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Idole

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The principal deity was a goddess

James Mellaart Ausgrabungsleiter, 1961 – 1963

In der Ausgrabungsstätte von Catal Hüyük, im Süden der Türkei, fand man auffallend viele weibliche Statuen. Sie stammen aus dem Siedlungsraum der Menschen, die vor ca. zehntausend Jahren hier lebten. Die Statuen sind anthropomorph geformt. Es sind barocke, beleibte, breithüftige, vollbusige Frauenfiguren. Sie verkörpern das Leben, die Fähigkeit, Leben zu spenden. Sie strahlen Lebensfreude aus. Man gab ihnen göttliche Züge. James Mellaart deutete die Funde als Objekte eines religiösen Kultes, der die Hervorbringung von Leben, die Sicherstellung desselben und den Wunsch nach Kontinuität beschwören sollten. Die weiblichen Statuetten verkörpern die Hoffnung auf ewige Fortdauer des Lebens. Sie sind Symbole der Fruchtbarkeit.

Ich besichtige die Ausgrabungsstätte. Inmitten der großen weitflächigen Grabungsplätze gibt es einen abgeschirmten Raum in dem die Funde aufbewahrt und ausgestellt werden. Liebevoll aufgereiht stehen sie in den Regalen: Erdfarbene, schlichte, bemalte, dekorierte Figuren. Eine kleine Heerschar großer Göttinnen. Die Archäologin zeigt mir eine besonders ausdrucksvolle Figur.

Merhaba

Große Sitzende

Eine beleibte Frau thront auf einem steinernen Stuhl. An ihrer Seite stehen zwei Leoparden, zähnefletschend, furchteinflößend, abwehrbereit. Ihre kräftigen Hände bändigen sie. Demutsvoll schlingen die Katzen ihre Schwänze um die Schultern der Frau. Stolz erhebt sie ihren geschorenen, von Bändern umschlungenen Kopf. Macht bewusst ist ihr Blick in die Welt gerichtet. Die prallen Brüste, der schwere Leib, der hervorquellende Nabel, die gespreizten Schenkel deuten auf die Geburtsstunde hin. Zwischen ihren Füßen liegt denn auch ein kleiner Kopf, der Kopf eines Kindes.

Die Statue stellt eine Gebärende dar. Flankiert von schutzgebenden Tieren. Man nennt sie auch: Große Muttergöttin. Die Figur ist eine Huldigung der Frau als Lebensspenderin. Ihre Macht wird geehrt, ihre Fähigkeit Leben zu gestalten. Die Figur strahlt Kraft aus, Lebensfreude. Souveränität. Man möchte sie mitnehmen, an ihrer Kraft teilhaben, um ihren Segen bitten. Und so kaufe ich eine Replik. Stecke sie sorgfältig ins Reisegepäck.

Zu Hause stelle ich sie auf ein transparentes Acrylregal, das alle ihre kraftvollen Züge zur Geltung kommen lässt. Oft stehe ich davor. Denke darüber nach, dass vor vielen tausend Jahren die Menschen den wertvollen Beitrag der Frauen zur Erhaltung des Lebens erkannten. Dass sie die Frauen würdigten, verehrten und priesen. Sie waren Göttern gleich. Die Figur der „Großen Mutter“ ist für mich ein Memento mit zu wirken im Ringen um Anerkennung des Wertes der Frauen heute, um Achtung ihrer Leistungen in unserer Zeit. Es ist ein schweres Ringen. So stelle ich an dunklen Tagen manchmal eine Kerze vor die Figur, in hellen Stunden eine Blume.

altes Steinidol

Segenspender – im Lehmhaus

im Vortragssaal

Vorgelesen am 105. Weltfrauentag – 8. März 2016


Die Harfenfichte

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