Читать книгу Farbenzauber der Liebe - Ramona Beck - Страница 6

Оглавление

Kapitel 2

Traumwelt

Das feuchte Gras wanderte sanft durch meine Zehen. Der Morgentau warf einen Schleier auf meinen Körper und der Duft der Blumen entführte meine Sinne hinein in meine Welt.

Ich bin wieder hier, bin frei!

Die Umgebung war einfach wunderschön. Sie verzauberte durch die farbenfrohen Wiesen, geschmückt mit Blumen, die so im realen Leben nicht zu finden waren. Eine schöner als die andere. Inmitten der Landschaft, ein See. Das Wasser klar bis zum Grund. Fische schwammen in Schwärmen und am Rand des Sees fanden sich Tiere aller Arten zusammen, um das Wasser zu kosten. Ein harmonischer Ort, der so nur in meinen Träumen zu finden war. Eingeladen von der Sonne, lehnte ich mich an einen Baum, um mich von der Wärme verführen zu lassen. Mit geschlossenen Augen wartete ich auf die zärtlichen Berührungen meines Geliebten. Meine Sehnsucht war kaum noch zu bändigen und ließ mich ungeduldig werden. Gerade als ich meine Augen öffnen wollte, um Ausschau nach ihm zu halten, spürte ich seine Nähe. Seine Wärme umschmeichelte meinen Körper, sanft berührten mich seine Hände.

Für einen Moment lagen seine Lippen zart auf meinen. »Es ist immer wieder schön, dich berühren zu dürfen, Eve«, flüsterte er mir ins Ohr. Ich hob meinen Kopf, schaute tief in seine rehbraunen Augen. Augen, die mich immer wieder verzauberten.

»Ich konnte es kaum erwarten, Jamie. Meine Sehnsucht wird immer größer und am liebsten würde ich bei dir bleiben.«

Meinen Blick richtete ich zur Seite. Mir war klar, dass dieser Wunsch unmöglich in Erfüllung gehen konnte. Doch Jamie ließ mir keine Zeit, traurig zu sein. »Eve, lass uns nicht darüber sprechen. Du musst dich endlich damit abfinden. Genieße die Momente, die wir gemeinsam haben.« Dabei setzte er sein charmantestes Lächeln auf, nahm meine Hand und zog mich Richtung See. Jamie war um einiges größer als ich. Etwa eins neunzig, würde ich meinen. Sein Körper, sonnengebräunt und von sportlicher Statur. Seine hellbraunen Haare passten perfekt zu seinen wundervollen Augen. Er war so ganz anders als die Männer, die ich bislang in meinem Leben kennengelernt hatte. Er war perfekt! Wir waren perfekt! Wie füreinander geschaffen.

Von Weitem erkannte ich etwas Buntes, das auf der Wiese lag. »Es ist sowieso höchste Zeit. Ich löste mich von ihm und beschleunigte meine Schritte, denn mir war sofort klar, dass er sich wieder etwas ganz Besonderes für uns hatte einfallen lassen. »Jamie, du bist umwerfend! Wie schön du das alles für uns hergerichtet hast!«

Ich strahlte ihn an, umklammerte seinen Arm und wünschte mir, die Zeit könnte hier und jetzt stehen bleiben. Auf der Wiese hatte er eine Picknickdecke ausgebreitet. Daneben stand ein Korb voller Köstlichkeiten. Er hatte an alles gedacht. Von Obstsalat bis hin zur Maracujaschorle war alles dabei.

Jamie wusste eben, was ich mochte. Doch die Sehnsucht nacheinander war stärker als das Verlangen nach den fein hergerichteten Speisen. Nachdem wir auf der Decke Platz genommen hatten, drückte Jamie mich sanft nach hinten, sodass ich auf der Decke lag. So, über mich gebeugt, schaute er mir für einen Moment tief in die Augen, bevor wir uns ganz der Leidenschaft hingaben. Mit dem Gedanken daran, dass acht Stunden Schlaf einfach zu wenig sind, stand ich wieder in meinem Laden.

Es war bereits vier Wochen her, dass Grace ihn mir überschrieben hatte. Daraufhin hatte sie mich noch zwei Wochen eingearbeitet und meinte dann nur noch, dass sie eine Weltreise gebucht habe. Weg war sie. Ihre letzte Tätigkeit war, mir einen Blumenlieferanten zu suchen, der, wie sie es ausdrückte, meinen Ansprüchen gerecht werden würde. Was auch immer sie damit meinte. Grace hatte bereits einige Gespräche mit ihm geführt und die Bestellungen rausgegeben. Heute sollte die erste Lieferung durch ihn erfolgen.

Ich war gespannt, ob er auch so zuverlässig wäre wie Jakob. Mit Jakob war ich eigentlich immer sehr zufrieden. Er war etwas über sechzig Jahre alt, sehr nett, pünktlich, zuverlässig und belieferte das Geschäft nun bereits seit fünfundzwanzig Jahren. Nun gut, ich wollte mir nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen, warum und weshalb Grace ihn durch einen anderen Lieferanten ersetzt hatte.

Gerade als ich dabei war, meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, hörte ich draußen ein lautes Krachen. Diesem Krachen folgte eine Reihe derber Flüche. Neugierig, wie ich halt war, lief ich in Richtung des Lärms. Vorsichtig schaute ich über die Glasfront hinaus. Was ich da sah, brachte mich zum Verzweifeln. Am Straßenrand parkend stand der Lieferwagen des neuen Lieferanten und überall auf der Straße verteilt, lagen meine bestellten Blumen. Ich konnte es nicht glauben.

Was hatte Grace sich dabei gedacht, mir solch einen Trampel zu besorgen? Ich rannte wutentbrannt nach draußen. »Was machen Sie denn da? Meine schönen Blumen. Das kann doch nicht wahr sein!«

Den Tränen nahe sah ich den Lieferanten an. Dieser stand wie ein kleiner Junge vor mir. Man sah ihm genau an, dass er nach den richtigen Worten suchte. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck von unsicher zu frech. Mit einem verschmitzten Gesicht reichte er mir die Hand und stellte sich mir vor:

»Ah … ähm Frau Martens, richtig? Ja, die Blumen hatten das Verlangen, noch etwas Auslauf zu erhalten, bevor sie in die engen Vasen gesteckt werden. Aber ich sammle jetzt alle wieder ein. Ich denke, die haben nun genug Auslauf gehabt!«

Kaum ausgesprochen, ließ er meine Hand los, sammelte die Blumen sorgsam ein und trug sie in meinen Laden. Während das alles geschah, stand ich wie angewurzelt da, mit offenem Mund und war sprachlos. Ist das eben wirklich passiert? Will der mich auf den Arm nehmen?

Noch immer wütend lief ich in meinen Laden zurück. Inzwischen hatte er alle Blumen ordentlich im Lager abgestellt. Mit einer Leichtigkeit, so als wäre nichts geschehen, kam er auf mich zu. In mir brannte die Wut. Ich konnte es einfach nicht glauben.

»So, jetzt benötige ich nur noch eine Unterschrift und schon bin ich wieder weg«, sagte er und zwinkerte mir dabei zu. Langsam wusste ich gar nicht mehr, wie ich reagieren sollte. Seinen Namen? Hm …? Seinen Namen habe ich ganz vergessen. Wie soll ich ihm meine Meinung sagen, wenn ich noch nicht einmal das von ihm weiß?

Ich stellte mich selbstbewusst vor ihn, für alle Diskussionen gewappnet und fragte ihn mit genervter Stimme nach seinem Namen.

»Tom! Tom ist mein Name. Haben Sie vorhin gar nicht zugehört? Hatte mich schon gewundert, weil keine Reaktion von Ihnen kam. Aber ich dachte mir, dass Sie vielleicht einfach nur zu schüchtern sind«, erwiderte er grinsend. »Nun benötige ich aber ihre Unterschrift, damit ich weiterfahren kann. Die Kunden warten nicht gerne.«

Ich war mit der gesamten Situation überfordert. Da nennt er mich schüchtern, tut als ob nichts gewesen wäre und fordert eine Unterschrift. Eine Unterschrift, die bestätigt, dass die Blumen unbeschädigt bei mir angekommen sind? Das nenne ich frech. Soll ich die Art und Weise, wie er mit der Situation umgeht, etwa dulden?

Ich ging einen Schritt zurück und atmete tief durch. »Ich muss erst einmal die Blumen kontrollieren und …« Doch zum Beenden des Satzes kam ich nicht, denn in diesem Moment betrat auch schon eine Kundin den Laden.

»Wir sprechen uns noch, Tom! So einfach lasse ich Sie mit dieser Aktion nicht davonkommen. Schreiben Sie mir bitte den Namen Ihres Chefs hier auf, damit ich das melden kann.«

Ich reichte ihm meinen Notizblock, unterschrieb den Lieferschein und ging geradewegs auf die Kundin zu. Mir war nicht danach, weitere Diskussionen zu führen. Er nahm den Block ohne Widerworte an und begab sich damit an die Verkaufstheke. Noch während des Gesprächs mit der Kundin beobachtete ich sein Tun. Es dauerte nicht lange und er verließ den Laden. Nachdem ich die Bestellung der Kundin für einen Hochzeitsstrauß aufgenommen hatte, lief ich zur Theke und nahm den Zettel. Darauf stand:

“Gerne gebe ich Ihnen meine Nummer. Ihr Anruf wird sehnsüchtig von mir erwartet!”

Dahinter ganz frech ein Zwinkersmiley. Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich meine Wut bezwungen hätte, aber diese Nachricht brachte mich komplett aus dem Konzept. Den restlichen Tag über konnte ich mich auf nichts mehr richtig konzentrieren. Zu sehr beschäftigte mich dieser Tom. Ich wollte einfach nicht glauben, wie man so unverschämt sein konnte.

Tom

Gerade noch darüber nachgedacht, wie ich den Tag überstehen sollte, traf mich die Begegnung mit Eve Martens wie ein Schlag. Schlimmer konnte es eigentlich nicht kommen. Man sollte wirklich an solchen Tagen die Arbeit stehen und liegen lassen und wieder zurück ins Bett huschen.

Gut, dass mir gerade bei dieser Lieferung die komplette Bestellung vom Transporter fallen musste, war nicht gerade geschickt, aber es war passiert und ich dachte eigentlich, dass ich mich gut aus der Situation gerettet hätte. Wobei ich die Reaktion von ihr schon etwas übertrieben fand. Den Blumen war nichts ­passiert.

Nicht ein Blättlein ging verloren und das sollte doch das Wichtigste sein, aber nein, da machte Madame so ein Fass auf.

Mir war ganz anders, als sie so wutentbrannt vor mir stand. Ihr eigentlich sehr liebliches Gesicht war vor Wut so verzerrt, dass man Angst bekommen musste, und im ersten Moment war mir nicht klar, wie ich reagieren sollte. Ich kam mir vor wie ein kleiner Junge, der beim Stehlen erwischt worden war. Diese Unbeholfenheit kannte ich so eigentlich nicht von mir, aber irgendwie hatte diese Frau es geschafft, mich nervös und zugleich unbeholfen zu machen. Vielleicht lag es daran, dass ich ihr solch einen Zorn niemals zugetraut hätte.

Aber Grace hatte mir schon gesagt, dass es nicht leicht werden würde mit Eve. Grace war die Lebensgefährtin von meinem Onkel Jakob. Er war etwas über fünfundzwanzig Jahre lang ihr Lieferant gewesen und irgendwann entstand mehr daraus. Seit etwa einem Jahr waren sie ein Paar und ich war froh darüber. Zu lange hatten beide nur für ihre Arbeit gelebt. Ja, und nun hatten sie sich gemeinsam auf Weltreise begeben. Mein Onkel meinte eines Morgens nur, dass er es satt hätte, nur fürs Arbeiten zu leben.

Es wäre nun an der Zeit, die Firma aufzugeben, so seine Worte. Er überschrieb mir dann seinen kompletten Kundenstamm und zog sich vollständig aus dem Arbeitsleben zurück. Leisten konnte er es sich, Jahre hatte er gearbeitet, war nie im Urlaub gewesen und hatte jeden Cent gespart. Nun war es an der Zeit, zu leben!

Aus irgendwelchen Gründen wollte Grace Eve davon nichts erzählen. Sie meinte nur, dass sie ein schlechtes Gewissen hätte, wenn Eve mitbekommen würde, dass sie glücklich wäre. Merkwürdig, welcher Mensch freute sich denn nicht für den anderen, wenn dieser Glück im Leben hatte. Man könnte meinen, Eve Martens wäre eine besitzergreifende und neidzerfressene Person. Aber als ich Grace meine Meinung dazu sagte, erzählte sie mir die gesamte Lebensgeschichte von Eve. Danach konnte ich einiges etwas besser nachvollziehen.

Als die Reise der beiden gebucht war, kamen sie mit der Bitte zu mir, dass ich mich um Eve kümmern sollte. Ja, so kam es dazu, dass ich der Lieferant von Eves Blumenladen geworden bin. Anfangs nicht gerade begeistert darüber, Babysitter für jemanden zu spielen, sagte ich dann doch zu. Ich konnte meinem Onkel diesen Wunsch nicht abschlagen, denn ich wusste, wozu es führen würde. Grace würde Eve niemals alleine lassen und nur unter der Vorausetzung, dass ich mich um sie kümmern würde, buchte sie schließlich die Reise.

Ich begann, Eve heimlich zu beobachten, und nahm es mir zur Aufgabe, mehr über diese geheimnisvolle Person zu erfahren. Ich wollte einfach vorbereitet sein auf die erste Begegnung, aber der Schuss ging wohl eher nach hinten los. Täglich musste ich Grace darüber informieren, wie es Eve ging.

Tja, was sollte ich nach solch einem Start heute schreiben? Sicherlich wäre sie nicht erfreut, zu hören, dass ich gleich zu Beginn einen schlechten Eindruck bei Eve hinterlassen hatte. Nun, ich konnte nichts mehr an dieser Situation ändern, aber ich nahm mir vor, es wiedergutzumachen.

Vielleicht würde sie meiner Aufforderung nachkommen und riefe mich an. Wobei, so wie sie mir beschrieben wurde, würde das wohl eher nicht passieren. Grace meinte, dass Eve sich nur für ihre Blumen interessieren würde.

Sie hatte offenbar keine Freunde und Verwandte und mit ihren Eltern wollte sie wohl nichts zu tun haben. Etwas merkwürdig war das schon, aber vielleicht könnte ich sie ja mit meinem Charme aus der Reserve locken. Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht schaffen würde. Ich würde künftig einfach behutsamer mit ihrer Lieferung umgehen müssen, sie anlächeln und mit etwas Humor käme ich bei ihr bestimmt weiter. Das klappte immer!

Farbenzauber der Liebe

Подняться наверх