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Die Vorgeschichte

Vor einigen Jahren bekam ich von einer Frau aus Dorfen einen Brief, dem ein Zeitungsausschnitt beigelegt war:

Sehr geehrte Frau Gruber,

ich bin eine begeisterte Leserin Ihrer Bücher. Mir gefällt besonders, dass Sie immer wahre Geschichten über bemerkenswerte Frauen schreiben. In diesen Tagen fiel mir beiliegender Bericht über die Diamantene Hochzeit eines Bauernpaares in die Hände. Das Leben dieser Leute hat mich so beeindruckt, dass ich Sie fragen möchte: Wäre das nicht ein Stoff für ein Buch?

Mit freundlichen Grüßen,

N.N.

Außer dem Zeitungsausschnitt, dessen Überschrift »Sieben Kinder – lauter Töchter« lautete, waren die Adresse und die Telefonnummer der Familie beigefügt. Spontan bedankte ich mich bei der Briefschreiberin.

Erst nach einigen Monaten kam ich allerdings dazu, die erwähnte Bäuerin anzurufen. Zunächst erklärte ich ihr, wie ich an ihre Adresse gekommen war und welches Anliegen ich hatte. Bescheiden wehrte sie ab: »Ach, was wollen Sie über mich schreiben? Ich habe doch nichts Besonderes erlebt und auch nichts Besonderes geleistet.«

»Wenn man sieben Töchter großgezogen hat, das ist schon eine Leistung. Abgesehen davon fiel Ihre Kindheit in eine schwierige Zeit, und Ihre Jugend war vom Zweiten Weltkrieg überschattet. Und vermutlich haben Sie als Bäuerin viel Schweres durchgemacht.«

»Ja mei, da müsste ich mich erst mal besinnen, wie das früher war.«

Bevor ich auflegte, ermunterte ich sie, das zu tun.

Wieder vergingen einige Monate, bis ich sie erneut anrief.

»Ach, ich dachte schon, Sie hätten kein Interesse mehr an meiner Geschichte.«

»Doch, doch, ich wollte Ihnen nur genügend Zeit lassen zum Nachdenken.«

Sie war also durchaus bereit, mir aus ihrem Leben zu erzählen. Doch wie das Schicksal so spielt, zu einem Besuch bei ihr kam ich lange Zeit nicht, weil ich erst noch einige Bücher schreiben wollte über Frauen, denen ich es schon lange versprochen hatte.

An einem sonnigen Septembertag war es endlich so weit. Ich trat die Fahrt zu ihr an. Ihr Einödhof lag so versteckt, dass ich mich ohne Navi schwer getan hätte, ihn zu finden.

Endlich saß ich ihr in der heimeligen Bauernstube gegenüber. Doch ich kam nicht gleich dazu, meine Notizen zu machen. Zunächst plauderten wir bei Apfelstrudel und Tee über allgemeine Dinge. Dabei gewann ich schon einen ersten Eindruck von Liesi, einer kleinen, zierlichen Person. Ihr freundliches Gesicht war umrahmt von schlohweißem Haar, das sie als moderne Kurzhaarfrisur trug.

Nachdem sie das Geschirr abgeräumt hatte, sprudelten ihre Erinnerungen aber auch nicht gleich aus ihr heraus. Dieses Phänomen kenne ich von anderen Interviews, deshalb hatte ich einige Fragen vorbereitet. Als ich ihr diese stellte, kam das Gespräch in Gang. Eifrig machte ich Notizen. Bevor ich mich verabschiedete, überreichte sie mir einige Seiten, die sie bereits für mich aufgeschrieben hatte.

Natürlich blieb es nicht bei dem einen Besuch. Ein langes Menschenleben ist nicht in zwei bis drei Stunden zu erzählen.

Als ich glaubte, alles beisammen zu haben, konnte ich nicht sofort mit der Niederschrift ihrer Geschichte anfangen. Auf mich stürmten so viele Dinge ein, dass ich die Notizen über Liesi beiseitelegen musste. So gerieten sie in Vergessenheit. Anfang August 2020 fielen sie mir, nebst dem Zeitungsbericht über diese Bäuerin, wieder in die Hände, und ich legte los.

Was daraus geworden ist, können Sie im vorliegenden Buch nachlesen. Nun lasse ich also Liesi zu Wort kommen. Dabei wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung.

Roswitha Gruber

Der Einödhof und sieben Töchter

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