Runde ohne Probleme.

Kirsten, die auch eine hervorragende Reiterin war, hatte ebenfalls keine Schwierigkeiten bei ihren Sprüngen und Ramon hatte sichtlich Spaß daran, im Wechsel mit den beiden Mädchen die Hindernisse zu überspringen.

Lucies Abenteuer

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