Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 448 - Roy Palmer - Страница 6
1.
ОглавлениеEigentlich hatte alles ganz anders kommen sollen, aber das Schicksal war nun einmal unberechenbar. Don Gaspar de Rojas, der Kommandant der dreimastigen Kriegskaravelle „Esmeralda“, hatte nur der Gründlichkeit halber die Trichtermündung des Rio Tacna nördlich von Arica inspizieren wollen und war dabei mit dem Schiff auf eine Untiefe gelaufen. Jetzt saß die „Esmeralda“ hoffnungslos fest. Sie hatte sich nach Backbord geneigt und ihren Fockmast eingebüßt. Außerdem hatte die Besatzung im Rumpf ein Leck entdeckt.
Don Gaspar de Rojas tobte vor Wut und gab seinen Offizieren, vor allem dem Ersten, die Schuld an dem Vorfall. Daß er selbst vergessen hatte, die Mündung des Flusses ausloten zu lassen, schien er dabei nicht zu bedenken. Er dachte nur an seinen Auftrag. Er sollte den Mann finden, der für den „ungeheuerlichen Vorfall“ letzte Nacht in Arica und für die „Vorkommnisse“ verantwortlich war, die sich in den letzten Monaten an der Pazifikseite der Neuen Welt zugetragen hatten.
Doch die Patrouillenfahrt war für Don Gaspar hier bereits zu Ende. Jetzt war er auf Hilfe angewiesen. Er hatte deshalb drei Böllerschüsse mit den Steuerbordgeschützen abfeuern lassen. Die zweite Kriegskaravelle, die ihn begleitet hatte und weiter nach Norden abgelaufen war, kehrte eben zurück und ging in der Mündung vor Anker. Es war die „Castilla“ unter dem Kommando von Capitán Jorge Parra. Ein Boot wurde ausgesetzt und bemannt. Capitán Parra ließ sich zur „Esmeralda“ pullen, um nach dem Rechten zu sehen.
Don Gaspar war außer sich vor Wut. Er hatte sich wieder seinen Ersten Offizier vorgenommen und fuhr ihn an: „Wir rechnen noch miteinander ab, darauf können Sie sich verlassen.“
„Señor, ich bin mir keiner Schuld bewußt“, verteidigte sich der Mann.
„Schweigen Sie! Sie haben schon genug angerichtet!“
„Señor, ich bitte Sie zu bedenken, daß …“
„Gar nichts bedenke ich!“ unterbrach ihn Don Gaspar. „Und ich will kein Wort mehr hören, sonst lasse ich Sie auspeitschen!“
Nur mit Mühe konnte sich der Erste beherrschen. Er war versucht, sich auf seinen Kapitän zu stürzen, doch die Vernunft siegte über seinen Zorn. Er blieb mit zu Fäusten geballten Händen auf dem Achterdeck stehen und blickte Don Gaspar nach, wie dieser ans Schanzkleid trat und der herangleitenden Jolle entgegenblickte.
Nach der Untersuchung des Schiffsrumpfes hatte sich Don Gaspar de Rojas einer ausgiebigen Kontrolle seiner Kapitänskammer gewidmet. Was er jetzt vorhatte, wußte noch keiner, aber der Erste, die anderen Offiziere und auch einige Decksleute und Seesoldaten ahnten bereits etwas. Dieser Capitán war ein unberechenbarer Mann. Manchmal hatte man den Eindruck, er sei nicht ganz klar bei Verstand. So waren auch jetzt die unsinnigsten Entscheidungen von ihm zu erwarten – nachdem er davon überzeugt zu sein schien, daß sich der Feind nicht in der Mündung des Rio Tacna versteckt halten konnte.
Wie sollte er auch? Jedes Schiff mußte bei dem Versuch, den Fluß hinaufzusegeln, zwangsläufig auflaufen. Wenn ein Don Gaspar den Tacna nicht zu überlisten verstand, dann konnte dies auch kein anderer Kapitän. Dies war seine feste Überzeugung, aber er ahnte nicht, wie sehr er sich täuschte.
Man schrieb den 27. Januar 1595. Es sollte noch ein verhängnisvoller Tag werden – und eine Nacht der Überraschungen. Doch das konnte verständlicherweise auch Jorge Parra, der Capitán der „Castilla“, nicht voraussehen, als er sich zu der „Esmeralda“ hinüberpullen ließ.
Er beurteilte die Situation nach dem Bild, das er vor sich hatte. Die „Esmeralda“ war arg ramponiert, es würde einige Zeit dauern, bis sie wieder flott war. Sie brauchte nicht nur einen neuen Fockmast, sondern auch – und das sogar noch dringender – eine neue Gaffelrute für das Großsegel, denn die alte war in zwei Teile zerbrochen. Ohne Fockmast würde die Karavelle problemlos nach Arica zurücksegeln können, nicht aber ohne die Gaffelrute.
Jorge Parra war, was die Seefahrt an der Pazifikküste betraf, ein „alter Hase“. Er kannte sich bestens aus, und in Sachen Seemannschaft machte ihm so leicht keiner etwas vor. Er war nicht mehr der Jüngste, aber was die Zähigkeit und das Durchhaltevermögen betraf, da nahm er es auch mit einem Zwanzigjährigen auf.
Parra war ein etwas stoischer Mann, der sich damit abgefunden hatte, bis zur Altersgrenze Kommandant einer Kriegskaravelle zu bleiben. Er war vom Personalamt der spanischen Marine gewissermaßen in der Beförderung übergangen worden. Er war kein Protektionskind und auch nicht adliger Herkunft, unterhielt keine „wichtigen Beziehungen“ und hatte keine Unterstützung aus „einflußreichen Kreisen“. Darauf verzichtete er gern, denn er war von ehrlicher Natur und haßte jegliche Art von Begünstigung, Intrige und Korruption.
Er war ein guter Seemann, der seinen Dienst getan hatte, ohne groß aufzufallen. Seit zehn Jahren fuhr er Geleitschutz an der pazifischen Küste. Seine Karavelle „Castilla“ gehörte zu den Einheiten, die in Callao bei Lima stationiert waren. Zusammen mit vier Kriegsgaleonen und der jetzt aufgelaufenen „Esmeralda“ war die „Castilla“ vom Vizekönig in Lima nach Arica kommandiert worden. Der Vizekönig wollte feststellen lassen, warum seit ein paar Monaten die Silbertransporte ausblieben – ganz abgesehen davon, daß Dinge passiert waren, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen, daß auf dieser Seite der Neuen Welt englische Piraten ihr Unwesen trieben, und zwar in einer Art und Weise, die an Dreistigkeit, Gerissenheit und verwegenem Draufgängertum nicht mehr zu überbieten war.
Es gehörte kein sonderlicher Scharfsinn zu der Vermutung, daß auch das, was in der letzten Nacht vor der Hafeneinfahrt und im Hafen von Arica passiert war, auf das Konto dieser Piraten ging. Völlig überraschend und unvermittelt waren sie mit einer Jolle aus der Dunkelheit aufgetaucht – so waren die Geschehnisse inzwischen rekonstruiert worden.
Sie hatten die Ankerwachen der beiden vor der Einfahrt liegenden Kriegsgaleonen lautlos durch Pfeile getötet und dann die Ankertrossen der Galeonen gekappt. Eine Galeone war auf das steinige Ufer gelaufen, die andere war vom Wind in den Hafen getrieben worden, wo sie mit einer Handelsgaleone kollidierte.
Alle drei Schiffe waren schwer beschädigt. Am schlimmsten war es um die erste Kriegsgaleone bestellt. Sie war noch nicht vom Felsenufer abgeborgen.
Der Überfall war der Anlaß für das Patrouillenunternehmen, durch das die Spanier den Feind zu finden hofften. Gleich am frühen Morgen waren vier Schiffe ausgelaufen. Die „Esmeralda“ und die „Castilla“ suchten die Küste nach Norden ab, zwei Kriegsgaleonen taten das gleiche in südlicher Richtung. Nun aber war das Unternehmen für die beiden Karavellen zwangsläufig unterbrochen, denn Don Gaspar de Rojas war so unvorsichtig gewesen, seine Nase in den Rio Tacna zu stecken. Daß er dabei sein Schiff auf eine Untiefe gesetzt hatte, war nur seiner Unfähigkeit zuzuschreiben.
Jorge Parra war ein drahtiger Mann mit angegrauten Schläfen und einem zerfurchten, kantigen und wettergegerbten Gesicht. Er gehörte weiß Gott nicht zu den Ehrgeizlingen, aber er war stolz darauf, daß er saubere Finger und eine reine Weste hatte.
Im Dahingleiten der Jolle wuchs sein Zorn auf Don Gaspar. Es war ein verhaltener Zorn, aber er war völlig berechtigt, denn Don Gaspar hatte einen unverzeihlichen Fehler begangen. Er war dienstjünger als Parra und zudem arrogant und eitel, unbeherrscht und dumm. Nach Parras Überzeugung war er allenfalls geeignet, eine doppelspännige Kutsche zu fahren, aber keine Karavelle – und schon gar keine Kriegskaravelle.
Genauer gesagt, er war ein Günstling des Vizekönigs in Lima, dieser Don Gaspar de Rojas. Allein dem Vizekönig hatte er es zu verdanken, daß er zum Capitán befördert worden war. Vor einem halben Jahr hatte er die „Esmeralda“ als Kommandant übernommen. Der vorherige Kommandant war nach Spanien versetzt worden.
So einfach war das, aber die Praxis brachte zum Vorschein, was für ein Versager Don Gaspar im Grunde war. Parra sah es seinem Gesicht an, wie aufgebracht er war. Auch das war ein Fehler. Statt seinen Männern gegenüber die Ruhe zu wahren und Umsicht zu beweisen, brüllte er sie an.
Die Jolle legte bei der „Esmeralda“ an. Jorge Parra enterte auf und bereitete sich innerlich auf die Diskussion vor, die sich unweigerlich ergeben würde.
Parra trat auf das schräge Achterdeck der Karavelle und schaute sich um. Keiner sprach ein Wort, plötzlich herrschte Totenstille.
Parra brach sie, indem er sagte: „Das ist wirklich Pech. Wir sollten jetzt überlegen, wie wir das Schiff am besten und schnellsten abbergen.“
„Abbergen?“ stieß Don Gaspar de Rojas hervor. „Unmöglich! Das Leck im Rumpf läßt sich mit Bordmitteln nicht beheben!“
„Mit den Bordmitteln der ‚Esmeralda‘ und der ‚Castilla‘ zusammen schon“, sagte Parra. Er gewahrte, wie der Erste und der Zweite Offizier ihm kaum merklich zunickten. Ja, es war möglich. Es würde einige Zeit in Anspruch nehmen, aber die „Esmeralda“ war kein verlorenes Schiff.
De Rojas schien vor Zorn innerlich überzukochen.
„Daraus wird nichts!“ fuhr er Parra an. „Sie, Parra, haben mich sofort nach Arica zu bringen!“
„Wie bitte?“ Parra war verblüfft über diese Forderung. „Was wollen Sie denn in Arica?“
De Rojas hatte eine hochnäsige, überhebliche Miene aufgesetzt. „Die Antwort will ich Ihnen geben. Ich werde in Arica beim Verbandskommandanten beantragen, daß man mir sofort das Kommando über eine andere Karavelle oder Galeone übergibt, damit ich die Suche nach den englischen Piraten fortsetzen kann.“
„Verzeihung, aber da kann ich Ihnen nicht ganz folgen“, sagte Parra kühl. „Es dürfte doch wohl richtiger sein, zuerst einmal die ‚Esmeralda‘ …“
„Was richtiger ist, müssen Sie schon mir überlassen“, fiel ihm de Rojas ins Wort. „Ihre Belehrungen können Sie sich sparen. Im übrigen wäre es am besten, wenn ich sofort die ‚Castilla‘ übernehme, damit wir keine Zeit verplempern.“
Parra glaubte, sich verhört zu haben. Dann aber platzte ihm der Kragen.
„Jetzt reicht’s mir aber!“ stieß er hervor. „Señor – Sie vergessen ein paar wichtige Kleinigkeiten!“
„Zum Beispiel?“ fragte de Rojas von oben herab.
„Erstens bin ich der dienstälteste Capitán von uns beiden, was besagt, daß Sie mir keine Befehle zu geben haben! Eher wäre es ja wohl umgekehrt der Fall!“
„Da kann ich nur lachen!“ schrie de Rojas. Er stieß ein paar abgehackte Laute aus, die allerdings kaum wie ein Lachen, sondern eher wie ein Gackern klangen.
„Zweitens hat ein Kommandant sein Schiff nicht eher zu verlassen, bis es ihm unter dem Hintern wegsackt!“ fauchte Parra. „Und drittens bin ich nicht der Prügelknabe für Ihr unseemännisches Verhalten! Sie sind schließlich auf eigene Faust in die Flußmündung gesegelt, vergessen Sie das nicht!“
„Welche Rolle spielt das schon?“ erklärte de Rojas.
„Eine sehr wesentliche! Vor allem, weil Sie versäumt haben, die Wassertiefe zu loten!“
„Ein Fehler meines Ersten Offiziers! Ich werde ihn dafür …“
Diesmal war es Parra, der ihn zornig unterbrach. „Nichts werden Sie! Auf einem Kriegsschiff hat der Kommandant den Befehl, und wenn er etwas versäumt, ist es allein seine Schuld! Viertens – als Kommandant eines spanischen Kriegsschiffes haben Sie zuerst einmal die verdammte Pflicht, alles zu tun, um Ihr Schiff freizukriegen!“
„Ich weiß selber, was ich zu tun habe“, sagte de Rojas pikiert. „Und ich lasse mir von Ihnen noch lange keine Vorschriften machen, Señor Parra.“
Parra stemmte die Fäuste in die Seiten und schaute sich wieder um. Er war außer sich wie selten zuvor in seinem Leben. Was ihn am meisten in Zorn versetzte, war de Rojas mangelndes Verantwortungsgefühl der Mannschaft gegenüber.
„Wie ich sehe, haben Sie bisher überhaupt noch nichts unternommen“, sagte er schroff. „Entweder aus Unfähigkeit oder aus mangelnder Entschlußkraft.“
„Was? Das wagen Sie mir vorzuwerfen?“
„Es ist meine Pflicht, das zu tun“, entgegnete Parra. Er war richtig saugrob geworden und dachte nicht daran, zurückzustecken. „Sie scheinen die Dienstvorschriften nicht zu kennen, deshalb erkläre ich sie Ihnen noch einmal, Señor. Sie werden dafür sorgen, daß dieses Schiff repariert und abgeborgen wird. Meine Männer und ich werden Sie dabei nach Kräften unterstützen. Aber ich werde Sie nicht nach Arica bringen, und ich denke nicht daran, Ihnen die ‚Castilla‘ zur Verfügung zu stellen.“
„Das ist – Insubordination!“ brüllte de Rojas.
Parra schüttelte energisch den Kopf. „Ist es nicht, das wissen Sie so gut wie ich. Und wir haben schon viel zu lange herumdebattiert.“
„Ich werde mich beim Vizekönig beschweren!“ schrie de Rojas. „Über das ungehobelte Benehmen eines Nichtadeligen! Ich werde dafür sorgen, daß man Sie aus der Marine feuert!“
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können!“
„Ich lasse Sie zum Latrinenputzer degradieren!“
Parra war drauf und dran, de Rojas die Zähne einzuschlagen, aber auch er wußte sich – wie der Erste Offizier der „Esmeralda“ – zu beherrschen. Parra ließ de Rojas einfach stehen, Wandte sich ab und trat auf den Ersten Offizier zu. „Wie sieht es mit dem Schiff aus?“ fragte er. „Sind die Unterwasserschäden wirklich so schwer?“
„Ja, leider, Señor.“
„Und? Sind die Schiffszimmerleute schon bei der Arbeit?“
Der Erste schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Wo ist der Schiffszimmermann?“ fragte Parra.
Die Antwort erfolgte vom Bootsmann. „Im Achterkastell, Señor!“
„Was hat er denn da zu suchen?“ fragte Parra erstaunt.
„Señor“, erwiderte der Erste Offizier. „Ich habe dem Capitán zwar empfohlen, sofort mit der Ausbesserung der Lecks zu beginnen, aber der Capitán hat angeordnet, zuerst müßten die Schäden in der Kapitänskammer behoben werden.“
„Was für Schäden?“ wollte Parra wissen.
Er verspürte einen bitteren Geschmack im Mund. Offenbar war die Galle dabei, überzulaufen. Was an Bord dieses Schiffes vorging, war unmöglich und verlangte nach einer Bestrafung des Capitáns. Am liebsten hätte er de Rojas sofort festnehmen lassen. Aber das entsprach nicht seiner Art. Nur ein Mann, der hinterhältig und verschlagen wie de Rojas war, handelte so. Parra war aus einem anderen Holz geschnitzt, er verhielt sich auch jetzt noch korrekt und so sachlich wie möglich. Er ahnte jedoch nicht, wie schwer er noch bereuen sollte, nichts gegen de Rojas unternommen zu haben.
Der Erste räusperte sich. Er warf einen Blick auf seinen Capitán, der Parra und ihn seinerseits giftig fixierte. De Rojas würde sich gewiß rächen. Aber das war ihm, dem Ersten, in diesem Moment gleichgültig. Er hatte schon zuviel herunterschlucken müssen, ohne sich irgendwie wehren oder rechtfertigen zu können.
„Durch den Aufprall beim Auflaufen ist die Koje in der Kapitänskammer aus den Fugen geraten“, erklärte er. „Ein Spiegel hat sich aus dem Rahmen gelöst, ist zerborsten und muß mit einem Ersatzspiegel ausgewechselt werden. Außerdem sind zwei Schranktüren verklemmt.“
„Das ist alles?“
„Ja, Señor.“
Parra hatte erneut Mühe, sich zu bezwingen. Dieser adlige Scheißkerl! dachte er. Denkt nur an sich, und das Schiff kümmert ihn einen Dreck!
Mit eisiger Stimme sagte er: „Als der dienstälteste Kommandant befehle ich, daß die Schiffszimmerleute sofort die Lecks im Schiff abdichten. Die Schiffszimmerleute der ‚Castilla‘ werden dabei mithelfen. Ich lasse auch das Reparaturmaterial herüberschaffen, das wir an Bord haben. Ferner wird die ‚Esmeralda‘ mit den beiden verfügbaren Jollen geleichtert, das heißt, alle schweren Lasten werden an Land gebracht. Dabei haben alle Männer mit anzupacken.“
„Ich protestiere!“ brüllte de Rojas.
„Wollen Sie meutern?“ fragte ihn Parra in einem beinahe sanften Tonfall.
De Rojas wollte erneut aufbegehren, aber er registrierte, daß keiner Anstalten traf, ihm beizustehen. Die Offiziere hatten sich bereits ostentativ von ihm abgewandt, um Parras Befehle auszuführen. Er, de Rojas, stand allein da, und er riskierte den Kopf, wenn er weiterhin auf seinen Forderungen bestand. Er hatte keine andere Wahl – er mußte zurückstecken und sich fügen.
Überhaupt, keiner kümmerte sich mehr um ihn. Parra hatte das Achterdeck der „Esmeralda“ jetzt verlassen, um sich unter Deck die Schäden anzusehen. Ferner hatte er seiner Bootscrew befohlen, die Schiffszimmerleute der „Castilla“ herüberzuholen. Es herrschte Betriebsamkeit. Die Seeleute und Seesoldaten der „Esmeralda“ stießen sich untereinander an, warfen Don Gaspar de Rojas hämische Seitenblicke zu und grinsten.
„Das war mal fällig“, sagte einer von ihnen halblaut. „So hat den Hund noch keiner angeschnarcht. Aber da seht ihr, was für ein Schißhase er ist. Er hat den Schwanz eingezogen.“
„Aber dabei bleibt es nicht“, murmelte ein anderer Mann.
Keiner von ihnen ahnte, daß die ganze Szene beobachtet worden war. Nach wie vor waren sie fest davon überzeugt, daß sich kein Gegner in der näheren Umgebung befand. Ein Irrtum, der noch fatale Folgen haben sollte.