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2.

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Der grüne Stein war rundum in Gold gefaßt und an einer langen goldenen Kette befestigt. In dem Juwel, den die Spanier Esmeraldo getauft hatten, brach sich das rotgoldene Licht der beiden Öllampen in der Kapitänskammer, und alles Glück, alle Verheißung der Welt schienen als stumme Botschaft in diesem einzigartigen Glanz zu liegen.

Hasard drehte den Zweikaräter zwischen Daumen und Zeigefinger. Dabei dachte er an das, was hinter ihm und seinen Freunden lag – und an das, was ihnen bevorstehen mochte. Er saß auf einem geschnitzten Holzgestühl hinter seinem Pult, vor ihm ruhte mit aufgeklapptem Deckel eine Schatulle auf der Tischplatte.

Sie war bis zum Überquellen mit Esmeraldos gefüllt – mit den Smaragden, die der Kommandant Sabreras heimlich versteckt hatte. Er hatte die Santa-Barbara-Indianer, die mit ihren Piraguas bis zum Galápagos Archipel gelangt waren, zu einem zweifelhaften Pakt überreden können. Sie bewachten seinen Privatschatz, und er konnte absolut sicher sein, daß niemand anders Hand daran legte.

Das war so gewesen, bis der Seewolf vom Sturm zu den Galápagos-Inseln getrieben worden war. Er hatte auf Espanola sein Lager aufgeschlagen, die „Isabella“ und „Eiliger Drache über den Wassern“ reparieren lassen und Bekanntschaft mit den zutraulichen Tieren der Insel geschlossen – und dann, nachts, waren die Serranos mit ihren Piraguas erschienen.

Hasard, Siri-Tong und beide Crews hatten die von Koka berauschten Krieger überwältigen können. Und so hatte Hidduk, der Häuptling der Serranos, den Seewolf nach San Cristóbal hinüberbegleiten müssen. Wie gebannt hatten sie schließlich vor den Bergen von Smaragden in der Höhle gestanden, und erst später, nach der Freilassung des Iguanas, hatte Hasard unter dieser Anhäufung von Reichtum auch die Schatullen entdeckt.

Es waren drei. Zwei befanden sich jetzt drüben auf dem schwarzen Segler von Siri-Tong, nur eine hatte Hasard sich angeeignet. Die rohen, nicht zu Schmuck verarbeiteten Diamanten hatte er zu gleichen Teilen in den Frachträumen der beiden Schiffe verstauen lassen.

Hasard war von dem samtgrünen Glanz des Smaragdes überwältigt. Diese Faszination – sie wurde zu einem Fieber, wenn ein Mann nicht außerordentlich besonnen war. Ein Fluch schien über den grünen Steinen und ihrer Mine in Neu-Granada zu schweben. Sie waren wertvoller als Gold, und es schien ein unabwendbares Schicksal zu sein, daß sich immer wieder Männer gegenseitig die Köpfe einschlugen, um sie an sich zu reißen.

War es daher nicht Wahnwitz, nach Sabreras und seiner Mine zu suchen?

Hasard legte den Stein weg und nahm einen anderen zur Hand. Nein, er änderte seine Pläne nicht. Er unternahm diese Reise ja nicht nur, um sich in den Besitz der Smaragde zu bringen. Er wollte auch einem Verbrecher das Handwerk legen und die armen Chibcha-Indianer befreien, die zur Zwangsarbeit in der Mine verdammt waren.

Auch dieses letztere Vorhaben hatte überzeugend auf Hidduk, den Serrano-Häuptling, gewirkt. Er hatte sich mit dem Seewolf verbündet. Natürlich hatte er, der Verlierer, im Grunde keine andere Wahl gehabt, aber es gehörte zu einem solchen Pakt wie diesem eben doch mehr als nur der reine Zwang. Hidduk hätte im Extremfall lieber den Freitod gewählt, statt gegen seinen Willen ein Übereinkommen mit seinem Bezwinger zu treffen.

Aber es hatte ihn vor allem ungeheuer beeindruckt, daß Hasard ihm das Leben geschenkt hatte. Mehrmals hätte der Seewolf ihm kaltblütig den Garaus bereiten können, und doch hatte er davon abgesehen. Und wie sicher dieser Mann, den die Spanier Lobo del Mar nannten, auftrat! Auf San Cristóbal hätten die Serranos ihm in den Rücken schießen können, so unbekümmert hatte er sich bewegt. Aber keiner hatte es gewagt, sie alle hatten wie gelähmt dagestanden.

Hasard hatte nicht nur Hidduk, sondern auch die anderen Überlebenden des Kampfes auf dem schwarzen Schiff sowie die Männer, Frauen und Kinder von San Christóbal verschont. Hidduk hatte nach der Übergabe der Smaragde begonnen, seinen Worten Glauben zu schenken. Wirklich, dem Seewolf war es nicht daran gelegen, ein Massaker anzurichten. Vielmehr ging es ihm darum, daß sich die Santa-Barbara-Indianer unbehelligt aus der Affäre ziehen konnten.

In Hasards Augen waren Ehrlichkeit und Gerechtigkeit zu lesen, wie Hidduk sagte. Hidduk war ein indianischer Pirat, dem es an Durchtriebenheit und Kaltblütigkeit nicht mangelte, aber er hatte auch Tugenden. Sein Ehrenkodex stützte sich auf echte Prinzipien. Wenn er sein Wort gab, hielt er auch daran fest.

So war er mittlerweile überzeugt, daß Sabreras ihn hintergehen und nicht die Smaragdbeute mit ihm teilen wollte. Hasard kannte Männer wie diesen spanischen Kommandanten. Zwar hatte er ihn noch nicht gesehen, aber er konnte sich gut ausmalen, wie verschlagen und hinterhältig dieser Bursche war.

Hidduk – der einzige, der Hasard zu der Mine der Esmeraldos führen konnte – hatte sich daher bereit erklärt, als „Lotse“ zu fungieren. Sechs seiner besten Männer hatte er als Begleiter ausgewählt, er würde sie vor allem dann brauchen, wenn sich die Krieger wieder von den Seewölfen und Siri-Tong-Piraten trennten. Er allein konnte die Piragua nicht zu den Galápagos zurücknavigieren.

Hasard griff mit beiden Händen in die Schatulle und ließ den Diamantschmuck durch seine Finger gleiten. Er zweifelte nicht daran, daß die Anhänger und Diademe, die Broschen, Reifen und Ringe von den Chibcha-Indianern hergestellt worden waren. Die Chibchas galten als geschickte Goldschmiede und Handwerker, sie sollten sogar eine große Krone verfertigt haben, über und über mit Smaragden besetzt – zur Ehrung ihrer Götter.

Sie hatten eine ziemlich hohe Kulturstufe erreicht, diese Ureinwohner von Neu-Granada. Bevor die Konquistadoren erschienen waren, hatten sie friedlich Mais und Kartoffeln gezogen, Gold geschmiedet, baumwollene Gewänder gewebt und gute Straßen gebaut. Wie die Azteken und Inkas beteten auch sie zur Sonne, und bei ihrem großen Götterfest sollte ein ganz mit Goldstaub bedeckter Kazike in einem See gebadet haben.

El Dorado und Berge von grünfunkelnden Diamanten, so viele, wie Fische im Meer waren – Legenden, die Wirklichkeit waren. Wo immer die Conquista auf solche Schätze in der Hand von friedfertigen Völkern gestoßen war, hatte sie ihre abstoßendsten Triumphe gefeiert. Francisco Pizarro und seinesgleichen waren dereinst Schweinehirten und Hidalgos, Verbannte und Geächtete gewesen, aber das änderte nichts an ihren Erfolgen.

Völker wie die Chibchas waren heute nur noch Schatten ihrer selbst. Die Unterdrückung, die Dezimierung, die Maßlosigkeiten der Spanier hatten sie zu willenlosen Sklaven herabgewürdigt. Sie lebten nicht, sie vegetierten nur dahin.

Hasard war weder Fanatiker noch Idealist, verband jedoch seinen Auftrag, Englands Einfluß zur See und in der Neuen Welt zu stärken, mit diesem zweiten Ziel: den zu Unrecht Gequälten zu helfen.

Hasard hätte Sabreras an dessen Befehlshaber verraten können, denn der Kommandant scheffelte fleißig in die eigene Tasche, während er doch eigentlich die gesamte Ausbeute der Smaragdmine über Panama heim nach Spanien zu bringen hatte. Er betrog somit die Casa de Contratación und Seine Allerkatholischste Majestät, König Philipp II. – doch das schien ihn wenig zu stören.

Aber es war nicht Hasards Stil, ein solches Schlitzohr zu verpfeifen. Hinten herum handeln wie die Intriganten und Hofschranzen, das lag ihm ganz und gar nicht. Ganz abgesehen davon, daß die Spanier als ersten ihn festnehmen würden, sobald er sich ihnen zeigte. Ihr Eifer, ihn zu packen, würde noch durch die Belohnung geschürt, die die spanische Krone auf ihn ausgesetzt hatte.

Eine weitere Möglichkeit wäre es gewesen, Sabreras auf San Cristóbal aufzulauern. Aber nach Hidduks Angaben würde Sabreras erst in „ein, zwei Monden“ mit einer neuen Ladung Esmeraldos die Insel anlaufen, und das dauerte dem Seewolf zu lange.

Statt auf Sabreras zu warten, suchte er ihn auf. Es brachte ihn noch mehr von seinem ursprünglichen Kurs ab – von dem Weg nach China. Aber das nahm Hasard in Kauf. Er verschob die Überquerung des Großen Ozeans um ein paar Wochen. Was spielte das jetzt noch für eine Rolle! Er hatte so viele Aufenthalte gehabt, auf einen Monat mehr oder weniger kam es auch nicht mehr an.

Dabei nahm er sich natürlich vor, die Dinge in Neu-Granada so rasch wie möglich zu forcieren und abzuwickeln.

Er war so tief in seine Gedanken verstrickt, daß er das Geräusch hinter sich kaum zur Kenntnis nahm.

Dann aber, urplötzlich, sagte er sich, daß der Laut nur von der Tür herrühren konnte, die auf die Heckgalerie führte. Er hatte die Galerie vorher für kurze Zeit betreten, um nach dem schwarzen Segler, Wind, See und Stand der Sterne zu schauen. Danach hatte er sich in seine Kammer begeben und die Tür zugezogen, jedoch nicht verriegelt.

Seine Gedanken rissen ab. Er konzentrierte sich nur noch auf das, was hinter seinem Rücken war. Seine Muskeln spannten sich, sein Gesicht war starr und hart. Er saß noch genauso da wie vorher.

Wer ihn von hinten am Pult hokken sah, ahnte nicht, daß er bereits etwas bemerkt hatte.

Yalic und Tezoura hatten es riskiert, in die See zu stürzen, als sie auf den Berghölzern der „Isabella“ entlanggeturnt waren. Aber jetzt hatten sie es vollbracht, jetzt standen sie auf der Heckgalerie, und Tezoura hatte bereits durch die Butzenscheiben eines Bleiglasfensters gespäht und den Seewolf grübelnd dasitzen sehen.

Yalic kauerte vor der Tür. Auf Tezouras Zeichen hin drückte er langsam die Klinke nach unten. Es gab einen schwachen Laut. Yalic verharrte wie gelähmt. Tezoura lugte wieder in die Kapitänskammer, huschte zu seinem Kumpan und nickte ihm zu.

Yalic schob die Klinke bis zum Anschlag. Er hielt das Hartholzmesser in der rechten Hand – zum Todesstoß bereit.

Ein Ruck, und die Tür stand offen. Der Wind blies in die Kammer, und mit dem ersten Hauch flog Yalic auf den Seewolf zu. Tezoura war dicht hinter ihm. Sie warfen sich stumm auf ihren Feind und verzichteten auf ihren schrillen Kampfruf, um ja nicht die Crew auf den Plan zu lokken.

Bevor Yalic Hasard erreichte, geschah es.

Hasard schnellte hoch. Seine Kniekehlen beförderten das mit Schnitzwerk versehene Holzgestühl rückwärts – auf den Indianer zu. Hasard schwang vor, drehte sich und lag plötzlich auf der Platte des Pultes. Er rollte über sie weg und räumte dabei die Schatulle mit dem Chibcha-Schmuck, ein paar Karten, einen Astrolab und noch einiges mehr ab. Als er vor dem Möbel auf dem Boden landete, regneten die Utensilien neben ihm nieder, und die Smaragde verteilten sich in alle Himmelsrichtungen.

Es kümmerte ihn nicht.

Hier ging es um mehr als materiellen Besitz.

Um sein Leben.

Yalic prallte gegen den Holzstuhl. In einer wilden Reflexbewegung hieb er mit dem Hartholzmesser zu. Die Klinge schlug auf die Fläche, auf der Hasard eben noch gesessen hatte.

Tezoura war etwas nach rechts getänzelt und schleuderte seine Waffe hinter dem Seewolf her. Das Messer surrte über Hasard weg, als er gerade vor dem Pult gelandet war. Klappernd stieß es hinter ihm gegen die Wand, die zum Gang des Achterkastells wies. Es fiel auf die Planken, und Tezoura mußte an dem Gegner vorbei, wenn er es wiederhaben wollte.

Hasard hätte jetzt nur die doppelläufige Radschloßpistole zu zücken brauchen, um die Partie für sich zu entscheiden. Aber auch das ging ihm entschieden gegen den Strich und paßte nicht zu seinem Stil, fair mit jedem Gegner zu verfahren.

Er nutzte die Überraschung der Angreifer aus und tat etwas, was sie wahrscheinlich zumindest in diesem Moment nicht erwarteten. Er erhob sich wieder, flankte noch einmal über das Pult – und griff sich Yalic.

Der hob gerade wieder sein Hartholzmesser. Aber Hasard drückte seine Arme nach unten. Dann ließ er ihn blitzschnell los und hieb ihm mit der Faust gegen die Schläfe. Yalic kam zu keiner Reaktion. Er stöhnte, stürzte hintenüber, und mit ihm kippte der geschnitzte Stuhl.

Yalic geriet mit seinem Stammesbruder ins Gehege.

Hasard tat einen Schritt und war bei Tezoura. Er wollte ihn auf die gleiche frontale Art angreifen wie den anderen, aber Tezoura war auf der Hut. Er duckte sich, blockte einen ersten Schlag Hasards ab und wurde dann selbst handgreiflich. Zwei trokkene Hiebe landete er auf der Brust des Seewolfs.

Hasard steckte sie ein, ohne mit der Wimper zu zucken. Er behielt den liegenden Yalic im Auge. Yalic wollte sich plötzlich wieder sein Hartholzmesser greifen. Er hatte es verloren und kämpfte noch mit seinen Schmerzen, aber der Haß in ihm war übermächtig. Mit verzerrtem Gesicht klaubte er die spitze Waffe auf.

Hasard trat zu. Sein Stiefelabsatz erwischte Yalics Messerhand und drückte sie auf dem Boden platt. Yalic gab einen erstickten Wehlaut von sich und ließ das Messer erneut los. Ein zweiter Tritt Hasards, und das Ding schlidderte quer durch den Raum.

Tezoura nutzte die Lage voll aus. Er tauchte unter Hasards Deckung weg, schlug erbittert zu und stürzte sich dann direkt auf ihn. Die wenigen Sekunden, in denen Hasard mit Yalic zu tun gehabt hatte, genügten, ihm diesen Vorteil zu verschaffen.

Tezouras Hände schlossen sich um Hasards Hals. Hasard ergriff die Unterarme des Gegners und trachtete sie nach den Seiten wegzudrücken. aber es gelang ihm nicht. Tezouras Würgegriff glich dem Zupacken von Eisenklammern.

„Bastard“, stieß der Indianer auf spanisch hervor. „Stirb!“

Yalic hatte sich wieder aufgerappelt, kroch durch den Raum und suchte nach den Hartholzmessern. Im Licht der Öllampen konnte er sie so schnell nicht finden, entdeckte aber zwei gekreuzte Säbel, die an der Querwand der Kammer befestigt waren. Ein Teil von Hasards Waffensammlung. Yalic riß den einen Säbel herunter, fuhr herum und grinste siegesgewiß.

Hasard konnte nichts gegen ihn unternehmen, er hatte genug mit Tezoura zu tun. Der Kerl preßte ihm wahrhaftig die Luft ab. Es dröhnte bereits in Hasards Kopf, dunkle Schemen begannen vor seinen Augen zu tanzen. In der Lunge stach es, als steckten Nadeln darin.

Hasard ließ Tezouras Arme los. Er führte beide Hände ein Stück tiefer, ließ sie neben den Hüften des Indianers verharren und drehte sie um. Er hieb mit größter Wucht zu, und seine Handkanten trafen die Seiten des Burschen.

Tezoura keuchte entsetzt. Seine Augen weiteten sich. Der Druck seiner Hände ließ nach, er nahm sie von Hasards Hals und krümmte sich unter dem Schmerz, der seinen Leib durchflutete.

Der Seewolf holte mit der rechten Faust aus, zog sie hoch und knallte sie ihm unters Kinn. Tezoura taumelte zurück und ruderte dabei verzweifelt mit den Armen.

Yalic stand nicht weit hinter ihm. Er hatte die Situation voll auskosten wollen und pirschte mit dem erbeuteten Säbel auf Hasard zu. Bevor Hasard zu ersticken drohte, hatte er ihn mit der Klinge töten wollen, und er war mit so blindwütigem Eifer in seinen Plan verbissen, daß er zu spät auf den Wandel der Lage reagierte.

Tezoura stolperte genau in den Säbel.

Yalic riß die Waffe zurück und stieß einen erschütterten Laut aus. Es war zu spät. Tezoura drehte sich halb im Hinstürzen. Als er auf dem Bauch lag, konnten die beiden Gegner deutlich die klaffende Wunde in seinem Rücken erkennen.

„Das wirst du mir büßen“, zischte Yalic in seinem gebrochenen Spanisch.

Hasard griff mit der rechten Hand an die linke Hüfte. Seine Finger schlossen sich um den Degengriff. Er konnte den goldenen Handkorb fühlen. Mit entschlossenem Ruck zog er die Waffe aus der Scheide.

Yalic senste ein paarmal mit dem Säbel durch die Luft, als gelte es, Korn zu mähen. Das Geräusch, das dabei entstand, klang beeindrukkend. Das war aber auch alles. Er war kein großer Fechter. Daran änderte auch all das nichts, was Sabreras den Serranos an Fechtkunst beigebracht hatte.

Hasard bremste Yalics Sturm durch eine schulmäßige Parade. Die Klingen kreuzten sich klirrend, Metall scharrte so hart über Metall, daß die Funken stoben. Yalic hieb mit voller Wucht zu, und seine Absicht dabei war klar: Er wollte mit dem Säbel den dünneren Degen des Seewolfs zerschmettern.

Soweit ließ Hasard es nicht kommen. Er wehrte die wilden Attacken elegant ab und riß den Degen immer dann hart an sich, wenn Yalic ihn zu zerhacken trachtete. Das brachte den Indianer noch mehr in Raserei.

Schritte polterten heran.

Jemand stürmte durch den Gang. Hasard hörte, daß es mehrere Männer waren, dann vernahm er einen Fluch, den nur Carberry ausgestoßen haben konnte.

Der Profos nahte, um das Verschwinden der zwei Indianer zu melden. Hinter ihm liefen Bob Grey und Stenmark. Als sie das Klirren und Krachen der Klingen vernahmen, beschleunigten sie ihren Schritt noch und stürzten dann in die Kapitänskammer. Carberry rammte die Tür mit solcher Gewalt auf, daß sie innen gegen die Wand knallte.

„Zurück!“ schrie der Seewolf. „Wir tragen es allein aus. Ich brauche keine Hilfe.“

Carberry stand plötzlich da wie vom Donner gerührt. Er breitete die Arme aus und hielt Bob und Stenmark zurück.

„Aye, Sir“, murmelte er, dann: „Wir brauchen nicht mehr zu suchen, Jungs. Da sind die beiden Rothäute ja.“

Sir John, der karmesinrote Aracanga, hatte seine Nachtruhe ebenfalls abgebrochen und hockte auf der mächtigen Schulter des Profos’.

„Fahr zur Hölle“, krächzte er. „Himmel, Arsch und Zwirn.“

Yalic war verunsichert, er wankte zurück und geriet in Bedrängnis. Hasard ließ den Degen vorzucken, traf seine rechte Hand und zeichnete mit der Klingenspitze ein Muster darauf. Yalic schrie auf. Der Seewolf setzte nach und hieb gegen den Säbel. Unversehens taumelte der Säbel durch die Luft. Er senkte sich auf den Boden der Kammer und blieb zitternd darin stecken.

Yalic wich zur Wand zurück. Er stand mit abgewinkelten Armen und gespreizten Beinen, raffte den ganzen Rest Tapferkeit zusammen, der ihm geblieben war, und rief: „Töte mich, Lobo del Mar!“

Hasard trat dicht vor ihn hin, packte ihn und zog ihn zu sich heran.

„Wer hat dich dazu aufgewiegelt, hier einzudringen, du Narr?“ fragte er ihn auf spanisch.

„Hidduk …“

„Du lügst!“

„Ich schwöre es“, beteuerte der Indianer.

„Sir“, sagte Carberry. „Dieser andere Bursche – die rechte Hand von Hidduk – hat sich mit Koka vollgepumpt, wie es scheint, und vorhin taumelte er auf die Kuhl. Aber ich glaube, das Ganze war bloß ein Trick, um die Deckswache von diesen beiden hier abzulenken.“

„Bestimmt.“ Hasard blickte Yalic kalt an. „Chumash. Er hat euch den Befehl gegeben, an der Außenhaut des Schiffes entlangzuhangeln und es mir zu besorgen.“

„Ja, du Hund!“ schrie Yalic.

Hasard stieß ihm die Faust unters Kinn, und er sank an der Kammerwand zu Boden.

„Stenmark und Bob, ihr paßt auf ihn auf“, sagte der Seewolf. „Ed, wir beide laufen zum Vordeck und stellen Chumash zur Rede.“

Er hatte den Degen weggesteckt, wandte sich von dem bewußtlosen Yalic ab und eilte zur Tür. Carberry drehte auf dem Stiefelabsatz um. Sie hetzten nach vorn. Auf halbem Weg stießen sie im Gang auf Big Old Shane, den alten O’Flynn, Ben Brighton und Ferris Tucker, die inzwischen auch auf den Beinen waren.

„Was wird denn hier gespielt?“ rief Old O’Flynn. „Seid ihr nicht mehr ganz dicht, oder laufen wir auf Grund?“

„Schlimmer“, stieß der Profos hervor. „Die Indianer wollten Hasard umbringen.“

„O verdammt“, sagte O’Flynn.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 100

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