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2.

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Die Spanier auf der ersten Karavelle am Nordufer mußten über den Regenguß hocherfreut sein. Er löschte nämlich das Feuer in der Takelage im Handumdrehen. Nur noch wenige Fetzen Zeug hingen von den langen Gaffelbäumen der lateinergetakelten Karavelle, Relikte, die die Bezeichnung Rigg nicht mehr verdienten. Hasard stellte aber fest, daß die Spanier Abhilfe schafften. Als er sich kurz umdrehte und zum Nordufer schaute, sah er wie sie mit fliegenden Fingern Notsegel setzten.

Er wandte sich wieder um.

Sein Hauptinteresse galt der dritten, im Süden plazierten Karavelle. Als grauer Schatten nahm sie sich in dem niederstürzenden Regen aus. Der Kanonendonner war verstummt, denn die Spanier befanden sich in der gleichen üblen Lage wie die Seewölfe und ihre Verbündeten.

Jedes Schiffsgeschütz, jede Handfeuerwaffe mit Luntenschloß wurde bei Regen unbrauchbar. Nur die mit Steinschlössern versehenen Musketen und die Pistolen verschiedener Bauart konnten jetzt noch eingesetzt werden.

Hin und wieder blaffte ein Musketenschuß von der Karavelle zur „Isabella“, zum schwarzen Segler oder zur Galeasse herüber. Aber weder Bleikugeln noch gehacktes Eisen konnten Schaden anrichten. Die Entfernung war zu groß zum exakten Zielen. Der Regen ließ alles, was weiter als in zwei, drei Yards Abstand lag, verschwimmen und verblassen.

Big Old Shane kauerte nach wie vor im Hauptmars der Galeasse, Batuti im Vormars der „Isabella“. Sie waren pitschnaß, schickten aber ihre Pfeile weiterhin unverzagt auf den Gegner los. Die Spitzen ließen sich nicht mehr in Brand setzen, der Guß verhinderte es. Aber dennoch setzten die Pfeile dem Gegner immer noch arg zu.

„Darauf!“ rief Hasard. „Wir rammen auch den dritten Kahn der Dons. Wäre doch gelacht, wenn wir ihn nicht genauso zu packen kriegen würden wie den anderen!“

Er stand immer noch auf der Back der Galeasse. Das Regenwasser troff von seinen durchweichten Haaren und perlte über seinen halbnackten Körper auf die Planken. Seine linke Hand umspannte den Griff des wieder im Wehrgehänge steckenden Degens, seine Rechte lag auf dem Kolben der Radschloßpistole. Waffen, auf die er sich trotz des Wassers verlassen konnte. Er bereitete sich innerlich auf ein neues Entermanöver vor.

Siri-Tong trat neben ihn.

„Hasard, sieh doch mal“, sagte sie plötzlich. „Die Karavelle – bin ich blind, oder liegt sie wirklich schief im Wasser?“

Hasard beugte sich unwillkürlich vor, senkte den Kopf etwas und spähte aus schmalen Augenschlitzen.

„Tatsächlich“, sagte er dann. „Du hast recht. Die Kugeln der ‚Isabella‘ und deines Schiffes haben sie leckgeschossen. Sie krängt immer mehr nach Backbord und treibt querbeet.“

Unter dem Einfluß der Strömung hatten die Schiffe beider Parteien inzwischen die Biegung erreicht, die Hasard mit der venezianischen Galeasse zu Beginn des Gefechts passiert hatte. Wäre der Niederschlag nicht gewesen, hätten die „Isabella“ und das Schwarze Schiff jetzt ohne Behinderung manövrieren und den Spaniern auch ihre Steuerbordbreitseiten präsentieren können. So aber, im trommelnden Regen mußten sie darauf verzichten.

Die Partie war aber auch so entschieden.

Grauschwarz schälten sich die Konturen der dritten Karavelle vor Hasard und Siri-Tong aus der dampfenden Wand. Sie sahen jetzt die Männer, die sich von den Schanzkleidern ins Wasser fallen ließen. Wieder gab eine Besatzung ihr Schiff auf, wieder zog sie es vor, mit den Alligatoren um die Wette zu schwimmen, statt sich dem Nahkampf mit Hasards Crew zu stellen.

Das Heck der Karavelle wurde allmählich stromabwärts gedrückt, der Bug stemmte sich gegen die Strömung. So bot der Segler der Galeasse die Steuerbordseite dar, während er immer weiter nach Backbord krängte.

Diesmal krachte es nicht so laut, als sich der Rammsporn in die Bordwand des Feindes bohrte. Der Regen schien den Laut zu dämpfen. Der Sporn malmte, mahlte, preßte und durch den heftigen Aufprall erhielt die Karavelle jetzt völlig das Übergewicht.

Die Galeasse stemmte sie förmlich hoch. Die Karavelle schlug nach Backbord quer, nahm Wasser, viel Amazonaswasser über und sank mit atemberaubender Geschwindigkeit.

„Zurück!“ schrie Hasard.

Wieder pullten die Männer auf den Ruderbänken im Gegenstrich. Ein Ruck lief durch die Galeasse. Sie schob sich zurück, bevor die Karavelle ihren Vorsteven mit in die Tiefe reißen konnte.

Der Rammsporn hatte nicht nur ein Loch in die Bordwand der Karavelle getrieben. Er hatte sie regelrecht von oben nach unten aufgeschlitzt. Mit gurgelnden und schmatzenden Geräuschen füllte sich der Schiffsbauch mit Wasser.

Von der „Isabella“ und dem schwarzen Schiff drangen Gejohle und schrille Pfiffe herüber. Hasards Gesicht zeigte den Anflug eines Grinsens, doch dann sanken seine Mundwinkel wieder herunter, denn er hörte das Schreien der Spanier, die sich auf die erste Karavelle zu retten versuchten.

Es waren grauenvolle Schreie. Todesschreie.

Hasards Züge verhärteten sich immer mehr. Die Spanier waren seine Todfeinde, und er empfand kein Mitleid mit ihnen. Trotzdem ging das, was sich im Strom abspielte, nicht wirkungslos an ihm vorbei.

Hermano Falla-Pueblos schwamm auf dem Rücken. In dieser Lage vermochte er sich im Wasser am besten fortzubewegen. Er war als erster von der zweiten, mittleren Karavelle gesprungen, als die Lage sich zugespitzt hatte. Der Capitàn hätte sich die Seele aus dem Leib schreien können, niemand konnte Falla-Pueblos noch stoppen. Ihm ging es nur um eins: sein persönliches Wohlergehen. Er war der erste Offizier auf der Karavelle gewesen, ein gutaussehender, schlanker Mann mit dunklem Vollbart, aber es war ihm völlig gleichgültig, was aus dem Schiff, dem Kapitän und den anderen Besatzungsmitgliedern wurde.

Falla-Pueblos arbeitete sich auf das Nordufer zu.

Nicht weit entfernt von sich entdeckte er den untersetzten Augusto de Guaramas. Der Mann betätigte sich als Brustschwimmer, hatte aber Mühe, sich überhaupt über Wasser zu halten. Sein fleichiges Gesicht drückte Panik und Wut aus.

De Guaramas, Steuermann der Karavelle, hatte gleich nach Falla-Pueblos schmählich das Schiff im Stich gelassen. Er hatte die gleiche Einstellung wie der Erste, und dieser Egoismus machte die beiden zu Verbündeten in der Not.

De Guaramas stieß einen erstickten Hilferuf aus. Falla-Pueblos kümmerte sich nicht darum. Er ruderte mit den Armen, bewegte die Beine auf und ab und kannte nur ein Ziel: das Ufer.

Nein, auf die noch intakte Karavelle konnte er nicht flüchten. Der Kapitän hatte garantiert mitgekriegt, wie er Hals über Kopf von Bord gesprungen war. Er würde ihn dafür bestrafen. Er, Falla-Pueblos, hatte sich der Fahnenflucht und der Feigheit vor dem Feind schuldig gemacht.

Und Augusto de Guaramas? Nun, dessen Handeln wurde von den gleichen Erwägungen bestimmt.

Zwei Schurken wie sie konnten ihr Heil nur in der Flucht in den Urwald suchen. Der Regen rauschte auf ihre Gestalten nieder und entzog sie den Blicken ihrer Landsleute und der Gegner. Sie hätten ihre Flucht problemlos abwickeln können – wenn die Kaimane nicht gewesen wären.

De Guaramas bemerkte zunächst noch nichts von den stillen, heimtükkischen Mördern. Als er sich in nicht allzu großer Entfernung vom Ufer umdrehte, gewahrte er nur einen dritten Mann, der sich prustend und schnaufend im Wasser hinter ihm her bewegte.

„Maldicho“, stieß der Steuermann aus. „Verdammter Hund!“ Er verstummte, denn das Naß drang ihm in die Mundhöhle. Zornig spuckte er es wieder aus. Er war ein schlechter Schwimmer, trotz seiner Körperfülle, die ihm eigentlich mehr Auftrieb verleihen mußte.

Der dritte gehörte zur Besatzung von de Guaramas’ und Falla-Pueblos Karavelle. Widerwillig verzerrte der Steuermann das Gesicht. Was bildete dieser Bursche sich ein? Daß er ihn mitnahm? Daß er ihn duldete?

„Santa Madre de Dios!“ rief der Seemann heiser. „Heilige Mutter Gottes, hilf mir, de Guaramas, steh mir bei, ich schaffe es nicht …“

„Still, du Mißgeburt!“ zischte de Guaramas. Wieder wandte er den Kopf. Der Seemann gaukelte ihm nichts vor, er war tatsächlich ein miserabler Schwimmer, ein noch schlechterer als er selbst.

In diesem Augenblick erblickte de Guaramas auch den länglichen Schatten, der sich brettflach von der Strommitte aus auf sie zuschob. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Fast ging er unter. Nur, mit Mühe konnte er sich halten.

Ein Kaiman!

Der Regen rauschte wie ein Wasserfall, aber die Laute vermochten das Geschrei im Fluß nicht zu überdecken. De Guaramas hörte Stimmen heraus, die ihm wohlbekannt waren – Männer seiner Karavelle. Er wußte, warum sie in Todesangst brüllten, er gab sich keinen Illusionen hin.

„Du“, stieß er hervor. „Komm!“

Der Seemann paddelte wie ein Hund auf ihn zu, verzweifelt, mit panisch geweiteten Augen. De Guaramas drehte sich im Wasser und stieß ihm mit größter Überwindung ein Stück entgegen.

„Gracias“, stammelte der einfache Decksmann. „Danke, ich …“

Augusto de Guaramas packte ihn, klammerte sich an ihm fest und drückte ihn mit dem Kopf unter Wasser. Er ließ ihn wieder auftauchen. Der Mann japste, röchelte, schlug mit den Fäusten um sich. De Guaramas knallte ihm die Faust unters Kinn, dann beförderte er ihn auf den heranschnellenden Alligator zu.

Er selbst drehte sich im Wasser und schwamm von dem Unglücklichen fort. Zwei, drei Züge hatte er getan, da hörte er das Kreischen seines Landsmannes.

Der Alligator war beschäftigt und konnte sich de Guaramas nicht widmen. De Guaramas gelangte unter Aufbietung aller seiner Kräfte ans Ufer. Prustend kroch er an Land. Er wälzte sich, kratzte sich, tastete seinen Körper ab. Ekel stieg in ihm auf. Irgend etwas hatte sich an ihm festgesogen.

Jemand griff ihn beim Arm und zog ihn ins Dickicht. Es war Hermano Falla-Pueblos.

„Gut so, paisano, Landsmann“, sagte er grinsend. „Ich wußte schon immer, daß du die richtige Auffassung von den Dingen hast. Ich habe beobachtet, wie du diesen Burschen dort – geopfert hast. Gemeines Decksvolk. Primitiver Abschaum der Menschheit. Nicht schade drum, glaub’s mir.“

„Warum hast du mir nicht geholfen?“ fragte der Steuermann lauernd.

„Jeder ist sich selbst der Näschte.“

„Es lebe die Ehrlichkeit“, erwiderte de Guaramas dumpf. „Was tun wir jetzt?“

„Wir dringen tiefer in den Busch ein. Der Rest findet sich. Warte.“ Falla-Pueblos griff seinem Decksgenossen an den Leib und riß ihm etwas von der Haut.

„Au, verflucht, was ist denn das?“ De Guaramas ließ die lästerlichsten Verwünschungen los, aber irgendwie fühlte er sich plötzlich doch wohler. Das Jucken und Beißen, das ihm zugesetzt hatte, hatte aufgehört.

„Blutegel“, sagte der erste Offizier lakonisch.

„Pfui Teufel!“

„Du kannst noch froh sein, daß die Piranhas dich nicht angefallen und vertilgt haben. Oder die Stachelrochen oder die Zitteraale.“

„Und die Krokodile? Hast du die vergessen?“

„Die hast du ja erfolgreich abgewehrt“, sagte Falla-Pueblos grinsend.

De Guaramas stöhnte auf. „Hör auf, mir ist so schon schlecht genug.“

Der Erste atmete tief und regelmäßig durch, dann erwiderte er: „Hörmal, paisano, eins mußt du mir ganz ehrlich sagen. Warum hast du die Karavelle, die Mannschaft und unseren edlen Capitàn so schmählich im Stich gelassen? Empfindest du überhaupt keine Skrupel?“

„Nein.“

„Du bist ein seelenloser Schurke, de Guaramas.“

Der beleibte Mann lachte leise auf. „Und du, Falla-Pueblos? Hast du nicht schon lange geplant, der Seefahrt, der Krone und allem damit Verbundenem adios zu sagen? Vielleicht hättest du irgendwann eine Meuterei angezettelt, wer weiß. Auf jeden Fall hattest du die Nase gestrichen voll, schon bevor wir in diese Schlacht zogen.“

„Ja. Wir leben, Augusto.“

„Die meisten anderen hat es erwischt. Es war ein Massaker.“ De Guaramas spuckte aus. „Was unternehmen wir in diesem verteufelten, stinkenden, verwunschenen Urwald, Kamerad?“

„Ich weiß nicht. Machen wir das Beste daraus.“ Falla-Pueblos zuckte mit den Schultern. Er grinste immer noch. Während draußen auf dem Strom das Geschrei der von den Alligatoren Angegriffenen verstummte, dachte er schon darüber nach, wie er aus der Grünen Hölle entkommen konnte und wie sein neues Leben aussehen würde.

Der Regen hatte Intensität und Ausdauer. Fast schien es, als wolle er versuchen, die schwarzhaarige Frau und die Männer vom Oberdeck der Galeasse zu spülen.

Hasard blickte angestrengt zu der halbwegs intakt gebliebenen Karavelle hinüber. Etwa der Hälfte der Schiffbrüchigen war es gelungen, aufzuentern und sich so vor den Kaimanen zu retten. Rufe der Erleichterung drangen herüber. Hasard verfolgte, wie die Karavelle platt vor den jetzt von stromauf wehenden Wind ging. Beide Schiffe, die Karavelle und die Galeasse, hatten die Biegung jetzt vollends passiert.

„Auf was warten wir noch?“ sagte Siri-Tong. Der Regen preßte die Kleidung wie eine zweite Haut an ihren Körper. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich die langen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Besorgen wir es auch diesem Schiff. Die Dons haben es nicht besser verdient.“

„Da hast du recht.“

„Also, gib den Befehl zum Rammen!“

„Nein.“

Überrascht riß sie die Augen auf. „Ich höre wohl nicht richtig. Du willst diese Hundesöhne verschonen? Ich erkenne dich nicht wieder. Haben diese braunhäutigen Urwaldweiber dich so weit um den Verstand gebracht, daß du jetzt schon falsche Entscheidungen triffst?“

Sein Blick bohrte sich in ihre Augen, aber sie hielt ihm stand.

„Korsarin“, sagte Hasard. „Du bist der Kapitän auf dem schwarzen Schiff, und von mir aus kannst du tun, was du willst. Ich jedenfalls lasse die Dons reisen.“

Sie streckte den Arm aus und wies mit bebendem Finger auf die Karavelle. „Diese Bastarde! Sie hätten die ‚Isabella‘ und mein Schiff versenkt und ein Blutbad angerichtet, wenn wir nicht eingegriffen hätten. Was ist in dich gefahren? Laß uns sofort angreifen.“

„Nein.“

Sie hob die Fäuste vor sein Gesicht. „Das kannst du nicht tun. Ich kratze dir die Augen aus, ich trete dich, ich …“

Der Seewolf fiel ihr hart ins Wort. „Sei nicht albern. Zwinge mich nicht, dich vor versammelter Mannschaft zusammenzustauchen. Wir lassen den Spanier abhauen und damit basta.“ Er schritt aufs Hauptdeck hinunter und trat vor Della Latta hin.

Siri-Tong stampfte mit dem Fuß auf. Sie hatte große Lust, auf eigene Faust zu handeln. Jawohl, sie konnte tun und lassen, was sie wollte. Ein rasches Manöver, ein Überwechseln auf das schwarze Schiff, und sie würde es diesen eingebildeten Dons schon zeigen!

Aber sie dachte auch weiter. Sie hatte Hasard begleiten wollen, wollte an seiner Seite sein, wenn er Kap Horn rundete und den Großen Ozean überquerte. Unternahm sie jetzt aber etwas, das ihm gegen den Strich lief, konnte sie den Amazonas verlassen und ihm auf Nimmerwiedersehen den Rücken kehren. Er hatte das Oberkommando. Er war der Stärkere, das mußte sie wieder mal eingestehen.

„Della Latta“, sagte Hasard zu dem Venezianer. „Wir müssen uns hier und sofort wieder voneinander trennen. Folge dem Spanier in gebührendem Abstand und paß auf, was er tut. Wenn er wieder umkehrt oder sich auf andere Art vorwitzig zeigt, schießt ihr ihn zusammen.“

„Ja. Aber warum begibst du dich absichtlich in Gefahr? Die Männer der Karavelle werden Verstärkung holen“, gab Della Latta zu bedenken.

„Meinetwegen. Ich plane etwas Taktisches.“

„Erklärst du mir, was, Seewolf?“

„Später.“

„Gut“, erwiderte der Kommandant der Galeasse ruhig. „Wie du meinst. Wir pirschen den Dons also nach, und zwar so, daß sie uns nicht entdekcen. Darin haben wir Erfahrung. Als der Verband flußaufwärts segelte, nutzten wir jedes Versteck am Ufer aus, um uns vor ihm verborgen zu halten. Das war kein leichtes Stück Arbeit, aber wir haben es geschafft. Nicht zuletzt wegen des Ratschlages der Assurini, die die Gegend bis hier herauf kennen.“

„Gut“, sagte Hasard. „Wer immer von der Mündung aus in den Strom eindringt, Della Latta, laß ihn ziehen. Du setzt dich nur zur Wehr, wenn du direkt angegriffen wirst, verstanden? Dies gilt für die nächsten Tage, Wochen, Monate, bis wir wieder bei der Zitadelle angelangt sind.“

„Du hast deinen Plan nicht aufgegeben?“

„Nein. Ich suche El Dorado, das weißt du.“ Hasard lächelte. „So, und jetzt gehen wir bei der ‚Isabella‘ längsseits. Ich will endlich auf mein Schiff zurück.“

Wenig später sprang er als erster von der Galeasse auf das Deck der „Isabella“. Die Crew umringte ihn und bereitete ihm einen gebührenden Empfang. Hasard schritt bis zu Ben Brighton auf das Quarterdeck und fragte: „Verletzte, Ben? Tote? Himmel, laß dir die Worte nicht aus der Nase ziehen.“

„Nein, Hasard. Keine Verluste. Keine nennenswerten Verletzungen. Nur ein paar Kratzer. Keine Lecks unter der Wasserlinie, die übrigen Schäden lassen sich rasch wieder beheben.“

„Und wie ist die Lage auf dem schwarzen Segler?“

„Fast genauso. Nur einen der Männer, die Siri-Tong auf Tobago angeheuert hat, hat es erwischt.“

„Wir werden ihn bestatten“, entgegnete Siri-Tong. Sie war neben den Seewolf getreten. „Wir geben ihm das letzte Geleit, und zwar mit allen seemännischen Ehren, er hat es verdient.“

„Was tun wir jetzt?“ fragte Ben Brighton ein wenig verwirrt. „Der dritte Spanier droht uns durch die Lappen zu gehen.“

„Soll er“, antwortete Hasard. Er drehte sich um, legte die Hände an den Mund und rief durch den prasselnden Regen: „Laßt fallen Anker!“

Ben Brighton schaute verdutzt zu Siri-Tong. „Und Sie, Madame? Wie verhalten Sie sich?“

Siri-Tong erwiderte nichts, wandte sich aber ihrem Viermaster zu. Nur undeutlich waren der Rumpf, die Masten und Takelage durch den Dunstschleier zu erkennen. Widerwillig formte auch sie mit den Händen einen Trichter vor ihrem Mund, dann schrie sie: „Thorfin Njal, Boston-Mann! Laßt fallen Anker!“

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 85

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