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I. Der Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Diktatur

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In einer Demokratie ist das Volk der Souverän der Herrschaft. Dies bedeutet, dass die Volksvertreter den Willen der Mehrheit der jeweiligen Bevölkerung vertreten. Sie sind in freien, unabhängigen und geheimen Wahlen durch die Wahlberechtigten zu bestimmen.

In einer Diktatur bestimmt sich eine Kaste von Berufspolitikern selbst zum Herrscher über das Volk. Dies kann und wird oft auch durch Wahlen legitimiert, in denen nur Vertreter der jeweiligen Kaste zur Wahl stehen. Aus Mangel an Alternativen ist in einer Diktatur so gewährleistet, dass das Staatsoberhaupt unabhängig vom Ausgang der Wahlen immer wieder bestätigt wird. Auch kann in einer Diktatur das Staatsoberhaupt wechseln, oder bei Tod oder Arbeitsunfähigkeit ersetzt werden. In einer Diktatur dominiert aber meist ein Staatsoberhaupt, das entweder auf Lebenszeit oder für eine sehr lange Dekade die Staatsgeschäfte führt. Man kann also festhalten, dass sehr lange Regierungsperioden eines Staatsoberhauptes schon ein Indiz für diktatorische Machtfülle sind.

In einer Demokratie wird die Macht der Volksvertreter und der jeweiligen Regierungen einer steten Kontrolle unterworfen, die diktatorische Machtanmaßung verhindern soll. Dazu existieren mehrere Kontrollmechanismen und die Gewaltenteilung. Die Gewaltenteilung soll verhindern, dass der Staat gegen das Grundgesetz oder die Verfassung verstößt. Die Justiz agiert in einer Demokratie unabhängig von den Weisungen des Staates nach Recht und Gesetz. Die demokratisch gewählte Regierung hat nicht das Recht, in die Rechtssprechung einzugreifen oder sie gar zu kontrollieren.

In einer Diktatur ist die Justiz nur pro forma unabhängig oder gar per Gesetz zur regierungskonformen Erledigung der Vorgänge verpflichtet. Oft werden Gesetze verabschiedet, die direkt den Staatswillen entsprechen und so den Gerichten jeden Spielraum für eigene Entscheidungen nehmen. Auch sind alle Posten innerhalb der Behörden mit regierungstreuen Vasallen des jeweiligen Diktators besetzt. In einer Diktatur greift der Staat direkt oder unmittelbar in die Rechtssprechung ein.

In einer Demokratie herrscht Meinungsfreiheit. Diese ist grundsätzlich und rangiert als ein hohes Gut. Zur Meinungsfreiheit gehört auch die Pressefreiheit. Eine unabhängige und pluralistische Presse dient als vierte Kontrollinstanz oder auch inoffizielle Gewalt neben der Polizei (Exekutive), der Justiz (Judikative) und dem Parlament (Legislative). Die freie Presse hat das Recht und sogar die Verpflichtung auch nicht regierungskonforme Meinungen zu äußern, zu verbreiten und zu senden.

In einer Diktatur dient die Presse als Propagandaorgan und ist gleichgeschaltet. Die Presse hat die einzige und alleinige Aufgabe, die Entscheidungen der Regierung zu verkünden, zu verherrlichen und zu lobpreisen. Kritik an der jeweiligen Staatsführung ist in einer Diktatur strafbar.

In einer Demokratie ist die Presse der Vertreter einer kritischen Grundhaltung gegenüber den Mächtigen und soll so die Macht kontrollieren. Regierungstreue Hofberichterstattung ist der Presse einer Demokratie zuwider und wird sich die freie Presse in einer Demokratie verbieten. Bestes Beispiel ist der Watergate-Skandal, der den damaligen Präsidenten Nixon durch die Recherche der freien Presse zu Fall brachte.

In einer Diktatur ist die Presse der verlängerte Arm der Regierung. Die Presse wird in einer Diktatur einen Meinungsjournalismus betreiben, Es werden keine Meldungen, sondern Meinungen verbreitet. Im Gegensatz zur Demokratie sollen nicht verschiedene Aspekte eines Themenbereichs abgebildet und dargestellt werden, sondern nur die Aspekte, die in den ideologischen Rahmen der jeweiligen Staatsführung passen. Eine kritische Diskussion ist in einer Diktatur ein Offizialdelikt.

In einer Diktatur dient die Gesetzgebung vor allem dem Machterhalt der jeweiligen Kaste von Berufspolitikern. Die Justiz wird missliebige und kritische Gegner des Regimes verfolgen, ahnden und entrechten. Dies geschieht oft durch Gesetze, die eine Notlage erfinden oder nutzen. In einer Diktatur gibt es immer innere wie äußere Feinde, die man mit martialischer Härte ausmerzen muss. Zu diesem Ziel werden in einer Diktatur die Rechte der meisten Untertanen immer weiter eingeschränkt. In einer Diktatur dient dies angeblich dem Schutz der Masse. Die Presse wird dies gebetsmühlenartig verkünden und nur Wissenschaftler und Experten, Sachverständige und Adelige, Priester und andere Menschen zu Wort kommen lassen, die die Notlage bestätigen. Die so entstehende Panik in der Bevölkerung, die Angst vor dieser Not, wird dann in Gesetze gegossen, die der Regierung oder dem Diktator unendliche Machtfülle verleihen.

In einer Demokratie dient das Parlament dazu, die Entscheidungen der Regierung zu diskutieren und zu kritisieren und auf Schwachpunkte abzuklopfen. Zudem setzt sich das Parlament aus den gewählten Vertretern des Souveräns zusammen und kann so das gesamte Meinungsspektrum abbilden und darstellen. Dies im Hinblick auf den Ist-Zustand wie auch auf künftige Wahlentscheidungen. Bei wichtigen Entscheidungen muss die Regierung das Parlament konsultieren und abstimmen lassen.

In einer Diktatur ist das Parlament Makulatur, Verzierung und Bestätigungsmaschine. Alle wesentlichen Entscheidungen werden in einer Diktatur von der Berufspolitikerkaste oder dem Diktator hinter geschlossenen Türen unter Ausschluss jeder Öffentlichkeit getroffen. Das Parlament muss nicht befragt oder in die Entscheidungen mit einbezogen werden. Meistens geht der Bagatellisierung des Parlaments eine Ermächtigung voraus. Solche Selbstbeschneidung der eigenen Macht hat man beispielsweise 1933 bei dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten erlebt, bei dem eine vermeintliche Notlage die Rechte des Parlaments quasi außer Kraft setzte. Gleichzeitig begannen damals die Säuberungen und Verhaftungen missliebiger Personen und regimefeindlicher Kritiker. Ziel einer Ermächtigung des Staates ist es, die als hinderlich empfundene Kontrolle der Parlamentarier zu umgehen und dennoch das Parlament für die Legitimierung der diktatorischen Entscheidungen zu nutzen. Das Parlament dient also nur als Abnickorgan.

In einer Demokratie gibt es eine Regierung und meist mehrere Oppositionsparteien. Die Opposition dient dabei der Meinungsvielfalt und dem Pluralismus. Es gibt aber auch Diktaturen mit mehrerern Parteien. Die ehemalige DDR war so eine Mehrparteiendiktatur. Alle zugelassenen Parteien waren Teil der Volkskammer, waren aber als Blockparteien faktisch ohne Machtbefugnis.

Wikipedia schreibt:

Blockparteien sind politische Parteien, die in Staaten neben der herrschenden Partei existieren und mit dieser in einem Parteienblock zusammengeschlossen sind. Diese Parteien sind in Parlamenten und Regierungen vertreten, ohne eigentliche Macht ausüben zu können. Sie stehen nicht in Wahlkonkurrenz zur herrschenden Partei. .... Blockparteien werden aus zwei Gründen zugelassen oder gar von den Machthabern selbst gegründet: Sie sollen den Anschein erwecken, es gäbe einen funktionierenden Parteienpluralismus und damit eine Voraussetzung für ein demokratisches System. Außerdem sollen Blockparteien die Regierungspolitik auch solchen Regierten nahebringen, die der machthabenden Partei kritisch gegenüberstehen.“ 1

Wenn man dieser Ausführung folgt, ist eine Demokratie nur dann lebendig, pluralistisch und represäntativ, wenn es tatsächliche Opposition in einem Parlament gibt, die nicht im Grundsatz in allen wesentlichen Fragen die Regierungsansicht vertritt. Handelt es sich um austauschbare Parteien, die sich im Grundsatz einig sind, kann man nicht von einer Opposition sprechen. Man spricht in einem solchen Fall von einer Blockparteiendemokratie oder eben Diktatur.

In der DDR war der Führungsanspruch der SED gesetzlich festgeschrieben. In der wiedervereinigten Bundesrepublik ist der Führungsanspruch von Frau Merkel nicht im Grundgesetz festgeschrieben. Insofern schon einmal ein wesentlicher Unterschied zur DDR. Dennoch kann man daraus nicht unbedingt folgern, dass damit schon alle Kriterien einer demokratischen Republik gegeben sind. Die Austauschbarkeit der Grundsätze der im Parlament vertretenen Parteien kann sich nur aus zwei Gründen ergeben. Entweder gibt es nur eine vertretbare Meinung, und Ansichten sind deshalb alternativlos, oder es werden keine anderen gewählt.

Oder, als dritte Möglichkeit, das Parlament steht einem Pluralismus entgegen.

Es gibt schon Abgeordnete, die andere Meinungen vertreten, und auch im Parlament vertreten sind. Die angesprocheneren Volksvertreter sind aber durch die komplette Isolierung im Parlament weder Zünglein an der Waage, noch sonst entscheidungsrelevant. Die meisten Entscheidungen im Parlament werden auch ohne ihre Zustimmung mit einer überwältigenden Mehrheit durch gewunken. Die Durchwinker nennen sich demokratisch und nennen die Meinungsverschiedenheit undemokratisch. Im merkwürdigen Gegensatz hierzu stand aber die Haltung der Undemokraten im Herbst dieses Jahres, die mit 236 Abgeordneten des deutschen Bundestages gegen das im Eilverfahren durchgesetzte dritte Gesetz zur Bekämpfung einer Epidemie von nationaler Tragweite stimmten und als Begründung anführten, dass sie damit die Demokratie schützen wollten. Vielleicht war das eine Tarnbehauptung, denn die Demokraten stimmten mit 415 Stimmen in überwältigender Mehrheit für die Übertragung autarker Machtfülle an die Regierung und für eine Ausweitung der Aussetzung von im Grundgesetz gewährten Grundrechten.

Folgende Rechte wurden eingeschränkt:

Durch das Gesetz wurde eine neue Vorschrift über „besondere Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2“ in das Infektionsschutzgesetz eingefügt (§ 28a Abs. 1 IfSG), wonach für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite folgende Maßnahmen angeordnet werden können:

1 Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum,

2 Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht),

3 Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum,

4 Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten für Betriebe, Einrichtungen oder Angebote mit Publikumsverkehr,

5 Untersagung oder Beschränkung von Freizeitveranstaltungen und ähnlichen Veranstaltungen,

6 Untersagung oder Beschränkung des Betriebs von Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzurechnen sind,

7 Untersagung oder Beschränkung von Kulturveranstaltungen oder des Betriebs von Kultureinrichtungen,

8 Untersagung oder Beschränkung von Sportveranstaltungen und der Sportausübung,

9 umfassendes oder auf bestimmte Zeiten beschränktes Verbot der Alkoholabgabe oder des Alkoholkonsums auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder in bestimmten öffentlich zugänglichen Einrichtungen,

10 Untersagung von oder Erteilung von Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen, Ansammlungen, Aufzügen, Versammlungen sowie religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften,

11 Untersagung oder Beschränkung von Reisen; dies gilt insbesondere für touristische Reisen,

12 Untersagung oder Beschränkung von Übernachtungsangeboten (vgl. Beherbergungsverbot),

13 Untersagung oder Beschränkung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen,

14 Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel,

15 Untersagung oder Beschränkung des Betretens oder des Besuchs von Einrichtungen des Gesundheits- oder Sozialwesens,

16 Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33, Hochschulen, außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnlichen Einrichtungen oder Erteilung von Auflagen für die Fortführung ihres Betriebs oder

17 Anordnung der Verarbeitung der Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern, um nach Auftreten einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können.

Zudem sind nach Abs. 2 noch der folgenden Schutzmaßnahmen zulässig, „soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erheblich gefährdet wäre“:

1 Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes und von religiösen oder weltanschaulichen Zusammenkünften nach Absatz 1 Nummer 10,

2 Anordnung einer Ausgangsbeschränkung nach Absatz 1 Nummer 3, nach der das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zeiten oder zu bestimmten Zwecken zulässig ist, und

3 Untersagung des Betretens oder des Besuchs von Einrichtungen im Sinne von Absatz 1 Nummer 15, wie zum Beispiel Alten- oder Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Entbindungseinrichtungen oder Krankenhäusern für enge Angehörige von dort behandelten, gepflegten oder betreuten Personen.“ 2

Besonders die Einschränkung der Versammlungsfreiheit, also das Erlassen von Demonstrationsverboten, ist zu erwähnen. Wir erleben in den heutigen Tagen umfassende Verbote von Demonstrationen, mit der Begründung, dass sich die Menschen nicht schützen können oder wollen. Nun ist aber die Ablehnung des Schutzes Inhalt der Demonstration. Dieser Vorgang ist damit zu vergleichen, dass man gegen die Massentierhaltung protestieren will und die Versammlung aufgrund der Pflicht zur Massentierhaltung verboten wird. Widersinniger geht es nicht. Es liegt in der Natur einer Demonstration, dass man einen Zweck damit verfolgt. Wenn dieser Zweck aber an sich verboten ist, und man gegen das Verbot des Zwecks protestiert, wird die Demonstration aufgrund des Verbots verboten. Das erinnert an die Gottesurteile der Hexenprozesse. Das Demonstrationsrecht ist eines der wesentlichsten und wichtigsten Grundrechte in einer Demokratie und die Beschneidung dieses Rechts wäre vor der Pandemie undenkbar gewesen. Dies ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn es die Mehrheit der Bevölkerung gut heißt. Es ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn dies nur ein Bürger wahrnehmen will. Es gehört zu den grundlegendsten Fortschritten der aufgeklärten Neuzeit, andere Meinungen zu respektieren und eine Artikulation nicht zu unterbinden. Auf der anderen Seite gehört es zum signifikanten Ausdruck einer diktatorischen Machtausübung, Demonstrationen gegen Regierungsmeinungen zu verbieten. Da macht es keinen Unterschied, ob dies in Weiß-Russland oder in Berlin geschieht.

Wir haben schon gelernt, dass Diktaturen immer eine Notlage zu Begründung nehmen, um in einer Art permanentem Notstand zu regieren. Dies heißt natürlich nicht im Umkehrschluss, dass es nicht tatsächliche Notlagen geben kann, die einen solchen Notstand rechtfertigen. Es gibt nämlich tatsächlich Bedrohungen, die keine Zeit lassen, um ein Parlament entweder rechtzeitig zu informieren oder zu befragen. Solche Notlagen sind allerdings selten und waren auch schon vor dem Gesetz vom November dieses Jahres vom Grundgesetz gedeckt. Dies kann eine Katastrophe sein, ein Krieg oder sonstige unvorhersebare außerordentliche Geschehnisse, die ein rasches und sofortiges Handeln erfordern. Solche Entscheidungen werden dann in der Regel in einer Demokratie im Nachhinein bestätigt oder missbilligt.

In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher keine solche Notlage. Zwar wurden im Kampf gegen den Terrorismus der Roten-Armee-Fraktion Notstandsgesetze erlassen, die aber nie oder nur in Teilstücken zur Anwendung kamen. Auch gibt es ein Kriegsrecht, das ausgerufen werden kann und eigentlich unabhängig von der Staatsform im Verteidigungsfall Anwendung findet.

Es geht um die Frage, wie eine Demokratie mit einer Bedrohung umgeht. Was die Grundrechte wert sind, wenn es zu einer Bedrohungslage kommt. Wer die Maßstäbe definiert und unter welchen Umständen. Welcher Diskurs dazu führt und in welchem Zustand sich eine Republik befindet, wenn es zum Äußersten kommt. Die Aushebelung großer Teile des Grundgesetzes bedarf einer guten Begründung. Diese Begründung muss derart gut und fundiert sein, dass dies weiten Teilen der Bevölkerung, also dem Souverän, verständlich ist. Aber selbst dieses Verständnis würde nicht ausreichen, um eine solche Einschränkung, und sei sie nur von kurzer Dauer, zu rechtfertigen. Da wir es nun aber mit der einschneidensten Einschränkung der Freiheit im Nachkriegsdeutschland zu tun haben, ist eine pluralistische, ausgewogene und alle Aspekte berücksichtigende Debatte unerläßlich. Genau an diesem Punkt muss die Presse, ja sie ist verpflichtet, äußerst kritisch und fundamental nachzuhaken, nachzufragen und zu recherchieren. Wenn sie sich aber selbst im Fall kritischer Nachfrage als Brunnenvergifter betrachtet, hat sie ihre Funktion nicht verstanden. Wenn sie darüber hinaus aber gar zum Sprachrohr und Meinungsverkünder der Mächtigen avanciert, ist sie nicht Teil einer freien Presse, sondern ist Propagandaorgan.

Es geht doch nicht darum, Unzweifelhaftes in Frage zu stellen, sondern im Gegenteil darum, Narrative nicht kritiklos hinzunehmen. Zumindest der Versuch einer generellen Überprüfung der Axiome und eine unvoreingenommene Ausgewogenheit muss einer freien Presse oberstes Gebot sein.

Selbst wenn Teile dabei sogar über das Ziel hinausgehen und vielleicht sogar Unhinterfragbares hinterfragen, wäre dies keine Entgleisung, sondern würde nur den ehrhaften Versuch symbolisieren, sich selbst und die Demokratie ernst zu nehmen.

Kann man aber das Gegenteil beobachten, indem man eine Presse erlebt, die Narrative gebetsmühlenartig unhinterfragt wiederholt und die ständig die wesentlichsten und auf der Hand liegendsten Fragen nicht stellt und die wie das Kaninchen vor der Schlange agiert, dann ist man geneigt zu denken, dass dies niemals eine freie Presse sein kann. Wenn man sieht, dass der Journalismus nicht mehr aus Recherche in den wesentlichen Dingen besteht, sondern aus Abtippen der Regierungsmeldungen und aus Schönreden der unglaublichsten Ungeheuerlichkeiten, dann ist es nicht leichtfertig zu sagen, dass dies keine Meldung, sondern eine Meinung ist. So gehört es dann zum traurigen Erleben vieler Menschen, dass vor ihrem geistigen Auge allgegenwärtig über den Nachrichten und Magazinen unsichtbar das Wort „Meinung“ tickert und man sich daran gewöhnt, dass diese Presse nicht Pluralismus, sondern Einfalt verkündet. Da dies aber in einer lebendigen Demokratie unhinnehmbar ist, darf man sich nicht wundern, wenn sich dann viele Menschen angewidert abwenden.

Nun sagen Sie aber bitte nicht, dass es doch die Presse gar nicht gibt. Dass es doch ganz viele verschiedene Meinungen und Ansichten, verschiedene Ansätze oder politische Ausrichtungen gibt, die alle publizieren. Darauf kann man nur entgegnen, dass dies faktisch falsch ist. Es gibt einige wenige nicht finanzierte und unabhängig agierende Plattformen und Zeitungen, Magazine und Medien. Nicht nur, dass sich diese immer weiter ausdünnen, und dies nicht wegen fehlenden Interesses oder Zuspruchs, sondern aufgrund von durch Privatunternehmen ausgeübter Zensur, es sind vor allem die Massenmedien, die sich in verbundener und einhelliger Eintracht in das Bewusstsein brennen. Frei nach dem Motto von Werbung, dass eine Aussage – wird sie nur lang genug und oft genug wiederholt – schon als irgendwann zutreffend erweisen wird, sind die Headliner der Medien in schon fast unerträglicher Verbrüderung devot den Mächtigen verbunden. Dies mit einem moralischen Anspruch, der ihren Auftrag nicht als Kontrollorgan der Mächtigen, sondern als Erziehungsinstanz des Souveräns versteht. Narrativ über Narrativ wird gedudelt und gepriesen, bis auch der letzte Hinterwäldler die Botschaft als unhinterfragbar akzeptiert.

Und da mag es ja den einen oder anderen, das eine oder andere Käseblatt geben, dass sich dabei einmal vertippt, und da gibt es auch unterschiedliche Bewertungen im Hyperraum des Unterschiedes von Mandarine und Apfelsine, aber im Wesentlichen sind sich alle einig. Es gibt aber eben einen wesentlichen Unterschied von Demokratie und Diktatur. In der Demokratie muss These und Antithese ebenbürtig vertreten sein und wahrnehmbar sein – in der Diktatur gibt es nur eine Meinung. Besonders gut kann das aber leider der Normalmensch in den Talkformaten des Landes erleben, bei denen schon die Zusammensetzung der Runde viele Zuschauer nicht mehr einschalten lässt. Da sitzen die Mandarinen und Apfelsinen direkt nebeneinander, sie streiten um des Kaisers Bart und sind sich dennoch immer einig. Es gibt vielleicht Spitzen der Beweihräucherung der Regierung, die dann etwas abgmindert werden, im Grundsätzlichen aber ist das Hauptthema der Sendung, dass man mit Sicherheit nie die Fragen oder Aussagen hört, die eigentlich pressieren. Die Volksvertreter agieren in solchen Runden nicht wie abwählbare Fragile, sondern wie auf Lebenszeit ernannte Monarchen.

Es muss daher auch eine grundsätzliche Diskussion über das Modell der Berufspolitiker geben, die in unserer Republik meist auf Lebenszeit in unglaublicher Absicherung jeder Wahlniederlage trotzen. Die satte Ausstrahlung dieser Hochsubventionierten lässt jeden um seinen Arbeitsplatz besorgten Menschen in eine Depression abgleiten und verdeutlicht, dass der Finanzier der Party, der Souverän, nichts in Augen der Gewählten zählt. Die Abgehobenheit der Berufspolitiker hat eine Dimension erreicht, die jeder Beschreibung spottet. Nur aus dieser Out-of-Space-Mentalität lässt sich aber erklären, warum sich dieses Parlament selbst entmündigt und weshalb Entwicklungen ihren Lauf nehmen, die einem die Nackenhaare zu Berge treiben.

Das wesentlichste Wort in einer Demokratie muss lauten: Warum?

Warum meinen Sie das, warum muss man das, warum ist das so?

Bei der hauchdünnen Allgemeinbildung vieler Volksvertreter würde allein das kleine Wörtchen Warum schon ausreichen, um das ganze auswendig gelernte Kartenhaus der nie endenden Plattitüden zum Einsturz zu bringen. Da aber der Normalbürger nur dann zu Wort kommt, wenn ihm 50 anderer Meinung seiende Experten und Wissenschaftler Kontra geben, und man danach wieder dem Katechismus der Berufspolitiker in epischer Breite lauscht, kann man sich der Unnötigkeit des Versuchs gewiss sein.

Zu deutschen Talkrunden lädt man grundsätzlich nur Menschen mit einer Meinung. Sollte es einmal Ausnahmen von dieser Regel geben, stellt man dem Andersdenkenden mindestens 5 Vertreter der Blockparteien entgegen. Das Ergebnis nennt man dann Ausgewogenheit. Es ist aber das Gegenteil davon. Das Ergebnis ist Einheitsbrei. Eine nie endende Suppe mit den immer gleichen Zutaten. Sitzt man vor dem Fernseher, zumindest mir geht es so, möchte man förmlich rufen: Warum sagt der denn nichts? Warum fragt er nicht? Frage doch Warum!

Nun ist dies nichts sonderlich Neues in unserem Land.

Was sich aber seit Covid-19 weltweit ereignet, stellt dies alles in den Schatten.

Diktatur und Demokratie

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