Читать книгу Literaturklassiker Band 1: Robert Musil - Die Verwirrungen des Zöglings Törleß - Robert Musil (hg. von Redaktion Müller) - Страница 5

Vorwort

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Die mit Abstand größte Anzahl der Publikationen über Robert Musil und sein Werk beschäftigt sich mit seinem unvollendet gebliebenen Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“. Auch die Artikel, Aufsätze, die sich mit anderen Veröffentlichungen Musils befassen, kommen doch häufig auf die eine oder andere Weise auf dieses Hauptwerk zurück. So werden viele Texte Musils, die vor dem „Mann ohne Eigenschaften“ geschrieben wurden, dennoch von diesem ausgehend analysiert, und jedes Motiv, das in einem älteren Werk ebenso auftaucht wie im „Mann ohne Eigenschaften“, wird meist als Vorabstudie oder als ’das-beschäftigte-Musil-schon-damals’ klassifiziert.

Dabei geschieht – fast nebensächlich – allerdings eine Sache: Die Bedeutung und Qualität der anderen Texte, wie z.B. „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, wird dadurch auf die eines Vorläufers, einer Vorstudie reduziert, was diesen Erzählungen, Novellen, Essays und (Kurz)Romanen allerdings keinesfalls gerecht wird. Aus diesem Grunde wird der „Törleß“ in dieser Edition bewusst in den Mittelpunkt gestellt.

Ein zentrales Thema des „Törleß“ ist die Gewalt, ihre Ausprägung und ihre Darstellung, ihre Wirkung auf die Protagonisten und ihre Stellung im Gesamtkontext.

Hierbei geht es nicht nur um Gewalt im vordergründigen Sinne, sondern auch um subtile Selbstjustiz, Macht, Demütigung und Erniedrigung, um körperliche und seelische Misshandlungen, es geht um Täter, um diejenigen, die ausüben, begehen und veranlassen, und um Opfer, um diejenigen, die ertragen (wollen/müssen).

Die Wertigkeit des dem anderen Zugefügten wird in ihrer Unterschiedlichkeit deutlich, dabei wird es nicht erstaunen, dass die Formen, die auf den ersten Blick „harmloser“ daherkommen, letztendlich die größeren Wunden reißen.

Verschiedene Motivationen, Ziele und Wege weist Musil in den Charakteren und Handlungen auf, auch die Reaktionen auf die jeweilige Art der Repression fallen uneinheitlich aus und zeigen ein komplexes Seelengebilde der jungen Männer.

Ein Schlüsselbegriff des Romans ist der der „Grenze“. Es lassen sich Grenzen auf den verschiedensten Ebenen und Gebieten ausmachen: Grenze der Erkenntnis, Grenze der Sprache, Grenze der Moral, Grenze der Toleranz, Grenze zwischen Jugendlichem und Erwachsenem, Grenzen innerhalb der Gesellschaft, Grenzen der Pädagogik, Grenze zwischen Bestrafung und Misshandlung, Grenze der Kontrolle, Grenze innerhalb eines Individuums usw.

Diese Vielschichtigkeit und die vereinnahmende Darstellung der genannten Motive zeigen bereits, dass der „Törleß“ ein weiteres Meisterstück von Robert Musil ist.

Manfred Müller, 2013


Literaturklassiker Band 1: Robert Musil - Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

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