Читать книгу Embedded Journalist - Ralph Ardnassak - Страница 3

I

Оглавление

Du gehst auf den

Fittichen des Windes,

Du machest Winde

zu deinen Boten.

(Inschrift in einem Kirchenfenster von Klein Ehringen mit Bezug auf die große Windhose

vom 3. Mai 1924, die den Ort verwüstete)

Der Heilige Koran: 7. Die Höhen (Al-Aàraf). Offenbart vor der Hidschra.

Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.

56. Und stiftet nicht Unfrieden auf Erden, nach Ihrer Regelung und rufet Ihn an

in Furcht und Hoffnung. Wahrlich, Allahs Barmherzigkeit ist nahe denen, die Gutes tun.

Obwohl Afghanistan nahezu reines Gebirgsland ist, denn nur knapp 10 Prozent seiner Landfläche liegen unterhalb einer Höhe von 600 Metern über dem Meeressspiegel, ist dieser Binnenstaat seit alter Zeit von großer strategischer Bedeutung.

Fast 660.000 Quadratkilometer umfasst das gewaltige Land, dessen größter Teil von den Bergen des Hindukusch, die bis zu 7.500 Meter hoch aufragen und des Sefid Kuh gebildet wird.

Im Südwesten des Landes, nahe der Grenze zum benachbarten Iran, findet sich eine große Ebene, die eine Ebene ohne jeglichen Abfluss ist.

Dort, inmitten jener abflusslosen Ebene, liegt der Hilmendsee, unermüdlich gespeist vom längsten Fluss Afghanistans, dem Hilmend, den schon die antiken Autoren Arrian, Polybos und Avesta beschrieben. Doch stets trug der Hilmend in der Antike andere Namen. Bei Lucius Flavius Arrianus, dem griechischsprachigen Römer, der Geschichtswerke verfasste, hieß er Etymandros. Polybios, der griechische Historiograph, der in über 40 Büchern die Zerstörung Karthagos und Korinths nachzeichnete, benannte ihn Erymanthus. Im Avesta schließlich, jenem heiligen Buch des iranischen Zoroastrismus, erhielt der 1.125 Kilometer lange Strom, welcher im Osten des Landes und nahe seiner Hauptstadt Kabul entspringt, die Bezeichnung Haetumat.

Westlich Kabul, bei Koh-e Baba, findet man seine Quelle. Hält ihn die Kajakai-Talsperre in der Provinz Helmand nicht auf, so setzt er seinen Lauf unermüdlich fort, um bei Gereshk schließlich das Gebirge zu verlassen.

Viele Nebenflüsse münden ihn ein, um ihn ihrerseits mit ihren Wassern zu speisen. In der Provinz Uruzgan ist es der Tiri Rud. Später, flussabwärts und bei Lashkar Gar, kommt der Arghandab hinzu. Wie ein Fremder durchquert er die beiden trockenen Wüsten. Links seines Laufs liegt die Registan-Wüste, die mit dem antiken Samarkand und dessen Ensemble der drei Madrasa, der Ulugbeg-Madrasa, der Sher-Dor-Madrasa und der Tilya-Kori-Madrasa, einen der prächtigsten Plätze Mittelasiens beherbergt.

Rechts hingegen liegt die Dasht-e-Margo-Wüste. Jene im iranischen Hochland Afghanistans gelegenen Gebiete, die als Wendekreiswüsten bezeichnet werden.

Der Hilmend fließt hindurch, um sich endlich, nahe beim Hilmendsee, zu gabeln und sein Ziel, gegen alle Widrigkeiten und Widerstände der trockenen Hochlandebenen zu erreichen, so wie es Charles Algernon Swinburne in seinen Versen beschrieb:

Von zu viel Lebensfurcht und Lebenszuversicht befreit,

so nehmt denn unsern Dank, Ihr Götter,

so und wo ihr seid.

Dass Leben nimmer ewig währt,

dass Totes nimmer wiederkehrt,

dass selbst der trägste Fluss durchquert einmal

zum Meer

des Landes Trockenheit.

(Algernon Charles Swinburne)

Afghanistan, das bedeutet Land der Afghanen, womit die paschtunen Stämme gemeint sind. Und wer die Frage stellt, was die Nordamerikaner und die Europäer in jenem Land eigentlich zu suchen haben, der erhält sogleich die Antwort, dass es internationalen Terroristen und Verbrechern Unterschlupf gewähre und damit ein Ort des Bösen und des Schreckens in der Welt sei, der befriedet werden müsse.

Das Befrieden schließt allerdings das Töten Unschuldiger, das Töten von Bauern, Viehzüchtern, Alten, Frauen und Kindern mit ein. Und wie zufällig finden sich im Gefolge der Truppen sogleich die Prospektoren. Jene Menschen, die auf der Suche nach den Bodenschätzen des Landes sind. Vor allem jedoch nach dem Öl, von dem kritische Geister behaupten, dass es die eigentliche Ursache all der Kämpfe und Invasionen darstellen würde.

Viele halten den Hilmend, der tatsächlich zu den längsten Flüssen der Erde gehört, denn er rangiert auf Platz 86 der längsten Ströme, für den mythischen Fluss Sarasvati, den die vedischen Schriften beschreiben.

Sarasvati, das ist nicht nur die populäre hinduistische Göttin der Weisheit und der Gelehrsamkeit. Sie ist zugleich Shakti, die weibliche Kraft des Gottes Brahma.

In den Apri-Liedern der Veden ist sie hingegen eine reine Fluss- und Naturgottheit.

Reines Wasser und das mythische Getränk Soma können eine Verbindung zu Sarasvati herstellen.

In den Veden verkörpert sie den heiligen Fluss Sarasvati, welcher seinen Ursprung im Himmel haben muss, weil er direkt aus dem Gebirge und von den Bergen kommt.

Der heilige Fluss Sarasvati ist auf seinem Verlauf durch die Triloka geflossen. Durch alle drei Welten. Vielen gilt er heute als ausgetrocknet, anderen jedoch noch immer als Zeichen der Göttin der Fruchtbarkeit, deren gewaltige Stimme der Wasserfall ist, welcher die Kraft und die Fähigkeit besitzt, selbst Felsen und Berge zu sprengen.

Anstelle der vedischen Gottheit Indra kann Sarasvati sogar den drachenköpfigen Dämonen Vritra besiegen.

In Afghanistan, dem Land der Afghanen, dem Land der paschtunen Stämme, sind die Sommer heiß und die Winter sind kalt, was man als kontinentales Klima bezeichnet.

Beinahe überall kennt das Land nur Gebirge. Nur im Norden nicht. Und im nicht in seinem äußersten Südwesten. Im Norden liegen die großen Ebenen am Fluss Amudarja. Im Südwesten die ariden und wüstenartigen Becken des Iranischen Beckens, wie die Dascht-e Lut, die größte Wüste des Landes und die Dascht-e Kawir, die Große Salzwüste. Hier liegen außerdem die Qanate, die grünen Oasen an den Rändern der Lut und der Kawir.

Den Nordosten Afghanistans beherrscht hingegen vollständig der Hindukusch. Er zieht sich entlang der pakistanisch-chinesischen Grenze. Der Tirich Mir ist mit 7.708 Metern sein höchster Berg, dessen schneebedeckter Gipfel so nah an die ziehenden weißen Wolken heran zu ragen scheint, dass Derjenige, der ihn besteigt, unter den Wolken unwillkürlich den Kopf einzieht.

Im Süden fällt der Hindukusch jedoch abrupt und steil ab. Hier liegt die Landschaft von Nuristan.

Hier in Nuristan, in den beiden Provinzen von Laghman und Kunar, wachsen noch ausgedehnte Nadelwälder.

Parun, im Mai 2011 Schauplatz eines bewaffneten Aufstandes gegen die örtliche Polizeikaserne, bildet das administrative Zentrum und die Provinzhauptstadt von Nuristan.

Zwischen der Hauptstadt Kabul und dem berühmten Chaiber-Pass, der die Grenze zu Pakistan darstellt, liegt das Kerngebiet Afghanistans.

Wie die Elektronen um einen Atomkern, so scharen sich hier große und kleine Siedlungen um die Stadt Herat.

Herat, nach Kabul und Kandah?r die drittgrößte Ansiedlung des Landes, liegt im Tal des Flusses Hari Rud und wird überwiegend von Tadschiken bewohnt, die sich allerdings selbst ausschließlich als Farsi bezeichnen.

Im Süden und im Südwesten von Herat beginnen die Wüsten und Halbwüsten des Landes.

Im Osten erstreckt sich das Sandland der großen Wüste Rigestan. Im Westen liegen die Schotter- und Lehmflächen des Dascht-e Margo.

Der Berg Noshak, im Hindukusch-Gebirge gelegen, bildet mit seinen 7.485 Metern den höchsten Berg Afghanistans. Seine tiefste Stelle ist nur 285 Meter über dem Meeresspiegel gelegen und befindet sich in der Flussebene des Amudarja, nahe der Grenze zu Turkmenistan.

Die Menschen aus dem Westen, sofern sie vor den Kriegen der Sowjets und der Amerikaner überhaupt in dieses lange verteufelte Land reisten, kennen meist lediglich die Band-e-Amir-Seen bei Bamiyan. Jene sechs künstlich aufgestaute Seen vor der ergreifenden und gewaltigen Bergkulisse, die heute den Kern des ersten und erst im Jahre 2009 offiziell eingeweihten Nationalparks des Landes bilden.

Beinahe azurblau liegen ihre Spiegel in der Sonne. Erstrecken sich entlang der schroff verlaufenden felsigen Abbruchkanten, die, canyonartig, das Fundament der umgebenden Berge bilden.

Azurblau leuchten die Seen, blendend weiß liegt der Sandsaum ihrer Ufer in der Sonne, erdbraun liegen hoch darüber die verwitternden Hänge der Berge im Schatten der Gipfel.

Nur selten duldet die von Licht und Schatten, von Fels und verwitterndem Geröll dominierte Landschaft fast schüchternen, dafür aber sattgrünen Bewuchs, der sich an den Fuß der Berge und Felsen schmiegt, wie die Krüppelkiefern, die Büsche und Flechten der Alpen es tun.

Afghanistan besitzt kontinentales Klima, was bedeutet, dass die Jahreszeiten im Lande sehr stark ausgeprägt sind.

Die Sommer sind heiß und die Winter kalt. Während die Sommer trocken bleiben und nur im äußersten Südosten des Landes der Monsun etwas Niederschlag bringt, führt der Westwind während der Winterzeit ergiebige Niederschläge heran.

Im Norden, in den Hochlagen der Gebirge, schneit es im Winter, wobei der Schnee bis hinab in die Täler wandern kann.

Während der größte Teil des Landes kontinentales und gemäßigtes Klima aufweist, gehört ein schmaler Streifen im Süden des Landes jedoch bereits zur subtropischen und damit sehr warmen Klimazone der Erde. Daher gedeihen im äußersten Süden bereits Datteln.

Immer stärker leiden die Menschen des Landes unter Dürreperioden, die das aride Klima der betroffenen Gebiete auf unheilvolle Weise verstärken.

So fürchtet man für die Landschaft, da auch der aus Indien kommende und für die Bauern unentbehrliche Monsunregen durch die globale Erwärmung der Erde zunehmend unzuverlässig wird.

Die meisten Menschen des Landes leben in den Dörfern.

Es gibt nur wenige große Städte, in denen weniger als ein Viertel der Gesamtbevölkerung leben.

Ein buntes Sammelsurium ethnischer Gruppen bildet die Landesbevölkerung. Die Paschtunen sind zahlenmäßig die größte Gruppierung unter ihnen, was dazu führte, dass sie sich selbst als das staatstragende Volk des Landes begreifen.

Dennoch leben die einzelnen Ethnien und Volksgruppen oft friedlich und gemischt in den Dörfern und Städten miteinander.

Beinahe die Hälfte der Einwohner sind Paschtunen, die einem der beiden großen Stämme der Durrani oder der Ghilzai angehören.

Weitere Nomadenstämme, so die insgesamt 5 Millionen umfassenden Kuchi, werden ebenfalls den Paschtunen zugeordnet.

Die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe des Landes bilden die persisch sprechenden Tadschiken. Vielfach werden sie auch als Tadschik, als Parsiwan, als Dihgan oder als Dihwar bezeichnet. Auch die Gruppen der Qizilbasch und der Aimaken fühlen sich selbst als Tadschiken.

Auch die Hazara sind eine Bevölkerungsgruppe, die persisch sprechen und sich zum schiitischen Glauben bekennen.

Weniger als ein Zehntel der Bevölkerung Afghanistans repräsentieren schließlich die Usbeken.

Turkmenen, Belutschen, Nuristani stellen den Rest jenes bunten Völkergemisches dar, welches insgesamt 49 Sprachen spricht, von denen das Paschtu oder Paschto jedoch die offizielle Amtssprache bildet.

Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.

Trage vor im Namen Deines Herrn, der erschuf.

Erschuf den Menschen aus einem Klumpen Blut.

Trage vor! Denn Dein Herr ist der Allgütige.

(Der Heilige Koran, 96 Der Blutklumpen, Al-Alaq)

Liegt nicht ein Körnchen Wahrheit in dem Ingrimm der beduinischen Wahhabiten, die sich anschickten die Bilder aller Menschen zu zerstören, die der Mensch zu Göttern machen wollte, obwohl sie nur Menschen waren, wie auch der Prophet Mohammed selbst, Friede seiner Seele?

Liegt nicht eine erste Hybris des Menschen in seiner Überhöhung jenes Propheten, welchen die Juden Joshua Ben Josef, die Söhne der Wüste Issa Ben Maria, erst die Griechen jedoch Christos nannten?

Und frevelte nicht bereits das Erste Konzil von Konstantinopel, indem es erklären und festschreiben ließ, dass Jener schließlich Mensch und Gott zugleich sei?

Und steht nicht geschrieben, in der Kuppel des Felsendomes zu Jerusalem auf dem Tempelberg: Jesus ist nur ein Diener Gottes? Ein Diener Gottes und sein Prophet, ebenso wie Mohammed, Friede sei mit ihm!

O Volk der Schrift, übertreibt nicht in eurem Glauben und saget von Allah nichts als die Wahrheit. Der Messias, Jesus, Sohn der Maria, war nur ein Gesandter Allahs und eine frohe Botschaft von Ihm, die Er niedersandte zu Maria, und eine Gnade von Ihm. Glaubet also an Allah und Seine Gesandten, und saget nicht: „Drei.“ Lasset ab – ist besser für euch. Allah ist nur ein Einiger Gott. Fern ist es von Seiner Heiligkeit, dass Er einen Sohn haben sollte. Sein ist, was in den Himmeln und was auf Erden ist; und Allah genügt als Beschützer.

(Der Heilige Koran, 4. Die Frauen, An-Nisá, Vers 171)

Embedded Journalist

Подняться наверх