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§ 8. Vorgeschichte der Griechen.

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Kein Volk kennt seine Jugendgeschichte. Sind die Völker auf den Schauplatz der Weltgeschichte getreten, so lassen neue große Aufgaben sie ihre stillere Vorzeit ver[pg 23]gessen. Und doch bringen sie aus derselben neben mannigfachen technischen Fertigkeiten große geistige Besitztümer mit: die Sprache, einen Kreis alter Sagen, wie bestimmte Formen der Götterverehrung. Die Vergleichung der Sprachen läßt erkennen, daß die Griechen einen Zweig jener großen Völkerfamilie bilden, welcher die Inder, Iranier, Italiker, Kelten, Germanen, Litauer und Slaven angehören.

Aus der Urheimat der indoeuropäischen Völkerfamilie, als welche man früher Asien, und zwar das Gebiet des oberen Oxus und Jaxartes betrachtete, während neuerdings von den meisten die südrussische Steppe dafür angesehen wird, wanderten die Griechen höchst wahrscheinlich von N. her aus dem Donaugebiet in ihre spätere Heimat ein. Wie die große deutsche Völkerwanderung im Beginn des Mittelalters, so vollzog sich auch die Wanderung der griechischen Stämme innerhalb großer Zeiträume in mehreren Stufen; das Vordringen der Einwanderer wurde durch die vielfachen Gebirgsriegel aufgehalten, welche den S. der Balkanhalbinsel gegen N. abschließen.

Als älteste Bevölkerung Griechenlands nennt die sagenhafte Überlieferung die von Herodot bis auf die neueste Zeit vielumstrittenen Pelasger3, ferner die Leleger, Kadmeer, Abanten u. a.; ein geschichtliches Volk waren ohne Zweifel die Minyer, welche durch gewaltige, jüngst wieder aufgedeckte Deich- und Kanalbauten weite Flächen Böotiens urbar machten. Einen überraschenden Einblick in die griechische Kultur der ältesten Zeit, welche als die mykenäische Periode bezeichnet wird, gewähren uns die in den letzten Jahrzehnten von Schliemann in Mykenä, Tiryns (s. § 69) und Orchomenos unternommenen Aus[pg 24]grabungen. Sie belehren uns, daß jene Kultur unter despotischem Regiment hochentwickelt und derjenigen der vorderasiatischen Großstaaten nahe verwandt war. Den Griechen selbst war die Tatsache einer tiefgreifenden asiatischen Einwirkung auf ihre Kultur wohl bekannt; versuchten sie doch, dieselbe durch die merkwürdigen Erzählungen von fremden Einwanderern (Kekrops, Kadmos, Danaos, Pelops) zu erklären.

Die günstige Lage Griechenlands inmitten zweier großer Meere gestattete jederzeit mannigfache Berührung und Austausch mit fremden Kulturvölkern. Sicher war die Einwirkung der Phönizier die bedeutsamste. Diese erscheinen in der Odyssee als kühne Seefahrer, die bald Seeraub und Menschenhandel treiben, bald kostbare Kunsterzeugnisse zum Tausche anbieten.

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