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Wir fahren nach Berlin

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Die Freunde brauchen fast zwei Tage, bis sie einen Kontakt herstellen können. Am Ende gelingt ihnen eine Verbindung über Satellit in der VR mit ProxyClobber. Sie sitzen auf der Veranda einer netten Strandbar an einem karibischen Strand mit schneeweißem Sand und der obligatorischen Palme. Deren Aufgabe ist es, waagrecht aus dem Boden zu wachsen, um dann über dem Wasser in die Höhe zu schießen. »Natürlich können wir Leute mit euren Fähigkeiten hier brauchen«, sagt der Agent. Im wirklichen Leben heißt er Werner Hofer. »Hier hat sich seit dem EMP einiges verändert. Am Anfang war alles Chaos aber mit Hilfe der Programme zur Analytischen-Entscheidungs-Beratung haben wir die Lage schnell unter Kontrolle bekommen.«

Seine Begeisterung scheint keine Grenzen zu kennen. »Ich sage euch, es ist unglaublich, wie effizient diese Programme sind, wenn man sie lässt. Das hätten wir schon viel früher machen sollen. All das Getue mit Demokratie, Diskussion im Parlament und Politiker entscheiden lassen, kostet nur Zeit und macht das ganze Regieren ineffizient. Jetzt werden die Entscheidungen von den ANEBs direkt umgesetzt. Das hat weltweit Milliarden Menschen das Leben gerettet.«

»Die Analytischen Entscheidungs-Beratungsprogramme treffen jetzt die Entscheidungen?«, fragt Phire ungläubig.

»Ja. Die Programme haben Zugang zu allen Daten, die irgendwo auf der Welt gespeichert sind oder gesammelt werden. Und was nicht automatisch erfasst wird, geben wir per Hand ein. Aber das ist vernachlässigbar.«

»Moment mal« wirft Phire ein. »Ist die Überwachungselektronik nicht durch den EMP zerstört worden?«

»Das ist ja das Fantastische daran« ereifert sich ProxyClobber. »Das Zeug ist so winzig, dass fast nichts davon kaputt gegangen ist.«

»Sonderbar«, meint CycloneB, wird aber von dem grimmig blickenden Arnold unterbrochen. »Das heißt, es gibt überhaupt keinen Datenschutz mehr«, platzt dieser dazwischen.

»Das ist auch gar nicht mehr nötig«, sagt ProxyClobber unbekümmert. »Die Daten bekommen doch sowieso nur noch Computer zu sehen, da die Menschen die Entscheidungen nicht mehr nachvollziehen müssen.«

»Ah ja«, sagt CycloneB trocken. »Und die Demokratie habt ihr gleich mit abgeschafft!«

»Ich weiß gar nicht, was ihr habt. Ohne die ANEBs würde immer noch Chaos herrschen. Gut, ich gebe zu, es hat ein paar Umstrukturierungen gegeben. Wir arbeiten jetzt alle zusammen, um die Befehle der ANEBs effizient umzusetzen.«

»Befehle?«, fragt Zero. »Du meinst wohl Entscheidungen.«

Ohne eine Antwort von ProxyClobber abzuwarten, stellt Arnold eine weitere Frage. »Wer ist wir?«

»Na wir alle«, sagt ProxyClobber. Die Politiker, die Parteien, Beamte, Militär, Polizei, Richter, Geheimdienste, Ministerien, Behörden. Das System einfach.«

Dann wechselt er plötzlich das Thema. »Ihr müsst nach Berlin kommen. Ich sagte schon, dass wir Leute mit euren Fähigkeiten brauchen. Ich bin mir sicher, es wird euch hier gefallen. Der Bunker ist doch so abgelegen, da wollt ihr bestimmt nicht bleiben. Wir werden euch in zwei Tagen abholen und hierher bringen. Bis dahin habt ihr Zeit, eure Sachen zu packen und euch reisefertig zu machen.«

CycloneB findet, das Ganze beunruhigend aber jetzt ist die Katze aus dem Sack. ProxyClobber weiß von ihrer letzten Begegnung, wo ihr Bunker ist, und mit diesem Treffen ist nun auch bekannt, dass sie noch am Leben sind. Egal, was sie versuchen, ProxyClobber lässt sich nicht umstimmen. Nicht einmal die Abholung können sie um ein paar Tage verschieben.

Immerhin haben sie zwei Tage, Zeit sich vorzubereiten.

***

Ein Militärkonvoi, bestehend aus mehreren LKW, Begleitfahrzeugen und mindesten einhundert Soldaten, kommt pünktlich nach zwei Tagen an. Sogar zwei Panzer haben sie dabei.

»Wie bitte?«, fragt Sam ungläubig den Major, der den Konvoi anführt. »Sie besetzen meinen Bunker und benützen ihn als Militärstützpunkt?«

»Der Bunker ist hiermit beschlagnahmt«, sagt der Offizier in befehlsgewohnten Ton. »Er ist jetzt Eigentum der Armee der Vereinigten Staaten von Europa.«

Sam verschlägt es die Sprache. Bevor jemand Urs daran hindern kann, legt dieser los. »Moment mal. Was geht hier vor? Sie können hier nicht einfach das Privateigentum von Bürgern beschlagnahmen. Das ist gegen jedes Gesetz. So war das nicht abgemacht. Ich möchte auf der Stelle ihren Vorgesetzten sprechen.«

Der Major bleibt unbeeindruckt. »Die Gesetze, die Sie meinen, gelten nicht mehr. Wir haben Ausnahmezustand. Die Armee kann jederzeit und überall beschlagnahmen, was sie für notwendig hält, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu halten oder wieder herzustellen. Und im Falle dieses Bunkers halten wir es für notwendig. Sie können gerne meinen Vorgesetzten sprechen. Wenn Sie in Berlin sind.«

Urs beginnt zu kochen. »Nein, ich möchte ihn sofort sprechen. Bevor wir ihn nicht gesprochen haben, gehen wir hier nicht weg.« poltert Urs nur mühsam beherrscht los.

»Ich habe Anweisung, Sie unverzüglich nach Berlin zu bringen. Entweder Sie verlassen den Bunker freiwillig und kommen mit als unsere Gäste oder als unsere Gefangenen. Mir ist das egal.«

Um den Worten ihres Vorgesetzten Nachdruck zu verleihen, greifen die Soldaten demonstrativ zu ihren Waffen und entsichern sie.

Aya hat Urs die ganze Zeit über beobachtet. Sie weiß, wann es bei ihm so weit ist, dass er explodiert. In so einer Situation kann ihr Freund durchaus durchschlagende Wirkung entfalten. Aber selbst wenn sie die 20 Soldaten im Gemeinschaftsraum hier unten überwältigen, warten oben immer noch die restlichen 80. Deshalb legt sie ihm entschlossen die Hand auf den Arm und schüttelt energisch den Kopf.

»Lass gut sein Urs«, sagt Sam. »Es hat keinen Zweck, mit diesen Befehlsempfängern zu diskutieren. Wir werden das in Berlin klären.« Dann wendet er sich an den Major. Bevor er spricht, mustert er ihn demonstrativ von oben bis unten. Der Offizier hat breite Schultern, ist durchtrainiert, ein paar Zentimeter größer als Sam und trägt eine Uniform mit Tarnmuster. Seine kurzgeschorenen Haare hat er mit einem grünen Barett bedeckt. »Ich protestiere offiziell gegen die Beschlagnahme meines Bunkers«, sagt Sam. »Gemäß Gesetz steht mir eine Bestätigung zu, dass der Bunker enteignet wurde«, ergänzte er.

Der Major mustert Sam genauso, wie dieser ihn vorher begutachtete. Dann greift er in seine Tasche und händigt ihm einen Briefumschlag aus. Der ehemalige Besitzer des Bunkers verzichtet darauf den Umschlag zu öffnen. Er seufzt resigniert, blickt nacheinander seine Freunde an und verlässt wortlos den Raum.

***

Während der Fahrt nach Berlin grübelt Sam die ununterbrochen darüber, was er falsch gemacht hat. Er sitzt mit Vilca und Paul in einem leicht gepanzerten, geländetauglichen PKW des Militärs und macht sich Vorwürfe. Was hatte er sich dabei eigentlich gedacht, einfach jemanden von der Cyberterror-Abwehr anzurufen und zu glauben, dass sie ihm alle Wünsche von den Augen ablesen und in ihren Kreis aufnehmen würden? Natürlich muss die Regierung Leute mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten unter ihre Kontrolle bringen. Er schimpft sich einen Idioten, weil er nicht vorher daran gedacht hatte.

Schließlich reißt Vilca ihn aus seinen trüben Gedanken. Sie kennt ihn zu gut und weiß genau, was in seinem Kopf vor sich geht. »Mach Dir keine Vorwürfe. Früher oder später wären wir sowieso entdeckt worden.«

»Wahrscheinlich«, bestätigt Sam. »Aber wir hätten uns Zeit lassen sollen, um uns besser vorzubereiten. Dann hätten wir eine Verhandlungsposition gehabt.«

»Meinst du?«, fragt sie ihn. »Es ist doch klar, dass es mehr oder weniger so enden muss. Selbst ohne die Enteignung des Bunkers hätten sie darauf bestehen müssen, dass wir die Lebensmittel, unsere Computer und sonstige Ressourcen hergeben.«

Sam wirft seiner Freundin einen dankbaren Blick zu, sagt aber nichts weiter. Seine Stimmung verdüstert sich umgekehrt proportional zur Entfernung vom Ziel. Er hat ein schlechtes Gefühl.

In Berlin werden sie gleich auf die ihnen zugewiesenen Zimmer im Zentralgebäude des Geheimdienstkomplexes gebracht. Sam staunt über die Größe und luxuriöse Einrichtung. Vilca und er haben eine Suite bekommen und er nimmt an, dass das für Urs und Aya ebenso ist.

Man hatte ihnen gesagt, dass es um 19 Uhr ein festliches Abendessen geben würde, und dass sie ihre Garderobe entsprechend des Anlasses auswählen sollen. Falls sie der Meinung sind, nicht über die geeignete Ausstattung zu verfügen, könne ihnen gerne geholfen werden, lässt man sie wissen. Sie haben also eine gute Stunde, um sich frisch zu machen.

»Erst beschlagnahmen sie unseren Bunker und dann geben sie uns solche Zimmer«, sagt Sam zu Vilca, die sich im Bad auszieht, um zu duschen. Einen Moment lang sieht sie ihn nachdenklich an. »Ich nehme an, die wollen etwas von uns.«

»Die haben doch schon alles«, erwidert Sam.

»Wirklich?«, fragt Vilca und sieht ihn mit einem Du-weißt-genau-wovon-ich-spreche-Blick an, über den nur Frauen verfügen.

Sam beschleicht eine dunkle Vorahnung. Wenn es das ist, was er befürchtet, befindet er sich in einer Zwickmühle. Dann fällt ihm auf, dass sie weder von Werner Hofer, noch von sonst jemand offiziell begrüßt wurden. Unwillkürlich beginnt er, sich Gedanken um mögliche Fluchtwege zu machen. Die Fenster ihrer Suite führen in einen Innenhof. Sie sind zwar nicht vergittert, aber selbst wenn es aus dem sechsten Stock nach unten schaffen, können sie von dem Innenhof aus nicht einfach aus dem Gebäude spazieren. Sie brauchen auf jeden Fall einen Plan, den sie auch noch untereinander abstimmen müssen.

Ein Klopfen an der Tür unterbricht für einen kurzen Moment seine trüben Gedanken. Jemand bringt ein Bündel mit Abendgarderobe und legt es auf das Bett. Er beachtet den Boten kaum sondern gibt sich augenblicklich wieder seinen Grübeleien hin.

»H-hm«, räuspert sich Vilca.

»H-HMMMMMM«, wiederholt sie lauter.

»Sam?«

Erst jetzt reagiert der Erfinder. Überrascht stellt er fest, dass Vilca das Bad verlassen und eines der Kleider angezogen hat. Lasziv steht sie im Raum und nutzt den seitlichen Schlitz, um ihm einen exklusiven Blick auf ihre Beine zu gewähren. »Na, wie gefalle ich dir?«, fragt sie und zieht einen Schmollmund.

»Sternchen, du siehst fantastisch aus. Neben dir verblasst selbst die Sonne. Vilca quittiert das Kompliment mit einem zufriedenen Lächeln. Der Erfinder fühlt sich ermutigt, nimmt sie in die Arme und blickt ihr tief in die Augen. Aber Vilca schüttelt den Kopf. »Hilf mir bitte mit den Haaren«, sagt sie.

Gemeinsam flechten sie ein kompliziertes Muster. Sam hat seiner Freundin schon oft dabei geholfen. Als Dank erhält er einen dicken Kuss, mehr nicht. »Du hast noch elf Minuten, um dich fertigzumachen«, verkündete sie und zeigt in Richtung Dusche. Nur ungern trennt sich Sam von dem Anblick ihrer einzigartigen Frisur.

Das Abendessen wird in einem Saal im Stil Ludwig des XIV serviert. An den Wänden hängen goldumrahmte Spiegel, von den Decken Kronleuchter und zu ihren Füßen liegt ein echtes Holzparkett. Es knarrt bei jedem Schritt so ehrwürdig, dass man ihm ein Alter von 400 Jahren gerne zugesteht. Die festliche Tafel ist für neun Personen gedeckt.

Sam und Paul tragen einen klassischen Anzug so, wie es für einen solchen Anlass erwartet wird. Beide verzichteten auf optischen Applikationen. Im Gegensatz zu Urs halten sie von solchen Dingen nicht viel. Dieser stellt das Kontrastprogramm in einer umgekehrten Farbkombination und auffälligen Extras.

Die Freunde müssen nicht lange warten, bis sie ihren Gastgeber kennenlernen. Er braucht sich nicht vorzustellen. Es ist einer der bekanntesten und beliebtesten Talkmaster des europäischen Fernsehens. Begleitet wird er von der spanischen Schauspielerin Marita Gomez und einer Dame mit brünetten Haaren in einem klassischen schwarzen Cocktailkleid. Alles an ihr ist so unauffällig, dass sie nur vom Geheimdienst sein kann. Festliche Anlässe scheinen nicht ihr Ding zu sein. Der Talkmaster stellt sie als Anna Schmidt vor.

»Eigentlich hätte ich Werner Hofer erwartet«, kommt Sam ohne Umschweife zum Punkt.

»Herr Hofer ist verhindert«, antwortet die Agentin. Dabei macht sie ein Gesicht, als hätte man sie gezwungen, einen halben Liter Lebertran zu trinken. »Er hat mich gebeten, ihn zu vertreten. Er wird so bald wie möglich nachkommen.«

Sam will gerade etwas erwidern, als ihm Vilca die Hand auf den Arm legt und den Kopf schüttelt. »Nicht jetzt, Sam. Dafür ist später noch Zeit. Ich habe einen Bärenhunger und freue mich auf die Show. Mal sehen, was sie zu bieten haben.

Schmidt nützt die Ablenkung und verdrückt sich an das andere Ende des Tisches. Sie überlässt die Bühne den Profis vom Showgeschäft.

Mario und Marita versuchen überdreht, Stimmung zu machen. Sam riecht die faule Absicht dahinter tausend Meilen gegen den Wind. Im Gegensatz zu ihm scheinen seine Freunde die Aufmerksamkeit zu genießen. Er wirft einen kurzen Blick auf Paul, aber der hat nur Augen für Marita. Im Grunde hat Sam nichts gegen die Show, welche die Entertainer abziehen. Je mehr sie sich ins Zeug legen, umso misstrauischer wird er jedoch.

Schließlich entschließt sich Vilca, ihren Freund aufzumuntern. »Jetzt mach nicht so ein Gesicht«, flüstert sie ihm ins Ohr. »Genieß die Show und das Essen. Wer weiß, wann wir so etwas noch einmal geboten bekommen. Egal wie das hier ausgeht. Nimm, was du kriegen kannst.«

Sam weiß, dass seine Freundin recht hat, kann sich aber trotzdem nicht von seinen düsteren Gedanken lösen. In Kürze wird er eine Entscheidung treffen müssen, von der ihr Schicksal abhängt. Das verdirbt ihm den Appetit. Obwohl vor ihm ein Galadinner aufgefahren wird, das selbst vor dem EMP seinesgleichen gesucht hätte, kann er nichts davon genießen.

Schmidt sitzt steif am Tisch und spricht fast gar nichts. Was letztendlich dazu führt, dass sie in Vergessenheit gerät. Sam entgeht aber nicht, dass sie ihn und seine Freunde aufmerksam beobachtet.

Nach dem Essen beteiligt sich Vilca mit ein paar Liedern an dem Programm. Auf ihre unnachahmliche Art bringt sie schnell die Stimmung zum Kochen. Selbst Sam reißt sie damit aus seiner Trübsal. Je mehr Vilca die Aufmerksamkeit auf sich zieht, umso mehr verhärteten sich die Züge von Schmidt.

Auf dem Höhepunkt öffnet sich plötzlich die Tür und Werner Hofer tritt ein. Es wird still. Sam erkennt ihn in dem Anzug erst auf dem zweiten Blick. »Ah, der Herr Hofer. Wie es scheint, haben Ihnen die Computer auszugehen erlaubt. Wie lange dürfen Sie wegbleiben? Bis elf? Oder hat Mama Computer sie für den Verrat an uns großzügig belohnt und Sie dürfen bis Mitternacht bleiben?«

»Herr Lee, bitte. Ich habe für Sie und Ihre Freunde mehr getan, als sie sich vorstellen können.«

»Stimmt«, erwidert Sam zynisch. »Nachdem wir euren Arsch gerettet haben, hätte ich mir nie vorstellen können, dass Sie das Militär beauftragen, uns den Bunker wegzunehmen.«

Herr Lee, bevor Sie uns verurteilen, sollten sie sich unser Angebot anhören. Ich bin mir sicher, dass es Ihnen zusagt.«

»Was haben Sie schon anzubieten?«, provoziert Sam.

»Wenn ich mich nicht irre, haben Sie uns Ihre Zusammenarbeit angeboten.«

»Das war, bevor unser Bunker beschlagnahmt wurde.«

»Den Bunker hätten Sie sowieso nicht behalten können. Das muss Ihnen doch klar sein, Herr Lee. Allein der Besitz der Lebensmittel dort verstößt gegen das Gesetz. Außerdem, Ihr Talent und das Ihres Teams wären in einer so abgelegenen Gegend verschwendet. Hier in Berlin haben wir ganz andere Möglichkeiten.

Denken sie doch auch einmal an ihre Freunde. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Vilca abgeschieden in der hintersten Provinz versauern möchte. Sie braucht Öffentlichkeit und Anerkennung. Das kann ihr nur Berlin bieten.«

»Laut Gesetz kann jeder frei entscheiden, wo er leben möchte.«

Die Dinge haben sich geändert. Solchen Luxus können wir uns nicht mehr leisten. Jetzt zählen Handlungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen. Dafür brauchen wir ein System, das durchgehend effizient und zielorientiert arbeitet. Anders ist die Situation unter den gegebenen Umständen nicht zu kontrollieren.

Wie dem auch sei, es hat keinen Sinn, noch länger darum herumzureden. Sie sind hier, weil wir die Symbots brauchen.«

»Ihr habt doch schon alle Symbots in euren Gehirnen«, entgegnet Sam. »Noch mehr Symbots werden euch auch nicht schlauer machen.«

»Sie wissen genau, was wir wollen. Viele Symbots wurden durch den EMP zerstört. Wir haben keine Möglichkeit die Symbots zu ersetzen, da wir sie nicht herstellen oder vermehren können.

Ich gestehe, alle Welt bewundert, wie Sie das gemacht haben. Niemandem ist es gelungen, hinter das Geheimnis zu kommen. Wir brauchen diese Technologie für die direkte Verbindung zwischen dem Gehirn und Computern - mehr denn je.«

»Wozu? Für die meisten Menschen sind die Symbots jetzt nutzlos, weil sie keinen Computer haben.«

»Den werden wir ihnen verschaffen. Die ANEBs haben das bereits simuliert. Innerhalb weniger Monate können wir so viel Rechenleistung in Betrieb nehmen, dass wieder alle Menschen Zugang zu einem Computer haben. Das muss Sie doch freuen. Ich weiß genau, dass Sie das schon immer wollten.«

Urs knallt die Faust auf den Tisch, dass die Gläser klirren. »Ah, so läuft das also. Und zufällig habt ihr das Monopol, könnt immer und zu jeder Zeit kontrollieren, was die Menschen so treiben, und welche Informationen sie bekommen: der totale Überwachungsstaat.«

Hofer schaut ihn belustigt an. »Das konnten wir doch schon immer.«

Urs funkelt giftig zurück. »Wirklich? Dann hat es ja funktioniert, euch in dem Glauben zu lassen«, triumphiert er.

Hofer ignoriert die Spitze. »Glauben Sie mir. Es ist zum Wohle aller Menschen.«

»Oder zu deren Horror.«

»Alle Menschen werden glücklich und zufrieden in der virtuellen Welt leben. Ihre körperlichen Bedürfnisse werden sich auf ein Minimum reduzieren. Die ANEBs haben das genau ausgerechnet. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen reichen in diesem Fall für etwa sechs Milliarden Menschen.«

»Und was ist mit den anderen vier Milliarden?«, fragt Sam misstrauisch.

»Für mehr reicht es leider nicht.«

Sam studiert das Gesicht von Hofer. Es ist ihm unmöglich, eine emotionale Reaktion dort zu lesen. »Und wer trifft die Auswahl?«

Der Agent starrt ihn aus eisgrauen Augen wortlos an.

Vilca begreift es als Erste. »Die Computer werden nur Menschen vom Typ B auswählen. Nur solche, bei denen die linke Gehirnhälfte dominiert und die wie ein Computer denken, werden überleben.« Sie ist blass geworden und schlägt sich die Hände vor den Mund, als ihr klar wird, dass außer Aya keiner ihrer Freunde diese Bedingung erfüllt. Auch sie nicht.«

Langsam steht sie auf. »Niemals werdet ihr die Symbots bekommen. Niemals!«, schreit sie.

Hofer ignoriert Vilca und fixiert weiterhin Sam. Ein Blick auf seine Freunde macht es diesem leicht, eine Entscheidung zu treffen. »Niemals«, sagt der Erfinder der Symbots bestimmt.

Das scheint der Moment zu sein, auf den Schmidt den ganzen Abend gewartet hat. Zufrieden steht sie auf, und brüllt. »Wachen!« Krachend schlägt die Tür auf und ein Dutzend schwer bewaffnete Polizisten stürmt herein.

»Abführen!«

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