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2.

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„Hör mal“, sagte Philip junior. „Können wir nicht Achmed zu dir sagen? Das ist einfacher.“

„Natürlich, bitte.“

„Ich habe eben Jussuf verstanden“, sagte Shane. „Fragt ihn doch mal, ob er mit unserem Jussuf in Havanna entfernt verwandt ist.“

„Shane, hast du eine Ahnung, wie viele Jussufs es im Orient gibt?“ fragte Old O’Flynn.

„Nein, du vielleicht?“

„Ich auch nicht, aber es sind bestimmt einige Zehntausend“, erwiderte der Alte.

„Na, soll mir auch recht sein, Sir“, sagte Shane. „Danke für den Hinweis, Sir.“

Die Zwillinge musterten den Jungen von oben bis unten. Jung Hasard fragte: „Welche Art von Hilfe hast du uns denn anzubieten? Meinst du, wir befinden uns in Gefahr?“

„Ich stehe euch mit Rat und Tat zur Seite. Seid ihr Spanier?“

„Nein, Engländer.“

Achmed blickte zu Batuti. Der Gambiamann entblößte seine perlweißen Zähne. Achmed schluckte, dann sagte er: „Ich bin noch nie in meinem Leben Engländern begegnet. Hocherfreut, euch kennenzulernen.“

„Du bist aus Siirt?“ erkundigte sich Philip junior.

„Hier geboren.“

„Und was machst du?“ wollte Hasard junior wissen.

„Dies und jenes. Ich kann lesen und schreiben.“ Stolz war in Achmeds Miene zu lesen, als er dies verkündete. „Wollt ihr nach dem Norden? Nach Erzurum?“

„Ist das wichtig für dich?“ fragte Jung Philip.

Achmed lächelte. „Ihr braucht nicht mißtrauisch zu sein. Ich will euch nicht hintergehen oder bestehlen. Ich dachte nur – na, ihr habt schon Proviant eingekauft.“

„Das spricht sich schnell herum“, sagte Jung Hasard grinsend.

„Ja. Vielleicht braucht ihr auch Tiere, habe ich mir gedacht.“

„Das könnte sein“, sagte der Seewolf, nachdem er sich von den Zwillingen hatte übersetzen lassen, was Achmed erklärte. „Hat irgend jemand in diesem Ort Kamele zu verkaufen?“

Achmed nickte eifrig. „Ja, ja. Gute Tiere, nicht so teuer.“

„Wie teuer?“ fragte der Seewolf.

„Zwei kupferne Münzen pro Stück“, erwiderte Achmed.

„Wenn wir mehr Kamele kaufen, wollen wir handeln“, sagte Hasard mit ernster Miene.

Achmed hob wie beschwörend die Hände. „Ja doch. Ich gebe mein Ehrenwort! Leute von Siirt lassen mit sich handeln! Zum Beispiel mein Vater – er ist der beste und zuverlässigste Kamelhändler in der ganzen Stadt!“

„Daher weht der Wind“, sagte der Seewolf lächelnd. „Nun, wir lassen uns von dir gern zu deinem Vater führen. Aber das hat Zeit bis morgen früh. Setz dich zu uns. Möchtest du ein Stück Fleisch?“

Achmed sah voll Heißhunger auf den Braten. „Ich – weiß nicht, ob ich das annehmen darf.“

„Keine falsche Bescheidenheit“, sagte Philip junior. „Das ist unser Vater – Philip Hasard Killigrew, der Kapitän unserer Mannschaft.“

„Also ist er ein Sultan?“

„Etwas Ähnliches“, antwortete der Sohn des Seewolfs.

Achmed fiel in den Staub und verneigte sich so tief, daß sein Gesicht den Boden berührte. „Ich bitte um Verzeihung für meine lose, voreilige Zunge, hoher Sultan“, murmelte er. „Ich bin dein ergebener Diener. Allah lobe und belohne dich, verlängere dein Leben um tausend Jahre. Befehle, was ich zu tun habe, ich werde es tun.“

„Das genügt“, sagte Hasard. „Er soll sich setzen.“

Nachdem die Zwillinge dies Achmed mit Nachdruck auseinandergesetzt hatten, hockte sich der Junge auf seinen Hosenboden. Ehrfürchtig blickte er den Seewolf an. Hasard bedachte seine Söhne mit einem zurechtweisenden Blick.

„Ihr übertreibt wieder mal“, sagte er.

Der Kutscher reichte dem Jungen ein Stück Fleisch. Achmed biß hinein und ließ es sich schmecken. Die Männer staunten, wie schnell er den Brocken verputzte. Rasch reichte ihm der Kutscher noch ein zweites Stück.

„Das mit den Preisen hört sich gut an“, sagte Ben Brighton. „Besser als erwartet. Siirt scheint kein sehr teures Pflaster zu sein.“

„Um so besser“, sagte Hasard.

Carberry stieß einen grunzenden Laut der Mißbilligung aus. Achmed starrte ihn entsetzt an. Der Kutscher nickte dem Jungen jedoch aufmunternd zu, und Achmed futterte weiter.

„Wir sind die reinsten Krämerseelen geworden“, sagte der Profos. „Schlimmer als die Holländer.“

„Das gehört dazu“, erwiderte der Seewolf grinsend. „Wir sind schließlich im Orient. Hier wird gefeilscht, was das Zeug hält.“

„Na, meinetwegen. Aber ich fühle mich allmählich wie ein alter Schotte.“

„Ein alter Schotte ist immer noch besser als ein Ire mittleren Alters“, sagte Mac Pellew mit einem Blick zu Higgy. Dann stieß Mac einen Laut aus, der wie das Meckern einer Ziege klang.

Achmed spähte zu Mac Pellew – dann zu Batuti und noch einmal zu Carberry. Sollte er lachen oder sich fürchten? Er wußte es nicht.

Hasard beschloß, den Jungen zu beruhigen.

„Wundere dich nicht über meine Männer“, sagte er. „Sie haben das Herz auf dem rechten Fleck.“

Jung Philip übersetzte.

Achmed lächelte. „Das habe ich auch nicht bezweifelt. Nur – ich habe eben nie zuvor Englischmänner gesehen.“

„Engländer“, korrigierte Jung Hasard.

„Ach, ja, Engländer.“ Achmed hatte sein Mahl beendet und deutete wieder eine Verbeugung an. „Wann darf mein Vater euch in seiner armseligen Hütte als Gäste willkommen heißen? Wann darf ich euch hier morgen früh abholen?“

„Um acht Uhr“, erwiderte der Seewolf.

„Ich werde pünktlich sein“, versprach Achmed. Er erhob sich, verabschiedete sich wortreich und umständlich – und verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war.

„Netter Bursche“, urteilte Big Old Shane. „Wenn die Kamele seines Vaters so gut sind, wie er behauptet, kommen wir wohl mit ihm ins Geschäft.“

„Das schätze ich“, sagte der Seewolf. „Aber ich kann mir auch vorstellen, daß wir noch mehr Angebote dieser Art erhalten. Die Nachricht von unserer Ankunft in Siirt scheint sich wie ein Lauffeuer zu verbreiten.“

In der Tat. Jeff Bowie erschien.

„Sir“, sagte er. „Da sind schon wieder Leute. Erhalten wir jetzt laufend Besuch?“

„Es sieht so aus“, entgegnete Hasard. „Sag ihnen, sie sollen morgen wiederkommen.“ Er gab seinem Sohn Philip einen Wink. „Philip, erkläre ihnen das. Erzähl ihnen, daß wir eine lange, beschwerliche Reise hinter uns haben und Ruhe brauchen.“

Jeff und Jung Philip schritten zum Tor. Stenmark hatte sich in drohender Pose aufbauen müssen. Er versperrte den Leuten den Eintritt – anderenfalls hätten sie sicherlich versucht, das Tor zu öffnen.

Jeff und Jung Philip öffneten das Tor einen Spaltbreit und schlüpften ins Freie. Philip junior setzte den Menschen, die sich versammelt hatten, auseinander, was sein Vater gesagt hatte.

Es waren mehr als ein Dutzend Männer. Sie gestikulierten und schwatzten durcheinander. Einer – ein Kerl mit pechschwarzen Haaren – fiel Jung Philip besonders unangenehm auf. Der Kerl wirkte glatt und gefährlich. Philip verglich ihn im stillen mit einer Ratte.

„Laßt uns rein!“ riefen die Kerle. „Achmed habt ihr auch eingelassen! Wir haben das gleiche Recht!“

„Jeder Mann, der uns seine Ware anbieten möchte, wird von uns angehört“, erwiderte Jung Philip. „Aber erst morgen früh. Unser Kapitän will sich jetzt zur Ruhe legen.“

Der Pechschwarze – Gruso – drängte sich vor und legte Philip junior grinsend die Hand auf den Unterarm.

„Hör nicht auf diese Narren“, raunte er. „Alles, was ihr begehrt, habe ich. Kamele und Waffen, Datteln und Weiber. Zu guten Preisen. Was wollt ihr haben?“

Philip betrachtete den Kerl aus schmalen Augen. „Was kosten die Kamele?“

„Pro Kamel zwei Silberlinge“, flüsterte Gruso.

„Wir erhalten sie weitaus billiger“, entgegnete Jung Philip. „Ich glaube nicht, daß wir uns einig werden.“

Die Araber zogen sich murrend zurück. Der Armenier duckte sich etwas wie ein Tier, das sich auf einen Angriff vorbereitet. Stenmark und Jeff Bowie sahen den Kerl drohend an. Das genügte. Auch Gruso zog es vor, sich zu entfernen.

„Was ist denn das für ein krummer Hund?“ fragte Jeff.

„Der gefällt mir nicht“, sagte Philip junior.

„Ich halte ihn für einen Galgenstrick“, sagte Stenmark. „Vielleicht sehen wir ihn noch mal wieder.“

„Das Gefühl habe ich auch“, erwiderte Philip junior. „Der Mann führt nichts Gutes im Schilde.“

Gruso folgte auf leisen Sohlen Achmed, dem Jungen. Aber Achmed war auf der Hut. Er registrierte, daß sich eine Gestalt hinter seinem Rücken bewegte, und beschleunigte seine Schritte.

Schließlich rannte er. Aber weit gelangte er nicht. Aus einer Gasse traten zwei Kerle – Brodz und Derkhan. Sie bauten sich vor Achmed auf.

„Wohin so eilig?“ fragte Brodz mit höhnischem Grinsen.

„Hast wohl die Hosen voll, was?“ brummte Derkhan.

Gruso langte bei den dreien an und packte Achmed. Er stieß ihn gegen die Mauer.

„Was hattest du bei den Giaurs zu suchen, du Kröte?“ zischte er.

Achmed nahm seinen ganzen Mut zusammen.

„Was geht euch das an?“ stieß er hervor. „Und wer seid ihr überhaupt?“

„Das werden wir dir gerade auf die Nase binden“, entgegnete Gruso und zog sein Messer. „Hör zu, was hältst du davon, wenn ich dich ein wenig kitzele?“

„Ich schreie“, sagte Achmed.

Brodz stellte sich neben den Jungen und preßte ihm die Hand auf den Mund.

„Los, Gruso“, raunte er. „Fang an. Gleich wird er uns auf den Knien anflehen, uns alles erzählen zu dürfen.“

Achmed trat Gruso gegen das Schienbein. Gruso stieß einen Fluch aus. Er wollte den Arm des Jungen mit dem Messer ritzen. Aber in diesem Moment tauchten weitere Gestalten auf. Sie näherten sich den drei Armeniern und dem Jungen.

Und einer von ihnen rief: „He, was tut ihr denn da?“

„Weg!“ zischte Gruso.

Gruso, Brodz und Derkhan liefen davon. Die anderen Männer – es waren fünf – schritten hastig auf den Jungen zu.

„Das ist doch Achmed“, sagte einer von ihnen. „Was ist los, Junge?“

Achmed atmete auf. Die Männer waren Freunde seines Vaters.

„Die Kerle haben mich bedroht“, erwiderte er.

„Diese räudigen Hunde!“ zürnte einer der Männer. „Los, verfolgen wir sie!“

„Ich habe sie erkannt“, sagte Achmed. „Es waren drei der Armenier, die sich in dem alten Mizwarhaus einquartiert haben.“

„Das sind üble Kerle“, sagte ein anderer Mann. „Ich schätze, daß sie Strauchdiebe sind, aber es kann ihnen ja keiner etwas nachweisen.“

„Mizwar hat schon lange bereut, ihnen das alte Haus überlassen zu haben“, sagte ein dritter.

„Stellen wir sie zur Rede“, sagte der erste Sprecher.

„Nein, nein, das möchte ich nicht“, sagte Achmed. „Ihr begebt euch unnötig in Gefahr. Das dürft ihr nicht, nicht wegen mir. Und ich habe auch Angst um meine Familie.“

„Warum?“ wollte einer der Männer wissen.

„Die Armenier könnten sich rächen“, erwiderte der Junge. „Sie sind unberechenbar. Und es ist nicht mit ihnen zu spaßen.“

„Was wollten sie von dir?“ erkundigte sich der zweite Sprecher.

„Sicherlich wollten sie wissen, was ich mit den Fremden besprochen habe. Ich habe den Eindruck, sie wollen den Engländern etwas verkaufen.“

„Ja, Tiere“, sagte der erste Sprecher. „Aber es wäre ein starkes Stück, wenn sie uns dieses gute Geschäft wegschnappen würden, bei Allah.“

„Sie werden es uns nicht wegschnappen“, sagte Achmed. Er stieß sich von der Mauer ab. „Ich muß gehen. Nach Hause. Mein Vater erwartet mich. Sicher bereitet er sich schon Sorgen.“

„Wir begleiten dich“, murmelten die Männer.

Gruso, Brodz und Derkhan hatten unterdessen das alte Gemäuer erreicht, in dem die Bande einen Unterschlupf gefunden hatte. Gruso blickte finster drein. Keiner der Kerle wagte, auch nur eine Frage zu stellen.

Der Anführer blieb stehen und spuckte auf den Boden. Er stieß eine Reihe von üblen Flüchen und lästerlichen Verwünschungen aus, dann wandte er sich mit einem Ruck zu seinen Kumpanen um.

„Wir dürfen nicht zulassen, daß die Giaurs mit den Siirtern einen Handel abschließen“, sagte der Schwarzhaarige. „Die Siirter unterbieten uns garantiert. Dieses Bürschchen hat den Giaurs bestimmt schon Kamele zum Kauf angeboten.“

„Zum Teufel“, sagte Brodz. „Wie können wir das verhindern?“

„Indem wir den Giaurs schon jetzt ihre Gelder abnehmen“, erwiderte der Anführer.

„Wie?“

„Laß das meine Sorge sein“, zischte Gruso.

„Was hast du vor?“ fragte ein anderer Kerl. „Was planst du?“

„Wir überfallen die Bastarde“, entgegnete Gruso, und sein Gesicht nahm einen verschlagenen und mordlustigen Ausdruck an. „Sie sollen keine Gelegenheit haben, ihre Silberlinge zu verschleudern. Wir überraschen sie im Schlaf.“

„Willst du sie alle töten?“ fragte Brodz.

„Wenn es nötig ist, ja“, erwiderte der Anführer.

Dann hockte er sich mit seinen Spießgesellen auf den Boden und beratschlagte, wie man den vernichtenden Schlag gegen die Giaurs am besten durchführen konnte.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 553

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