Erinnerungen
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Rolf W. Meyer. Erinnerungen
Vorwort
1 Die Suche nach dem familiären Ursprung
Nebenbei bemerkt
2 Wie die Vorfahren gelebt haben
2.1 Vorfahren väterlicherseits
2.2 Kirschen. 1910
2.3 Erinnerungen an Elsterberg im Vogtland. 1921
2.4 Vorfahren mütterlicherseits
3 Schicksalsjahre
3.1 Eine geschwisterliche Auseinandersetzung. 9. Juni 1917
3.2 Eine feierliche Entlassung der Reiflinge. Ostern 1921
3.3 Weitreichende Veränderungen in Deutschland und Europa
3.4 Im Falle eines Angriffs auf Dresden. 21. Dezember 1943
3.5 Ein Geburtstagsbrief. Mai 1944
3.6 In Sorge um die Familie. 17. Februar 1945
3.7 „Deine Lieben leben und sie werden in Plauen erwartet.“ 18. Februar 1945
3.8 „Ich fange wieder von vorne an!“ 18. Dezember 1945
3.9 Eindrücke als Kriegsgefangener in Pola, Italien. 20. Oktober 1946
3.10 Erinnerungen an das Weihnachtsfest in der Kindheit
3.11 Getrennt von der Familie – Eindrücke aus der neuen Heimat. Frühling und Sommer 1947
Mittsommer 1947
15. Juli 1947
3. August 1947
3.12 Im geteilten Deutschland – Gedanken zum 10. Hochzeitstag. 19. Januar 1948
26. Januar 1948
3.13 „Mir kann ja keiner helfen“ 15. März 1948
3.14 Ein Wiedersehen nach vier Jahren. Herbst 1948
Die Flucht: „Schwarz über die Grenze“ 12. November 1948
Die Familie findet wieder zusammen. 13. November 1948
3.15 In guter Erinnerung: Das Realgymnasium Plauen. 19. Juni 1960
3.16 Ein Brief an die New York Times. 5. Oktober 2014
4 Über die Grenze hinweg – Ein Briefwechsel im geteilten Deutschland. September – Dezember 1963
Historischer Rückblick: West und Ost im geteilten Deutschland. 1949–1990
Die Sichtweise einer DDR-Bürgerin
Realismus und Ideologie
Reisen in die DDR – Leserzuschrift an die Rheinische Post vom 28. August 1970
Zu Besuch in der DDR – Leserzuschrift an die Rheinische Post vom 16.9.1970
Die friedlichen Revolutionen in Plauen und Leipzig von 1989
Eine bittere Erkenntnis
5 Gedanken über das Älterwerden
5.1 Mit dem Älterwerden kommen die Erinnerungen
5.2 „Man führt die bei alten Menschen üblichen Gespräche.“ Februar 1976
5.3 Ein Ring schließt sich. Mai 1976
Zeitsätze – Gedanken zum 75. Geburtstag
Gebet einer Äbtissin
5.4 Altern – solange man jung bleibt
5.5 Älter werden wir alle
6 Aus dem Leben gegriffen – Die Vielseitigkeit des Alltags
6.1 Vom „Simile“ über das „Schimmele“ zum „Schimmelpilz“ Oktober 1958
6.2 Das elektrische Licht nahm uns die Dämmerstunde. Februar 1959
6.3 Die Klage über das Wohlstandsdenken. 22. September 1962
6.4 Eine innere Bindung. 24. November 1962
6.5 Auf den Spuren von James Cook und Charles Darwin. Oktober und November 1967
6.6 Alaska – Das Land, in dessen Richtung der Ozean strömt. Juli 1969
6.7 Die Generation auf der Drehscheibe. 1971
6.8 Politik verdirbt die gute Laune. 14. November 1972
6.9 Kritik muss sein – auch in der Verwandtschaft. 1. Dezember 1974
6.10 Traditionen
Die Tradition des Stollenbackens. Dezember 2006
Der leere Raum. November 2008
6.11 Gedanken über menschliches Verhalten – Die Entwicklung menschlicher Sozialsysteme
6.12 Wie lässt sich Religion erklären? [41]
6.13 Der Glaube an das Diesseits
6.14 Älterwerden oder Das Zeitalter der Spätjugendlichen
6.15 Herausforderungen in einer globalisierten Lebensgemeinschaft
7 Epilog
8 Anmerkungen
9 Zur Person
Veröffentlichungen von Rolf W. Meyer (Auswahl)
Отрывок из книги
Für meine Familie und für die Menschen weltweit, die in nahezu acht Jahrzehnten für meinen Lebensweg so wichtig gewesen sind.
C. F. Otto Meyer (1901–1977)
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Die 1914 in Bautzen geborene Eva Mathilde Traulsen geb. Baumann schrieb 1998 auf Wunsch ihrer Kinder die Erinnerungen an die 1920er Jahre auf, in denen sie als junges Mädchen ihre Ferien bei Verwandten im Vogtland verbrachte. Sie starb 2008 in Rendsburg.
Jedes Jahr, wenn die Sommerferien näherkamen, wartete ich aufgeregt auf die Einladung von Tante Anna Heyer aus Elsterberg. Wie oft ich die Sommerzeit dort verbracht hatte, weiß ich nicht mehr. Es war jedenfalls eine unvergessliche Zeit. Anfangs fuhr ich mit meinen Brüdern Fritz und Konrad, später auch allein. Das Kofferpacken war ein Ereignis. Jedes Stück wurde auf einer Liste vermerkt. Der Koffer war aus Stroh, zwei Schalen ineinandergesteckt mit Lederriemen und einem Griff versehen. In Leipzig wurde umgestiegen. Oft trafen wir dort jemanden von den Reichardts, die uns eine Süßigkeit zusteckten. Dann ging es weiter nach Süden. In Reichenbach musste ich wieder umsteigen. Aber hier wartete Onkel Robert Heyer, mit dem ich dann in ein Abteil der 1. Klasse mit roten Samtpolstern umsteigen durfte. Onkel Robert hatte einen Spitzbart. Meistens zauberte er irgendetwas Süßes aus seiner Jackentasche. Vom Bahnhof in Elsterberg ging es dann an der Fabrik des Verwandten Paul Anlauft vorbei über die Elsterbrücke, von wo man die Elsterberger Ruine sehen konnte, auf die Lange Straße hinunter am Café Schenderlein vorbei, zu dem Eisenwarengeschäft C.L. Oschatz am Markt von Elsterberg. Ich klopfte an das Fenster, wo hinter grüner Gaze an einem Stehpult Onkel Otto Baumann stand. Er war der Bruder meines Vaters Christian Friedrich Baumann. Onkel Otto kam heraus und begrüßte mich. Im Laden der Eisenhandlung mit all den Schubkästen, die auf grünem Filz die Muster des Inhalts befestigt hatten, bin ich oft gewesen. Quer über den Markt lief man auf das Wohnhaus der Familie Baumann zu. Es war das Geburtshaus meines Vaters. Jetzt stand Tante Anna Baumann dort zur Begrüßung. Sie hatte eine kleine schwarzhaarige Tochter geboren, die aber bald nach der Geburt gestorben ist. Es wurde in der Verwandtschaft kaum darüber gesprochen. Und nun endlich ging es zu Heyers, die auf der Gartenstraße in Elsterberg wohnten. Tante Anna hatte ein Kissen auf der Fensterbank und guckte uns entgegen. Manchmal hat dort auch die Heyersche Mama an der Fensterbank gestanden. Bis zu ihrem Tod hat sie mit im Haus gewohnt. Sie saß meistens in einem Sessel in der Küchenecke und drehte ihren Stock zwischen den Händen. Einmal hatte ich die Beine voller Hitzebuckeln, die fürchterlich juckten. Da nahm die Heyersche Mama meine Beine auf ihren Schoß und streichelte sie mit ihren kalten Händen. Das vergaß ich nie. Mit Tante Anna und Onkel Robert tauschten wir nie irgendwelche Zärtlichkeiten aus. Aber wir haben uns trotzdem sehr geliebt. Und wenn ich wieder abfuhr, gab es bei Tante Anna Tränen. Sie hatten selbst keine Kinder, genauso wie Onkel Otto Baumann und Tante Anna. Mit Onkel Robert spielte ich „Dame“ und „Mühle“, im Schrank am Ende des Flurs lag Schokolade. Das roch sogar im Schrank danach. Tante Anna kochte mir immer mein Lieblingsessen, nämlich Nudeln mit Rindfleisch. Die Nudeln wurden selbst gemacht. Dazu wurde der Teig dünn ausgerollt, eine kurze Zeit zum Trocknen aufgehängt, in Streifen geschnitten, aufgerollt, fein geschnitten und gelockert getrocknet. Sonntags gab es grüne Klöße und Sauerbraten. Zum Frühstück aßen wir „Dreierbrodeln“. Nie haben mir Brötchen besser geschmeckt. Im Hinterhaus war die Waschküche. Die gewaschene und gekochte Wäsche wurde auf einen einrädrigen Schubkarren geladen und über die Elsterbrücke zu der Elsterwiese gefahren, ausgebreitet und wenn sie trocken war mit dem damals so sauberen Elsterwasser gesprenkelt. In der Zwischenzeit plantschten wir barfuß im Fluss herum. Im Tremnitzgrund lag die Badeanstalt. Es war bestimmt ein Weg von einer halben Stunde durch Wiesen mit blühenden Blumen und summenden Insekten. Ich war oft dort und hatte auch immer ein Butterbrötchen mit. Am Sonntagabend ging Tante Anna mit mir zum Friedhof. Aus dem kleinen Garten nahmen wir Sträuße mit. Ich erinnere mich an Levkojen, Reseda und Astern. Das Grab von Onkel Robert, der 1925 gestorben war, lag links, das Baumannsche Familiengrab gerade aus an der Mauer. Vor dem Friedhof lief aus einer Quelle Wasser in ein Becken.
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