Richard R. Ernst
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Richard R. Ernst. Richard R. Ernst
Stockholm an Pan Am 31!
Inhalt
Kindheit und Jugend. 1933–1952. Ein schwieriger Start
Studium und Dissertation an der ETH Zürich. 1952–1962. Alma Mater
Silberstreifen über dem Pazifik. 1963–1968. Partnerwahl
Rückkehr an die ETH. 1968–1990. Harte Landung in der Heimat
Am Ende das Licht – der Nobelpreis. 1991. Die Wette
Thangkas – Die andere Dimension. Erstkontakt
Das Vermächtnis. Die Parabel der drei vergessenen Worte
Nachwort von Prof. Alexander Wokaun
Lebensdaten
Glossar
Dank
Bildnachweis
Отрывок из книги
Es ist der 16. Oktober 1991. Ich sitze im Flugzeug von Moskau nach New York. In Moskau habe ich einen Vortrag gehalten, in New York soll mir ein Wissenschaftspreis, der Louisa-Gross-Horwitz-Preis, überreicht werden, ruhmreich, international, ein grosser Erfolg. Der Preis macht mich stolz, auch wenn ihn ausserhalb der Forschergemeinde kaum jemand kennt. Wir sind schon drei Stunden geflogen und befinden uns irgendwo zwischen Schottland und Irland. Die Triebwerke der Pan-Am-Maschine surren. Ohne Anfang und ohne Ende, im ewigen Blau. Ich sitze in der Businessclass, bereite mich, wie immer im Flugzeug, auf einen Vortrag vor. Doch plötzlich gibt es Bewegung, der Pilot tritt in die Passagierkabine. Was ist los? Ein Notfall oder nur ein Kontrollgang? Nein, der Captain kommt direkt auf mich zu, beugt sich zu mir. «Sie sind Herr Ernst», sagt er. Ich nicke. «Kommen Sie doch mit ins Cockpit, wir haben einen Anruf für Sie, aus Stockholm.» Stockholm? Das kann nur eines heissen: der Nobelpreis!
Kürzlich erzählte mir meine Schwester, dass sie mich schon in meiner Jugend mit dem Ausspruch gefoppt habe, ich würde diese Krone der Auszeichnungen einmal gewinnen. Anders gesagt, ich galt als Streber. Ein unter Heranwachsenden eher zweifelhafter Ruf. Doch für einen Wissenschaftler ist der Nobelpreis die höchste Ehrung. Sie erfüllt einen mit Stolz und Befriedigung. Und neben der Ehre ist er auch mit einem stattlichen Preisgeld verbunden. Man hofft auf ihn – und erwartet ihn doch nicht. Und wenn es dann so weit ist und man den Anruf erhält, ertappt er einen wie ein Dieb in der Nacht. Natürlich bin ich erfreut, gleichzeitig aber packt mich sofort das schlechte Gewissen. Habe ich ihn verdient, wo Wissenschaft doch Teamarbeit ist? Wer hat ihn noch erhalten, wer hat ihn nicht erhalten? Was denken die anderen? Alle diese Gedanken schwirren mir durch den Kopf in den Sekunden auf dem Weg ins Cockpit.
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Natürlich musste ich als «Sohn von Familie» auch ein Musikinstrument lernen. Ich war acht oder neun Jahre alt, als ich mit dem Flötenunterricht begann. Zuerst spielte ich Sopranblockflöte, dann Altblockflöte. Kürzlich kam eine Vertreterin des Nobelmuseums zu Besuch und bat mich um diese beiden Flöten. Heute sind sie also in Stockholm in der Vitrine «Richard R. Ernst» zu sehen. Eigentlich mochte ich die Blockflöte nie besonders; am liebsten hätte ich Klavier gespielt. Doch das entsprach nicht dem Plan meines gestrengen Vaters. Er hatte jedem seiner Kinder nach dem obligatorischen Blockflötenunterricht ein bestimmtes Instrument zugedacht: mir das Cello, Verena die Geige und meiner jüngsten Schwester Lisabet das Klavier. Wir sollten, so war wohl die Absicht, bei gesellschaftlichen Anlässen ein Hauskonzert geben können, wie es sich in kultivierten Haushalten gehörte. Verena und ich schluckten die Anweisungen klaglos, doch bei meiner jüngsten Schwester Lisabet kam die Order nicht gut an. Sie beherrschte das Klavierspiel nie, und das viele Üben bereitete ihr grosse Mühe. Doch wusste sie sich zu wehren und setzte sich gegen meinen Vater durch: Sie brach das Experiment ab.
In mir jedoch entflammte eine grosse Leidenschaft für die Musik, genährt von der kulturliebenden Atmosphäre meiner Heimatstadt. Heute hat Winterthur bei vielen Schweizerinnen und Schweizern das Image einer glanzlosen Industriestadt. Vielen unbekannt ist ihre andere Seite: die Museen, die Kunstsammlungen und das Musikkollegium, das ich heute noch gerne finanziell unterstütze. Es würde mich nicht wundern, wenn Winterthur einmal zur Kulturhauptstadt Europas ernannt würde. Aber wie war das erst während des Krieges, als viele Künstler und Musiker nirgendwo sonst in Europa mehr auftreten konnten! Winterthur war zu einem Eldorado für Kultur geworden, die Stadt beherbergte ein berühmtes Symphonieorchester, und die grössten Solokünstler gaben sich im Konzertsaal des Stadthauses die Klinke in die Hand. Der legendäre katalanische Cellist Pablo Casals war da, der Komponist und Dirigent Igor Strawinsky, Schöpfer des Balletts «Der Feuervogel» und des Oktetts für Blasinstrumente (das Originalmanuskript befindet sich noch heute bei der Stiftung Rychenberg in Winterthur), oder immer wieder auch die rumänisch-jüdische Pianistin Clara Haskil, die später das Schweizer Bürgerrecht erhielt.
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