Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 378 - Roy Palmer - Страница 6
2.
ОглавлениеCariba hatte genug gehört. Er erhob sich, trat an die Theke und zahlte seine Zeche. Dann fragte er: „Das mit dem Rum – hast du es dir gut überlegt, Amigo?“
„Ja. Acht Dublonen.“
„Sechs“, sagte Cariba grinsend.
Sie feilschten noch eine Weile herum, dann einigten sie sich auf sieben Dublonen. Cariba nahm die Fässer in Augenschein, überzeugte sich davon, daß sie randvoll waren, prüfte auch die Qualität und händigte dem Wirt dann die Münzen aus. Alvaro bot ihm seine Hilfe an, aber Cariba trug die Fässer selbst zu seinem Landeplatz, eins nach dem anderen.
Die Jolle lag etwas abseits des ehemaligen Hafens unter Mangroven und Schilf versteckt. Cariba wuchtete die Fässer an Bord, vergewisserte sich, daß sie nicht zu tief im Wasser lag, stieg ein und legte ab. Ehe er den Mast aufrichtete und das Segel setzte, warf er noch einen Blick zu der trübe erleuchteten „Yerba Buena“ zurück. Ein toller Laden, dachte er grinsend, und was für ein Weib!
Dann dachte er auch wieder an das, was Atos aus Havanna berichtet hatte, und er brummte: „Das wird die Queen interessieren. Ich muß es ihr so schnell wie möglich sagen.“
Aber vielleicht – auch das überlegte er – war es besser, zuerst mit Caligula darüber zu sprechen. Allein bei der Nennung des Namens „Seewolf“ wurde die Black Queen verrückt. Vielleicht war es nicht gut für ihren derzeitigen Zustand, wenn sie sich unnötig aufregte.
Cariba segelte die Nacht hindurch. Platt lag die Jolle vor dem Nordostwind, der frisch bis böig einfiel und sie vorantrieb. Sie lief gute Fahrt und durchquerte die Bucht von Matamano, ohne anderen Schiffen zu begegnen. Cariba vermochte auch in einiger Entfernung nicht die funkelnden Hecklaternen von vorbeiziehenden Schiffen zu erkennen. Er war, so schien es, völlig allein in diesem Seegebiet.
Als der junge Tag im Osten mit milchig-trüben Grauschleiern aus der See stieg, hatte Cariba den Canal de los Indios erreicht. Er behielt den südwestlichen Kurs bei und konnte zwei Stunden später die ersten Inselchen erkennen, die als verschwommene Silhouetten an der südlichen Kimm auftauchten.
Wie Perlen auf einer langen Schnur waren sie aneinandergereiht und erstreckten sich von der Küste Kubas über die Pinien-Insel in die Karibische See hinein. Cariba hatte keine Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Seine Sinne waren geschärft, und er verfügte über genug Erfahrung, um auch ohne Kompaß, Jakobsstab, Astrolab und andere Hilfsmittel den richtigen Kurs zu steuern.
Mühelos fand er sich zurecht und segelte die Jolle zwischen den kleinen Inseln hindurch zum Versteck. Wie das Eiland mit der geschützten Ankerbucht eigentlich hieß, wußte niemand an Bord der „Caribian Queen“, auch die Black Queen und Caligula nicht. Aber es interessierte auch keinen. Für sie war es eine Insel wie jede andere, mit Palmen, Mangroven, Lianen, ein bißchen Sandstrand und ein paar bewaldeten Hügeln, mit giftigen Schlangen, keckernden Affen und schimpfenden Vögeln. Wichtig war nur, daß sie nicht bewohnt war und sie hier nicht entdeckt wurden.
Als grauschwarzer Schattenriß schob sich die Insel um die Mittagsstunde in Caribas Blickfeld. Er grinste, braßte das Segel ein wenig an und ging an den Wind, auf Kurs Süden. Er rundete die Insel halb, halste und ging dichter unter Land. Dann – bevor er in die Bucht einlief – stand er von seiner Ducht auf und gab dem auf dem höchsten Hügel postierten Ausguck mit beiden Händen ein vereinbartes Zeichen.
Der Ausguck, der ihn längst entdeckt hatte und seitdem durch den Kieker beobachtete, gab ihm mit einer Bleiglasscherbe ein Blinksignal. Cariba wußte nun, daß alles in Ordnung war und er an Bord der „Caribian Queen“ gehen konnte. Der Ausguck indessen benachrichtigte Caligula und die anderen Kerle, daß es sich bei der einlaufenden Jolle um ihr eigenes Boot handele.
Das sahen die Kerle dann auch mit bloßem Auge. Cariba segelte durch die schmale, halb von Mangroven zugewucherte Einfahrt und stieß einen lauten Pfiff aus.
„Rum!“ brüllte er.
„Ran!“ schrie einer der Kerle, die sich unterdessen allesamt am Schanzkleid des Zweideckers versammelt hatten. Die Landwachen liefen am Strand zusammen, nur der Ausguck verharrte weisungsgemäß auf seinem Hügelposten.
„Das gibt ein feines Besäufnis!“ rief ein anderer Pirat, und seine Kumpane lachten rauh.
Caligula stand breitbeinig und mit verschränkten Armen auf dem Achterdeck und verfolgte das Einlaufen und Längsseitsgehen der Jolle. Er hütete sich, Einspruch gegen das Vorhaben der Kerle einzulegen. Sollten sie sich nach Herzenslust vollaufen lassen, sie hatten es jetzt nötig. Wenigstens verfiel keiner von ihnen auf dumme Gedanken. Sie lagen schon lange genug hier fest und brüteten finster über ihr Mißgeschick und ihre Pechsträhne, aber noch hatte zum Glück keiner von ihnen gemeutert. Kein Versuch der Rebellion – Caligula konnte froh darüber sein. Wenn ein Aufstand an Bord losbrach, hatte er allein keine Chance, sich gegen die Meute zu behaupten, und die Queen war immer noch nicht wieder einsatzfähig.
Also galt es, die Kerle bei Laune zu halten. Der Rum war gerade recht. Wenn sie ein Faß geleert hatten, würden sie ihren Rausch ausschlafen. Sobald sie nüchtern waren, wurde das nächste Faß angestochen. Caligula war bereit, drei Fässer zu opfern, erst dann würde er dem Treiben einen Riegel vorschieben.
Irgendwann würde auch der Ruf nach Frauen laut werden, aber dann, so hoffte Caligula zumindest, war die Black Queen wieder auf den Beinen und verließ die Inselbucht, um nach neuen Angriffszielen und vielversprechenden Raids Ausschau zu halten.
Cariba legte mit der Jolle an. Die Fässer wurden an Bord des Zweideckers gehievt, Cariba enterte grinsend an der Jakobsleiter auf. Er ging zu Caligula und händigte ihm den Rest der Goldmünzen aus, die er für den Kauf des Rum-Vorrates mitgenommen hatte.
„Gut“, sagte Caligula. „Du hast die Fässer zu einem günstigen Preis erstanden. Aber taugt das Gesöff auch was?“
„Überzeuge dich selbst davon.“
„Später. Berichte mir lieber, was sich auf Kuba so tut. Hast du etwas Besonderes erfahren?“
„Ja.“ Cariba begann zu erzählen – wie er mit dem Schankwirt gefeilscht, sich mit der Hure Dolores vergnügt und dem Gespräch der Zecher gelauscht hatte.
Jetzt wurde Caligula hellhörig.
„Ein neuer Mann in Havanna?“ wiederholte er verblüfft. „Ein Spanier, der die Seewölfe sucht? Das muß die Queen sofort erfahren.“
Die Black Queen war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie hatte sich von Caligula halb in ihrer Koje aufrichten lassen und saß mit dem Rücken gegen einen Berg Kissen gelehnt da, aber selbst das bereitete ihr Schmerzen und Anstrengung. Ihr Gesicht war verkniffen, fast pausenlos stieß sie leise Flüche aus.
Als sie die Schritte zweier Männer durch den Mittelgang des Achterkastells heranpoltern hörte, wandte sie nur langsam den Kopf. Ihre Augen waren schmal, ihr Mund blutleer. Sie war abgemagert. Seit dem Kampf gegen El Tiburon, bei dem dieser sie niedergeschossen hatte, hatte sie sich ihrer Mannschaft nicht mehr gezeigt. Keiner wußte genau, wie es inzwischen um sie bestellt war. Im Grunde verließen sich alle auf Caligulas Hinweise, der ständig hervorhob, daß es mit der Queen „wieder bergauf“ ginge.
Cariba erschrak jedoch, als er hinter Caligula die Kapitänskammer betrat. Wie eine Fremde wirkte die Queen auf ihn. Unwillkürlich blieb er stehen. Seine Betroffenheit entging der Queen nicht. Wütend sah sie ihn an.
„Cariba, du Teufel!“ zischte sie. „Was willst du hier?“
„Ich habe ihn mitgebracht, damit er dir selbst von dem berichten kann, was er in Matamano aufgeschnappt hat“, sagte Caligula. „Ich halte es für richtig, daß du es aus seinem Mund vernimmst.“
„Dann redet nicht lange herum“, sagte sie. „Ich höre.“ Auch ihre Stimme hatte sich verändert, sie war brüchig geworden. Die Blessur hatte ihr schwer zugesetzt und an ihr gezehrt. Der Feldscher der „Caribian Queen“ hatte ihr zwar die Kugel aus der linken Schulter geholt, wo sie dicht über dem Herzen gesessen hatte, aber sie hatte mit Wundfieber und Entzündungen wochenlang auf Leben und Tod gelegen. Der Blutverlust hatte sie geschwächt, Fieberträume hatten sie geplagt. Es hatte eine Stunde gegeben, in der es so ausgesehen hatte, als müsse sie sterben, aber dann hatte der Teufel sie doch nicht gewollt. Sie hatte sich halbwegs wieder erholt, aber die Zeichen der Krankheit und des Kampfes gegen den Tod hatten deutlich ihr Gesicht gezeichnet.
Doch ihr Haß brannte lodernd. Vielleicht war er es sogar, der sie am Leben erhalten hatte. Noch lag sie hilflos in ihrer Koje, zu schwach, um aufzustehen, aber schon hatte sie erste Pläne gefaßt, wie sie gegen ihren Todfeind, den Seewolf, vorgehen würde, wenn sie erst wieder bei Kräften war.
Cariba schilderte, wie sich sein Abstecher zur Kaschemme „Yerba Buena“ im einzelnen abgespielt hatte. Da horchte auch die Queen auf wie zuvor Caligula. Plötzlich sah sie in ihrer fanatischen Rachsucht und in ihrem Haß eine Möglichkeit, den Bund der Korsaren zu vernichten.
„Ausgezeichnet“, sagte sie, als Cariba seinen Bericht abgeschlossen hatte, und mit einemmal klang ihre Stimme gar nicht mehr so schwach und brüchig. „Dieser Spanier, dieser Don Juan, kommt mir wie gerufen. Ich hoffe, es ist euch klar, wie wir ihn für unsere Zwecke ausnutzen können.“
Caligula sah den Zeitpunkt gekommen, seinen Scharfsinn unter Beweis zu stellen. „Natürlich. Wir brauchen diesem Spürhund nur den Bund der Korsaren in die Hände zu spielen. Er ist ja versessen darauf, englische Piraten zu jagen.“
„Ja“, bestätigte Cariba, ohne die Queen aus den Augen zu lassen. Ihm war noch nicht ganz klar, wie sie sich durch den Spanier einen Vorteil verschaffen wollte. Schließlich konnte sie sich aus dem Versteck nicht wegrühren – noch nicht. Was hatte sie also vor?
„Wir liefern den Seewolf und seine Bande von Hurensöhnen ans Messer“, sagte die Queen voll Haß. „Man braucht Don Juan nur die Lage der Schlangen-Insel zu verraten, und die Spanier erledigen die Arbeit.“
„Das habe ich mir auch gedacht“, sagte Caligula. „Nichts einfacher als das.“
Die Black Queen stemmte sich mit verzerrtem Gesicht von ihrem Kissenlager hoch. Ihre Augen hatten einen fiebrigen, erregten Glanz.
„Das wäre das Ende dieser Bastarde samt ihres Anhangs von Indianerschlampen“, sagte sie. Gemeint waren die Schlangenkriegerinnen unter der Führung von Arkana. „Damit schaffen wir uns diese Widersacher endgültig vom Hals und haben freie Bahn in der Karibik.“ Ihr Blick richtete sich wieder auf den Kreolen. „Gut gemacht, Cariba. Das werde ich dir nicht vergessen.“
„Danke.“ Früher hätte er sich von einer Äußerung wie dieser einiges versprochen. Wer von den Kerlen an Bord der „Caribian Queen“ hätte die schwarze Frau nicht begehrt? Alle waren sie neidisch auf Caligula gewesen, der das Privileg genoß, hin und wieder mit ihr die Koje teilen zu dürfen. Jetzt aber war die Black Queen nicht mehr das stattliche, verführerische Weib, von deren Erscheinung allein sich jeder Mann beeindruckt gezeigt hatte. Sie hatte nichts mehr zu bieten – nur noch ihren grenzenlosen Haß, der sie auf geheimnisvolle Weise zu nähren und aufrecht zu halten schien.
Sie lächelte höhnisch. „Besser konnten wir es gar nicht treffen, wißt ihr das? Die Dreckarbeit, das blutige Geschäft, wird uns von den Spaniern abgenommen, und die Dons werden sicherlich auch nicht ungerupft bleiben. Das heißt, sie werden bei einem Angriff auf die Schlangen-Insel erheblich geschwächt – was für unsere Situation wiederum günstig ist.“
Nach wie vor war sie von dem Gedanken besessen, die unumschränkte Herrscherin über die Karibik zu werden. Dieses Ziel hatte ihr vorgeschwebt, als von ihr die Schlangen-Insel angegriffen worden war, als sie sich in El Triunfo Verstärkung geholt hatte und nach Tortuga und Hispaniola gesegelt war. Sie hatte nicht mit der Widerstandskraft und Hartnäckigkeit der Seewölfe und ihrer Verbündeten gerechnet, und sie hatte auch einen Mann wie El Tiburon nicht einkalkuliert. Aber die erlittene Niederlage hatte sie von ihrem ursprünglichen Ziel nicht abbringen können. Nach wie vor war sie darauf aus, sich aller Feinde zu entledigen und als „Königin“ aller Freibeuter über die Karibik zu herrschen.
Dennoch wagte Caligula, ihr in einem Punkt zu widersprechen.
„Eins dürfen wir jedoch nicht vergessen“, sagte er. „Wenn es den Spaniern gelingt, die Schlangen-Insel zu besetzen, dann eignen sie sich dort auch den ungeheuren Schatz an, den die Seewölfe zusammengetragen haben. Diesen Schatz brauchen wir aber selbst.“
„Das weiß ich“, sagte die Queen giftig. „Hältst du mich für blöd, Caligula? Ich brauche Gold und Silber, um meine Macht zu festigen und auszubauen.“
„Dann sollten wir uns vielleicht doch überlegen, ob wir Don Juan eine Nachricht über die Schlangen-Insel zuspielen“, sagte Caligula.
Jetzt brauste die Queen auf. Caligulas Argument brachte sie in Rage. Wäre sie nicht an ihr Krankenlager gefesselt gewesen, dann wäre sie jetzt aufgesprungen und hätte sich auf ihn gestürzt. Sie raste vor Wut, und ihre alte Wildheit brach durch.
„Glaubst du, ich bin mir des Risikos nicht bewußt?“ schrie sie ihn an. „Ich habe alles genau bedacht, du Narr! Rede mir nicht in meine Entscheidungen hinein! Die Hurensöhne und Bastarde müssen vernichtet werden!“ Ihr ging es ausschließlich darum, ihre Rachsucht zu stillen, nichts anderes galt bei ihr. Die Bekämpfung und Vernichtung des Bundes der Korsaren hatte absoluten Vorrang. „Hinterher können wir den Spaniern den Schatz wieder abnehmen!“ brüllte sie. „Will das nicht in deinen verfluchten Schädel?“
Caligula steckte zurück und gab klein bei, alles andere hatte keinen Zweck.
„Doch“, erwiderte er. „Ich hielt es nur für richtig, dich auf alle möglichen Risiken hinzuweisen.“
„Danke“, sagte sie hämisch. „Es ist rührend, wie du dich um mich bemühst. Aber langsam geht es mir auf den Geist.“ Sie richtete ihren Zeigefinger auf Cariba. „Komm her!“
Cariba trat an Caligula vorbei an die Koje der Queen. Caligula hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Er wollte die Queen nicht weiter erregen und er spürte auch, daß bei ihr der Gedanke an die mögliche Vernichtung des verhaßten Gegners wie ein Elixier wirkte.
„Hör zu“, sagte die Queen zu Cariba. „Dies ist mein Auftrag. Du gehst sofort nach Havanna und versuchst, Kontakt mit diesem Don Juan aufzunehmen. Pack es geschickt an und sprich mit ihm. Verrate ihm, wo die Schlangen-Insel liegt, und kehre dann hierher zurück. Vergewissere dich aber, daß dir niemand folgt.“
Cariba war verwirrt. Damit hatte er nicht gerechnet.
„Ja“, sagte er. „Ja, ich versuche, ihn zu finden.“
„Du findest ihn“, sagte sie rauh. „Andernfalls brauchst du nicht an Bord zurückzukehren. Los, pack deine Sachen und verschwinde.“
Sie hätte lieber Caligula mit dieser sehr heiklen Aufgabe betraut, aber sie konnte ihn an Bord des Zweideckers nicht entbehren, solange sie selbst nicht wieder voll auf dem Posten war. Das aber würde noch eine Weile dauern.
Cariba war von dem Auftrag überhaupt nicht begeistert.
„Kann ich nicht wenigstens noch einen Tag warten?“ fragte er. „Ich habe doch wohl auch ein Recht darauf, von dem Rum zu kosten, oder?“
Aber damit landete er bei ihr nicht. „Du hast ein Recht darauf, bei Befehlsverweigerung an der Rah aufgeknüpft zu werden, du Hund!“ schrie sie. „Und wie ich dich und deinesgleichen kenne, hast du von dem Rum in Matamano bereits genug gesoffen!“
„Geh, Cariba“, sagte Caligula drohend. „Hau ab! Die Queen braucht jetzt Ruhe. Sie hat sich schon genug aufgeregt.“
Cariba wich zurück und wandte sich der Tür zu.
„Warte!“ sagte sie scharf, und er drehte sich noch einmal zu ihr um. Sie musterte ihn tückisch und herausfordernd zugleich. „Eins halte dir vor Augen, Cariba. Es hat keinen Zweck, mich hereinlegen zu wollen. Ich weiß, daß dir der Auftrag nicht paßt, aber du wirst ihn ausführen. Solltest du meinen, die Sache ignorieren und auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu können, hast du dich gründlich getäuscht.“
„Das tu ich nicht“, sagte er mürrisch. „Keine Sorge.“
„Ich würde dich zu finden wissen“, fuhr sie unbeirrt fort. „Und ich würde dich hundert Tode sterben lassen. Du weißt, daß ich keine Gnade kenne. Überlege es dir.“
Cariba atmete tief durch. „Ich werde dich nicht enttäuschen, Queen.“
„Das hoffe ich. Erledigst du alles zu meiner Zufriedenheit, entlohne ich dich königlich.“ Sie ließ sich in die Kissen zurücksinken. „Caligula, du gibst ihm einen Vorschuß. Sechs Golddublonen. Cariba, du erhältst noch einmal doppelt soviel, wenn du Don Juan auf die Seewölfe hetzt. Sieh dir noch mal genau die Seekarten an und präge dir die Lage der Schlangen-Insel ein, verstanden?“
„Ja“, erwiderte Cariba, dann verließ er die Kapitänskammer. Caligula folgte ihm.
Noch am frühen Nachmittag brachen sie auf. Caligula segelte mit und setzte Cariba in der Nacht an der Küste ab. Von hier aus begab sich Cariba auf den Weg nach Havanna, das nur etwa dreißig Meilen entfernt lag. Die Insel war an dieser Stelle nicht sehr breit. Wenn er zügig marschierte, konnte er die Stadt am Abend des nächsten Tages erreicht haben.
Während seiner einsamen Wanderung fluchte er immer wieder vor sich hin. Da hatte er sich schön was eingebrockt. Warum, zum Teufel, hatte er nicht den Mund gehalten?